Archiv der Kategorie: Patentrecht

Änderung des Patentrechts

Der Deutsche Bundestag hat heute den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts beschlossen. Das Gesetz erleichtert die Anmeldung von Patenten und Marken und reduziert die Möglichkeiten im Rechtsmittelsystem.

Paragraphen„Mit dieser Novelle stärken wir den Patentstandort Deutschland nachhaltig. Die Anmeldung von Patenten wird vereinfacht, bei Streitigkeiten können die Gerichtsverfahren schneller ablaufen. Wir rechnen damit, dass die Berufungsverfahren in Patentsachen künftig nur noch halb so lange dauern werden wie bisher. So wissen die Beteiligten und die Öffentlichkeit schneller, ob eine Erfindung patentgeschützt ist oder nicht. Die Reform kommt der gesamten Wirtschaft zu Gute, die auf Erfindungen als Rohstoff der Wissensgesellschaft angewiesen ist. Ein wirksamer und effizienter Rechtsschutz für Erfindungen hilft unserer Wirtschaft, ihr Innovationspotential voll auszuschöpfen und Arbeitsplätze zu schaffen. Darauf kommt es gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten an“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Was ein Patentstandort oder wieso Deutschland ein solcher Standort sein soll, bleibt unklar. Patente haben ja in erster Linie den Zweck, dem Patentinhaber die Möglichkeit zu geben, den Preis eines Produktes zu erhöhen, ohne Gefahr zu laufen, dass die die Konkurrenz das gleiche Produkt billiger anbietet. Ein erteiltes Patent nützt niemanden außer dem Patentinhaber, der bei manchen Patenten oftmals erhebliche Gewinnmargen zu Lasten der Allgemeinheit erzielen kann.

Kernstück des Gesetzentwurfs sind Änderungen beim sog. Nichtigkeitsverfahren. In diesem Verfahren wird gerichtlich überprüft, ob ein Patent zu Recht erteilt wurde.

In der ersten Instanz vor dem Bundespatentgericht muss das Gericht die Parteien künftig ausdrücklich auf Fragen hinweisen, die für die gerichtliche Entscheidung erheblich sind, aber von den Parteien in ihren bisherigen Schriftsätzen an das Gericht noch nicht ausreichend erörtert wurden. So wissen die Parteien besser, worauf es dem Gericht ankommt, und sie können ihren weiteren Vortrag auf das Wesentliche konzentrieren. Durch eine Fristsetzung werden Gegner und Gericht vor überraschendem neuen Vortrag geschützt, der bisher in vielen Fällen erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurde. Das hat häufig zu einer Verlängerung der Verfahrensdauer geführt.

Auch das Berufungsverfahren vor dem Bundesgerichtshof soll künftig schneller ablaufen. Angestrebt ist eine Halbierung der Verfahrensdauer von derzeit mehr als vier Jahren. Bisher muss im Berufungsverfahren regelmäßig ein Sachverständiger bestellt werden, was sehr zeitaufwändig ist. Nach der Reform soll das nur noch in Ausnahmefällen erforderlich sein. Nach dem geltenden Verfahrensrecht eröffnet die Berufung in Patentnichtigkeitsverfahren eine vollständige neue Instanz; das heißt der gesamte Stoff der ersten Instanz muss erneut verhandelt werden. Künftig wird sich die Berufung darauf konzentrieren, die Entscheidung der ersten Instanz auf Fehler zu überprüfen, so wie es sich in der Zivilprozessordnung bewährt hat. Patentinhaber, Konkurrenten und Öffentlichkeit erhalten damit schneller Klarheit, ob die patentierte Erfindung geschützt ist oder nicht.

Ob es wirklich sinnvoll ist, eine nur noch eine Instanz eine Sachprüfung vornimmt, ist fragwürdig. Erfahrungsgemäß haben viele — rund die Hälfte — Nichtigkeitsklagen Erfolg. Es werden allerdings nicht viele Patente angegriffen. Viele Patente werden aber auch gar nicht verwertet, sondern werden von den Inhabern lediglich lediglich in der Hoffnung, ein Dritter nimmt sich der Technologie an, aufrecht erhalten. Sie erhöhen die Kosten der Innovation und der Patentrecherche und bergen Risiken und Streitpotential für andere Unternehmen.

Auch das Verfahren bei Arbeitnehmererfindungen, die etwa 80 Prozent aller Erfindungen ausmachen, wird vereinfacht. Zielsetzung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen ist es, die Zuordnung der im Arbeitsverhältnis entstandenen Erfindung zum Arbeitgeber sicherzustellen und dem Arbeitnehmer eine angemessene Vergütung dafür zu gewähren. Bisher mussten Arbeitgeber und angestellter Erfinder dafür mehrere Erklärungen mit unterschiedlichen Fristen austauschen. Diese Formalien haben in der betrieblichen Praxis immer wieder zu Fehlern geführt. In Zukunft soll eine sog. Inanspruchnahmefiktion gelten: Danach gehen Arbeitnehmererfindungen vier Monate nach ihrer Meldung automatisch auf den Arbeitgeber über, wenn dieser die Erfindung nicht vorher freigibt. „In der Sache bleibt es aber bei dem bewährten Interessenausgleich: Der Arbeitgeber hat grundsätzlich einen Anspruch auf Diensterfindungen des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer erhält dafür im Gegenzug einen Vergütungsanspruch“, erklärte Zypries.

