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Neue Investitionspolitik der EU

Mit zwei Initiativen hat die Europäische Kommission heute die Weichen für eine umfassende Auslandsinvestitionspolitik für Europa gestellt. In einem Strategiepapier wird erläutert, wie die neue Zuständigkeit der EU für ausländische Direktinvestitionen so genutzt werden könne, dass Wettbewerbsfähigkeit und Handel einen Schub erhalten, damit Wachstum und Beschäftigung gefördert werden.

Zugleich soll auf dem Verordnungsweg eine Übergangsregelung eingeführt werden, die Garantien für bestehende oder noch ausstehende bilaterale Investitionsabkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten und Drittländern vorsieht. Aufgrund des Vertrags von Lissabon wird die Investitionspolitik jetzt auf europäischer Ebene entwickelt und umgesetzt.

Ausländische Direktinvestitionen bedeuten, dass inländische Unternehmen im Ausland investieren. Sie ermöglichen den Transfer von Technologie und kurbeln den internationalen Handel an und sind typisches Zeichen der Globalisierung. Die EU ist weltweit der größte Akteur auf dem Gebiet der ausländischen Direktinvestitionen (ADI). Bis 2008 beliefen sich die ADI der EU in Drittstaaten auf 3,3 Billionen EUR und die ADI von Drittstaaten in der EU auf 2,4 Billionen EUR.

Diese Investitionen werden durch bilaterale Investitionsabkommen abgesichert. Mit BIT werden die Bedingungen festgelegt, unter denen natürliche oder juristische Personen aus einem Land in einem anderen Land investieren können. Außerdem dienen sie dazu, ein rechtsverbindliches Schutzniveau zu schaffen, um die Investitionsströme zwischen zwei Ländern zu fördern. BIT sollen unter anderem für eine diskriminierungsfreie Behandlung von Investoren sowie für den Schutz vor unrechtmäßiger Enteignung sorgen. Die Mitgliedstaaten der EU sind weltweit die Hauptnutzer von BIT; sie haben bereits etwa 1 200 solcher Abkommen abgeschlossen.

Der Vorschlag der Kommission besteht aus zwei Teilen: Ein Strategiepapier „Auf dem Weg zu einer umfassenden europäischen Auslandsinvestitionspolitik“, in dem der Frage nachgegangen wird, wie die Investitionspolitik auf optimale Weise zu einem intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstum (so die Ziele der Strategie „Europa 2020“) beitragen könne, sowie eine Verordnung, mit der eine Übergangsregelung für die bilateralen Investitionsabkommen eingeführt werden soll, die bereits vor dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags zwischen EU-Mitgliedstaaten und Drittstaaten geschlossen wurden. Dabei hat die Kommission Rechtssicherheit für europäische und ausländische Investoren geschaffen, ohne die EU zu hindern, neue Investmentverträge zu verhandeln.

Ein Auszug von elf Worten kann ein geschütztes Werk sein

Der EuGH hat unter Bezugnahme auf die Begründungen der Richtlinien der Europäischen Union zum Urheberrecht, die ein hohes Schutzniveau fordern, gefolgert, dass dieses hohe Schutzniveau sich darin äußert, dass selbst kurze Folgen von elf Worten aus einem längeren Zeitungsartikel zu einem exklusiven Recht führen können. Bereits in diesen kurzen Textabschnitten könne man unter Umständen die Originalität der geistigen Schöpfung erkennen (was im Einzelfall anhand der Wortfolgen zu ermitteln ist). Ist dies der Fall, ist die Nutzung der kurzen Wortfolge nur rechtmäßig, wenn sie vom Urheber oder Erwerber des Schutzrechts zugelassen ist.

Leitsätze des Urteils

  1. Rechtsangleichung – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Richtlinie 2001/29 – Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft – Vervielfältigungsrecht – Teilweise Vervielfältigung – Begriff (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates 2001/29, Art. 2 Buchst. a)Eine Handlung, die im Laufe eines Datenerfassungsverfahrens vorgenommen wird, das darin besteht, einen aus elf Wörtern bestehenden Auszug eines geschützten Werkes zu speichern und auszudrucken, kann unter den Begriff der teilweisen Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft fallen, wenn die so wiedergegebenen Bestandteile – was vom nationalen Gericht zu prüfen ist – die eigene geistige Schöpfung durch den Urheber zum Ausdruck bringen.Das Urheberrecht im Sinne des Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 kann nämlich nur in Bezug auf ein Schutzobjekt angewandt werden, bei dem es sich um ein Original in dem Sinne handelt, dass es eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt. Teile eines Werkes sind urheberrechtlich geschützt, da sie als solche an der Originalität des Gesamtwerks teilhaben. Die verschiedenen Teile eines Werkes sind somit unter der Voraussetzung, dass sie bestimmte Elemente enthalten, die die eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers zum Ausdruck bringen, nach dieser Vorschrift geschützt. Da der Schutzumfang des Art. 2 dieser Richtlinie weit auszulegen ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass bestimmte einzelne Sätze oder sogar Satzteile des betreffenden Textes dazu geeignet sind, dem Leser die Originalität einer Publikation wie etwa eines Zeitungsartikels zu vermitteln, indem sie ihm einen Bestandteil mitteilen, der als solcher Ausdruck der eigenen geistigen Schöpfung des
    Urhebers dieses Artikels ist. Solche Sätze oder solche Satzteile können also Schutzobjekt des Art. 2 Buchst. a der Richtlinie sein. (vgl. Randnrn. 37-39, 47-48, 51, Tenor 1)
  2. Rechtsangleichung – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Richtlinie 2001/29 – Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft – Vervielfältigungsrecht – Ausnahmen und Beschränkungen – Voraussetzungen – Vervielfältigungshandlung vorübergehender Art (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates 2001/29, Art. 5 Abs. 1)Das Ausdrucken eines aus elf Wörtern bestehenden Auszugs, der im Laufe eines Datenerfassungsverfahrens erfolgt, das im Einscannen von Zeitungsartikeln und deren anschließender Umwandlung in eine Textdatei, einer elektronischen Verarbeitung der Vervielfältigung, der Speicherung eines Teils der Vervielfältigung und deren Ausdruck besteht, erfüllt nicht die Voraussetzung der Flüchtigkeit im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, und daher darf dieses Verfahren nicht ohne die Zustimmung der Inhaber der betreffenden Urheberrechte durchgeführt werden.Eine Handlung ist nämlich nur dann „flüchtig“ im Sinne der zweiten Voraussetzung dieser Vorschrift, wenn ihre Lebensdauer auf das für das ordnungsgemäße Funktionieren des betreffenden technischen Verfahrens Erforderliche beschränkt ist, wobei dieses Verfahren derart automatisiert sein muss, dass es diese Handlung automatisch, ohne Beteiligung einer natürlichen Person löscht, sobald ihre Funktion, die Durchführung eines solchen Verfahrens zu ermöglichen, erfüllt ist. Jedoch wird mit der letzten Vervielfältigungshandlung des fraglichen Datenerfassungsverfahrens eine Vervielfältigung außerhalb des Informatikbereichs vorgenommen, indem Dateien, die die aus elf Wörtern bestehenden Auszüge enthalten, ausgedruckt und so diese Auszüge auf Papier vervielfältigt werden. Wenn die Vervielfältigung auf einem solchen materiellen Träger festgehalten ist, verschwindet sie erst mit dessen Zerstörung. Da das Datenerfassungsverfahren überdies offensichtlich nicht in der Lage ist, einen solchen Träger selbst zu zerstören, hängt die Löschung der fraglichen Vervielfältigung allein vom Willen des Nutzers eines solchen Verfahrens ab, von dem nicht einmal sicher bekannt ist, ob er sich des Trägers entledigen will. Folglich besteht die Gefahr, dass die Vervielfältigung je nach Bedarf des Nutzers für einen längeren Zeitraum fortbesteht. Unter diesen Umständen ist die letzte Handlung des im Ausgangsverfahren fraglichen Datenerfassungsverfahrens, mit der die aus elf Wörtern bestehenden Auszüge ausgedruckt werden, keine flüchtige Handlung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29. (vgl. Randnrn. 64, 67-70, 74, Tenor 2)

URTEIL DES GERICHTSHOFS

16. Juli 2009, 4. Kammer (Verfahrenssprache: Dänisch)

„Urheberrechte – Informationsgesellschaft – Richtlinie 2001/29/EG – Art. 2 und 5 – Werke der Literatur und Kunst – Begriff der Vervielfältigung – ‚Teilweise‘ Vervielfältigung – Vervielfältigung kurzer Auszüge aus Werken der Literatur – Zeitungsartikel – Vorübergehende und flüchtige Vervielfältigungen – Technisches Verfahren, das im Einscannen von Artikeln und deren anschließender Umwandlung in eine Textdatei, einer elektronischen Verarbeitung der Vervielfältigung, der Speicherung eines Teils der Vervielfältigung und deren Ausdruck besteht“

In der Rechtssache C-5/08 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Højesteret (Dänemark) mit Entscheidung vom 21. Dezember 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Januar 2008, in dem Verfahren Infopaq International A/S gegen Danske Dagblades Forening erlässt DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer) unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters T. von Danwitz, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter G. Arestis und J. Malenovský (Berichterstatter), Generalanwältin: V. Trstenjak, Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2008, unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Infopaq International A/S, vertreten durch A. Jensen, advokat,
  • der Danske Dagblades Forening, vertreten durch M. Dahl Pedersen, advokat,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Krämer und H. Støvlbæk als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 12. Februar 2009 folgendes

Urteil

  1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft zum einen die Auslegung von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10) und zum anderen die Voraussetzungen für die Ausnahmen von vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen im Sinne von Art. 5 dieser Richtlinie.
  2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Infopaq International A/S (im Folgenden: Infopaq) und der Danske Dagblades Forening (im Folgenden: DDF) betreffend die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Feststellung, dass sie nicht verpflichtet ist, für Vervielfältigungshandlungen von Zeitungsartikeln mittels eines automatisierten Verfahrens, das im Einscannen der Artikel, ihrer Umwandlung in eine digitale Datei und deren anschließenden elektronischen Verarbeitung besteht, die Zustimmung der Rechtsinhaber einzuholen.

    Rechtlicher Rahmen

    Völkerrecht

  3. Gemäß Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums in Anhang 1C des Übereinkommens von Marrakesch zur Errichtung der Welthandelsorganisation, das durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986–1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. L 336, S. 1) genehmigt wurde, gilt:

    „Die Mitglieder befolgen die Artikel 1 bis 21 der Berner Übereinkunft (1971) und den Anhang dazu. …“

  4. Art. 2 der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Pariser Fassung vom 24. Juli 1971) in der am 28. September 1979 geänderten Fassung (im Folgenden: Berner Übereinkunft) bestimmt:

    „(1) Die Bezeichnung ‚Werke der Literatur und Kunst‘ umfasst alle Erzeugnisse auf dem Gebiet der Literatur, Wissenschaft und Kunst, ohne Rücksicht auf die Art und Form des Ausdrucks, wie: Bücher, Broschüren und andere Schriftwerke; …

    (5) Sammlungen von Werken der Literatur oder Kunst, wie zum Beispiel Enzyklopädien und Anthologien, die wegen der Auswahl oder der Anordnung des Stoffes geistige Schöpfungen darstellen, sind als solche geschützt, unbeschadet der Rechte der Urheber an jedem einzelnen der Werke, die Bestandteile dieser Sammlungen sind.

    (8) Der Schutz dieser Übereinkunft besteht nicht für Tagesneuigkeiten oder vermischte Nachrichten, die einfache Zeitungsmitteilungen darstellen.“

  5. Gemäß Art. 9 Abs. 1 der Berner Übereinkunft genießen die Urheber von Werken der Literatur und Kunst, die durch diese Übereinkunft geschützt sind, das ausschließliche Recht, die Vervielfältigung dieser Werke zu erlauben, gleichviel, auf welche Art und in welcher Form sie vorgenommen wird.

    Gemeinschaftsrecht

  6. Art. 1 der Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (ABl. L 122, S. 42) bestimmte:

    „(1) Gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie schützen die Mitgliedstaaten Computerprogramme urheberrechtlich als literarische Werke im Sinne der Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst. …

    (3) Computerprogramme werden geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien anzuwenden.“

  7. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (ABl. L 77, S. 20) lautet:

    „Gemäß dieser Richtlinie werden Datenbanken, die aufgrund der Auswahl oder Anordnung des Stoffes eine eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers darstellen, als solche urheberrechtlich geschützt. Bei der Bestimmung, ob sie für diesen Schutz in Betracht kommen, sind keine anderen Kriterien anzuwenden.“

  8. Die Erwägungsgründe 4, 6, 9 bis 11, 20 bis 22, 31 und 33 der Richtlinie 2001/29 lauten:

    „(4) Ein harmonisierter Rechtsrahmen zum Schutz des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte wird durch erhöhte Rechtssicherheit und durch die Wahrung eines hohen Schutzniveaus im Bereich des geistigen Eigentums substanzielle Investitionen in Kreativität und Innovation einschließlich der Netzinfrastruktur fördern …

    (6) Ohne Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene könnten Gesetzgebungsinitiativen auf einzelstaatlicher Ebene, die in einigen Mitgliedstaaten bereits in die Wege geleitet worden sind, um den technischen Herausforderungen zu begegnen, erhebliche Unterschiede im Rechtsschutz und dadurch Beschränkungen des freien Verkehrs von Dienstleistungen und Produkten mit urheberrechtlichem Gehalt zur Folge haben, was zu einer Zersplitterung des Binnenmarkts und zu rechtlicher Inkohärenz führen würde. Derartige rechtliche Unterschiede und Unsicherheiten werden sich im Zuge der weiteren Entwicklung der Informationsgesellschaft, in deren Gefolge die grenzüberschreitende Verwertung des geistigen Eigentums bereits stark zugenommen hat, noch stärker auswirken. Diese Entwicklung wird und sollte fortschreiten. Erhebliche rechtliche Unterschiede und Unsicherheiten in Bezug auf den Rechtsschutz können die Erzielung von Größenvorteilen für neue Produkte und Dienstleistungen mit urheber- und
    leistungsschutzrechtlichem Gehalt beschränken.

    (9) Jede Harmonisierung des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte muss von einem hohen Schutzniveau ausgehen, da diese Rechte für das geistige Schaffen wesentlich sind. …

    (10) Wenn Urheber und ausübende Künstler weiter schöpferisch und künstlerisch tätig sein sollen, müssen sie für die Nutzung ihrer Werke eine angemessene Vergütung erhalten …

    (11) Eine rigorose und wirksame Regelung zum Schutz der Urheberrechte und verwandten Schutzrechte ist eines der wichtigsten Instrumente, um die notwendigen Mittel für das kulturelle Schaffen in Europa zu garantieren und die Unabhängigkeit und Würde der Urheber und ausübenden Künstler zu wahren.

