EU fordert Maßnahmen im Streit über das US-Antidumpinggesetz

Obwohl das US-Antidumpinggesetz von 1916 bereits vor drei Jahren von der einschlägigen WTO-Instanz als WTO-widrig erklärt wurde, wartet die EU noch immer auf konkrete Zeichen der USA, dass sie dieses Gesetz außer Kraft setzen werden. Angesichts dieser anhaltenden Untätigkeit hat die EU beschlossen, das Schiedsverfahren wieder aufzunehmen, in dessen Rahmen dann über Gegenmaßnahmen entschieden werden wird.

Außerdem hat die Europäische Kommission dem Rat einen Vorschlag zur Annahme von Schutzmaßnahmen vorgelegt, um Unternehmen in der EU, die von der Anwendung des US-Antidumpinggesetzes von 1916 betroffen sind, zu schützen. Der für Handel zuständige EU-Kommissar Pascal Lamy nahm wie folgt Stellung:

„Die EU betrachtet Gegenmaßnahmen als letztes Mittel, wenn alle anderen Bemühungen versagt haben. Sie hat den USA genügend Zeit und Spielraum gelassen, um die WTO-Entscheidung umzusetzen. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo die USA Sorgfalt und Engagement gegenüber ihren WTO-Verpflichtungen beweisen müssen. Die Tatsache, dass internationale Handelsgesetze einfach nicht beachtet werden, ist besorgniserregend und darf auf keinen Fall geduldet werden. Ich hoffe, dass unser Vorgehen den Kongress jetzt endlich zur Aufhebung des Antidumpinggesetzes von 1916 und zur Einstellung aller anhängigen Fälle veranlassen wird.“

Im Rahmen der von der EU geforderten Gegenmaßnahmen wäre sie befugt, auf Waren von US-Unternehmen, für die in der EU Dumping nachgewiesen wurde, Einfuhrzölle zu erheben, die dreimal so hoch wären wie der von den EU erlittene Schaden.

Gleichzeitig hat die Kommission dem Rat einen Vorschlag für eine Verordnung unterbreitet, die Rechtsschutz für die EU-Unternehmen vorsieht, an die auf dem Antidumpinggesetz von 1916 beruhende Forderungen gestellt werden. Da die USA sich nicht an ihre Verpflichtungen halten, befinden sich EU-Unternehmen in der unannehmbaren Situation, dass sie sich gegen die Anwendung eines Gesetzes wehren müssen, dass bereits vor drei Jahren als WTO-widrig erklärt wurde und das schon längst hätte außer Kraft gesetzt werden müssen.

Die Schutzmaßnahmen sind mit den WTO-Regeln vereinbar und dienen lediglich dem Zweck, die negativen Auswirkungen des US-Antidumpinggesetzes von 1916 in der EU auszugleichen, die darauf zurückzuführen sind, dass die USA die anhängigen Fälle nicht einstellen.

Die vorgeschlagene Verordnung würde folgende Vorkehrungen enthalten:

  • Verbot der Anerkennung und Vollstreckung von auf dem Antidumpinggesetz von 1916 beruhenden Gerichts- und Verwaltungsentscheidungen in der EG;
  • Möglichkeit für Unternehmen oder Einzelpersonen in der EG zur Gegenklage, um jegliche durch die Anwendung des Antidumpinggesetzes von 1916 verursachten Auslagen, Kosten, Schadensersatzleistungen und Ausgaben ersetzt zu bekommen.

Zurzeit sind drei Gerichtsverfahren gegen EU-Unternehmen auf der Grundlage des Antidumping-Gesetzes anhängig.

Hintergrund

Im September 2000 erklärte die WTO das US-Antidumpinggesetz von 1916 für nicht vereinbar mit dem WTO-Übereinkommen über Antidumping, da es im Falle von Dumping Abhilfemaßnahmen wie Geld- und Freiheitsstrafen sowie Schadensersatz in dreifacher Höhe vorsieht, die gemäß den WTO-Regeln nicht zulässig sind. Als Konsequenz des WTO-Spruchs hätten die USA das Antidumpinggesetz aufheben müssen; aber selbst drei Jahre nach dem WTO-Spruch ist das Antidumpinggesetz von 1916 immer noch in Kraft.

In den letzten drei Jahren hat die EU immer wieder Verständnis gezeigt für die Schwierigkeiten der USA, der WTO-Entscheidung umzusetzen.

Die EU stimmte einer Fristverlängerung (von Juli 2001 auf Dezember 2001) zu, um den USA mehr Zeit zu geben, das Antidumpinggesetz von 1916 aufzuheben. Im Januar 2002 beantragte die Europäische Union die Genehmigung zur Anwendung von Gegenmaßnahmen. Im Februar 2002 erklärte sich die Gemeinschaft jedoch bereit, das Schiedsverfahren bezüglich dieses Antrags auszusetzen, in der ausdrücklichen Erwägung, dass dem Kongress am 20. Dezember 2001 eine Gesetzesvorlage zur Aufhebung des Antidumpinggesetzes von 1916 und zur Einstellung schwebender Verfahren vor US-Gerichten unterbreitet worden war.

Weder diese Gesetzesvorlage noch zwei weitere, zu einem späteren Zeitpunkt unterbreitete Gesetzesvorlagen wurden jemals im Kongress erörtert und wurden zudem im November 2002 ungültig, als die Sitzungen des damaligen Kongresses aufgrund der US-Wahlen nach zweijähriger Amtszeit des Präsidenten vertagt wurden. Der gesamte Prozess musste im neuen Kongress, der im Januar 2003 zusammentrat, neu aufgerollt werden. Während mittlerweile drei Vorlagen zur Gesetzesaufhebung zur Diskussion vorliegen, hat der Kongress keine konkreten Hinweise verlautbaren lassen, dass die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung der WTO-Entscheidung auf den Weg gebracht worden sind. Bisher wurde keine einzige Gesetzesvorlage diskutiert, und zwei Gesetzesvorlagen würden nicht einmal die anhängigen Gerichtsverfahren einstellen, was für die EU unannehmbar ist.

Angesichts der immer noch ausstehenden Umsetzung der WTO-Entscheidung kann das WTO-Mitglied, zu dessen Gunsten die WTO-Entscheidung ausfiel, die Aussetzung tarifärer Zugeständnisse oder anderer Verpflichtungen beantragen. Die EU hat diese Möglichkeit immer als allerletztes Mittel betrachtet und sich für andere Lösungen eingesetzt, die eine Umsetzung begünstigen könnten. Aber angesichts der anhaltenden Untätigkeit seitens der USA sieht sich die Europäische Union gezwungen, dieses Recht gemäß den WTO-Regeln wahrzunehmen.


Weitere Informationen unter:

WTO,
Außenhandelsseite der EU

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