Archiv der Kategorie: Europäische Union

Geografische Besonderheiten des EU-Zollgebiets

Das Zollgebiet entspricht grundsätzlich dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten. Historische, wirtschaftliche oder geografische Besonderheiten führen jedoch bei einigen der fünfzehn Mitgliedstaaten zu Besonderheiten, die im Beitrag dargestellt werden.

Dieser Beitrag betrifft die Europäische Union vor der Osterweiterung.

Innerhalb der Europäischen Union ist der Export von Waren grundsätzlich frei. Es darf kein Einfuhrzoll oder eine vergleichbare Behinderung des Imports verhängt werden. Es darf grundsätzlich auch kein Verbot oder eine Behinderung bei der Einfuhr bestimmter Waren geben. Verboten sind

  • zwischen den Mitgliedstaaten Ein- und Ausfuhrzölle und Abgabe gleicher Wirkung zu erheben und
  • mengenmäßige Beschränkung oder Maßnahme gleicher Wirkung bei der Ein- und der Ausfuhr.

Als zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehörend gilt das Gebiet des Fürstentums Monaco. Das Fürstentum Andorra, die Republik San Marino und die Türkei sind weder Mitgliedsstaaten der EG noch gehören sie zum Zollgebiet der Gemeinschaft. Allerdings besteht zwischen der EG und jedem dieser Länder eine Zollunion (damit gelten diese Gebiete faktisch als zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehörend).

Abweichungen zwischen dem Zoll- und dem Staatsgebiet sowie erläuternde Anmerkungen zu den einzelnen EG-Mitgliedstaaten

Mitgliedstaat zum
Zollgebiet der Gemeinschaft gehörende Gebiete
Gebiete,
die nicht zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehören
Dänemark   Färöer-Inseln nördlich von
Schottland und Grönland
Deutschland   Büsingen (Schweizer
Zollgebiet)
Helgoland (deutsch-britisches Kolonialabkommen von
1890)
Finnland Ålandinseln in der Ostsee  
Frankreich das Gebiet der französischen Republik einschließlich der
vier überseeischen Departements:

  • Guadeloupe und Martinique in der Karibik,
  • Insel La Reunion im Indischen Ozean östlich von
    Madagaskar und
  • Guayana in Südamerika

Monaco

die französischen Gebietskörperschaften

  • Saint Pierre et Miquelon vor Neufundland
  • Insel Mayotte im Indischen Ozean

sowie die überseeischen Gebiete

  • Französisch Polynesien
  • Neukaledonien, beide im Pazifischen Ozean,

sowie die französischen Süd- und Antarktisgebiete

Irland erfasst wird das Gebiet der
Republik Irland, Nordirland als Teil des Vereinigten
Königreichs gehört ebenfalls zum Zollgebiet der
Gemeinschaft
 
Italien   die Gemeinden Livigno und
Campione d’Italia an der Grenze zur Schweiz, Teil des Luganer
Sees zwischen Ponte Tresa und Porto Ceresio sowie
Vatikanstadt/Heiliger Stuhl (souveräner Staat)
Niederlande das Gebiet des Königreichs der
Niederlande in Europa
die außereuropäischen Hoheitsgebiete der Niederlande in der
Karibik
Aruba sowie die Niederländischen Antillen

  • Bonaire
  • Curacao
  • Sint-Maarten
  • Daba
  • Sint Eustatius
Portugal Azoren und Madeira im
Atlantischen Ozean
 
Spanien die Kanarischen Inseln die an der nordafrikanischen
Mittelmeerküste gelegenen Gebiete von Ceuta und Melilla
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland

Insel Man/Isle of Man
Kanalinseln

  • Guernsey
  • Jersey
  • Alderny
  • Sark-Inseln
Gibraltar

MwSt: Verfahren wegen Vertragsverletzung gegen Deutschland und Österreich

Die Kommission hat beschlossen gegen Deutschland das Vertragsverletzungsverfahren gemäß Artikel 228 EG-Vertrag wegen Nichtbefolgung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Oktober 2002 einzuleiten. Dieses Urteil legt fest, dass Hersteller zum Abzug der MwSt auf von ihnen ausgegebene Preisnachlassgutscheine berechtigt sind. Eine ordnungsgemäße Anwendung der MwSt-Vorschriften in diesem Bereich würde für Hersteller (von Gebrauchsartikeln wie Kosmetika und Haushaltsartikeln) die Ausgabe von Preisnachlassgutscheinen attraktiver machen, so dass auch die Verbraucher häufiger in den Genuss von Preisnachlässen kämen. Die Kommission hat außerdem beschlossen, gemäß Artikel 226 EG-Vertrag den Gerichtshof wegen eines Vertragsverstoßes Österreichs anzurufen, das MwSt auf bestimmte Dienstleistungen erhebt, die für einen Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat erbracht werden, in dem (auf der Grundlage der Achten MwSt-Richtlinie) die darauf anfallende MwSt – anders als in Österreich – erstattet wird. Die von Österreich erhobene MwSt ist nicht abzugsfähig und belastet den Steuerpflichtigen als zusätzlichen Kostenfaktor, der sich zwangsläufig im Preis niederschlagen wird.

Deutschland

Gemäß dem Urteil des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2002 in der Rechtssache C-427/98 (Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland), verstößt Deutschland gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 11 der Sechsten MwSt-Richtlinie 77/388 wenn es die von Herstellern für Endverbraucher ausgegebenen Preisnachlassgutscheine, die den Einzelhändlern nach dem Kauf durch den Endverbraucher von den Herstellern erstattet werden, vom Vorsteuerabzugsrecht der Hersteller ausschließt.

Der Gerichtshof bestätigte damit die in seinem Urteil vom 24. Oktober 1996 in der Rechtssache C-317/94 (Elida Gibbs Ltd.) vertretene Rechtsauffassung. Trotz dieses Urteils hat Deutschland keine Vorschriften erlassen, die eine entsprechende Erstattung zulassen. Da Deutschland noch immer nicht mitgeteilt hat, welche Maßnahmen es getroffen hat, um diesem Urteil nachzukommen, hat die Kommission beschlossen, auf der Grundlage von Artikel 228 EG-Vertrag ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, in dessen Rahmen auch ein Zwangsgeld wegen Nichtbefolgung des o.a. Urteils verhängt werden kann.

Österreich

Nach dem derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechts ist es den Mitgliedstaaten gestattet, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Sechsten MwSt-Richtlinie in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegten Ausschlüsse vom Vorsteuerabzugsrecht beizubehalten. In den einzelnen Mitgliedstaaten sind daher unterschiedliche Ausschlüsse vorgesehen. So sind in Österreich bestimmte Ausgaben vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen, insbesondere die beim Kauf, bei der Reparatur und der Vermietung von Personenkraftwagen anfallende MwSt. Um zu verhindern, dass österreichische Steuerpflichtige diese Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch nehmen, in dem ein solcher Ausschluss vom Vorsteuerabzug nicht vorgesehen ist und die entsprechende MwSt daher erstattet wird, besteuert Österreich erneut alle in einem anderen Land entstandenen und dort bereits besteuerten Ausgaben für Leistungen, die in anderen Mitgliedstaaten abzugsfähig aber in Österreich vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind.

Mit dieser Steuer verstößt Österreich gegen die Sechste MwSt-Richtlinie, die vorsieht, dass eine Dienstleistung nicht in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten und damit doppelt besteuert werden darf. Den Steuerpflichtigen kann kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie die durch die geltenden Rechtsvorschriften eröffneten Möglichkeiten – ohne irgendwelche Betrugsabsicht – nutzen. Solange die Mitgliedstaaten sich nicht darüber einigen, welche Ausschlüsse beibehalten werden sollen – einen entsprechenden Vorschlag hat die Kommission bereits 1998 vorgelegt – müssen sie die Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten in dieser Frage respektieren. Das bedeutet auch, dass Österreich nicht das Recht zukommt, in die Befugnisse der anderen Mitgliedstaaten einzugreifen und im Inland eine Besteuerung vorzunehmen, die allein darauf ausgerichtet ist, die in einem anderen Mitgliedstaat legal erlangte Erstattung wieder zunichte zu machen.