Patentanmeldungen beim EPA werden günstiger

Patente werden in Europa künftig deutlich billiger (für die Anmelder, nicht die Konsumenten) werden, weil die Übersetzungskosten sinken. Frankreich hat im Auswärtigen Amt in Berlin die Ratifikationsurkunde für das sog. Londoner Protokoll hinterlegt. Das Protokoll wird am 1. Mai 2008 in Kraft treten.

„Jetzt ist der Weg frei dafür, die innovative Wirtschaft von beträchtlichen Übersetzungskosten für Patente zu entlasten“, begrüßte Bundesministerin der Justiz Brigitte Zypries diesen wichtigen Schritt zur Reform des europäischen Patentsystems.

„Die deutsche Industrie, die im europäischen Vergleich mit Abstand die meisten Patente anmeldet, und insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen werden davon besonders profitieren. Mit dem Londoner Übereinkommen aus dem Jahr 2000 verzichten die beteiligten Staaten weitgehend darauf, dass die Patente, die vom Europäischen Patentamt im München erteilte wurden, in ihre jeweilige Landessprache übersetzt werden. Wirtschaftsverbände schätzen, dass damit durchschnittlich rund 30 Prozent der Patententierungskosten eingespart werden können.

Wieso billigere Patente gerade für die kleinen und mittleren Unternehmen vorteilhaft sein sollen, bleibt das Geheimnis der Justizministerin. Zumeist werden sie nur gehindert, neue Techniken zu nutzen.

Im Einzelnen:
Staaten, die eine Amtssprache der Amtssprachen des Europäischen Patentamts (Deutsch, Englisch, Französisch) haben, verzichten in dem Londoner Übereinkommen vollständig auf eine Übersetzung des Patents. Staaten, in denen das nicht der Fall ist, können zukünftig nur noch verlangen, dass ein Teils des Patent, die sog. Patentansprüche, in ihrer eigenen Sprache eingereicht wird. Das Patent selbst muss dann nur auf Deutsch, Englisch oder Französisch vorliegen.

Nur wenn es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung über eine Patentverletzung kommt, können die Vertragsstaaten des Übereinkommens eine komplette Übersetzung des Patents in ihre Amtssprache verlangen. Zu Patentstreitigkeiten kommt es aber im Vergleich zu der Gesamtzahl der erteilten Patente sehr selten.

Das Londoner Übereinkommen, ein Zusatzübereinkommen zum Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ), ist derzeit von 12 Staaten ratifiziert, darunter neben Frankreich auch von Großbritannien und Deutschland. Die Bundesregierung tritt dafür ein, dass weitere Staaten diesem Beispiel rasch folgen und dem Übereinkommen beitreten, so dass es sein Potenzial zur Förderung der europäischen Wirtschaft vollständig entfalten kann.

Patentserver des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie online

Täglich werden überall neue Erfindungen gemacht: in Hochschulen, den Forschungseinrichtungen der Konzerne, in den Unternehmen und auch von freien Erfindern. Diese Erfindungen sind oft Grundlage für neue Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen.

Eine der zentralen Anforderungen des Patentschutzes ist, dass die Erfindung neu ist, sie sozusagen aus dem Labor direkt ins Patentamt getragen wird. Umwege beispielsweise über eine Messe oder die Vorstellung in der Fachpresse, die Ergebnisse der Forschung werden ja oft stolz — aus rechtlicher Sicht aber vorschnell veröffentlicht — verhindern die Möglichkeit auf späteren Patentschutz.

Hier soll der neue Patentserver des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie als Internetportal mit Informationen rund um das Thema Patente und geistiges Eigentum helfen.

  • Wie melde ich ein Patent an?
  • In welchen Datenbanken kann ich nach dem neuesten Stand der Technik recherchieren?
  • Wie verwerte ich meine Erfindung?
  • Was ist eine Lizenz?

Das Portal informiert zudem über die Förderprogramme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie im Bereich des geistigen Eigentums und stellt zahlreiche Kontakte und Beratungsadressen für die Patentierung und Verwertung von Erfindungen zur Verfügung.

