Wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik Deutschland im Mai 2009

Im Zuge des weltwirtschaftlichen Wachstumseinbruchs hat sich der Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Leistung in Deutschland in den zurückliegenden Monaten des Jahresbeginns verschärft. Mittlerweile gibt es nach Ansicht des Wirtschaftsministeriums vermehrt Anzeichen, die auf eine Stabilisierung hindeuten.

Das Bruttoinlandsprodukt nahm nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes im ersten Quartal deutlich um preis-, kalender- und saisonbereinigt 3,8 % ab, nachdem es bereits im vierten Quartal 2008 spürbar um 2,2 % zurückgegangen war. Ausschlaggebend hierfür waren starke Bremseffekte der Außenwirtschaft sowie ein kräftiger Rückgang der Ausrüstungsinvestitionen. Demgegenüber stützen die privaten Konsumausgaben nicht zuletzt aufgrund der Impulse durch die PKW-Umweltprämie und die einkommenserhöhenden Maßnahmen aus dem Konjunkturpaket das Wachstum leicht.

Wichtige Stimmungsindikatoren in den USA, aber auch in der EU und in Japan haben sich zuletzt verbessert. In einigen Schwellenländern gibt es Signale, die auf eine wieder stärkere Aufwärtsdynamik hindeuten. Auch in Deutschland hat sich die immer noch stark unterkühlte Stimmung in der Wirtschaft verschiedenen Umfragen zu Folge zuletzt weiter verbessert.

Entscheidend ist aber die tatsächliche Entwicklung. Insoweit zeigen einige harte Konjunkturindikatoren wie die Industrieaufträge und die deutschen Exporte erstmals wieder ein Plus — allerdings ausgehend von dem niedrigen Niveau. Die Erzeugung im produzierenden Gewerbe stabilisierte sich. Die skizzierten Entwicklungen sind angesichts des tiefen Niveaus vieler Indikatoren noch kein sicheres Zeichen einer Trendwende. Nach Meinung des Wirtschaftsministeriums wird der zuletzt nahezu ungebremste Rückgang der wirtschaftlichen Aktivitäten sich wohl so nicht fortsetzen, was aber zunächst nur auf einen Bodenbildung hindeutet.

Insbesondere im Baugewerbe werden sich im weiteren Jahresverlauf die Impulse aus den Konjunkturpaketen der Bundesregierung bemerkbar machen. Die Entwicklung der Ausrüstungsinvestitionen dürfte sich allmählich stabilisieren. Der private Konsum profitiert von den konjunkturellen Maßnahmen. Die Erhöhung des Kindergeldes, der Kinderbonus, die Einkommensteuersenkungen, die Nachzahlung der Pendlerpauschale sowie nicht zuletzt die Pkw-Umweltprämie entfalten erste Wirkungen. Allerdings wird die voraussichtliche Entwicklung am Arbeitsmarkt hier belastend wirken. An den Finanzmärkten zeigen sich Besserungstendenzen, auch wenn hier noch nicht alle Probleme beseitigt sind.

Vom Sog der weltweiten Abwärtsdynamik ist vor allem das Produzierende Gewerbe stark betroffen. Die Erzeugung ging hier im ersten Quartal in einem bislang nicht gekannten Ausmaß um saisonbereinigt 12,0 % zurück. Im Verlauf schwächte sich die Abwärtsentwicklung allerdings ab und es kam im März zu keinem weiteren Rückgang der Erzeugung (0,0 %).

Maßgeblich für den Produktionseinbruch im ersten Quartal war der Rückgang der Fertigung in der stark auf den Export ausgerichteten Industrie. Die Produktion wurde – gestützt durch Impulse aus der PKW-Umweltprämie — hier zuletzt zwar nur noch leicht zurückgefahren (März: -0,4 %). Im ersten Quartal lag das Minus allerdings bei 13,8 %. Arbeitstäglich bereinigt wurde der Vorjahresstand sogar um 20,1 % unterschritten.

Die Bauproduktion verzeichnete dagegen zuletzt ein durch Nachholeffekte in Folge des kalten Winters begünstigtes deutliches Plus von 7,6 %. Auch im gesamten ersten Quartal war der Bau vergleichsweise stabil (-0,2 %). Das Vorjahresniveau wurde allerdings auch hier deutlich unterschritten (-12,3 %). Die Aussichten für die Industrie bleibt durch die schwache Nachfrage nach industriellen Erzeugnissen (Quartalsvergleich -14,5 %) vorbelastet. Der zuletzt im März spürbare Anstieg des Ordervolumens um saisonbereinigt 3,3 % macht allerdings Hoffnung auf ein absehbares Ende der Talfahrt.

Diese Einschätzung wird auch durch die Entwicklung wichtiger Stimmungsindikatoren gestützt, die sich im April auf niedrigem Niveau teilweise zum wiederholten Male verbesserten. Die Aussichten für das Baugewerbe werden durch gegenläufige Faktoren geprägt. Insgesamt gingen die Neuaufträge im Bauhauptgewerbe im Februar zwar deutlich zurück (-5,8 %), in den ersten zwei Monaten des ersten Quartals schwächte sich die Baunachfrage aber nur um 0,4 % ab. Das ifo-Geschäftsklima für den Bau trübte sich im April wieder leicht ein. Im weiteren Jahresverlauf sind aber zunehmende Impulse aus den Konjunkturprogrammen zu erwarten.