Hinzuzufügen ist, dass derzeit ein Vorabentscheidungsverfahren in einer ähnlichen Rechtssache (C-155/01) bei dem Gerichtshof anhängig ist und dass der Generalanwalt Geelhoed in seinen Schlussanträgen vom 10. Oktober 2002 dieselbe Auffassung wie die Kommission vertritt.

WTO-Verhandlungen: EU fordert besseren Schutz für regionale Qualitätserzeugnisse

Die EU-Mitgliedstaaten haben eine Liste mit 41 regionalen Qualitätserzeugnissen aus der EU vorgelegt, deren missbräuchlicher Verwendung die Europäische Union ein Ende bereiten will. Die Liste soll bei den Agrarverhandlungen im Rahmen der Doha-Entwicklungsrunde behandelt werden. Aufgeführt sind etablierte europäische Qualitätserzeugnisse, deren Namen zur Zeit missbräuchlich verwendet werden, wie zum Beispiel Roquefort-Käse, Parmaschinken oder Wein aus Rioja. Um eine missbräuchliche Verwendung weiterer geografischer Angaben (g.A.) zu verhindern, verhandelt die EU außerdem über die Einrichtung eines multilateralen Registers von g.A. und über die Ausweitung des derzeit für Weine und Spirituosen geltenden Schutzes auf weitere Erzeugnisse.

„Ich freue mich, dass sich die Mitgliedstaaten auf diese Liste geeinigt haben. Gemeinsam mit ihren Partnern wird die EU ihr Bestes tun, um bei den WTO-Verhandlungen durchzusetzen, dass regionale Qualitätserzeugnisse, vom europäischen Roquefort-Käse bis zum indischen Darjeeling-Tee, vom guatemaltekischen Antigua-Kaffee bis zum marokkanischen Arganöl künftig besser geschützt werden. Dies ist kein Fall von Protektionismus, sondern eine Frage der Fairness. Es kann einfach nicht angehen, dass die EU ihren echten italienischen Parmaschinken in Kanada nicht verkaufen darf, weil die Warenbezeichnung „Parmaschinken“ einem in Kanada hergestellten Schinken vorbehalten ist“, sagte EU-Agrarkommissar Franz Fischler.

„Geografische Angaben bieten den besten Schutz für Qualitätserzeugnisse, deren Vermarktung auf ihrer Herkunft und ihrem Ansehen und auf weiteren mit dieser Herkunft verbundenen Eigenschaften basiert. Auf diese Weise werden die Erzeuger, die in Qualität investieren, für diese Investitionen belohnt. Wenn diese Bezeichnungen in Drittländern missbräuchlich verwendet werden, schadet dies dem Ansehen der EU-Erzeugnisse und führt die Verbraucher in die Irre. Wir wollen, dass diese Praktiken für die geografischen Angaben, die am häufigsten missbräuchlich verwendet werden, ein Ende haben“, fügte EU-Handelskommissar Pascal Lamy hinzu.

Die WTO-Verhandlungen über geografischen Angaben konzentrieren sich auf folgende drei Themen:

  • Einrichtung eines multilateralen Registers von geografischen Angaben (TRIPs),
  • Ausweitung des derzeit für Weine und Spirituosen geltenden Schutzes auf weitere Erzeugnisse (TRIPs),
  • „Rehabilitation“ bestimmter europäischer geografischen Angaben, die in Drittländern missbräuchlich verwendet werden (Landwirtschaft).

Die EU und Länder wie Indien, Thailand, Kenia, die Schweiz, die Türkei und einige ostmitteleuropäische Länder, etwa Polen und Ungarn, setzen sich in den WTO-Verhandlungen für einen besseren Schutz der geografischen Angaben ein. Einige von ihnen haben der WTO auch spezifische Vorschläge vorgelegt.