    (20) Die vorliegende Richtlinie beruht auf den Grundsätzen und Bestimmungen, die in den einschlägigen geltenden Richtlinien bereits festgeschrieben sind, und zwar insbesondere in den Richtlinien 91/250/EWG und 96/9/EG. Die betreffenden Grundsätze und Bestimmungen werden fortentwickelt und in den Rahmen der Informationsgesellschaft eingeordnet. Die Bestimmungen dieser Richtlinie sollten unbeschadet der genannten Richtlinien gelten, sofern diese Richtlinie nichts anderes bestimmt.

    (21) Diese Richtlinie sollte den Umfang der unter das Vervielfältigungsrecht fallenden Handlungen in Bezug auf die verschiedenen Begünstigten bestimmen. Dabei sollte der gemeinschaftliche Besitzstand zugrunde gelegt werden. Um die Rechtssicherheit im Binnenmarkt zu gewährleisten, muss die Definition dieser Handlungen weit gefasst sein.

    (22) Die Verwirklichung des Ziels, die Verbreitung der Kultur zu fördern, darf nicht durch Verzicht auf einen rigorosen Schutz der Urheberrechte oder durch Duldung der unrechtmäßigen Verbreitung von nachgeahmten oder gefälschten Werken erfolgen.

    (31) Es muss ein angemessener Rechts- und Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern sowie zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern und Nutzern von Schutzgegenständen gesichert werden. …

    (33) Eine Ausnahme vom ausschließlichen Vervielfältigungsrecht sollte für bestimmte vorübergehende Vervielfältigungshandlungen gewährt werden, die flüchtige oder begleitende Vervielfältigungen sind, als integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens erfolgen und ausschließlich dem Ziel dienen, entweder die effiziente Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder die rechtmäßige Nutzung eines Werks oder sonstiger Schutzgegenstände zu ermöglichen. Die betreffenden Vervielfältigungshandlungen sollten keinen eigenen wirtschaftlichen Wert besitzen. Soweit diese Voraussetzungen erfüllt sind, erfasst diese Ausnahme auch Handlungen, die das ‚Browsing‘ sowie Handlungen des ‚Caching‘ ermöglichen; dies schließt Handlungen ein, die das effiziente Funktionieren der Übertragungssysteme ermöglichen, sofern der Vermittler die Information nicht verändert und nicht die erlaubte Anwendung von Technologien zur Sammlung von Daten
    über die Nutzung der Information, die von der gewerblichen Wirtschaft weithin anerkannt und verwendet werden, beeinträchtigt. Eine Nutzung sollte als rechtmäßig gelten, soweit sie vom Rechtsinhaber zugelassen bzw. nicht durch Gesetze beschränkt ist.“

  9. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 bestimmt:

    „Die Mitgliedstaaten sehen für folgende Personen das ausschließliche Recht vor, die unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte Vervielfältigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten:

    a) für die Urheber in Bezug auf ihre Werke“.

  10. Art. 5 der Richtlinie sieht Folgendes vor:

    „(1) Die in Artikel 2 bezeichneten vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist,

    a) eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder

    b) eine rechtmäßige Nutzung

    eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben, werden von dem in Artikel 2 vorgesehenen Vervielfältigungsrecht ausgenommen.

    (5) Die in den Absätzen 1, 2, 3 und 4 genannten Ausnahmen und Beschränkungen dürfen nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden, in denen die normale Verwertung des Werks oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden.“

  11. Art. 6 der Richtlinie 2006/116/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte (ABl. L 372, S. 12) bestimmt:

    „Fotografien werden gemäß Artikel 1 [der die Schutzdauer des Urheberrechts an Werken der Literatur und Kunst im Sinne des Artikels 2 der Berner Übereinkunft bestimmt] geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien anzuwenden. Die Mitgliedstaaten können den Schutz anderer Fotografien vorsehen.“

    Nationales Recht

  12. Die Art. 2 und 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 wurden durch die §§ 2 und 11a Abs. 1 des Gesetzes Nr. 395 über das Urheberrecht (lov Nr. 395 om ophavsret) vom 14. Juni 1995 (Lovtidende 1995 A, S. 1796) in u. a. durch das Gesetz Nr. 1051 (lov Nr. 1051 om ændring af ophavsretsloven) vom 17. Dezember 2002 (Lovtidende 2002 A, S. 7881) in geänderter und kodifizierter Fassung in dänisches Recht umgesetzt.

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

  13. Infopaq ist im Bereich der Beobachtung und Analyse von Printmedien tätig und erstellt im Wesentlichen Zusammenfassungen von ausgewählten Artikeln aus der dänischen Tagespresse und verschiedenen Zeitschriften. Diese Auswahl der Artikel erfolgt nach von den Kunden ausgesuchten Themen und in einem sogenannten „Datenerfassungsverfahren“. Die Zusammenfassungen werden den Kunden per E-Mail zugesandt.
  14. Die DDF ist der Fachverband der dänischen Tageszeitungen, dessen Zweck u. a. darin besteht, seine Mitglieder in urheberrechtlichen Fragen zu unterstützen.
  15. Im Laufe des Jahres 2005 erfuhr die DDF, dass Infopaq Zeitungsartikel ohne die Zustimmung der jeweiligen Rechtsinhaber zu kommerziellen Zwecken bearbeitete. Da sie eine solche Zustimmung für eine Bearbeitung von Artikeln mittels des fraglichen Verfahrens für erforderlich hielt, teilte sie Infopaq ihre Haltung mit.
  16. Das Datenerfassungsverfahren umfasst die nachstehend aufgeführten fünf Schritte, die nach Ansicht der DDF zu vier Vervielfältigungshandlungen von Zeitungsartikeln führen.
  17. In einem ersten Schritt werden die betreffenden Publikationen von den Mitarbeitern von Infopaq manuell in einer elektronischen Datenbank registriert.
  18. Im zweiten Schritt werden die Publikationen eingescannt, nachdem zuvor der Rücken abgeschnitten wurde, so dass alle Blätter lose sind. Der Teil der Publikation, der bearbeitet werden soll, wird aus der Datenbank ausgewählt, bevor die Publikation in den Scanner eingelegt wird. Dieses Vorgehen ermöglicht es, von jeder Seite der Publikation eine Datei im TIFF-Format (Tagged Image File Format) zu erstellen. Danach wird die TIFF-Datei auf einen Server für optische Zeichenerkennung (Optical Character Recognition, im Folgenden: OCR) übertragen.
  19. Im dritten Schritt wandelt der OCR-Server die TIFF-Datei in Daten um, die digital bearbeitet werden können. Während dieses Verfahrens wird das Bild jedes Buchstabens in einen digitalen Code umgewandelt, anhand dessen der Computer die Art des Buchstabens erkennen kann. So wird etwa das Bild der Buchstaben „TDC“ in eine Information umgewandelt, die der Computer wie die Buchstaben „TDC“ behandelt und in ein Textformat umwandelt, das vom System des Computers erkannt werden kann. Diese Daten werden als Textdateien gespeichert, die von jedem Textverarbeitungsprogramm gelesen werden können. Das OCR-Verfahren endet mit dem Löschen der TIFF-Datei.
  20. Im vierten Schritt wird die Textdatei analysiert, um zuvor festgelegte Suchwörter zu finden. Jedes Mal wird eine Datei erstellt, die den Titel, den Teil und die Seitenzahl der Publikation, die das Suchwort enthält, sowie einen in Prozentzahlen zwischen 0 und 100 angegebenen Wert angibt, der die Stellung des Suchworts in dem Artikel bezeichnet. Dadurch wird die Lektüre des Artikels erleichtert. Um das Auffinden des Suchworts bei der Lektüre des Artikels noch zu verbessern, wird es mit den fünf ihm vorangehenden und den fünf ihm nachfolgenden Wörtern verbunden (im Folgenden: aus elf Wörtern bestehender Auszug). Dieser Schritt endet mit dem Löschen der Textdatei.
  21. Im fünften Schritt kommt die Datenerfassung mit dem Ausdruck eines Belegs für jede Seite der Publikation, auf der das Suchwort vorkommt, zum Abschluss. Ein Beleg könnte beispielsweise folgendermaßen aussehen:„4. November 2005 – Dagbladet Arbejderen Seite 3:TDC: 73 % ‚der anstehende Verkauf des Telekommunikationskonzerns TDC, mit dessen Übernahme gerechnet wird‘“.
  22. Infopaq bestritt, dass für diese Tätigkeit die Zustimmung der jeweiligen Rechtsinhaber erforderlich sei, und erhob beim Østre Landsret Klage gegen die DDF, mit der sie beantragte, die DDF solle anerkennen, dass Infopaq berechtigt sei, das oben beschriebene Verfahren ohne die Zustimmung des Fachverbands oder seiner Mitglieder anzuwenden. Der Østre Landsret wies die Klage ab. Daraufhin legte Infopaq beim vorlegenden Gericht Rechtsmittel ein.
  23. Nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts ist unstreitig, dass die Zustimmung der Inhaber der Urheberrechte für eine Tätigkeit, die in der Beobachtung der Printmedien und der Erstellung von Zusammenfassungen von Zeitungsartikeln besteht, nicht erforderlich ist, solange jede Publikation von einer natürlichen Person gelesen wird, die Auswahl der relevanten Artikel anhand zuvor festgelegter Suchwörter erfolgt und dem Autor der Zusammenfassung ein manuell erstellter Beleg übergeben wird, in dem das in einem Artikel gefundene Suchwort und der Fundort des Artikels in einer Publikation angegeben sind. Ebenso ist zwischen den Beteiligten des Ausgangsverfahrens unstreitig, dass die Erstellung einer Zusammenfassung als solche rechtmäßig ist und nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers bedarf.
  24. Ferner ist unstreitig, dass dieses Datenerfassungsverfahren zwei Vervielfältigungshandlungen umfasst, nämlich das Erstellen der TIFF-Dateien beim Einscannen der Presseartikel und das Erstellen von Textdateien durch die Umwandlung der TIFF-Dateien. Überdies ist unstreitig, dass durch dieses Verfahren Teile der digitalisierten Artikel vervielfältigt werden, wenn der aus elf Wörtern bestehende Auszug elektronisch gespeichert wird und die elf Wörter auf Papier ausgedruckt werden.
  25. Dagegen streiten die Parteien des Ausgangsverfahrens über die Frage, ob es sich bei den letzten beiden oben beschriebenen Schritten um Vervielfältigungshandlungen im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 handelt. Uneinigkeit besteht auch darüber, ob gegebenenfalls alle im Ausgangsverfahren fraglichen Handlungen von der in Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie vorgesehenen Ausnahme vom Vervielfältigungsrecht umfasst sind.
  26. Unter diesen Umständen hat der Højesteret das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
    1. Sind die Speicherung und das anschließende Ausdrucken eines Textauszugs aus einem Zeitungsartikel, der aus einem Suchwort sowie den fünf vorangehenden und den fünf nachfolgenden Wörtern besteht, als geschützte Vervielfältigungshandlungen im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29/EG anzusehen?
    2. Ist es für die Bestimmung, ob die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen als „flüchtig“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 anzusehen sind, von Bedeutung, in welchem Zusammenhang sie vorgenommen werden?
    3. Ist eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung als „flüchtig“ anzusehen, wenn die Vervielfältigung bearbeitet wird, z. B. durch Erstellung einer Textdatei auf der Grundlage einer Bilddatei oder durch das Suchen von Textstellen auf der Grundlage einer Textdatei?
    4. Ist eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung als „flüchtig“ anzusehen, wenn ein Teil der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern bestehenden Vervielfältigung gespeichert wird?
    5. Ist eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung als „flüchtig“ anzusehen, wenn ein Teil der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern bestehenden Vervielfältigung ausgedruckt wird?
    6. Ist es für die Bestimmung, ob die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen einen „integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 darstellen, von Bedeutung, in welchem Stadium des technischen Verfahrens sie vorgenommen werden?
    7. Können vorübergehende Vervielfältigungshandlungen einen „integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens“ darstellen, wenn sie aus dem manuellen Einscannen ganzer Zeitungsartikel bestehen, wodurch diese von einem Printmedium in ein digitales Medium umgewandelt werden?
    8. Können vorübergehende Vervielfältigungshandlungen einen „integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens“ darstellen, wenn sie aus dem Ausdrucken eines Teils der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern bestehenden Vervielfältigung bestehen?
    9. Umfasst die „rechtmäßige Nutzung“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 jede Form der Nutzung, die nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers bedarf?
    10. Umfasst die „rechtmäßige Nutzung“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 das Einscannen ganzer Zeitungsartikel, die anschließende Bearbeitung der Vervielfältigung sowie die Speicherung und das etwaige Ausdrucken eines Teils der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern bestehenden Vervielfältigung durch ein Unternehmen für Zwecke des Schreibens von Zusammenfassungen, obwohl der Rechtsinhaber diesen Handlungen nicht zugestimmt hat?
    11. Nach welchen Kriterien ist zu beurteilen, ob die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen „von eigenständiger wirtschaftlicher Bedeutung“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 sind, sofern die übrigen Voraussetzungen der Bestimmung erfüllt sind?
    12. Können durch die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen erzielte Rationalisierungsgewinne des Nutzers in die Beurteilung der Frage einfließen, ob diese Handlungen „von eigenständiger wirtschaftlicher Bedeutung“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 sind?
    13. Sind das Einscannen ganzer Zeitungsartikel, die darauf folgende Bearbeitung der Vervielfältigung sowie die Speicherung und das etwaige Ausdrucken eines Teil der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern bestehenden Vervielfältigung durch ein Unternehmen ohne die Zustimmung des Rechtsinhabers im Sinne von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 „bestimmte Sonderfälle, in denen die normale Verwertung“ der Zeitungsartikel „nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden“?

    Zu den Vorlagefragen

    Vorbemerkung

  27. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts und der Gleichheitssatz verlangen, die Begriffe einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die – wie Art. 2 der Richtlinie 2001/29 – für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Gemeinschaft autonom und einheitlich auszulegen (vgl. insbesondere Urteile vom 6. Februar 2003, SENA, C-245/00, Slg. 2003, I-1251, Randnr. 23, und vom 7. Dezember 2006, SGAE, C-306/05, Slg. 2006, I-11519, Randnr. 31).
  28. Diese Erfordernisse gelten insbesondere für die Richtlinie 2001/29, wie der Wortlaut ihrer Erwägungsgründe 6 und 21 zeigt.
  29. Folglich kann die österreichische Regierung nicht mit Erfolg geltend machen, dass es Sache der Mitgliedstaaten sei, den in Art. 2 der Richtlinie 2001/29 verwendeten, dort aber nicht definierten Begriff „teilweise Vervielfältigung“ zu definieren (vgl. in diesem Sinne in Bezug auf den Begriff „öffentlich“ des Art. 3 der Richtlinie Urteil SGAE, Randnr. 31).

