Zwischenbericht zum Beitritt Bulgariens

Die Kommission hat einen Zwischenbericht vorgelegt, der zu den Fortschritten Bulgariens im Hinblick auf die Mitgliedschaft in der EU Stellung nimmt. Dabei stehen die Kritikpunkte des Monitoringberichts vom Mai 2006 im Mittelpunkt.

Jedes Beitrittsland muss die politischen und wirtschaftlichen Kriterien erfüllen und das Gemeinschaftsrecht sowie die EU-Normen in vollem Umfang übernehmen und anwenden. Während der Beitrittsverhandlungen werden die von den Beitrittsländern erzielten Fortschritte in regelmäßigen Berichten jährlich überprüft. Nach Abschluss der Beitrittsverhandlungen werden die verbleibenden Vorbereitungen von der Kommission bis zum Beitritt weiterverfolgt.

Dazu legte die Kommission am 16. Mai einen Monitoring-Bericht über die in allen relevanten Bereichen zu verzeichnenden Fortschritte vor und gelangte auf dieser Grundlage zu dem Schluss, dass Bulgarien bis zum 1. Januar 2007 für den Beitritt bereit sein sollte, sofern es bis dahin eine Reihe offener Probleme gelöst hat. Der vorliegende Bericht fasst die Fortschritte in diesen noch verbleibenden Bereichen zusammen. Er hebt die wesentlichen Fortschritte und noch zu bewältigenden Mängel hervor und zeigt die Begleitmaßnahmen auf, die für die reibungslose Aufnahme des Landes in die EU erforderlich sind.

Politische Kriterien

In dem Monitoring-Bericht vom Mai gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass Bulgarien eindeutige Beweise für Erfolge in der Korruptionsbekämpfung in Form von Ermittlungen und Gerichtsverfahren vorlegen muss. Außerdem »muss Bulgarien das Gerichtswesen weiter reformieren, um vor allem seine Transparenz, Effizienz und Unparteilichkeit zu stärken«.

Im Bereich der Korruptionsbekämpfung wurde mit dem Programm zur Umsetzung der Strategie für eine transparente Regierungsführung und zur Prävention und Bekämpfung von Korruption der Rechtsrahmen weiter gestärkt. Es wurden verschiedene neue Gesetze verabschiedet, die den Kreis der zur Offenlegung ihrer Vermögensverhältnisse verpflichteten hochrangigen Beamten und Politiker erweitern und Prüfungen zur Bestätigung der Richtigkeit der in diesem Zusammenhang gemachten Angaben vorsehen; so müssen künftig auch bestimmte Mitglieder politischer Parteien Angaben zu ihrem Vermögen, Einkommen und zu ihren Ausgaben machen, und die Vorschriften über die Parteienfinanzierung wurden ebenfalls verschärft.

Die wichtigsten noch zu bewältigenden Herausforderungen bestehen darin, den bereits ergriffenen Maßnahmen weitere Anklageerhebungen, Strafverfahren, Verurteilungen und abschreckende Maßnahmen folgen zu lassen, um die Unumkehrbarkeit der Korruptionsbekämpfung zu gewährleisten. Die Reformen müssen durch nachhaltige Anstrengungen aller Vollzugsbehörden, der Legislative und des Justizwesens konsolidiert werden.

Die Reform des bulgarischen Justizwesens wurde fortgesetzt, u.a. mit der Durchsetzung der neuen Strafprozessordnung und durch Vorbereitungen auf die Anwendung der neuen Verwaltungsgerichtsordnung. Die Richter werden nun überall umfassend in der neuen Strafprozessordnung geschult. Es wurden ein neues Rechtshilfesystem angenommen und erste positive Erfahrungen mit dem breiteren Zugang für die bulgarischen Bürger zum Justizsystem gemacht. Ferner wurde ein neues Verfahren für die Durchsetzung von Gerichtsurteilen eingeführt. Die Unabhängigkeit der Richterschaft wurde durch die Einführung eines Einstellungs- und Beförderungssystems gestärkt, das Auswahl- und Beurteilungsverfahren für Richter vorsieht. Dadurch, dass nun die Staatsanwälte in der vorgerichtlichen Phase die Federführung übernehmen, sind die Ermittlungsverfahren weniger aufwendig und effizienter geworden.

Die wichtigsten verbleibenden Herausforderung für Bulgarien sind nun die Annahme von Verfassungsänderungen zur Beseitigung jeglicher Zweifel an der Unabhängigkeit der Richterschaft und eventueller Unklarheiten bei der Rechenschaftspflicht des Justizsystems, die Klärung bestimmter Aspekte im Zusammenhang mit der Funktionsweise des Obersten Justizrates, die Wirksamkeit des in der neuen Strafprozessordnung vorgesehenen Monitoringmechanismuses, die Annahme und Anwendung eines neuen Gerichtsverfassungsgesetzes und einer neuen Zivilprozessordnung, die begrenzten Verwaltungskapazitäten der Abteilungen für Korruptionsbekämpfung innerhalb des Obersten Justizrates und der Vollzugsbehörden.