Geografische Angaben (g.A.) sind wichtig – nicht nur für die EU

Es dient dem Interesse der Allgemeinheit, wenn die Bezeichnungen für Ausfuhrerzeugnisse, deren Ansehen und/oder besondere Eigenschaften und Qualität auf ihrer Herkunft aus einem bestimmten geografischen Gebiet mit besonderen natürlichen und/oder menschlichen Gegebenheiten beruht, vor einer Verwendung durch andere Erzeuger in anderen Teilen der Welt geschützt werden. Deshalb wird die EU in der WTO mit Nachdruck strengere Bestimmungen fordern, um hochwertige und regionale Erzeugnisse zu schützen. Die EU ist zuversichtlich, dass andere Ausfuhrländer mit ähnlichen Interessen ihre Position unterstützen werden. Sie vertritt den Standpunkt, dass die Nachfrage nach bestimmten Erzeugnissen aus bestimmten Regionen den Erzeugern aus aller Welt solide Geschäftsmöglichkeiten bietet. Im Interesse einer fairen Behandlung von Erzeugern und Verbrauchern müssen diese Erzeugnisse jedoch vor Missbrauch geschützt werden.

Der Wert vieler Agrarerzeugnisse ergibt sich nicht zuletzt aus ihrer traditionellen Verbindung zu dem Erzeugungsgebiet. Diese Verbindung kommt in den geografischen Angaben zum Ausdruck. Beispiele für g.A. sind der italienische Parmaschinken, der französische Roquefort-Käse, der indische Darjeeling-Tee, der sri-lankische Ceylon-Tee, der guatemaltekische Antigua-Kaffee, das marokkanische Arganöl und der Schweizer Etivaz-Käse. Ohne wirksamen Schutz der g.A. verlieren diese Erzeugnisse erheblich an Wert.

Um Abhilfe zu schaffen, schlug die EU im Januar 2003 vor, eine Liste der Bezeichnungen zu erstellen, die von Erzeugern, die nicht über die Markenrechte im Ursprungsland verfügen, derzeit verwendet werden, um eine solche Verwendung künftig zu verbieten. Die Kommission ist davon überzeugt, dass die Zeit gekommen ist, genau festzulegen, welche Bezeichnungen die EU in die Liste aufnehmen möchte, sodass die WTO-Mitglieder ihre Diskussionen konkretisieren können und die Verhandlungen vorankommen.

Die Bezeichnungen, die die EU schützen will, finden sich im Anhang. Sie sind im EU-Register der g.A. enthalten und wurden ausgewählt, weil sie in etlichen Drittstaaten als angebliche generische Bezeichnungen verwendet werden und/oder von lokalen Erzeugern als Warenzeichen eingetragen wurden. Die besondere Aufmerksamkeit galt dabei denjenigen Drittländern, in denen missbräuchliche Verwendungen am häufigsten beobachtet wurden, und die zugleich die wichtigsten Märkte für diese Erzeugnisse sind.

Im Unterschied zu den Waren- und Markenzeichen ist bei den g.A. der Bezug zum geografischen Gebiet zu berücksichtigen. Warenzeichen können verkauft und ortsunabhängig verwendet werden. Nicht aber geografische Angaben. Warenzeichen sind exklusive Individualrechte. Dagegen kann die geografische Angabe von allen Erzeugern des betreffenden Ortes bzw. der betreffenden Region verwendet werden.

Geografische Angaben stärken den Wettbewerb. In Europa sind sie ein strategisches Instrument zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft. Auch auf internationaler Ebene können geografische Angaben die wirtschaftliche Entwicklung begünstigen; dies gilt besonders für Grunderzeugnisse, die weltweit gehandelt werden. Ein gutes Beispiel ist der Kaffee. Der internationale Handel mit Kaffee ist fast völlig liberalisiert, aber die Überproduktion hat zu einem weltweiten Preisverfall geführt. Nur für qualitativ hochwertigen Kaffee aus einem bestimmten geografischen Gebiet können höhere Preise erzielt werden. Dieses Beispiel zeigt, dass durch geografische Angaben oder ähnliche Maßnahmen Klasse statt Masse gefördert wird.