    Zur ersten Frage

  30. Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Begriff „teilweise Vervielfältigung“ im Sinne der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass er Handlungen zur elektronischen Speicherung eines aus elf Wörtern bestehenden Auszugs und das Ausdrucken eines solchen Auszugs auf Papier umfasst.
  31. Die Richtlinie 2001/29 definiert weder den Begriff „Vervielfältigung“ noch den Begriff „teilweise Vervielfältigung“.
  32. Unter diesen Umständen sind diese Begriffe im Hinblick auf den Wortlaut und den Zusammenhang des Art. 2 der Richtlinie 2001/29, in dem sie erwähnt werden, sowie im Licht der Ziele sowohl der gesamten Richtlinie als auch des Völkerrechts zu definieren (vgl. in diesem Sinne Urteil SGAE, Randnrn. 34 und 35 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
  33. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 sieht vor, dass die Urheber das ausschließliche Recht haben, die Vervielfältigung ihrer Werke ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten. Daraus folgt, dass Schutzobjekt des Rechts des Urhebers, die Vervielfältigung zu erlauben oder zu verbieten, ein „Werk“ ist.
  34. Insoweit geht aus dem Gesamtzusammenhang der Berner Übereinkunft, insbesondere aus deren Art. 2 Abs. 5 und 8, hervor, dass der Schutz bestimmter Schutzgüter als Werke der Literatur und Kunst voraussetzt, dass es sich dabei um geistige Schöpfungen handelt.
  35. Ebenso sind gemäß Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 91/250, Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 96/9 und Art. 6 der Richtlinie 2001/116 Werke wie Computerprogramme, Datenbanken oder Fotografien nur urheberrechtlich geschützt, wenn sie Originale in dem Sinne sind, dass es sich bei ihnen um eine eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers handelt.
  36. Indem die Richtlinie 2001/29 einen harmonisierten Rechtsrahmen des Urheberrechts festlegt, beruht sie, wie aus ihren Erwägungsgründen 4, 9 bis 11 und 20 hervorgeht, auf demselben Grundsatz.
  37. Unter diesen Umständen kann das Urheberrecht im Sinne des Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 nur in Bezug auf ein Schutzobjekt angewandt werden, bei dem es sich um ein Original in dem Sinne handelt, dass es eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt.
  38. Nichts in der Richtlinie 2001/29 oder in einer anderen maßgeblichen Richtlinie deutet darauf hin, dass die Teile eines Werkes einer anderen Regelung unterliegen als das Gesamtwerk. Folglich sind sie urheberrechtlich geschützt, da sie als solche an der Originalität des Gesamtwerks teilhaben.
  39. Unter Berücksichtigung der Erwägungen in Randnr. 37 des vorliegenden Urteils sind die verschiedenen Teile eines Werkes somit unter der Voraussetzung, dass sie bestimmte Elemente enthalten, die die eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers zum Ausdruck bringen, nach Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 geschützt.
  40. In Bezug auf den Umfang eines solchen Schutzes des Werkes geht aus den Erwägungsgründen 9 bis 11 der Richtlinie 2001/29 hervor, dass das Hauptziel der Richtlinie darin besteht, ein hohes Schutzniveau u. a. zugunsten der Urheber sicherzustellen und diesen eine angemessene Vergütung für die Nutzung einschließlich der Vervielfältigung ihrer Werke zu ermöglichen, damit sie weiterhin schöpferisch und kreativ tätig sein können.
  41. Mit derselben Ausrichtung verlangt der 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29, dass die unter das Vervielfältigungsrecht fallenden Handlungen weit verstanden werden.
  42. Diese Forderung nach einer weiten Definition dieser Handlungen ist außerdem auch im Wortlaut von Art. 2 der Richtlinie zu finden, der Wendungen wie „unmittelbar oder mittelbar“, „vorübergehend oder dauerhaft“, „auf jede Art und Weise“ und „in jeder Form“ verwendet.
  43. Folglich muss der Schutz im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 2001/29 weitreichend sein.
  44. Bei Zeitungsartikeln ergibt sich die in Randnr. 37 des vorliegenden Urteils erwähnte eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers regelmäßig aus der Art und Weise, in der das Thema dargestellt wird, sowie aus dem sprachlichen Ausdruck. Im Übrigen ist im Ausgangsverfahren unstreitig, dass es sich bei Zeitungsartikeln als solchen um Werke der Literatur im Sinne der Richtlinie 2001/29 handelt.
  45. In Bezug auf die unter den Schutz fallenden Bestandteile solcher Werke ist festzustellen, dass die Werke aus Wörtern bestehen, die einzeln betrachtet keine geistige Schöpfung des Urhebers sind, der sie verwendet. Erst mit Hilfe der Auswahl, der Anordnung und der Kombination dieser Wörter vermag der Urheber seinen schöpferischen Geist in origineller Weise zum Ausdruck zu bringen und zu einem Ergebnis zu gelangen, das eine geistige Schöpfung darstellt.
  46. Wörter als solche stellen somit keine vom Schutz erfassten Bestandteile dar.
  47. Gleichwohl kann, da der Schutzumfang des Art. 2 der Richtlinie 2001/29 weit auszulegen ist, nicht ausgeschlossen werden, dass bestimmte einzelne Sätze oder sogar Satzteile des betreffenden Textes dazu geeignet sind, dem Leser die Originalität einer Publikation wie etwa eines Zeitungsartikels zu vermitteln, indem sie ihm einen Bestandteil mitteilen, der als solcher Ausdruck der eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers dieses Artikels ist. Solche Sätze oder solche Satzteile können also Schutzobjekt des Art. 2 Buchst. a der Richtlinie sein.
  48. Im Hinblick auf diese Erwägungen kann der Ausdruck eines Auszugs aus einem geschützten Werk, der – wie im Ausgangsverfahren – aus elf aufeinander folgenden Wörtern des Werkes besteht, eine teilweise Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 darstellen, wenn ein solcher Auszug – was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist – einen Bestandteil des Werkes enthält, der als solcher die eigene geistige Schöpfung des Urhebers zum Ausdruck bringt.
  49. Außerdem ist festzustellen, dass das von Infopaq verwendete Datenerfassungsverfahren die Wiederholung einer Vielzahl von Ausschnitten der geschützten Werke ermöglicht. Bei diesem Verfahren wird nämlich jedes Mal, wenn im betreffenden Werk ein Suchwort erscheint, ein aus elf Wörtern bestehender Auszug wiedergegeben, und es arbeitet überdies oft mit mehreren Suchwörtern, da bestimmte Kunden Infopaq um anhand mehrerer Kriterien erstellte Zusammenfassungen bitten.
  50. Dadurch erhöht dieses Verfahren die Wahrscheinlichkeit, dass Infopaq teilweise Vervielfältigungen im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 vornimmt, weil die Sammlung dieser Auszüge dazu führen kann, dass längere Ausschnitte rekonstruiert werden, die die Originalität des betreffenden Werkes dadurch widerspiegeln können, dass sie eine Anzahl von Bestandteilen enthalten, die geeignet sind, eine eigene geistige Schöpfung des Urhebers dieses Werks zum Ausdruck zu bringen.
  51. Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass eine Handlung, die im Laufe eines Datenerfassungsverfahrens vorgenommen wird, das darin besteht, einen aus elf Wörtern bestehenden Auszug eines geschützten Werkes zu speichern und auszudrucken, unter den Begriff der teilweisen Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 fallen kann, wenn die so wiedergegebenen Bestandteile – was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist – die eigene geistige Schöpfung durch den Urheber zum Ausdruck bringen.

    Zu den Fragen zwei bis zwölf

  52. Sofern die im Ausgangsverfahren fraglichen Handlungen unter den Begriff der teilweisen Vervielfältigung eines geschützten Werkes im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 fallen, geht aus den Art. 2 und 5 der Richtlinie hervor, dass eine solche Vervielfältigung nicht ohne die Zustimmung des betreffenden Urhebers erfolgen darf, es sei denn, diese Vervielfältigung erfüllt die Voraussetzungen von Art. 5 der Richtlinie.
  53. In diesem Kontext möchte das vorlegende Gericht mit seinen Fragen zwei bis zwölf wissen, ob die Vervielfältigungshandlungen, die im Laufe eines Datenerfassungsverfahrens wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen vorgenommen wurden, die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 erfüllen und ob dieses Verfahren demnach ohne die Zustimmung der betreffenden Inhaber der Urheberrechte erfolgen darf, wenn es darauf abzielt, das Schreiben einer Zusammenfassung von Zeitungsartikeln zuzulassen, und im Einscannen der gesamten Artikel, der Speicherung eines aus elf Wörtern bestehenden Auszugs und dem Ausdrucken dieses Auszugs besteht.
  54. Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 ist eine Vervielfältigungshandlung nur vom Vervielfältigungsrecht nach Art. 2 der Richtlinie ausgenommen, wenn sie die folgenden fünf Voraussetzungen erfüllt:
    • diese Handlung ist vorübergehend;
    • sie ist flüchtig oder begleitend;
    • sie stellt einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens dar;
    • alleiniger Zweck des Verfahrens ist es, eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder eine rechtmäßige Nutzung eines geschützten Werkes oder eines Schutzobjekts zu ermöglichen, und
    • die Handlung hat keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung.
  55. Zunächst ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen insofern kumulativ sind, als die Nichterfüllung einer einzigen Voraussetzung zur Folge hat, dass die Vervielfältigungshandlung nicht nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 vom Vervielfältigungsrecht des Art. 2 der Richtlinie ausgenommen ist.
  56. Für die Auslegung der einzelnen Voraussetzungen ist sodann daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung die Bestimmungen einer Richtlinie, die von einem in dieser Richtlinie aufgestellten allgemeinen Grundsatz abweichen, eng auszulegen sind (Urteile vom 29. April 2004, Kapper, C-476/01, Slg. 2004, I-5205, Randnr. 72, und vom 26. Oktober 2006, Kommission/Spanien, C-36/05, Slg. 2006, I-10313, Randnr. 31).
  57. Dies ist bei der Ausnahme des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 der Fall, weil es sich dabei um eine Abweichung vom in dieser Richtlinie aufgestellten allgemeinen Grundsatz – dem Erfordernis einer Zustimmung des Inhabers des Urheberrechts für die jeweilige Vervielfältigung eines geschützten Werkes – handelt.
  58. Dies gilt umso mehr, als diese Ausnahme im Licht des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 auszulegen ist, wonach sie nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden darf, in denen die normale Verwertung des Werkes oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden.
  59. Gemäß den Erwägungsgründen 4, 6 und 21 der Richtlinie 2001/29 sind die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 auch im Licht der Rechtssicherheit der Urheber in Bezug auf den Schutz ihrer Werke auszulegen.
  60. In der vorliegenden Rechtssache macht Infopaq geltend, die im Ausgangsverfahren fraglichen Vervielfältigungshandlungen erfüllten die Voraussetzung, vorübergehender Art zu sein, da sie nach Abschluss des elektronischen Suchvorgangs gelöscht würden.
  61. Insoweit ist im Licht der dritten der in Randnr. 54 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Voraussetzungen festzustellen, dass eine vorübergehende und flüchtige Vervielfältigungshandlung darauf abzielt, die Durchführung eines technischen Verfahrens zu ermöglichen, von dem sie einen integralen und wesentlichen Teil darstellen muss. Unter diesen Umständen dürfen diese Vervielfältigungshandlungen im Hinblick auf die in den Randnrn. 57 und 58 des vorliegenden Urteils genannten Grundsätzen nicht über das hinausgehen, was für das ordnungsgemäße Funktionieren dieses technischen Verfahrens erforderlich ist.
  62. Die Rechtssicherheit der Inhaber von Urheberrechten gebietet es darüber hinaus, dass die Speicherung und die Löschung der Vervielfältigung nicht vom Willen einer natürlichen Person, insbesondere des Nutzers der geschützten Werke, abhängig sind. Sonst wäre nämlich nicht sichergestellt, dass der Betroffene die hergestellte Vervielfältigung auch tatsächlich löscht oder sie jedenfalls löscht, sobald ihr Fortbestehen im Hinblick auf ihre Funktion, die Durchführung eines technischen Verfahrens zu ermöglichen, nicht mehr gerechtfertigt ist.
  63. Diese Schlussfolgerung wird durch den 33. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 bestätigt, der anhand charakteristischer Beispiele von Handlungen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie die Handlungen aufzählt, die das „Browsing“ sowie Handlungen des „Caching“ ermöglichen, einschließlich solcher, die das effiziente Funktionieren der Übertragungssysteme ermöglichen. Derartige Handlungen werden definitionsgemäß automatisch und ohne Beteiligung natürlicher Personen erzeugt und gelöscht.
  64. Nach alledem ist festzustellen, dass eine Handlung nur dann „flüchtig“ im Sinne der zweiten Voraussetzung des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 ist, wenn ihre Lebensdauer auf das für das ordnungsgemäß Funktionieren des betreffenden technischen Verfahrens Erforderliche beschränkt ist, wobei dieses Verfahren derart automatisiert sein muss, dass es diese Handlung automatisch, ohne Beteiligung einer natürlichen Person löscht, sobald ihre Funktion, die Durchführung eines solchen Verfahrens zu ermöglichen, erfüllt ist.
  65. Im Ausgangsverfahren kann nicht ohne Weiteres ausgeschlossen werden, dass die beiden ersten im Ausgangsverfahren fraglichen Vervielfältigungshandlungen, also das Erstellen der TIFF-Dateien und der durch deren Umwandlung erzeugten Textdateien, flüchtig sind, da sie automatisch von dem Rechner, auf dem sie gespeichert sind, gelöscht werden.
  66. Bei der dritten Vervielfältigungshandlung – der elektronischen Speicherung des aus elf Wörtern bestehenden Auszugs – kann anhand der dem Gerichtshof vorliegenden Informationen nicht beurteilt werden, ob das technische Verfahren derart automatisiert ist, dass die betreffende Datei ohne Beteiligung einer natürlichen Person nach kurzer Zeit wieder von dem Rechner, auf dem sie gespeichert ist, gelöscht wird. Daher ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob ihre Löschung vom Willen des Nutzers der Vervielfältigung abhängt und ob die Gefahr besteht, dass die Datei gespeichert bleibt, nachdem sie ihre Funktion, das betreffende technische Verfahren durchzuführen, erfüllt hat.
  67. Unstreitig ist jedoch, dass Infopaq mit der letzten Vervielfältigungshandlung des Datenerfassungsverfahrens eine Vervielfältigung außerhalb des Informatikbereichs vorgenommen hat. Infopaq druckt Dateien aus, die die aus elf Wörtern bestehenden Auszüge enthalten, und vervielfältigt so diese Auszüge auf Papier.
  68. Wenn die Vervielfältigung auf einem solchen materiellen Träger festgehalten ist, verschwindet sie erst mit dessen Zerstörung.
  69. Da das Datenerfassungsverfahren überdies offensichtlich nicht in der Lage ist, einen solchen Träger selbst zu zerstören, hängt die Löschung der fraglichen Vervielfältigung allein vom Willen des Nutzers eines solchen Verfahrens ab, von dem nicht einmal sicher bekannt ist, ob er sich des Trägers entledigen will. Folglich besteht die Gefahr, dass die Vervielfältigung je nach Bedarf des Nutzers für einen längeren Zeitraum fortbesteht.
  70. Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die letzte Handlung des im Ausgangsverfahren fraglichen Datenerfassungsverfahrens, mit der Infopaq die aus elf Wörtern bestehenden Auszüge ausdruckt, keine flüchtige Handlung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 ist.
  71. Überdies ergibt sich weder aus den dem Gerichtshof vorgelegten Unterlagen, dass eine solche Handlung begleitend wäre, noch ist dergleichen vorgetragen worden.
  72. Nach alledem erfüllt diese Handlung nicht die zweite Voraussetzung des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 und kann somit nicht von dem in deren Art. 2 vorgesehenen Vervielfältigungsrecht ausgenommen werden.
  73. Folglich kann das im Ausgangsverfahren fragliche Datenerfassungsverfahren nicht ohne die Zustimmung der Inhaber der Urheberrechte durchgeführt werden, so dass nicht geprüft zu werden braucht, ob die vier Vervielfältigungshandlungen, aus denen dieses Verfahren besteht, die anderen Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 erfüllen.
  74. Deshalb ist auf die Fragen zwei bis zwölf zu antworten, dass das Ausdrucken eines aus elf Wörtern bestehenden Auszugs, der im Laufe eines Datenerfassungsverfahrens wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen erfolgt, nicht die Voraussetzung der Flüchtigkeit im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 erfüllt und dass dieses Verfahren daher nicht ohne die Zustimmung der Inhaber der betreffenden Urheberrechte durchgeführt werden darf.