Zur Beseitigung der von der Kommission ermittelten Mängel müssen spezifische Vorgaben erfüllt werden. Bulgarien muss der Kommission regelmäßig Berichte über seine Fortschritte vorlegen. Der erste dieser Berichte muss bis 31. März 2007 vorliegen. Sollte Bulgarien die Vorgaben nicht angemessen einhalten, wird die Kommission die im Beitrittsvertrag vereinbarten Schutzmaßnahmen anwenden.

Wirtschaftliche Kriterien

Bulgarien verfügt zwar auch weiterhin über eine funktionierende Marktwirtschaft, muss aber zur Eingrenzung des hohen Außenhandelsdefizits an straffen makroökonomischen Maßnahmen festhalten. Auch im Hinblick auf das Kriterium, wonach die Beitrittsländer in der Lage sein müssen, den Marktkräften in der Union standzuhalten, befindet sich Bulgarien weiter auf dem richtigen Weg.

Übernahme und Anwendung der EU-Vorschriften und -Standards

In ihrem Bericht vom Mai dieses Jahres hat die Kommission mehrere Bereiche ausgemacht, in denen Bulgarien seine Beitrittsvorbereitungen noch weiter voranbringen musste.

Seitdem wurden in den meisten dieser Bereiche Fortschritte erzielt. Bei einigen hält die Kommission allerdings weitere Anstrengungen in den Monaten bis zum Beitritt und darüber hinaus für erforderlich.

Landwirtschaft — Aufbau eines voll funktionsfähigen integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Agrarbereich

In jüngster Zeit wurden gute Fortschritte beim Aufbau des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKoS) erzielt. Besonders hervorzuheben ist, dass nun Orthophotos vorliegen, weil sie ein wichtiges Hilfsmittel sind, um die ordnungsgemäße Verwendung der Agrarfonds sicherzustellen.

Für den Abschluss des Systems zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen und des geografischen Informationssystems ist ein straffer Zeitplan vorgesehen, so dass die erforderliche Qualität der Arbeiten möglicherweise nicht erreicht werden kann. Außerdem ist es zu Verzögerungen bei der Herstellung der Verbindung zwischen dem Landwirteverzeichnis und dem LPIS/GIS gekommen. Es besteht immer noch die Gefahr, dass das InVeKoS in Bulgarien bis zum Beitritt nicht ordnungsgemäß funktionieren wird. Um eine angemessene Qualität des InVeKoS zu gewährleisten, müssen nachhaltige und in manchen Bereichen auch verstärkte Anstrengungen unternommen werden.

Die Mitgliedstaaten müssen gewährleisten, dass die Agrarmittel korrekt zugewiesen werden. Jegliches Versäumnis auf diesem Gebiet kann die Auszahlung der Mittel verzögern oder zu Korrekturen bzw. zu Rückforderungen der Mittel aus EU-Steuergeldern führen. Zusätzlich wurde ein besonderer Mechanismus vorgesehen, um die verbleibenden Systemmängel bei der Verwaltung der EU-Agrarfonds im Rahmen des InVeKoS zu beheben. So hat die Kommission die Möglichkeit, vom InVeKoS abgedeckten Agrarzahlungen vorläufig um 25% verringern.

Lebensmittelsicherheit – Errichtung von Tierkörpersammelstellen und -beseitigungsanlagen im Einklang mit den EU-Vorschriften und Standards im Bereich TSE und tierische Nebenerzeugnisse

Bulgarien kann auch bei der Sammlung und Entsorgung von Tierkadavern und tierischen Nebenprodukten insbesondere im Zusammenhang mit übertragbaren spongiformen Encephalopathien (TSE) beträchtliche Erfolge vorweisen. Die für den Schutz der öffentlichen Gesundheit erforderlichen Maßnahmen wurden ergriffen. Bulgarien muss jedoch gewährleisten, dass die im Zusammenhang mit TSE erforderlichen Maßnahmen wirksam umgesetzt werden.

Lebensmittelsicherheit ist für alle EU-Bürger von großem Belang. Lebensmittel müssen voll und ganz allen EU-Anforderungen entsprechen. Wenn Bulgarien auf diesem Gebiet nicht bis zum Beitritt bereit sein sollte, wird die Kommission Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass kein Risikomaterial in den Binnenmarkt gelangt.

In einigen Teilen Bulgariens tritt die klassische Schweinepest auf, bei der es sich um eine ansteckende Tierseuche handelt. Daher darf das Land zurzeit keine Schweine und kein Schweinefleisch oder daraus hergestellte Erzeugnisse in die EU ausführen. Da dieses Problem auch nach dem Beitritt noch akut sein dürfte, werden die bestehenden Maßnahmen auch nach dem Beitritt aufrecht erhalten, um die Schweineproduktion in der EU zu schützen, bis die Krankheit endgültig ausgerottet ist.

