Umweltstrategie für den Mittelmeerraum

Die Europäische Kommission hat heute eine langfristige Umweltstrategie zur Säuberung und zum Schutz des Mittelmeerraums vorgestellt. Mit der wachsenden Umweltbelastung, etwa durch Verschmutzung und Bebauung, verschlechtert sich der Zustand dieses einzigartigen Ökosystems zunehmend. Die durch den Libanon-Konflikt verursachte Ölkatastrophe hat erst kürzlich ein Schlaglicht auf die Verwundbarkeit der Umwelt in dieser Region geworfen. Die wachsende Umweltproblematik im Mittelmeerraum bedroht sowohl die Gesundheit von 143 Millionen Küstenbewohnern als auch die langfristige Entwicklung der wichtigsten maritimen Wirtschaftszweige wie Fischfang und Tourismus.

Umweltkommissar Stavros Dimas erklärte: „Wir müssen uns für die wirtschaftliche Entwicklung des Mittelmeerraums und für den Schutz der Gesundheit der Menschen in der Region einsetzen. Dazu gibt es absolut keine Alternative. Unsere Strategie zielt darauf ab, die Zusammenarbeit zwischen der EU, unseren Nachbarn im Mittelmeerraum und den betreffenden internationalen Organisation neu zu beleben und auszubauen. Nur so können wir die Umwelt und die natürlichen Ressourcen im Mittelmeerraum langfristig schützen. Gelingt uns dies nicht, so hat dies möglicherweise irreparable Schäden zur Folge.“

Benito Ferrero-Waldner, Kommissarin für Außenbeziehungen und die Europäische Nachbarschaftspolitik, erklärte : „Zusammenarbeit im Umweltschutz ist ein wichtiger Aspekt des Dialogs mit unseren Mittelmeerpartnern seit Beginn des Barcelona-Prozesses. Ambitionierte Umweltziele sind Teil jener Aktionspläne, die wir im Rahmen unserer Nachbarschaftspolitik mit ihnen
vereinbaren. Es ist essentiell, dass wir alle zusammenarbeiten, um unsere gemeinsame Zukunft zu sichern. Deshalb haben wir auch vereinbart, uns für ein dekontaminiertes Mittelmeer bis 2020 einzusetzen. Umweltpolitik ist ein sehr gutes Beispiel für einen Bereich, in dem wir nur Erfolg haben können, wenn wir eng mit unseren Nachbarn zusammenarbeiten.“

Zunehmende Umweltbelastung im Mittelmeerraum

427 Millionen Menschen leben in den 22 Ländern und Gebieten, die an Europas größtes Meer, das Mittelmeer, grenzen. Darüber hinaus besuchen jedes Jahr 175 Millionen Touristen die Region. Das Wohlbefinden dieser Menschen hängt davon ab, wie gesund ihre Umwelt ist. Aber trotz nahezu dreißig Jahren internationaler Umweltschutzbemühungen ist das Mittelmeer noch immer gefährdet und sein Zustand verschlechtert sich weiterhin mit der zunehmenden Umweltbelastung.

Die Verschmutzung durch Industrie, Schifffahrt und private Haushalte sowie die Zerstörung der Ökosysteme an den Küsten, wenn Wälder z. B. Bauvorhaben weichen müssen, sind Beispiele für diese Umweltbelastung. Nach derzeitigen Vorhersagen sind bis 2025 möglicherweise 50 % der Mittelmeerküste bebaut. Insgesamt werden die jährlichen Folgekosten der Umweltschäden auf mehr als 3 % des Bruttoinlandsproduktes einiger nordafrikanischer Länder geschätzt.

Die umweltpolitischen Herausforderungen sind bekannt, und es gibt auch Lösungsansätze. Dennoch konnten die internationalen Maßnahmen bislang nicht ihre volle Wirkung entfalten, da entweder finanzielle Mittel fehlten, viele Länder der Umweltpolitik keinen hohen Stellenwert einräumten, nur ein begrenztes öffentliches Umweltbewusstsein vorhanden war oder die verantwortlichen Stellen nicht ausreichend zusammenarbeiteten.