    Zur dreizehnten Frage

  75. Aufgrund der Antwort auf die Fragen zwei bis zwölf braucht die dreizehnte Frage nicht beantwortet zu werden.

    Kosten

  76. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

  1. Eine Handlung, die im Laufe eines Datenerfassungsverfahrens vorgenommen wird, das darin besteht, einen aus elf Wörtern bestehenden Auszug eines geschützten Werkes zu speichern und auszudrucken, kann unter den Begriff der teilweisen Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft fallen, wenn die so wiedergegebenen Bestandteile – was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist – die eigene geistige Schöpfung durch den Urheber zum Ausdruck bringen.
  2. Das Ausdrucken eines aus elf Wörtern bestehenden Auszugs, der im Laufe eines Datenerfassungsverfahrens wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen erfolgt, erfüllt nicht die Voraussetzung der Flüchtigkeit im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29, und daher darf dieses Verfahren nicht ohne die Zustimmung der Inhaber der betreffenden Urheberrechte durchgeführt werden.

Unterschriften


Niederlassungsfreiheit — Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften

URTEIL DES GERICHTSHOFES (Große Kammer)

12. September 2006(*)

„Niederlassungsfreiheit • Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften • Einbeziehung der Gewinne beherrschter ausländischer Gesellschaften in die Steuerbemessungsgrundlage der Muttergesellschaft”

In der Rechtssache C-196/04 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht von den Special Commissioners of Income Tax, London (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 29. April 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Mai 2004, in dem Verfahren
Cadbury Schweppes plc und
Cadbury Schweppes Overseas Ltd
gegen
Commissioners of Inland Revenue

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann und A. Rosas sowie des Richters J. N. Cunha Rodrigues, der Richterin R. Silva de Lapuerta und der Richter K. Lenaerts (Berichterstatter), E. Juhász, G. Arestis und A. Borg Barthet Generalanwalt: P. Léger, Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2005, unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Cadbury Schweppes plc und der Cadbury Schweppes Overseas Ltd, vertreten durch J. Ghosh, Barrister, und J. Henderson, Adviser,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch R. Caudwell als Bevollmächtigte im Beistand von D. Anderson, QC, sowie von M. Lester und D. Ewart, Barristers,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch E. Dominkovits als Bevollmächtigte,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde als Bevollmächtigten,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch A. Tiemann und U. Forsthoff als Bevollmächtigte,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch L. Fraguas Gadea und M. Muñoz Pérez als Bevollmächtigte,
  • der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und C. Mercier als Bevollmächtigte,
  • von Irland, vertreten durch D. O’Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von R. L. Nesbitt und A. Collins, SC, sowie von P. McGarry, BL,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von A. Cingolo, avvocato dello Stato,
  • der zyprischen Regierung, vertreten durch A. Pantazi als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Fernandes und J. de Menezes Leitão als Bevollmächtigte,
  • der finnischen Regierung, vertreten durch A. Guimaraes-Purokoski als Bevollmächtigte,
  • der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Kruse und I. Willfors als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 2. Mai 2006 folgendes