Der private Konsum hat im ersten Quartal vor allem Impulse durch die PKW-Umweltprämie erhalten. Der Handel mit Kraftfahrzeugen trug mit einem saisonbereinigten Anstieg um 9,3 % kräftig zur Belebung bei. Ansonsten zeigten sich die Verbraucher aber vergleichsweise zurückhaltend. So ging das Umsatzvolumen im Einzelhandel ohne den Kfz-Handel im ersten Quartal preis- und saisonbereinigt um 1,0 % zurück. Die weiteren Perspektiven für den privaten Konsum werden von gegensätzlichen Einflüssen bestimmt. Konsumstützende Faktoren sind auch weiterhin die zunehmenden Verdienste der Beschäftigten, das ruhige Preisklima sowie die Maßnahmen der Konjunkturpakete, die den privaten Haushalten einkommensentlastend zugute kommen. Zunehmend belastend wirkt sich dagegen die Verschlechterung der Lage auf dem Arbeitsmarkt aus, die allerdings durch die Regelungen zur Kurzarbeit spürbar abgemildert wird.

Die Warenausfuhren in jeweiligen Preisen verzeichneten nach fünf Monaten rückläufiger Entwicklung im März erstmals wieder einen leichten Zuwachs um saisonbereinigt 0,7 %. Im gesamten ersten Quartal sind die Ausfuhren dagegen weiter steil abwärts gerichtet (-13,9 %). Der Vorjahresstand wurde im ersten Quartal sogar um 20,9 % (Ursprungswerte) unterschritten. Die nominalen Wareneinfuhren erhöhten sich zuletzt saisonbereinigt um 0,8 %. Die Zunahme beruht vor allem auf dem erfahrungsgemäß hohen Importgehalt der Ausfuhren. Im ersten Quartal insgesamt gingen die Einfuhren mit saisonbereinigt -9,7 % weniger stark zurück als die Ausfuhren. Trotz der weltweit vermehrt positiven Signale bleiben die Perspektiven für den deutschen Außenhandel angesichts eines erwarteten weiter deutlich rückläufigen Welthandelsvolumens vorerst sehr gedämpft.

Im April 2008 wurde noch die niedrigste Arbeitslosenquote seit den 80er Jahren prognostiziert. Inzwischen macht der Konjunkturabschwung sich am Arbeitsmarkt mit spürbarem Beschäftigungsabbau und zunehmender Arbeitslosigkeit deutlich bemerkbar. Eine weitere Beschleunigung der negativen Entwicklung war zuletzt allerdings nicht zu verzeichnen. Die Arbeitslosigkeit nahm im April saisonbereinigt um 58.000 Personen zu. Mit 3,585 Mio. registrierten Arbeitslosen (Ursprungszahl) wurde der Vorjahresstand um 171.000 Personen überschritten. Die Arbeitslosenquote verblieb bei 8,6 %. Die Erwerbstätigkeit (Inlandskonzept) ging im März saisonbereinigt weiter kräftig um 43.000 Personen zurück. Nach den Ursprungszahlen gab es zuletzt 39,88 Mio. Erwerbstätige; dies waren erstmals weniger als im Vorjahr(-50.000). Die Bundesagentur für Arbeit schätzt, dass die Zahl der konjunkturellen Kurzarbeiter im April auf 1,4 Mio. gestiegen ist.

Das Preisklima in Deutschland ist weiterhin auf allen Preisstufen äußerst ruhig. Die Jahresrate der Verbraucherpreise erhöhte sich im April nach vorläufigem Tiefstand im März zwar leicht auf 0,7 %, hierfür waren aber vor allem Sondereinflüsse wie die unterschiedliche Lage der Osterfeiertage mit saisonbedingten Preisanhebungen im Reiseverkehr und im Beherbergungsgewerbe verantwortlich. Gegenüber dem Vormonat stagnierten die Verbraucherpreise. Dabei zogen die Preise für Heizöl und Kraftstoffe erstmals wieder an. Die Kernrate der Verbraucherpreise – ohne Energie und saisonabhängige Nahrungsmittel – erhöhte sich im April auf +1,5 %. In den kommenden Monaten ist mit einer tendenziell weiter abnehmenden Jahresrate der Verbraucherpreise zu rechnen.

Allerdings zeigen die Erfahrungen in vergangenen Krisen, dass die Deflation abgelöst wird durch eine Inflation. Führende Institute oder die EZB sehen zur Zeit zwar eher die Gefahr einer Deflation, wie das Handelsblatt berichtet. Allerdings wird über die billionenschweren Ausgabenprogramme sehr viel Geld geschaffen, das in der Realwirtschaft einen Gegenpart benötigt, der bei sinkenden Produktion kleiner wird. Wenn Kredite nicht mehr bedient werden können, fällt zwar das der Kreditgeber aus. Geld lässt sich jedoch nicht im Rahmen der Privatwirtschaft vernichten, sondern nur umverteilen und sucht nach neuen Anlagemöglichkeiten.

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