Europäische Kommission bedauert Antrag auf Einsetzung eines WTO-Panels über GVO

Argentinien, Kanada und die Vereinigten Staaten haben am 18. August 2003 die Einsetzung eines WTO-Panels beantragt, das das Vorgehen der EU in Bezug auf gentechnisch veränderte Organismen (GVO) prüfen soll.

EU-Handelskommissar Pascal Lamy sagte dazu: „Wir standen mit Argentinien, Kanada und den Vereinigten Staaten in einem unserer Meinung nach ziemlich konstruktiven Dialog und bedauern diese unnötige Beschwerde. Die EU-Regelung für GVO ist klar, transparent, vernünftig und nicht diskriminierend. Wir sind sicher, dass die WTO bestätigen wird, dass die EU ihren Verpflichtungen in vollem Umfang nachkommt.“

Der Gesundheits- und Verbraucherschutzkommissar der EU, David Byrne, äußerte sich wie folgt: „Erst vor einem Monat haben wir unsere GVO-Vorschriften auf der Grundlage der neuesten wissenschaftlichen und internationalen Entwicklungen aktualisiert. Eine klare Kennzeichnung und Vorschriften für die Rückverfolgbarkeit sind wichtig, um das Vertrauen der europäischen Verbraucher in GVO wiederherzustellen.“ David Byrne erinnerte daran, dass die geringen Verkäufe von GV-Produkten auf dem europäischen Markt auf die geringe Nachfrage der Verbraucher nach solchen Produkten zurückzuführen ist. „So lange die Verbraucher nicht sicher sind, dass das Genehmigungsverfahren auf dem neuesten Stand ist und ihren berechtigten Befürchtungen Rechnung trägt, wird ihre Skepsis gegenüber GV-Produkten bestehen bleiben“.

Die EU-Umweltkommissarin Margot Wallström fügte hinzu: „Es sollte klar sein, dass wir nicht die Absicht haben, Handelshemmnisse zu errichten. Aber meine Befürchtung ist, dass durch diesen Antrag die Diskussion in Europa verfälscht wird. Wir müssen dafür sorgen, dass die Bürger Vertrauen in die GVO bekommen und wir müssen ihnen die Möglichkeit der Wahl geben – und genau das sollen unsere neuen Rechtsvorschriften leisten. Der Standpunkt der EU in Bezug auf GVO steht im Einklang mit den WTO-Vorschriften.“

Die Europäische Union hat klare und transparente Rechtsvorschriften (Richtlinie 2001/18/EG zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG und Verordnung (EG) Nr. 258/97) für die Genehmigung und das Inverkehrbringen von GVO und GV-Lebensmitteln in Europa. Dazu gehört eine unabhängige wissenschaftliche Bewertung der möglichen Folgen für die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen und die Umwelt, bevor GV-Produkte in den Verkehr gebracht werden können. Unternehmen, die GVO oder GVO-haltige Lebensmittel in der EU auf den Markt bringen wollen, müssen zunächst in einem Mitgliedstaat einen entsprechenden Antrag stellen, der eine umfassende Risikobewertung für GVO bzw. eine Sicherheitsprüfung für GV-Lebensmittel enthalten muss.

Der Mitgliedstaat legt die Risikobewertung der Kommission vor, die sie an die übrigen Mitgliedstaaten weiterleitet.

Bei Einwänden holt die Europäische Kommission eine Stellungnahme des Wissenschaftlichen Ausschusses (künftig Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) ein und trifft dann eine Entscheidung. In der EU wurden bisher 18 GVO(1) und 15 GV-Lebensmittel(2) zugelassen.