Urteil

  1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 43 EG, 49 EG und 56 EG.
  2. Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem sich die Cadbury Schweppes plc (im Folgenden: CS) und die Cadbury Schweppes Overseas Ltd (im Folgenden: CSO) zum einen und die Commissioners of Inland Revenue zum anderen wegen der Besteuerung der letztgenannten Gesellschaft in Bezug auf die Gewinne gegenüberstehen, die 1996 von der Cadbury Schweppes Treasury International (im Folgenden: CSTI), einer im International Financial Services Centre Dublin (Irland) (im Folgenden: IFSC) niedergelassenen Gesellschaft des Cadbury–Schweppes–Konzerns, erzielt wurden.Nationales Recht
  3. Nach dem Steuerrecht des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland unterliegt eine in diesem Mitgliedstaat im Sinne des genannten Rechts ansässige Gesellschaft (im Folgenden: ansässige Gesellschaft) dort mit ihren Welteinkünften der Körperschaftsteuer (Corporation Tax). Diese Welteinkünfte umfassen die Gewinne, die von den Zweigniederlassungen oder Agenturen erzielt werden, über die die ansässige Gesellschaft ihre Aktivitäten außerhalb des Vereinigten Königreichs abwickelt.
  4. Im Gegensatz hierzu werden bei der ansässigen Gesellschaft grundsätzlich nicht die Gewinne ihrer Tochtergesellschaften im Zeitpunkt der Erzielung dieser Gewinne besteuert. Auch werden bei ihr nicht die von einer Tochtergesellschaft mit Sitz im Vereinigten Königreich ausgeschütteten Dividenden besteuert. Dagegen sind die an die ansässige Gesellschaft von einer Tochtergesellschaft mit Sitz im Ausland ausgeschütteten Dividenden von der ansässigen Gesellschaft zu versteuern. Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung bestimmt das Steuerrecht des Vereinigten Königreichs allerdings, dass der ansässigen Gesellschaft eine Steuergutschrift in Höhe der Steuer gewährt wird, die von der ausländischen Tochtergesellschaft anlässlich der Erzielung der Gewinne entrichtet wird.
  5. Die Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs über beherrschte ausländische Gesellschaften sehen eine Ausnahme von der allgemeinen Regel vor, nach der bei der ansässigen Gesellschaft nicht die Gewinne ihrer Tochtergesellschaften anlässlich der Erzielung dieser Gewinne besteuert werden.
  6. Diese Rechtsvorschriften finden sich in den Sections 747 bis 756 und in den Anhängen 24 bis 26 des Gesetzes von 1988 über die Einkommen- und Körperschaftsteuer (Income and Corporation Taxes Act 1988) und sehen vor, dass die Gewinne einer beherrschten ausländischen Gesellschaft — nach der für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens maßgeblichen Fassung der genannten Vorschriften (im Folgenden: Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften) ist dies eine ausländische Gesellschaft, deren Kapital zu mehr als 50 % von der ansässigen Gesellschaft gehalten wird — dieser ansässigen Gesellschaft zugerechnet und bei dieser besteuert werden, wobei die von der beherrschten ausländischen Gesellschaft in deren Ansässigkeitsstaat entrichtete Steuer angerechnet wird. Werden diese Gewinne dann in Form von Dividenden an die ansässige Gesellschaft ausgeschüttet, so gilt die von dieser im Vereinigten Königreich auf die Gewinne der beherrschten ausländischen Gesellschaft entrichtete Steuer als zusätzliche, von der beherrschten ausländischen Gesellschaft im Ausland entrichtete Steuer und berechtigt zu einer Steuergutschrift, die auf die von der ansässigen Gesellschaft für diese Dividenden geschuldete Steuer anzurechnen ist.
  7. Die Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften sind dann anzuwenden, wenn die beherrschte ausländische Gesellschaft in ihrem Ansässigkeitsstaat einem „niedrigeren Besteuerungsniveau” unterliegt, was nach diesen Vorschriften der Fall ist, wenn sich die von dieser Gesellschaft entrichtete Steuer in dem betreffenden Geschäftsjahr auf weniger als drei Viertel der Steuer beläuft, die im Vereinigten Königreich für die zu versteuernden Gewinne, wie diese zum Zweck einer Veranlagung in diesem Mitgliedstaat ermittelt worden wären, gezahlt worden wäre.
  8. Die Besteuerung, die sich aus der Anwendung der Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften ergibt, ist mit einer Reihe von Ausnahmen verbunden. Nach der für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens maßgeblichen Fassung dieser Vorschriften findet die Besteuerung in den folgenden Fälle nicht statt:
    • Die beherrschte ausländische Gesellschaft praktiziert eine „akzeptable Ausschüttungspolitik”; das bedeutet, dass ein bestimmter Prozentsatz (90 % im Jahr 1996) ihrer Gewinne binnen 18 Monaten nach ihrer Erzielung ausgeschüttet und bei einer ansässigen Gesellschaft besteuert wird.
    • Die beherrschte ausländische Gesellschaft geht im Sinne der genannten Rechtsvorschriften „steuerbefreiten Tätigkeiten” nach; hierunter fallen z. B. bestimmte Handelsaktivitäten, die von einer Niederlassung aus betrieben werden.
    • Die beherrschte ausländische Gesellschaft erfüllt die „Voraussetzung der Börsennotierung”; das bedeutet, dass sich 35 % der Stimmrechte im freien Verkehr befinden, die Tochtergesellschaft an einer anerkannten Börse notiert ist und ihre Anteile dort gehandelt werden.
    • Die zu versteuernden Gewinne der beherrschten ausländischen Gesellschaft übersteigen nicht 50 000 GBP (De–minimis–Ausnahme).
  9. Die Besteuerung nach den Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften ist auch dann ausgeschlossen, wenn der so genannte „Motivtest” bestanden wird. Dieser umfasst zwei kumulative Anforderungen.
  10. Zum einen muss, wenn die Umsätze, die zu den Gewinnen der beherrschten ausländischen Gesellschaft im fraglichen Geschäftsjahr geführt haben, eine Steuerminderung im Vereinigten Königreich im Vergleich zu den Steuern nach sich gezogen haben, die ohne die genannten Umsätze angefallen wären, und wenn diese Minderung eine gewisse Schwelle überschreitet, die ansässige Gesellschaft beweisen, dass die Steuerminderung nicht das Hauptziel oder eines der Hauptziele dieser Umsätze war.
  11. Zum anderen muss die ansässige Gesellschaft beweisen, dass der Existenzgrund der beherrschten ausländischen Gesellschaft im fraglichen Geschäftsjahr nicht hauptsächlich oder nicht unter anderem hauptsächlich darin lag, eine Steuerminderung im Vereinigten Königreich durch Abfluss von Gewinnen herbeizuführen. Nach den Rechtsvorschriften liegt ein Abfluss von Gewinnen dann vor, wenn mit guten Gründen angenommen werden kann, dass die Einnahmen einer im Vereinigten Königreich ansässigen Person zugeflossen und bei ihr besteuert worden wären, falls es die beherrschte ausländische Gesellschaft oder eine verbundene, nicht im Vereinigten Königreich ansässige Gesellschaft nicht gegeben hätte.
  12. In dem Vorabentscheidungsersuchen wird außerdem angegeben, dass die Steuerbehörden des Vereinigten Königreichs 1996 eine Liste von Staaten veröffentlicht haben, in denen unter bestimmten Bedingungen eine beherrschte ausländische Gesellschaft gegründet werden und ihren Geschäften nachgehen kann und dabei davon auszugehen ist, dass sie die Voraussetzungen dafür erfüllt, nicht unter die Besteuerung nach den Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften zu fallen.Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefrage
  13. Die CS, eine ansässige Gesellschaft, ist die Muttergesellschaft des Cadbury–Schweppes–Konzerns, der sich aus Gesellschaften mit Sitz im Vereinigten Königreich, in anderen Mitgliedstaaten und in Drittstaaten zusammensetzt. Zu diesem Konzern gehören insbesondere zwei Tochtergesellschaften in Irland, nämlich die Cadbury Schweppes Treasury Services (im Folgenden: CSTS) und die CSTI, deren Kapital die CS mittelbar über eine Reihe von Tochtergesellschaften und letztlich über die CSO hält.
  14. Für die im IFSC niedergelassenen CSTS und CSTI galt zur Zeit des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens ein Steuersatz von 10 %.
  15. Die CSTS und die CSTI beschaffen Geldmittel und stellen diese den Tochtergesellschaften des Cadbury–Schweppes–Konzerns zur Verfügung.
  16. Der Vorlageentscheidung zufolge ersetzte die CSTS eine ähnliche Struktur, zu der eine Gesellschaft mit Sitz auf Jersey gehörte. Sie sei in Verfolgung von drei Zwecken gegründet worden: Erstens sei es darum gegangen, ein Steuerproblem zu lösen, das sich für kanadische Steuerpflichtige gestellt habe, die Inhaber von Vorzugsaktien der CS gewesen seien, zweitens darum, zu vermeiden, die Zustimmung der Behörden des Vereinigten Königreichs für Auslandsdarlehen einholen zu müssen, und drittens darum, nach der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. L 225, S. 6) die Quellensteuer auf innerhalb des Konzerns ausgeschüttete Dividenden zu verringern. Nach der Vorlageentscheidung hätten diese drei Ziele erreicht werden können, wenn die CSTS gemäß den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs gegründet worden wäre und sich in diesem Mitgliedstaat niedergelassen hätte.
  17. Die CSTI ist eine Tochtergesellschaft der CSTS. Das vorlegende Gericht führt aus, sie sei in Irland gegründet worden, um zu vermeiden, dass bestimmte Steuervorschriften des Vereinigten Königreichs über Devisen Anwendung fänden.
  18. Nach der Vorlageentscheidung steht fest, dass die CSTS und die CSTI zu dem alleinigen Zweck in Dublin errichtet wurden, die Gewinne, die mit den Aktivitäten der internen Finanzierung des Cadbury–Schweppes–Konzerns in Zusammenhang stehen, in den Genuss der steuerlichen Regelungen des IFSC kommen zu lassen.
  19. In Anbetracht des auf die im IFSC niedergelassenen Gesellschaften anwendbaren Steuersatzes unterlagen die Gewinne der CSTS und der CSTI einem „niedrigeren Besteuerungsniveau” im Sinne der Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften. Was das Geschäftsjahr 1996 anbelangt, so waren die Steuerbehörden des Vereinigten Königreichs der Auffassung, dass keine der Voraussetzungen dafür, von der durch die genannten Vorschriften vorgesehenen Besteuerung abzusehen, in Bezug auf diese Tochtergesellschaften gegeben sei.
  20. Daher verlangten die Commissioners of Inland Revenue aufgrund der Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften mit Entscheidung vom 18. August 2000 von der CSO einen Körperschaftsteuerbetrag von 8 638 633,54 GBP für die Gewinne der CSTI im zum 28. Dezember 1996 abgeschlossenen Geschäftsjahr. Der Steuerbescheid betrifft nur die von der CSTI erzielten Gewinne, da die CSTS im gleichen Geschäftsjahr mit Verlust abschloss.
  21. Am 21. August 2000 erhoben die CS und die CSO bei den Special Commissioners of Income Tax, London, Klage gegen diesen Steuerbescheid. Vor diesem Gericht trugen sie vor, dass die Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften gegen die Artikel 43 EG, 49 EG und 56 EG verstießen.
  22. Das vorlegende Gericht legt dar, dass es sich einer Reihe von Unsicherheiten hinsichtlich der Anwendung des Gemeinschaftsrechts auf die bei ihm anhängige Rechtssache gegenübersehe.
  23. Erstens wirft es die Frage auf, ob die CS die vom EG–Vertrag eingeräumten Grundfreiheiten missbraucht habe, indem sie Gesellschaften in anderen Mitgliedstaaten zu dem alleinigen Zweck gegründet und mit Kapital ausgestattet habe, in den Genuss eines im Vergleich zu dem des Vereinigten Königreichs günstigeren Steuersystems zu gelangen.
  24. Zweitens fragt es sich, ob unter den Umständen des vorliegenden Falles, vorausgesetzt, dass die CS wirklich nur die genannten Freiheiten wahrgenommen hat, die Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften als eine Beschränkung dieser Freiheiten oder als eine Diskriminierung angesehen werden müssen.
  25. Für den Fall, dass die genannten Rechtsvorschriften als Beschränkung der vom Vertrag gewährleisteten Freiheiten anzusehen sein sollten, fragt sich das vorlegende Gericht drittens, ob eine solche Beschränkung verneint werden kann, wenn die CS nicht mehr Steuern zu zahlen hat, als die CSTS und die CSTI entrichtet hätten, wären sie im Vereinigten Königreich niedergelassen. Das vorlegende Gericht stellt sich außerdem die Frage, ob es von Bedeutung ist, dass sich zum einen die Regeln für die Ermittlung der Steuerschuld in Bezug auf die Einkünfte von CSTS und CSTI in mancher Hinsicht von den normalerweise auf die Tochtergesellschaften der CS im Vereinigten Königreich anwendbaren Regeln unterscheiden und dass zum anderen die Verluste einer beherrschten ausländischen Gesellschaft nicht von den Gewinnen einer anderen solchen Gesellschaft oder den Gewinnen der CS und ihrer Tochtergesellschaften im Vereinigten Königreich abgezogen werden können, während ein solcher Abzug zugelassen worden wäre, wenn die CSTS und die CSTI im Vereinigten Königreich niedergelassen wären.
  26. Für den Fall, dass die Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften als Diskriminierung angesehen werden, fragt sich das vorlegende Gericht viertens, ob der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens mit der Gründung von Tochtergesellschaften im Vereinigten Königreich durch die CS oder aber mit der Gründung von Tochtergesellschaften durch diese in einem Mitgliedstaat zu vergleichen ist, in dem kein niedrigeres Besteuerungsniveau im Sinne dieser Rechtsvorschriften besteht.
  27. Für den Fall, dass die Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften als diskriminierend oder als Beschränkung der Niederlassungsfreiheit erachtet werden, fragt sich das vorlegende Gericht fünftens, ob diese Rechtsvorschriften sich mit Gründen der Bekämpfung der Steuerumgehung rechtfertigen lassen, da sie darauf abzielten, die Verringerung oder den Abfluss von im Vereinigten Königreich der Steuer unterliegenden Gewinnen zu verhindern, und gegebenenfalls, ob diese Rechtsvorschriften in Anbetracht ihres Zweckes und der Befreiung verhältnismäßig sind, in deren Genuss die Gesellschaften kommen können, die anders als die CS im Rahmen des Motivtests den Beweis zu erbringen vermögen, dass sie keine Steuerumgehung beabsichtigen.
  28. Aufgrund all dieser diversen Überlegungen haben die Special Commissioners of Income Tax, London, das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Stehen die Artikel 43 EG, 49 EG und 56 EG nationalen Steuervorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegen, die unter bestimmten Umständen vorsehen, dass eine im betreffenden Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft wegen der Gewinne einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft, die dort einem niedrigeren Besteuerungsniveau unterliegt, steuerlich belastet wird?Zur Vorlagefrage
  29. Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Artikel 43 EG, 49 EG und 56 EG nationalen Steuervorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegenstehen, die unter bestimmten Voraussetzungen vorsehen, dass eine Muttergesellschaft in Ansehung der Gewinne besteuert wird, die eine beherrschte ausländische Gesellschaft erzielt hat.
  30. Diese Frage ist in dem Sinne zu verstehen, dass sie sich auch auf Artikel 48 EG bezieht, der den in Artikel 43 EG genannten natürlichen Personen, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, für die Anwendung der Bestimmungen des Vertrages über die Niederlassungsfreiheit gleichstellt.
  31. Nach ständiger Rechtsprechung fallen nationale Vorschriften in den sachlichen Geltungsbereich der Bestimmungen des Vertrages über die Niederlassungsfreiheit, die anzuwenden sind, wenn ein Angehöriger des betreffenden Mitgliedstaats am Kapital einer Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat eine Beteiligung hält, die es ihm ermöglicht, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. April 2000 in der Rechtssache C–251/98, Baars, Slg. 2000, I–2787, Randnr. 22, und vom 21. November 2002 in der Rechtssache C–436/00, X und Y, Slg. 2002, I–10829, Randnr. 37).
  32. Im vorliegenden Fall betreffen die Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften den Fall, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Gewinne von Tochtergesellschaften mit Sitz außerhalb des Vereinigten Königreichs besteuert werden, an denen eine ansässige Gesellschaft eine Beteiligung hält, die ihr die Kontrolle über diese Gesellschaften einräumt. Die Vorschriften sind daher im Hinblick auf die Artikel 43 EG und 48 EG zu prüfen.
  33. Sofern die Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften, wie die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens und Irland vortragen, beschränkende Auswirkungen auf die Dienstleistungsfreiheit und auf die Kapitalverkehrsfreiheit haben, sind derartige Auswirkungen die unvermeidliche Konsequenz einer eventuellen Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und rechtfertigen jedenfalls keine eigenständige Prüfung der genannten Rechtsvorschriften im Hinblick auf die Artikel 49 EG und 56 EG (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Oktober 2004 in der Rechtssache C–36/02, Omega, Slg. 2004, I–9609, Randnr. 27).
  34. Bevor die Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften im Hinblick auf die Artikel 43 EG und 48 EG geprüft werden, ist auf die vorab vom vorlegenden Gericht aufgeworfene Frage zu antworten, ob es einen Missbrauch der Niederlassungsfreiheit darstellt, wenn eine Gesellschaft mit Sitz in einem Mitgliedstaat Gesellschaften in einem anderen Mitgliedstaat zu dem alleinigen Zweck gründet und mit Kapital ausstattet, in den Genuss eines dort geltenden günstigeren Steuersystems zu gelangen.
  35. Zwar dürfen die Angehörigen eines Mitgliedstaats nicht versuchen, sich der Anwendung ihres nationalen Rechts unter Missbrauch der durch den Vertrag geschaffenen Erleichterungen zu entziehen. Sie können sich nicht missbräuchlich oder betrügerisch auf Gemeinschaftsvorschriften berufen (Urteile vom 7. Februar 1979 in der Rechtssache 115/78, Knoors, Slg. 1979, 399, Randnr. 25, vom 3. Oktober 1990 in der Rechtssache C–61/89, Bouchoucha, Slg. 1990, I–3551, Randnr. 14, und vom 9. März 1999 in der Rechtssache C–212/97, Centros, Slg. 1999, I–1459, Randnr. 24).
  36. Doch darf einem Gemeinschaftsangehörigen, sei er nun eine natürliche oder eine juristische Person, nicht schon allein deshalb die Möglichkeit, sich auf die Bestimmungen des Vertrages zu berufen, genommen werden, weil er beabsichtigt hat, von der in einem anderen Mitgliedstaat als dem seiner Ansässigkeit geltenden vorteilhaften Steuerrechtslage zu profitieren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 2003 in der Rechtssache C–364/01, Barbier, Slg. 2003, I–15013, Randnr. 71).
  37. Was die Niederlassungsfreiheit betrifft, so hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass der Umstand, dass eine Gesellschaft in einem Mitgliedstaat mit dem Ziel gegründet worden ist, in den Genuss vorteilhafterer Rechtsvorschriften zu kommen, für sich allein nicht ausreicht, um auf eine missbräuchliche Ausnutzung dieser Freiheit zu schließen (vgl. in diesem Sinne Urteile Centros, Randnr. 27, und vom 30. September 2003 in der Rechtssache C–167/01, Inspire Art, Slg. 2003, I–10155, Randnr. 96).
  38. Der Umstand, dass die CS sich im vorliegenden Fall dafür entschieden hat, die CSTS und die CSTI eingestandenermaßen mit dem Ziel im IFSC anzusiedeln, in den Genuss der günstigen Steuerregelung zu kommen, die eine solche Niederlassung verschafft, begründet demnach, wie die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens und die belgische Regierung sowie in der Sitzung die zyprische Regierung betont haben, als solcher keinen Missbrauch. Dies schließt daher nicht aus, dass sich die CS auf die Artikel 43 EG und 48 EG berufen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile Centros, Randnr. 18, und Inspire Art, Randnr. 98).
  39. Es ist daher zu prüfen, ob die Artikel 43 EG und 48 EG der Anwendung von Rechtsvorschriften wie denjenigen über die beherrschten ausländischen Gesellschaften entgegenstehen.
  40. Nach ständiger Rechtsprechung fallen zwar die direkten Steuern in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, doch müssen diese ihre Befugnisse unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben (Urteile vom 29. April 1999 in der Rechtssache C–311/97, Royal Bank of Scotland, Slg. 1999, I–2651, Randnr. 19, vom 7. September 2004 in der Rechtssache C–319/02, Manninen, Slg. 2004, I–7477, Randnr. 19, und vom 13. Dezember 2005 in der Rechtssache C–446/03, Marks & Spencer, Slg. 2005, I–10837, Randnr. 29).c
  41. Mit der Niederlassungsfreiheit, die Artikel 43 EG den Gemeinschaftsangehörigen zuerkennt und die für sie die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen unter den gleichen Bedingungen wie den im Mitgliedstaat der Niederlassung für dessen eigene Angehörige festgelegten umfasst, ist gemäß Artikel 48 EG für die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, das Recht verbunden, ihre Tätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat durch eine Tochtergesellschaft, Zweigniederlassung oder Agentur auszuüben (vgl. insbesondere Urteile vom 21. September 1999 in der Rechtssache C–307/97, Saint-Gobain ZN, Slg. 1999, I–6161, Randnr. 35, Marks & Spencer, Randnr. 30, und vom 23. Februar 2006 in der Rechtssache C–471/04, Keller Holding, Slg. 2006, I–0000, Randnr. 29).
  42. Auch wenn die Bestimmungen des Vertrages über die Niederlassungsfreiheit nach ihrem Wortlaut die Inländerbehandlung im Aufnahmemitgliedstaat sichern sollen, so verbieten sie es doch auch, dass der Herkunftsmitgliedstaat die Niederlassung eines seiner Staatsangehörigen oder einer nach seinem Recht gegründeten Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat behindert (vgl. insbesondere Urteile vom 16. Juli 1998 in der Rechtssache C–264/96, ICI, Slg. 1998, I–4695, Randnr. 21, und Marks & Spencer, Randnr. 31).