Die Ölkatastrophe sowie andere Umweltverschmutzungen, die der jüngste Libanon-Konflikt nach sich gezogen hat, verdeutlichen die Notwendigkeit einer kohärenten Strategie, die sowohl einzelnen Vorfällen als auch langfristigen Umweltbelangen in der Mittelmeerregion Rechnung trägt.

Die Strategie

Der Bedarf an Umweltmaßnahmen im Mittelmeerraum übersteigt bei weitem die zur Verfügung stehenden Mittel. Die internationalen Organisationen, die Gebergemeinschaft und vor allem die Anrainerstaaten müssen daher ganz beachtliche zusätzliche und koordinierte Anstrengungen unternehmen, wenn das Mittelmeer sauberer werden soll. In diesem Zusammenhang versucht die Kommission, ihre eigenen Bemühungen und begrenzten Ressourcen auf diejenigen Gebiete zu konzentrieren, in denen sie einen echten Mehrwert schaffen kann.

Folgendes sind die wichtigsten Ziele der Strategie:

  • Verringerung der Verschmutzung in der gesamten Region
  • Förderung einer nachhaltigen Nutzung des Meeres und der Küste
  • Entwicklung der Umweltzusammenarbeit der Nachbarländer
  • Unterstützung der Partnerländer im Bereich des Umweltschutzes durch den Aufbau geeigneter Einrichtungen und die Einführung wirksamer
    Maßnahmen
  • Einbindung der NRO und der Öffentlichkeit in die Entscheidungsfindung bei relevanten Umweltthemen

Diese Ziele sollen im Einklang mit der Europäischen Nachbarschaftspolitik und der Partnerschaft Europa-Mittelmeer anhand folgender vier Maßnahmen erreicht werden: finanzielle Unterstützung durch bestehende und bereits geplante EU-Förderprogramme; vertiefter Dialog mit den Vertretern der Region; verstärkte Koordination mit anderen Organisationen und Partnern; Weitergabe von Erfahrungen, die die EU im Rahmen ihrer Umweltschutzmaßnahmen im Mittelmeerraum und in anderen Regionen gesammelt hat.

Horizont 2020 – ein Neubeginn

Eine wichtige Grundlage der Strategie bildet die Initiative „Horizont 2020“, mit der die Hauptursachen für die Verschmutzung im Mittelmeerraum bis zum Jahr 2020 angegangen werden sollen. Anlässlich des 10. Jahrestags der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft (Euromed) in Barcelona haben die Staats- und Regierungschefs der Partnerländer vergangenes Jahr ihre Unterstützung zugesagt. Um diese Initiative in die Tat umzusetzen, gründet die Kommission nun ein Bündnis von Partnern.

Die Mittelmeerstrategie umfasst eine detaillierte Ausarbeitung von Horizont 2020. Die geplanten Maßnahmen sind in vier Rubriken unterteilt:

  • Projekte zur Bekämpfung der wichtigsten Verschmutzungsursachen: Der Schwerpunkt wird zunächst auf Industrieemissionen sowie städtischen Abfällen und Abwässern liegen, die bis zu 80 % für die Verschmutzung des Mittelmeeres verantwortlich sind.
  • Ausbau der Kapazitäten: Die Nachbarländer sollen bei der Einrichtung nationaler Umweltbehörden unterstützt werden, die in der Lage sind, Umweltvorschriften auszuarbeiten und zu überwachen.
  • Forschung: Mit dem Forschungsbudget der Kommission soll ein breites Wissen über relevante Umweltthemen für den Mittelmeerraum aufgebaut und weitergegeben werden.
  • Monitoring: Es sollen Indikatoren entwickelt werden, um den Erfolg von Horizont 2020 zu überwachen.

Zeitplan für die Umsetzung

Die Strategie umfasst einen vorläufigen Zeitplan für die Umsetzung der ersten Stufe von Horizont 2020 bis zum Jahr 2013. Mit Unterstützung der finnischen EU-Präsidentschaft werden die Partner zunächst zum vorgeschlagenen Zeitplan konsultiert, und die endgültige Fassung soll dann auf der Tagung der Euromed-Umweltminister am 20. November in Kairo verabschiedet werden. Diese Tagung der Euromed-Umweltminister findet erstmals außerhalb der EU statt.

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