Kanada und die Vereinigten Staaten haben am 13. Mai und Argentinien hat am 14. Mai 2003 bei der WTO Konsultationen über das Genehmigungssystem der EU für genetisch veränderte Organismen (GVO) und GV-Lebensmittel beantragt. Sie behaupten insbesondere, die EU habe die Prüfung der Anträge und die Genehmigungen ausgesetzt, was de-facto einem Moratorium für neuartige gentechnisch veränderte Sorten gleichkomme. Gemeint ist damit die Tatsache, dass seit Oktober 1998 gemäß der Richtlinie 90/220/EG keine neuartigen GVO zur Freisetzung in die Umwelt mehr zugelassen wurden, weil das EU-Regulierungssystem überarbeitet wurde, um besser für die Herausforderungen durch die modernen Biotechnologie gerüstet zu sein. Der neue ordnungsrechtliche Rahmen wurde im März 2001 angenommen und trat im Oktober 2002 in Kraft.

Im Juli 2003 wurde außerdem ein besseres System für die Kennzeichnung und die Rückverfolgbarkeit von GV-Lebensmitteln und GV-Futtermitteln erlassen. Damit kommt die EU den Forderungen der Bürger nach umfassender und zuverlässiger Aufklärung über GVO nach und trägt der Überzeugung Rechnung, dass sich die Verbraucher frei zwischen neuartigen und herkömmlichen Erzeugnissen der Land- und Ernährungswirtschaft entscheiden wollen. Deshalb ist es das Hauptanliegen der EU, ein möglichst hohes Gesundheits- und Umweltschutzniveau zu gewährleisten.

Für eine Reihe von Anträgen für das Inverkehrbringen von GVO ist die Prüfung bereits weit fortgeschritten, so dass in den kommenden Monaten die Genehmigung entsprechend den EU-Vorschriften erfolgen könnte.

Die Konsultationen

Die EU hat am 19. Juni mit den Vereinigten Staaten und Argentinien und am 25. Juni 2003 mit Kanada Konsultationen geführt. Konsultationen sind der erste Schritt in einem WTO-Streitbeilegungsverfahren. Mit ihnen beginnt ein Dialog zwischen den Beschwerde führenden Parteien, bei dem versucht wird, die strittigen Fragen auf gütlichem Wege zu lösen. Aus diesem Grund hat die EU angeboten, den Prozess fortzusetzen und bei dieser Gelegenheit neue Informationen über den Rechtsrahmen und die Fortschritte bei den einzelnen Genehmigungsanträgen vorgelegt, um mögliche Missverständnisse auszuräumen. Zur Überraschung der EU haben die Vereinigten Staaten sofort nach Beendigung der Konsultationen verlauten lassen, die Konsultationen seien gescheitert und man werde in Kürze die Einsetzung eines Panels beantragen. Mit Kanada und Argentinien fanden weitere Gespräche statt, bei denen die EU den Eindruck gewann, beide Länder seien an einer Fortsetzung der Konsultationen interessiert. Die EU ist auch weiterhin überzeugt, dass ein offener und konstruktiver Dialog zu einer Lösung führen würde und bedauert deshalb die Entscheidung, ein Panel einzuberufen.

Die EU (wie jedes andere WTO Mitglied auch) hat das Recht dafür zu sorgen, dass GVO nur nach einer gründlichen Risikobewertung und nach umfassender Aufklärung der Verbraucher in den Verkehr gebracht werden. Mehrere WTO-Abkommen wie das GATT 1994, das WTO-Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen (SPS), das WTO-Übereinkommen über technische Handelshemmnisse sowie Standards wie die kürzlich angenommenen Grundsätze des Codex Alimentarius für die Risikobewertung von biotechnologischen Lebensmitteln erkennen das Recht der Vertragsparteien an, auf der nach ihrem Ermessen geeigneten Ebene Maßnahmen zu ergreifen, um z.B. die Gesundheit von Menschen und Tieren oder die Umwelt zu schützen. Darüber hinaus wird auch im Protokoll von Cartagena über biologische Sicherheit zum Übereinkommen über biologische Vielfalt die Spezifizität des Handels mit biotechnologischen Lebensmitteln und damit das Recht anerkannt, mit GVO vorsichtig und umsichtig umzugehen.