  43. Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften die ansässigen Gesellschaften je nach dem Besteuerungsniveau für die Gesellschaft, an der sie eine die Kontrolle über diese Gesellschaft einräumende Beteiligung halten, unterschiedlich behandeln.
  44. Denn wenn die ansässige Gesellschaft eine beherrschte ausländische Gesellschaft in einem Mitgliedstaat gegründet hat, in dem diese einem niedrigeren Besteuerungsniveau im Sinne der Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften unterliegt, so werden die von einer solchen beherrschten Gesellschaft erzielten Gewinne kraft dieser Rechtsvorschriften der ansässigen Gesellschaft zugerechnet, die in Bezug auf diese Gewinne besteuert wird. Wenn die beherrschte Gesellschaft dagegen im Vereinigten Königreich oder in einem Staat, in dem sie nicht einem niedrigeren Besteuerungsniveau im Sinne der genannten Rechtsvorschriften unterliegt, gegründet worden ist und besteuert wird, so sind diese Rechtsvorschriften nicht anwendbar und wird nach dem Körperschaftsteuerrecht des Vereinigten Königreichs die ansässige Gesellschaft unter derartigen Umständen nicht in Bezug auf die Gewinne der beherrschten Gesellschaft zur Steuer herangezogen.
  45. Diese unterschiedliche Behandlung führt zu einem Steuernachteil für die ansässige Gesellschaft, auf die die Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften anwendbar sind. Selbst wenn man nämlich, wie es die Regierungen des Vereinigten Königreichs sowie die dänische, die deutsche, die französische, die portugiesische, die finnische und die schwedische Regierung vorschlagen, den etwaigen, vom vorlegenden Gericht angeführten Umstand berücksichtigt, dass eine solche ansässige Gesellschaft für die Gewinne einer in den Geltungsbereich dieser Rechtsvorschriften fallenden beherrschten ausländischen Gesellschaft keine höheren Steuern entrichtet, als für diese Gewinne angefallen wären, wenn sie von einer Tochtergesellschaft mit Sitz im Vereinigten Königreich erzielt worden wären, so ändert dies nichts daran, dass bei Anwendung derartiger Rechtsvorschriften die ansässige Gesellschaft für Gewinne einer anderen juristischen Person zur Steuer herangezogen wird. Dies geschieht jedoch nicht bei einer ansässigen Gesellschaft, die eine im Vereinigten Königreich besteuerte Tochtergesellschaft hat oder deren Tochtergesellschaft mit Sitz außerhalb dieses Mitgliedstaats keinem niedrigeren Besteuerungsniveau unterliegt.
  46. Wie die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens sowie Irland und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften geltend machen, sind die unterschiedliche steuerliche Behandlung, die sich aus den Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften ergibt, und der daraus resultierende Nachteil für ansässige Gesellschaften mit einer in einem anderen Mitgliedstaat einem niedrigeren Besteuerungsniveau unterliegenden Tochtergesellschaft dazu geeignet, die Ausübung der Niederlassungsfreiheit durch solche Gesellschaften zu behindern, indem diese davon abgebracht werden, eine Tochtergesellschaft in einem Mitgliedstaat zu gründen, zu erwerben oder zu behalten, in dem diese einem solchen Besteuerungsniveau unterliegen würde. Hierin besteht somit eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit im Sinne der Artikel 43 EG und 48 EG.
  47. Eine solche Beschränkung ist nur statthaft, wenn sie durch zwingende Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt ist. In einem solchen Fall muss aber außerdem die Beschränkung geeignet sein, die Erreichung des fraglichen Zieles zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist (Urteile vom 15. Mai 1997 in der Rechtssache C–250/95, Futura Participations und Singer, Slg. 1997, I–2471, Randnr. 26, vom 11. März 2004 in der Rechtssache C–9/02, De Lasteyrie du Saillant, Slg. 2004, I–2409, Randnr. 49, sowie Marks & Spencer, Randnr. 35).
  48. Die Regierung des Vereinigten Königreichs, unterstützt von der dänischen, der deutschen, der französischen, der portugiesischen, der finnischen und der schwedischen Regierung, trägt vor, dass die Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften den Kampf gegen eine besondere Form der Steuerumgehung bezweckten, die darin bestehe, dass eine ansässige Gesellschaft künstlich Gewinne aus dem Mitgliedstaat, in dem diese erzielt worden seien, dadurch in einen Staat mit niedrigem Besteuerungsniveau verlagere, dass sie dort eine Tochtergesellschaft gründe und dass sie Rechtsgeschäfte tätige, die hauptsächlich dazu bestimmt seien, eine solche Verlagerung zugunsten dieser Tochtergesellschaft herbeizuführen.
  49. Insoweit geht aus der ständigen Rechtsprechung hervor, dass ein Vorteil, der aus der relativ geringen steuerlichen Belastung einer Tochtergesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Muttergesellschaft gegründet worden ist, resultiert, als solcher dem letztgenannten Mitgliedstaat nicht das Recht gibt, diesen Vorteil durch eine weniger günstige steuerliche Behandlung der Muttergesellschaft auszugleichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 270/83, Kommission/Frankreich, Slg. 1986, 273, Randnr. 21; vgl. auch analog Urteile vom 26. Oktober 1999 in der Rechtssache C–294/97, Eurowings Luftverkehr, Slg. 1999, I–7447, Randnr. 44, und vom 26. Juni 2003 in der Rechtssache C–422/01, Skandia und Ramstedt, Slg. 2003, I–6817, Randnr. 52). Die Notwendigkeit, einen Steuerausfall zu vermeiden, gehört weder zu den in Artikel 46 Absatz 1 EG genannten Gründen noch zu den zwingenden
    Gründen des Allgemeininteresses, die eine Beschränkung einer vom Vertrag eingeräumten Freiheit rechtfertigen können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Oktober 2002 in der Rechtssache C–136/00, Danner, Slg. 2002, I–8147, Randnr. 56, und Skandia und Ramstedt, Randnr. 53).
  50. Auch ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass der Umstand allein, dass eine ansässige Gesellschaft eine Zweitniederlassung, wie etwa eine Tochtergesellschaft, in einem anderen Mitgliedstaat gründet, nicht die allgemeine Vermutung der Steuerhinterziehung begründen und keine die Ausübung einer vom Vertrag garantierten Grundfreiheit beeinträchtigende Maßnahme rechtfertigen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile ICI, Randnr. 26, vom 26. September 2000 in der Rechtssache C–478/98, Kommission/Belgien, Slg. 2000, I–7587, Randnr. 45, X und Y, Randnr. 62, und vom 4. März 2004 in der Rechtssache C–334/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2004, I–2229, Randnr. 27).
  51. Eine nationale Maßnahme, die die Niederlassungsfreiheit beschränkt, kann jedoch gerechtfertigt sein, wenn sie sich speziell auf rein künstliche Gestaltungen bezieht, die darauf ausgerichtet sind, der Anwendung der Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats zu entgehen (vgl. in diesem Sinne Urteile ICI, Randnr. 26, vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache C–324/00, Lankhorst-Hohorst, Slg. 2002, I–11779, Randnr. 37, De Lasteyrie du Saillant, Randnr. 50, und Marks & Spencer, Randnr. 57).
  52. Bei der Beurteilung des Verhaltens des Steuerpflichtigen ist insbesondere das Ziel zu berücksichtigen, das mit der Niederlassungsfreiheit verfolgt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile Centros, Randnr. 25, und X und Y, Randnr. 42).
  53. Dieses Ziel besteht darin, es den Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats zu erlauben, in einem anderen Mitgliedstaat eine Zweitniederlassung zu gründen, um dort ihren Tätigkeiten nachzugehen, und so die gegenseitige wirtschaftliche und soziale Durchdringung auf dem Gebiet der selbständigen Erwerbstätigkeit innerhalb der Gemeinschaft zu fördern (vgl. Urteil vom 21. Juni 1974 in der Rechtssache 2/74, Reyners, Slg. 1974, 631, Randnr. 21). Zu diesem Zweck will die Niederlassungsfreiheit es den Staatsangehörigen der Gemeinschaft ermöglichen, in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaats als desjenigen ihrer Herkunft teilzunehmen und daraus Nutzen zu ziehen (Urteil vom 30. November 1995 in der Rechtssache C–55/94, Gebhard, Slg. 1995, I–4165, Randnr. 25).
  54. In Anbetracht dieses Zieles der Eingliederung in den Aufnahmemitgliedstaat impliziert der Niederlassungsbegriff im Sinne der Bestimmungen des Vertrages über die Niederlassungsfreiheit die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in diesem Staat auf unbestimmte Zeit (vgl. Urteile vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C–221/89, Factortame u. a., Slg. 1991, I–3905, Randnr. 20, und vom 4. Oktober 1991 in der Rechtssache C–246/89, Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 1991, I–4585, Randnr. 21). Daher setzt sie eine tatsächliche Ansiedlung der betreffenden Gesellschaft im Aufnahmemitgliedstaat und die Ausübung einer wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit in diesem voraus.
  55. Folglich lässt sich eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nur mit Gründen der Bekämpfung missbräuchlicher Praktiken rechtfertigen, wenn das spezifische Ziel der Beschränkung darin liegt, Verhaltensweisen zu verhindern, die darin bestehen, rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen zu dem Zweck zu errichten, der Steuer zu entgehen, die normalerweise für durch Tätigkeiten im Inland erzielte Gewinne geschuldet wird.
  56. Verhaltensweisen von der Art, wie sie in der vorstehenden Randnummer beschrieben worden sind, können wie die in Randnummer 49 des oben zitierten Urteils Marks & Spencer genannten Praktiken, die darin bestehen, Übertragungen von Verlusten innerhalb eines Konzerns auf diejenigen Gesellschaften zu organisieren, die in den Mitgliedstaaten ansässig waren, in denen die höchsten Steuersätze galten und folglich der steuerliche Wert dieser Verluste am höchsten war, das Recht der Mitgliedstaaten in Gefahr bringen, ihre Steuerzuständigkeit in Bezug auf die in ihrem Hoheitsgebiet durchgeführten Tätigkeiten auszuüben, und so die Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen (vgl. Urteil Marks & Spencer, Randnr. 46).
  57. In Anbetracht dieser Erwägungen ist zu beurteilen, ob sich die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit, die sich aus den Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften ergibt, mit Gründen der Bekämpfung rein künstlicher Gestaltungen rechtfertigen lässt und ob sie sich gegebenenfalls im Hinblick auf dieses Ziel als verhältnismäßig erweist.
  58. Die genannten Vorschriften betreffen Situationen, in denen eine ansässige Gesellschaft eine beherrschte ausländische Gesellschaft gegründet hat, die im Mitgliedstaat ihrer Niederlassung einem Besteuerungsniveau unterliegt, das sich auf weniger als drei Viertel der Steuer beläuft, die im Vereinigten Königreich zu entrichten gewesen wäre, wenn die Gewinne dieser beherrschten ausländischen Gesellschaft dort besteuert worden wären.
  59. Dadurch, dass die Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften vorsehen, dass die Gewinne einer beherrschten ausländischen Gesellschaft, die einem sehr günstigen Steuerrecht unterliegt, in die Steuerbemessungsgrundlage der ansässigen Gesellschaft einfließen, ermöglichen sie es, Praktiken entgegenzuwirken, deren einziges Ziel darin besteht, der Steuer zu entgehen, die normalerweise für durch Tätigkeiten im Inland erzielte Gewinne geschuldet wird. Wie die französische, die finnische und die schwedische Regierung vorgetragen haben, sind solche Vorschriften daher geeignet, das Ziel zu erreichen, auf das hin sie erlassen worden sind.
  60. Es ist noch zu prüfen, ob die genannten Vorschriften nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.
  61. Die Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften sehen mehrere Fälle vor, in denen die Gewinne der beherrschten ausländischen Gesellschaften nicht von der ansässigen Gesellschaft zu versteuern sind. Einige dieser Ausnahmen ermöglichen es, die ansässige Gesellschaft in Situationen zu entlasten, in denen es als ausgeschlossen erscheint, dass eine rein künstliche Gestaltung allein zu steuerlichen Zwecken vorliegt. So lässt sich der Ausschüttung praktisch aller Gewinne einer beherrschten ausländischen Gesellschaft an eine ansässige Gesellschaft entnehmen, dass es dieser nicht darum geht, sich der britischen Steuer zu entziehen. Wenn die beherrschte ausländische Gesellschaft Handelsaktivitäten nachgeht, so schließt das seinerseits das Bestehen einer künstlichen Gestaltung ohne jede echte wirtschaftliche Verbindung mit dem Aufnahmemitgliedstaat aus.
  62. Falls keine dieser Ausnahmen eingreift, kann von der durch die Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften vorgesehenen Besteuerung dann abgesehen werden, wenn die Niederlassung und die Tätigkeiten der beherrschten ausländischen Gesellschaft den Anforderungen des Motivtests genügen. Diese bestehen im Wesentlichen darin, dass die ansässige Gesellschaft beweisen muss, dass zum einen der signifikante Steuerrückgang im Vereinigten Königreich, der sich aus den Umsätzen zwischen dieser Gesellschaft und der beherrschten ausländischen Gesellschaft ergibt, nicht das Hauptziel oder eines der Hauptziele dieser Umsätze war, und dass zum anderen die Steuerminderung im Vereinigten Königreich durch Abfluss von Gewinnen im Sinne der genannten Rechtsvorschriften weder das Hauptmotiv noch eines der Hauptmotive für die Gründung der beherrschten ausländischen Gesellschaft war.
  63. Wie die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens, die belgische Regierung und die Kommission vorgetragen haben, kann die Tatsache, dass keine der von den Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften vorgesehenen Ausnahmen hier eingreift und dass das Streben nach Erleichterung der Steuerlast Anlass zur Gründung der beherrschten ausländischen Gesellschaft und zum Tätigen von Umsätzen zwischen dieser und der ansässigen Gesellschaft war, nicht ausreichen, um zu dem Schluss zu gelangen, dass eine rein künstliche Gestaltung vorliegt, die lediglich dazu bestimmt ist, der genannten Steuer zu entgehen.
  64. Denn für die Feststellung des Vorliegens einer solchen Gestaltung ist außer einem subjektiven Element, das in dem Streben nach einem Steuervorteil besteht, erforderlich, dass aus objektiven Anhaltspunkten hervorgeht, dass trotz formaler Beachtung der im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Voraussetzungen der mit der Niederlassungsfreiheit verfolgte Zweck, wie er in den Randnummern 54 und 55 des vorliegenden Urteils dargelegt worden ist, nicht erreicht worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Dezember 2000 in der Rechtssache C–110/99, Emsland-Stärke, Slg. 2000, I–11569, Randnrn. 52 und 53, und vom 21. Februar 2006 in der Rechtssache C––255/02, Halifax u. a., Slg. 2006, I–0000, Randnrn. 74 und 75).
  65. Dementsprechend sind die Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften nur dann gemeinschaftsrechtskonform, falls die von ihnen vorgesehene Besteuerung ausgeschlossen ist, wenn die Gründung einer beherrschten ausländischen Gesellschaft ungeachtet des Vorhandenseins von Motiven steuerlicher Art mit einer wirtschaftlichen Realität zusammenhängt.
  66. Diese Gründung muss mit einer tatsächlichen Ansiedlung zusammenhängen, deren Zweck darin besteht, wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeiten im Aufnahmemitgliedstaat nachzugehen, wie aus der in den Randnummern 52 bis 54 des vorliegenden Urteils erwähnten Rechtsprechung hervorgeht.
  67. Wie die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission in der Sitzung vorgetragen haben, muss diese Feststellung auf objektiven, von dritter Seite nachprüfbaren Anhaltspunkten beruhen, die sich u. a. auf das Ausmaß des greifbaren Vorhandenseins der beherrschten ausländischen Gesellschaft in Form von Geschäftsräumen, Personal und Ausrüstungsgegenständen beziehen.
  68. Führt die Prüfung solcher Anhaltspunkte zu der Feststellung, dass die beherrschte ausländische Gesellschaft nur mit einer fiktiven Ansiedlung zusammenhängt, die keine wirkliche wirtschaftliche Tätigkeit im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats entfaltet, so ist die Gründung dieser beherrschten ausländischen Gesellschaft als eine rein künstliche Gestaltung anzusehen. Dergleichen könnte insbesondere bei einer Tochtergesellschaft der Fall sein, die eine „Briefkastenfirma” oder eine „Strohfirma” ist (vgl. Urteil vom 2. Mai 2006 in der Rechtssache C–341/04, Eurofood IFSC, Slg. 2006, I–0000, Randnrn. 34 und 35).
  69. Demgegenüber erlaubt, wie der Generalanwalt in Nummer 103 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, der Umstand, dass die den Gewinnen der beherrschten ausländischen Gesellschaft entsprechenden Tätigkeiten ebenso gut von einer im Hoheitsgebiet desjenigen Mitgliedstaats, in dem die ansässige Gesellschaft angesiedelt ist, niedergelassenen Gesellschaft hätten ausgeführt werden können, nicht den Schluss, dass eine rein künstliche Gestaltung vorliegt.
  70. Der ansässigen Gesellschaft, die hierzu am ehesten in der Lage ist, ist die Gelegenheit zu geben, Beweise für die tatsächliche Ansiedlung der beherrschten ausländischen Gesellschaft und deren tatsächliche Betätigung vorzulegen.
  71. Angesichts der von der ansässigen Gesellschaft vorgelegten Beweise haben die zuständigen nationalen Behörden die Möglichkeit, um die erforderlichen Informationen über die tatsächliche Lage der beherrschten ausländischen Gesellschaft zu erhalten, auf die Mechanismen der Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs zwischen nationalen Steuerverwaltungen zurückzugreifen, wie sie durch die von Irland in seinen schriftlichen Erklärungen erwähnten Rechtsakte geschaffen wurden, nämlich auf die Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (ABl. L 336, S. 15) und, im vorliegenden Fall, auf das Abkommen vom 2. Juni 1976 zwischen dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland einerseits und Irland andererseits zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern auf Einkommen und Kapitalerträge.
  72. Hier obliegt es dem vorlegenden Gericht, zu prüfen, ob der Motivtest, wie er von den Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften festgelegt ist, in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Regierung des Vereinigten Königreichs so ausgelegt werden kann, dass er es ermöglicht, die Anwendung der von diesen Rechtsvorschriften vorgesehenen Besteuerung auf rein künstliche Gestaltungen zu beschränken, oder ob vielmehr die Kriterien, auf denen dieser Test beruht, bedeuten, dass die ansässige Gesellschaft selbst dann, wenn keine objektiven Anhaltspunkte für eine solche Gestaltung vorliegen, unter diese Rechtsvorschriften fällt, sobald nur keine der von ihnen vorgesehenen Ausnahmen eingreift und das Streben nach einer Steuerminderung im Vereinigten Königreich zu den zentralen Gründen der Errichtung der beherrschten ausländischen Gesellschaft zählt.
  73. Im ersten Fall müssten die Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften als mit den Artikeln 43 EG und 48 EG vereinbar angesehen werden.
  74. Im zweiten Fall wären die genannten Vorschriften hingegen, wie die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens, die Kommission und in der Sitzung die zyprische Regierung vorgetragen haben, als gegen die Artikel 43 EG und 48 EG verstoßend zu betrachten.
  75. Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Artikel 43 EG und 48 EG dahin auszulegen sind, dass es ihnen zuwiderläuft, dass in die Steuerbemessungsgrundlage einer in einem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft die von einer beherrschten ausländischen Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Gewinne einbezogen werden, wenn diese Gewinne dort einem niedrigeren Besteuerungsniveau als im erstgenannten Staat unterliegen, es sei denn, eine solche Einbeziehung betrifft nur rein künstliche Gestaltungen, die dazu bestimmt sind, der normalerweise geschuldeten nationalen Steuer zu entgehen. Von der Anwendung einer solchen Besteuerungsmaßnahme ist folglich abzusehen, wenn es sich auf der Grundlage objektiver und von dritter Seite nachprüfbarer Anhaltspunkte erweist, dass die genannte beherrschte ausländische Gesellschaft ungeachtet des Vorhandenseins von Motiven steuerlicher Art tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaat angesiedelt ist und dort wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeiten nachgeht.Kosten
  76. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
Die Artikel 43 EG und 48 EG sind dahin auszulegen, dass es ihnen zuwiderläuft, dass in die Steuerbemessungsgrundlage einer in einem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft die von einer beherrschten ausländischen Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Gewinne einbezogen werden, wenn diese Gewinne einem niedrigeren Besteuerungsniveau als im erstgenannten Staat unterliegen, es sei denn, eine solche Einbeziehung betrifft nur rein künstliche Gestaltungen, die dazu bestimmt sind, der normalerweise geschuldeten nationalen Steuer zu entgehen. Von der Anwendung einer solchen Besteuerungsmaßnahme ist folglich abzusehen, wenn es sich auf der Grundlage objektiver und von dritter Seite nachprüfbarer Anhaltspunkte erweist, dass die genannte beherrschte ausländische Gesellschaft ungeachtet des Vorhandenseins von Motiven steuerlicher Art tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaat angesiedelt ist und dort wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeiten nachgeht.