Organisierte Kriminalität — greifbare Ergebnisse bei der Verfolgung organisierter krimineller Netze

Bei der polizeilichen Zusammenarbeit und der Bekämpfung der organisierten Kriminalität hat Bulgarien Fortschritte erzielt. Die neue Strafprozessordnung beinhaltet auch neue Ermittlungsverfahren für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität sowie Maßnahmen für die Einstellung und Ausbildung von Polizeibeamten mit Ermittlungsbefugnissen. Die Oberdirektion für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität wird gut geführt und verfügt inzwischen über hochqualifiziertes Personal. Das Gesetz über die Annahme und Durchführung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Eigentum oder Beweismaterial wurde verabschiedet. Es hat einige erfolgreiche Aktionen gegen kriminelle Netze gegeben, die zum Teil in Zusammenarbeit mit EU-Mitgliedstaaten durchgeführt wurden. Der Bekämpfung der organisierten Kriminalität wird inzwischen mehr politische Aufmerksamkeit gewidmet, und einige Vollzugsbehörden sind in diesem Bereich ebenfalls aktiver geworden.

Die Zahl der Fälle, in denen es zu einer erfolgreichen strafrechtlichen Verfolgung kam, ist nach wie gering. Die Vollzugskapazität wurde zwar gesteigert, aber die behördenübergreifende Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist weiterhin unzureichend. Die Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität muss überarbeitet werden, wobei der Schwerpunkt auf Schwerverbrechen und die systematische Beschlagnahme der Vermögenswerte von mutmaßlichen Verbrechern gelegt werden sollte.

Intensivierte Durchsetzung der Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche

Die bulgarischen Rechtsvorschriften über Geldwäsche sind nunmehr weitgehend mit den EU-Vorschriften und -Standards vereinbar. Eine positive Entwicklung ist auch bei der Reaktion auf internationale Ersuchen um Zusammenarbeit und bei Maßnahmen gegen Geldwäscheaktivitäten ausländischer Staatsbürger festzustellen. Die Finanzfahndungsstelle wird ihrer Rolle als Verwaltungsbehörde, die sich angemessen um die Analyse verdächtiger Transaktionen kümmert, weiterhin gerecht. Allerdings werden bestehende Rechtsvorschriften bisher nur begrenzt umgesetzt, so dass bei der Bekämpfung der Geldwäsche in der Praxis keine Erfolge vorzuweisen sind.

Geldwäsche ist ein Finanzverbrechen in Verbindung mit terroristischen Machenschaften, Steuerhinterziehung und Bilanzfälschungen. Die Bekämpfung dieser Art von Verbrechen ist für die Sicherheit und die Wahrung der finanziellen Interessen aller bulgarischen und europäischen Bürger von entscheidender Bedeutung. Die Kommission wird diese Angelegenheit genau weiterverfolgen und erforderlichenfalls angemessene Maßnahmen ergreifen.

Strengere Finanzkontrolle bei Mitteln der Strukturfonds und des Kohäsionsfonds

Beim Akkreditierungsprozess im Rahmen des Erweiterten Dezentralen Durchführungssystems (EDIS) für die finanziellen Heranführungsinstrumente wurden Fortschritte erzielt. Das bedeutet, dass die Finanzkontrolle in Bulgarien stark genug ist, um die Verantwortung für die Verwaltung der EU-Fonds nationalen Behörden zu übertragen. Zurzeit wird geprüft, ob die Verwaltung der Phare-Heranführungshilfe auf dieselbe Art und Weise dezentralisiert werden kann.

Entschiedene Maßnahmen im Bereich Kernenergie, frühzeitige Schließung und anschließende Stilllegung des Reaktors von Koslodui

Es wurden administrative Maßnahmen zur Stilllegung der Blöcke 1 und 2 des Kernkraftwerks Koslodui und zur Vorbereitung auf die Abschaltung der Blöcke 3 und 4 bis Ende 2006 eingeleitet. Sowohl die praktischen als auch die verwaltungstechnischen Maßnahmen müssen nun abgeschlossen werden, um die endgültige Stilllegung der Blöcke 1 bis 4 zu gewährleisten.

Flugsicherheit

Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) und die Arbeitsgemeinschaft europäischer Luftfahrtverwaltungen (JAA) haben ernsthafte Unzulänglichkeiten in den maßgeblichen Sicherheitsbereichen wie Lufttüchtigkeit, Wartung, Flugbetrieb und Genehmigungen für Luftfahrtpersonal festgestellt. Nun müssen unverzüglich Korrekturmaßnahmen ergriffen werden.

Sollte Bulgarien die notwendigen Abhilfemaßnahmen nicht ergreifen, besteht die Gefahr, dass die Kommission auf eigene Initiative oder auf Antrag eines Mitgliedstaats den Zugang des Landes zum internationalen Luftverkehr beschränkt.

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