In vielen Ländern gibt es Genehmigungsverfahren für GVO und GV-Lebensmittel auf Einzelfallbasis, in einigen gibt es außerdem Moratorien für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzensorten.

Die Behauptung, die EU behindere die Bekämpfung des Hungers in Afrika ist haltlos. Viele Länder, in denen Lebensmittelknappheit herrscht, haben die wichtigsten Geberländer gebeten, im Rahmen der Nahrungsmittelhilfe keine GV-Lebensmittel zu liefern. Wie alle Länder haben sie das legitime Recht, die Entscheidungen zu treffen, die sie zum Schutz des eigenen Hoheitsgebiets vor einer unabsichtlichen Verbreitung von gentechnisch veränderten Kulturpflanzen für erforderlich halten. Die EU geht bei Nahrungsmittelnotständen so vor, dass sie die Nahrungsmittelhilfe so weit wie möglich in der Region beschafft, um zur Entwicklung der lokalen Märkte beizutragen, und den Verbrauchergewohnheiten der Lokalbevölkerung entgegenzukommen. Bei der Nahrungsmittelhilfe sollte es um die Deckung dringender humanitärer Bedürfnisse und nicht um die Förderung wirtschaftlicher Interessen gehen.

In den Vereinigten Staaten selbst kam eine Studie der American National Academy of Sciences vom Februar 2002 ebenfalls zu dem Schluss, dass die US-Vorschriften über GV-Pflanzen zahlreiche Unstimmigkeiten aufweisen.

Ein Großteil der Amerikaner wünscht eine Kennzeichnung genetisch veränderter Lebensmittel. Nach einer unter 1024 Erwachsenen durchgeführten Telefonumfrage von ABC News vom Juli 2003 befürwortet mit 92 % ein überwältigender Anteil der Amerikaner die Kennzeichnung.

Das Genehmigungssystem der EU ist klar, transparent, nicht diskriminierend und hat bereits bewiesen, dass es den Zugang zum EU-Markt ermöglicht. Viele Länder orientieren sich im Hinblick auf die Entwicklung ihrer eigenen Politik am Rechtsrahmen der EU.

Hintergrund

Konsultations- und Streitbeilegungsverfahren der WTO

Der erste Schritt in einem WTO-Streitbeilegungsverfahren ist der Antrag des Beschwerde führenden Mitglieds. Der Beklagte hat zehn Tage, um auf den Antrag zu antworten und soll binnen eines Zeitraums von nicht mehr als 30 Tagen in Konsultationen eintreten (außer beide Parteien haben etwas anderes vereinbart). Ziel der Konsultationen sollte es sein, eine positive Lösung zu der betreffende Frage zu finden.

Kann der Streit nicht innerhalb von 60 Tagen nach dem Zeitpunkt des Eingangs des Konsultationsantrags beigelegt werden, kann die Beschwerde führende Partei beim Streitbeilegungsgremien die Einrichtung eines Panels beantragen (falls jedoch beide Parteien der Ansicht sind, dass die Streitbeilegung gescheitert ist, kann die Beschwerde führende Partei während des Zeitraums von 60 Tagen ein Panel beantragen).

Sobald die Mitglieder des Panels ernannt sind, hat die Beschwerde führende Partei normalerweise zwischen drei und sechs Wochen, um ihre ersten schriftlichen Unterlagen einzureichen und die beklagte Partei verfügt über weitere zwei bis zwei Wochen, um zu antworten. Es folgen zwei mündliche Anhörungen und eine weitere Einreichung schriftlicher Unterlagen.

Ein Panel-Verfahren dauert durchschnittlich zwölf Monate. Danach kann eine Berufung erfolgen, die nicht länger als 90 Tage dauern sollte. In einem Fall wie dem vorliegenden kann die Notwendigkeit, wissenschaftliche Sachverständige anzuhören, den Zeitplan verlängern.