Übermittlung von Fluggastdaten an die USA

Hinweise der Europäischen Kommission

MEMO/03/53

Brüssel, den 12. März 2003

Übermittlung von Fluggastdaten von der EU an die USA (Fluggastdatensätze)
– Häufig gestellte Fragen

Was ist ein Fluggastdatensatz und welche Daten enthält er?

Ein Fluggastdatensatz (Passenger Name Record, PNR) wird von den
Fluggesellschaften für jede Flugreise angelegt, die unter dem Namen eines
Fluggastes gebucht wird. Die Datensätze werden in den computergesteuerten
Buchungs- und Abfertigungssystemen der Fluggesellschaften gespeichert. Über
diese Datensätze können die an den verschiedenen Stellen beteiligten
Mitarbeiter (Reisebüro, computergesteuertes Buchungssystem, Fluggesellschaft,
Abfertiger am Flughafen) auf alle mit der Flugreise des jeweiligen Fluggastes
zusammenhängenden Daten zugreifen: Hin- und Rückflüge, gegebenenfalls
Anschlussflüge, bei der Buchung angefragte besondere Betreuungsleistungen an
Bord usw.

Anzahl und Inhalt der Felder mit Informationen in einem Fluggastdatensatz
variieren je nach Fluggesellschaft. Möglich sind etwa 20 bis 25 verschiedene
Datenfelder, von denen einige weitere untergeordnete Felder mit Informationen
enthalten, sodass insgesamt rund 60 Felder und untergeordnete Felder
auftreten.

Warum führt die Europäische Kommission Gespräche mit der
US amerikanischen Zoll- und Grenzschutzbehörde (CBP) über den Zugriff
auf Fluggastdatensätze von Fluggesellschaften?

Durch das US-amerikanische Luftsicherheitsgesetz (Aviation and
Transportation Security Act) vom 19. November 2001 wurde für
Fluggesellschaften, die Passagierflüge nach, von oder durch die USA
durchführen, die Verpflichtung eingeführt, dem US-Grenzschutz auf Verlangen
elektronischen Zugang zu Fluggastdatensätzen in ihren Buchungs- und
Abfertigungssystemen zu gewähren.

Nach Artikel 25 der Datenschutzrichtlinie (Richtlinie 95/46/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995) dürfen
personenbezogene Daten nur dann an Drittländer weitergegeben werden, wenn das
betreffende Land ein angemessenes Schutzniveau gewährleistet. Nach
Artikel 25 Absatz 6 kann die Kommission feststellen, dass ein
Drittland aufgrund seiner innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder von ihm
eingegangener internationaler Verpflichtungen über angemessene
Datenschutzbestimmungen verfügt. Die Kommission ist somit für Fragen der
Außenbeziehungen, die sich im Bereich des Datenschutzes ergeben, zuständig.
Der Kommission kommt im Rahmen der Verordnung für computergesteuerte
Buchungssysteme auch unmittelbare Verantwortung zu.

Die Gespräche zwischen den Kommissionsdienststellen und der
US amerikanischen Zoll- und Grenzschutzbehörde (US Customs and Border
Protection, CBP) sollen den Sicherheitsinteressen der USA Rechnung tragen und
eine Feststellung der Europäischen Kommission hinsichtlich der Angemessenheit
des Datenschutzes auf der US-amerikanischen Seite vorbereiten, wobei die
amerikanische Seite jedoch noch weitere Informationen und Zusicherungen geben
muss, um die Feststellung der Angemessenheit zu rechtfertigen. Damit würde
eine europaweite Lösung ermöglicht, die in allen Mitgliedstaaten
rechtsverbindlich wäre und allen Betroffenen die nötige Rechtssicherheit
geben würde.

Wann hat die Kommission die Gespräche mit der CBP aufgenommen und welche
Ziele werden damit verfolgt?

Die Kommission hat diese Frage in ihren bilateralen Kontakten mit den USA
seit Dezember 2001 zur Sprache gebracht. Aufgrund dieser Kontakte hat die CBP
den Fluggesellschaften, die sich auf ihre Verpflichtungen nach der
EU Datenschutz­richtlinie berufen, eine Fristverlängerung bis zum
5. März 2003 gewährt. Hochrangige Vertreter der Europäischen Kommission
und der CBP (vormals US Customs) kamen am 17./18. Februar 2003 in
Brüssel zusammen. Weitere Erörterungen fanden Ende Februar und Anfang März
statt. Beide Seiten waren sich einig, auf eine bilaterale Vereinbarung
hinzuarbeiten, die die US-Anforderungen mit den datenschutzrechtlichen
Anforderungen in der EU in Einklang bringt, wonach die Kommission eine
Feststellung nach Artikel 25 Absatz 6 trifft.

Die Kommission ist außerdem der Auffassung, dass längerfristig eine
multilaterale Übereinkunft im Rahmen der ICAO nötig ist, da es äußerst
unpraktisch ist, wenn sich die Fluggesellschaften, die Daten in der EU
erfassen und verarbeiten, nach ganz unterschiedlichen, einseitig auferlegten
oder bilateral vereinbarten Anforderungen richten müssen.

Die Gespräche zwischen der CBP und der Kommission dauern an. Die
Kommission hat die europäische Luftverkehrsbranche in dieser Angelegenheit
konsultiert.

Hat die Kommission eine Vereinbarung mit der CBP geschlossen?

Nein, die Kommission hat keine Vereinbarung mit den USA geschlossen.
Artikel 25 Absatz 6 der Datenschutzrichtlinie gibt der Kommission
die Befugnis, Feststellungen hinsichtlich der Angemessenheit des
Datenschutzes in Drittländern zu treffen. Es gab Erörterungen mit der CBP,
die gewisse Zusicherungen gemacht hat, und beide Seiten sind zu weiteren
Gesprächen bereit, um eine größere Rechtssicherheit für diejenigen zu
erreichen, die von dem Erfordernis der CBP nach Zugang zu
Fluggast­datensätzen betroffen sind.

Welche Auswirkungen hat die Gemeinsame Erklärung der Kommission und der
CBP?

Die CBP hat erklärt, dass sie Zugang zu Fluggastdatensätzen von
Fluggesellschaften aus anderen Teilen der Welt erhalten hat, die Flüge nach,
von und durch die USA durchführen, seit das US amerikanische
Luftsicherheitsgesetz am 19. November 2001 verabschiedet wurde.

Im Fall von Fluggesellschaften, die ihren Sitz in
EU Ländern haben und Flüge von EU Ländern durchführen, hat die CBP
nach Informationen der Kommission seit dem 5. März 2003 Zugang zu
Fluggastdatensätzen für Transatlantikflüge auf der Grundlage der US-Zusagen
in der Gemeinsamen Erklärung vom 18. Februar 2003 und dem Zusatz zu der
Erklärung vom 4. März 2003. Die Gemeinsame Erklärung finden Sie hier:

Joint Statement

Welche Fluggastdaten werden an den US-Zoll weitergegeben?

Wie in der Gemeinsamen Erklärung ausgeführt hat die CBP erklärt, dass sie
Zugang zu den Daten in Fluggastdatensätzen von Personen benötigt, deren
gegenwärtiger Reiseweg
Flüge nach, von oder durch die USA
einschließt. Alle Schritte vom Zeitpunkt der ursprünglichen Buchung bis zum
Abschluss der Reise sind im Fluggastdatensatz dokumentiert.

Was geschieht mit sensiblen Daten?

Die CBP hat zugesagt, weiterhin keine Fluggastdaten zu verwenden, die in
Artikel 8 Absatz 1 der EG-Datenschutzrichtlinie besonders geschützt
werden (z. B. Daten, die Aufschluss über Rassen- oder
Religionszugehörigkeit oder den Gesundheitszustand geben), um möglicherweise
den CBP-Grenzkontrollen zu unterziehende Personen zu ermitteln. Die CBP hat
zugesagt, besondere Filter einzubauen, um den Zugang zu solchen sensiblen
Daten, die von der CBP gesammelt werden, zu beschränken. Eine anderweitige
Verwendung sensibler Fluggastdaten durch die CBP oder die Übermittlung
solcher Daten an andere Strafverfolgungsbehörden zur Verhinderung oder
Bekämpfung von terroristischen oder schwerkriminellen Aktivitäten (z. B.
zur Unterstützung von Ermittlungen, die durch andere Informationen ausgelöst
wurden) kann nur vorbehaltlich einer besonderen Genehmigung durch den Deputy
Commissioner der CBP erfolgen.

Wollen die USA Zugang zu Informationen in Fluggastdatensätzen über die
Art der Mahlzeiten, die Fluggäste vorbestellt haben, oder zu ihrem
Gesundheitszustand?

Solche Informationen dienen den Fluggesellschaften dazu, besondere
Dienstleistungen für bestimmte Kunden zu erbringen, und können daher in
manchen Fluggastdatensätzen vorhanden sein. Die CBP hat jedoch erklärt, dass
solche Informationen nicht dazu benutzt werden, möglicherweise den
CBP-Grenzkontrollen zu unterziehende Personen zu ermitteln.

Kann sich die CBP die Daten in Fluggastdatensätzen nicht auch auf andere
Weise verschaffen?

Die CBP hat ausgeführt, dass sie die meisten Angaben in
Fluggastdatensätzen bereits jetzt im Rahmen der normalen Grenzüberwachung
auch dem Flugschein und anderen Reise­dokumenten der Fluggäste entnehmen
kann. Die wenigen weiteren Informationen, die sich nicht aus den Dokumenten
ergeben, können von der CBP bei der Grenzkontrolle in der Regel mündlich vom
Fluggast eingeholt werden. Solche Kontrollen würden jedoch zu erheblichen
Verspätungen bei der Abfertigung von Flügen nach, von und durch die USA
führen. Laut CBP wird der elektronische Zugang zu den Daten die
Grenzübertritts­formalitäten wesentlich beschleunigen und den legitimen
Passagierverkehr vereinfachen und schützen.

Müssen bei der Buchung zusätzliche Angaben gemacht werden, um die
amerikanischen CBP Vorschriften zu erfüllen?

Die CBP hat erklärt, dass sie von den Fluggesellschaften nur die
Übermittlung derjenigen Felder in Fluggastdatensätzen verlangt, die diese
bereits routinemäßig in ihren Buchungs- und Abfertigungssystemen erfassen,
und dass die Durchführungs­vorschriften nicht vorschreiben, dass die
Fluggesellschaften alle Felder eines Fluggastdatensatzes ausfüllen
müssen.

Werden andere US-Behörden Zugang zu den Fluggastdaten haben, die der CBP
von den Fluggesellschaften übermittelt werden?

Die CBP hat erklärt, dass keine ausländische, föderale, einzelstaatliche
oder örtliche Behörde über CBP-Datenbanken unmittelbaren Zugang zu
Fluggastdatensätzen (PNR) haben wird. Nach US-Recht können
Strafverfolgungsbehörden PNR-Informationen von der CBP jedoch ausdrücklich
anfordern, und die CBP kann solche Informationen nach eigenem Ermessen für
bestimmte Zwecke bereitstellen. Die CBP hat zugesagt, in Ausübung ihres
Ermessens anderen Strafverfolgungsbehörden Fluggastdaten nur für den Zweck
der Verhinderung und Bekämpfung von Terrorismus und sonstiger
Schwerkriminalität bereitzustellen.

Die CBP hat ferner zugesichert, dass bei einer Prüfung, ob Fluggastdaten
an andere Strafverfolgungsbehörden weitergegeben werden sollen, der
Verwendungszweck der Daten mit dem Zweck vereinbar sein muss, zu dem die CBP
solche Informationen sammelt (d. h. zur Verhinderung und Bekämpfung von
Terrorismus und sonstiger Schwerkriminalität). Hinsichtlich Anfragen nach
Fluggastdaten, die nach Artikel 8 der EU Datenschutzrichtlinie als
sensibel gelten, hat die CBP zugesagt, dass die CBP vor der Weitergabe
solcher Daten an andere Strafverfolgungsbehörden ein besonderes
Genehmigungsverfahren anwenden wird, das den Deputy Commissioner der CBP
einbezieht.

Gibt es nach US-Recht einen Schutz vor der Weitergabe von Fluggastdaten
von Nicht-US-Bürgern, zu denen die CBP Zugang hat?

Die CBP hat erklärt, dass die Weitergabe von Fluggastdaten, zu denen
die CBP Zugang hat, allgemein durch das US-Gesetz über die
Informationsfreiheit (Freedom of Information Act, FOIA) geregelt wird, wonach
Unterlagen der US-Bundesregierung öffentlich zugänglich sind, ausgenommen
insoweit solche Unterlagen (oder Teile davon) im Rahmen von
FOIA-Ausnahmeregelungen vor der Weitergabe geschützt sind. Die CBP erachtet
Informationen aus Fluggastdatensätzen von Personen unabhängig ihrer
Herkunft
als sensible strafverfolgungsrelevante und vertrauliche
personenbezogene Daten des Betroffenen sowie als vertrauliche kommerzielle
Daten der Fluggesellschaft. Durch Verordnung legt die CBP fest, dass die
FOIA-Weitergabeanforderungen für Daten dieser Kategorien nicht gelten
(vorbehaltlich begrenzter Ausnahmen im Fall von Anfragen des Betroffenen).
Die CBP hat zugesagt, diesen Standpunkt in allen Verwaltungs- und
Gerichtsverfahren zu vertreten, die sich aus FOIA-Anfragen zu Informationen
aus Fluggastdatensätzen ergeben.

Was können EU-Bürger tun, wenn sie der Meinung sind, dass Fluggastdaten,
zu denen die CBP Zugang hat und die sie speichert, unzutreffend sind?

Laut der CBP kann jede Person, die annimmt, dass PNR-Daten, auf die
die CBP Zugriff hat und die von ihr gespeichert werden, unzutreffende
Informationen enthalten, nach dem US-Gesetz über die Informationsfreiheit
(Freedom of Information Act, FOIA) Einblick in ihre PNR-Daten nehmen. Falls
die Person mit der Beantwortung ihres Antrags auf Einsichtnahme durch die CBP
nicht einverstanden ist, ermöglicht das FOIA verwaltungsverfahrensrechtliche
oder gerichtliche Maßnahmen zur Anfechtung der CBP-Entscheidung bezüglich der
Einsichtnahme. Eine Person, um deren Daten es geht (oder ihr
Bevollmächtigter), die der Auffassung ist, dass ihre Daten unzutreffend sind,
kann sich unmittelbar oder über die Fluggesellschaft mit dem "Office of
Field Operations" der CBP in Verbindung setzen und eine Änderung der vom
CBP gespeicherten Fluggastdaten beantragen. Die CBP hat zugesagt, dass sie
aufgrund eines solchen Antrags, sofern dieser begründet ist, nach eigenem
Ermessen Änderungen vornehmen kann.

Unbeschadet dessen erinnert die Europäische Kommission daran, dass
jedermann innerhalb der EU rechtlich gegen Verstöße gegen die
einzelstaatlichen Rechtsvorschriften der jeweiligen EU-Mitgliedstaaten für
die Verarbeitung von Daten vorgehen kann. Außerdem erinnert die Kommission
daran, dass jedermann Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde des jeweiligen
Mitgliedstaats, die für den Datenschutz bei der Verarbeitung
personenbezogener Daten zuständig ist, einlegen kann.


© Europäische Kommission, 12. März 2003

EU-Mahnverfahren und EU-Verfahren für geringfügige Forderungen

Das Europäische Mahnverfahren und das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen können ab 1. Januar 2009 europaweit genutzt werden. Formulare für diese Verfahren sind ab heute bzw. ab 1. Januar 2009 über den Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen abrufbar: http://ec.europa.eu/justice_home/judicialatlascivil/html/index_de.htm.

"Es reicht nicht, nur den Warenverkehr im europäischen Binnenmarkt zu vereinfachen. Wir müssen dafür sorgen, dass Bürger und Unternehmen auch tatsächlich zu ihrem Recht kommen, wenn sie in Europa unternehmerisch oder als Privatperson aktiv sind. Bislang konnten sprachliche Barrieren und die Unkenntnis der fremden Rechtsordnung Einzelne von der gerichtlichen Durchsetzung ihrer berechtigten Forderungen abhalten. Das ändert sich nun. Im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr sind für bestimmte Ansprüche europaweit einheitliche gerichtliche Verfahren geschaffen worden, die diese Hürden abbauen. Die neuen Verfahren stehen als Alternative zu den nationalen Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Verfügung", erklärte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Weiteres zu den neuen EU-Verfahren finden Sie hier.

Leitlinienentwurf für Breitbandnetzwerke

Die EU-Kommission hat einen Leitlinienentwurf zur Handhabung von Beihilfen für Breitbandtechnologien veröffentlicht. Mitgliedstaaten und Interessenvertreter können bis zum 22. Juni 2009 Stellung nehmen. Ziel ist die Förderung von Hochgeschwindigkeitsnetzen der nächsten Generation. Im Wesentlichen soll die staatliche Förderung ländlichen und abgelegenen Gebieten zu Gute kommen, die für Marktanbieter wenig Investitionsanreize bieten.

„Mein Ziel ist es, einen klaren und vorhersehbaren Rahmen für die Anwendung von EU-Beihilferegelungen in diesem strategisch wichtigen Sektor zur Verfügung zu stellen. Dies ist in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage umso wichtiger, als Investitionen in diese wichtige Infrastruktur kurzfristig den wirtschaftlichen Aufschwung unterstützen und langfristig der europäischen Wettbewerbsfähigkeit zugute kommen“, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Kroes. Mit den Bestimmungen des Beihilferechts wird zudem sichergestellt, dass durch den Eingriff der öffentlichen Hand keine privaten Investitionen verdrängt werden und Wettbewerb auch in solchen Gebieten entsteht, in denen Verbraucher zuvor keine Wahlmöglichkeiten hatten.

Die EU-Kommission unterscheidet zwischen Gebieten ohne Breitbandanschluss (weiße Gebiete), Gebieten, in denen lediglich eine Netzwerkinfrastruktur besteht (graue Gebiete) und Gebieten, in denen wenigstens zwei miteinander in Wettbewerb stehende Breitbandinfrastrukturen existieren (schwarze Gebiete). Mit Blick auf die staatliche Förderung bewertet die EU-Kommission die schwarzen Gebiete dabei kritische als die weißen. Nun sind die Mitgliedstaaten und Interessenvertreter aufgerufen, die vorgeschlagenen Regelungen und Bedingungen für die staatliche Förderung von Hochgeschwindigkeitsnetzen zu kommentieren. In Kürze werden die Mitgliedstaaten auch zur Teilnahme an einem multilateralen Treffen zu diesem Thema eingeladen werden.

Der Entwurf der Breitbandleitlinien ist abrufbar hier.

Anerkennung von Urteilen über Grundstücke in Nordzypern

Die Aussetzung der Anwendung des gemeinschaftlichen Besitzstands in den Gebieten, in denen die Regierung der Republik Zypern keine tatsächliche Kontrolle ausübt, und der Umstand, dass das Urteil in der Praxis nicht am Ort des Grundstücks vollstreckt werden kann, stehen seiner Anerkennung und Vollstreckung in einem anderen Mitgliedstaat nicht entgegen.

Nach der Intervention der türkischen Truppen im Jahr 1974 wurde Zypern in zwei Teile geteilt. Die Republik Zypern, die 2004 der Union beigetreten ist, kontrolliert tatsächlich nur den Südteil der Insel, während im Nordteil die Türkische Republik Nordzypern entstand, die von der internationalen Gemeinschaft mit Ausnahme der Türkei nicht anerkannt wird. Unter diesen Umständen wurde die Anwendung des Gemeinschaftsrechts im Nordteil der Republik Zypern durch ein der Beitrittsakte beigefügtes Protokoll ausgesetzt. Der englische Court of Appeal wurde von Herrn Apostolides, einem zyprischen Staatsangehörigen, mit einem Rechtsstreit gegen die britischen Eheleute Orams befasst, in dem es um die Anerkennung und Vollstreckung von zwei Urteilen des Gerichts von Nikosia geht. Dieses Gericht, das seinen Sitz im Südteil Zyperns hat, hat die Eheleute Orams verurteilt, ein Grundstück im Nordteil der Insel zu räumen und verschiedene Formen von Schadensersatz zu zahlen. Die Eheleute Orams hatten dieses Grundstück von einem Dritten gekauft, um dort ein Ferienhaus zu errichten. Nach den Feststellungen des zyprischen Gerichts ist Herr Apostolides, dessen Familie bei der Teilung der Insel aus dem Nordteil vertrieben worden war, rechtmäßiger Eigentümer des Grundstücks. Das erste Urteil, ein Versäumnisurteil, wurde durch ein weiteres Urteil bestätigt, mit dem über einen von den Eheleuten Orams eingelegten Einspruch entschieden wurde.

Das nationale Gericht hat dem Gerichtshof mehrere Fragen hinsichtlich der Auslegung und Anwendung der Verordnung Brüssel I1 vorgelegt. Es möchte insbesondere wissen, ob sich die Aussetzung des Gemeinschaftsrechts im Nordteil Zyperns und der Umstand, dass sich das fragliche Grundstück in einem Gebiet befindet, über das die Regierung Zyperns keine tatsächliche Kontrolle ausübt, auf die Anerkennung und Vollstreckung des Urteils auswirken, und zwar insbesondere unter den Aspekten der Zuständigkeit des Gerichts, das das ursprüngliche Urteil erlassen hat, sowie der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaats und der Vollstreckbarkeit der Entscheidung. Außerdem fragt es, ob die Anerkennung oder Vollstreckung einer in Abwesenheit ergangenen Entscheidung, wenn der Beklagte dagegen einen Rechtsbehelf einlegen konnte, deshalb versagt werden kann, weil das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Beklagten nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte.

Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass die in der Beitrittsakte Zyperns vorgesehene Aussetzung auf die Anwendung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Nordteil beschränkt ist. Die fraglichen Urteile, deren Anerkennung Herr Apostolides beantragt, wurden aber von einem Gericht mit Sitz im von der Regierung kontrollierten Gebiet erlassen. Der Umstand, dass diese Urteile ein Grundstück im Nordteil betreffen, steht dieser Auslegung nicht entgegen, da er zum einen nicht die Verpflichtung entfallen lässt, die Verordnung im von der Regierung kontrollierten Gebiet anzuwenden, und zum anderen auch nicht bedeutet, dass die Verordnung deshalb im Nordteil angewandt wird. Der Gerichtshof gelangt daher zu dem Schluss, dass die im Protokoll zur Beitrittsakte vorgesehene Aussetzung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Nordteil der Anwendung der Verordnung Brüssel I auf die Entscheidung eines zyprischenGerichts mit Sitz im von der Regierung kontrollierten Gebiet, die jedoch ein Grundstück im Nordteil betrifft, nicht entgegensteht.

Sodann stellt der Gerichtshof fest, dass der Rechtsstreit im Ausgangsverfahren vom Anwendungsbereich der Verordnung Brüssel I erfasst wird und dass der Umstand, dass das fragliche Grundstück in einem Gebiet liegt, über das die Regierung keine tatsächliche Kontrolle ausübt, so dass die fraglichen Entscheidungen nicht am Ort des Grundstücks vollstreckt werden können, der Anerkennung und Vollstreckung dieser Entscheidungen in einem anderen Mitgliedstaat nicht entgegensteht.

Insoweit steht fest, dass das Grundstück im Gebiet der Republik Zypern liegt und dass daher das zyprische Gericht für die Entscheidung der Rechtssache zuständig war, da sich die entsprechende Vorschrift der Verordnung Brüssel I auf die internationale gerichtliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und nicht auf den Gerichtsstand innerhalb dieser Staaten bezieht. Der Gerichtshof weist, was die öffentliche Ordnung des Vollstreckungsmitgliedstaats betrifft, auch darauf hin, dass ein Gericht eines Mitgliedstaats die Anerkennung einer Entscheidung aus einem anderen Mitgliedstaat nicht allein deshalb ablehnen darf, weil es der Ansicht ist, dass das nationale Recht oder das Gemeinschaftsrecht falsch angewandt worden sei, da sonst die Zielsetzung der Verordnung Brüssel I in Frage gestellt würde. Das nationale Gericht kann die Anerkennung nur dann versagen, wenn der Rechtsfehler impliziert, dass die Anerkennung oder Vollstreckung der Entscheidung als offensichtliche Verletzung einer in der internen Rechtsordnung des betreffenden Mitgliedstaats wesentlichen Rechtsnorm angesehen wird. In der Ausgangsrechtssache hat der Court of Appeal kein grundlegendes Prinzip der Rechtsordnung des Vereinigten Königreichs genannt, gegen das die Anerkennung oder Vollstreckung der fraglichen Urteile verstoßen könnte.

Zur Vollstreckbarkeit der fraglichen Urteile führt der Gerichtshof zudem aus, dass der Umstand, dass Herr Apostolides hinsichtlich der Vollstreckung dieser Urteile auf Schwierigkeiten stoßen könnte, nichts an ihrer Vollstreckbarkeit ändert. Diese Situation hindert damit die Gerichte eines anderen Mitgliedstaats nicht daran, die Urteile für vollstreckbar zu erklären.

Schließlich stellt der Gerichtshof fest, dass die Anerkennung oder Vollstreckung einer in Abwesenheit ergangenen Entscheidung nicht versagt werden darf, wenn der Beklagte gegen die in Abwesenheit ergangene Entscheidung einen Rechtsbehelf einlegen konnte, mit dem er geltend machen konnte, dass ihm das verfahrenseinleitende Schriftstück oder das gleichwertige Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden sei, dass er sich habe verteidigen können. In der Ausgangsrechtssache steht fest, dass die Eheleute Orams einen solchen Rechtsbehelf eingelegt haben. Folglich kann die Anerkennung und Vollstreckung der Urteile des zyprischen Gerichts im Vereinigten Königreich nicht aus diesem Grund versagt werden.

Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-420/07
http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=DE&Submit=rechercher&numaff=C-420/07