Der Nutzen der Patente ist ja nicht unumstritten, da der Großteil der Patente von den internationalen Konzernen und anderen großen Unternehmen stammt, die ihre sowieso schon dominante Stellung im Markt verfestigen, indem jungen Unternehmern gar nicht die für den Marktzugang notwendige Technik nutzen können. In vielen Bereichen wird mit der Sperrwirkung der Patente die Innovationstätigleit anderer behindert. Die Großunternehmen können untereinander Patente lizenzieren, mit der Folge, das sie sich gegenseitig nicht behindern, während die kleinen und mittleren Unternehmen, die zwar auch innovativ sein können, aber keine eigenen Patente in die Waagschale werfen können, die Möglichkeit der Nutzung der Patente anderer teuer bezahlen müssen.

Die Rechtsprechung geht wirklichkeitsfremd davon aus, dass jedes gewerbliche Unternehmen stets auf dem aktuellen Stand — was ist patentiert, was darf man, was nicht — ist. Die Kosten für eine Überwachung fallen insbesondere bei kleinen Unternehmen ins Gewicht. Aber aus Sicht der einzelnen KMU ist es jedenfalls sinnvoller, neue Techniken patentieren zu lassen, da dieses Instrument zur Verfügung gestellt wird. Die Fragen der Nützlichkeit der Patente an sich ist eine, die die Politik, die Volkswirtschaft und die Wissenschaft zu klären hat.

Sie finden den Patentserver im Internet unter www.patentserver.de.

Patentbehörden Deutschlands und Chinas bauen Zusammenarbeit aus

Anlässlich des Besuchs des chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao bei Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel haben heute die Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamtes und dem Staatlichen Amt für Geistiges Eigentum der Volksrepublik China eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit beider Einrichtungen unterzeichnet. Mit dieser Vereinbarung vertiefen die beiden Patentämter ihre in den deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog eingebetteten langjährigen Beziehungen.

„Die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China auf dem Gebiet des Rechts ist eng und vertrauensvoll. Dies gilt auch für die beiden nationalen Patentbehörden. Wir wollen künftig noch mehr unternehmen, um das geistige Eigentum bestmöglich zu schützen. Die Bundesregierung will mit ihren chinesischen Partnern einen umfassenden Dialog darüber führen, wie wir den Schutz der Rechteinhaber auf diesem Gebiet ausbauen und ihnen helfen, ihre Rechte besser durchzusetzen. Deshalb haben wir den Schutz des geistigen Eigentums auch in den Mittelpunkt des Rechtsstaatsdialogs 2007 gestellt“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, zu deren Geschäftsbereich das Deutsche Patent- und Markenamt gehört.

In der am 14. September 2006 unterzeichneten Vereinbarung kommen Deutschland und China überein, den bilateralen Austausch über Fragen des Schutzes des geistigen Eigentums durch den Austausch von Patentprüfern und regelmäßige Konsultationen der Koordinatoren der bilateralen Zusammenarbeit zu vertiefen. Zudem wurde für das erste Halbjahr 2007 ein gemeinsames Symposium beider nationaler Patentbehörden zu aktuellen Rechtsfragen rund um den Schutz des geistigen Eigentums verabredet.

Der Schutz des geistigen Eigentums — besser gesagt: der fehlende Schutz — in China gilt angeblich als eines der zentralen Probleme der Unternehmen, die China investieren oder High-Tech-Produkte nach China exportieren.

China hingegen leidet offensichtlich nicht unter dem schwachen Schutz der Unternehmen durch geistiges Eigentum.

Informationsbroschüre »Patentierbarkeit von Softwareinnovationen«

Fallstudien konkretisieren die Ergebnisse der BMWA-Studie aus dem Jahr 2001 zu den Auswirkungen auf das Innovationsverhalten und die Wettbewerbsstrategien deutscher Softwareunternehmen.

Die Frage des Patentschutzes für Software basierte Erfindungen spielt in Unternehmen der deutschen Softwarebranche eine immer größer werdende Rolle, wenngleich sich nach wie vor die aktive Inanspruchnahme von Patentschutz auf vergleichsweise niedrigem Niveau bewegt. Bei bislang nicht patentaktiven Softwareunternehmen ist die Hinwendung zur Patentierung offenbar in erster Linie Reaktion auf das beobachtete Verhalten von Wettbewerbern. Ein weiteres wesentliches Einflusskriterium für die Befassung mit Schutzrechten ist die zunehmende Internationalisierung der Unternehmenstätigkeit, insbesondere in Bezug auf den US-amerikanischen Markt, so eines der Ergebnisse der im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom Fraunhofer Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung (FhG-ISI), Karlsruhe, durchgeführten Fallstudien.

Für die Fallanalysen hatte das FhG-SI 22 Software erstellende Unternehmen unterschiedlicher Größe und Einstellung zu Patenten aus der Primärbranche (reine Softwareanbieter und IT-Dienstleister) und der Sekundärbranche (verarbeitendes Gewerbe mit eigener Softwareentwicklung) zu den konkreten Auswirkungen der bestehenden Schutzrechtsregelungen im Softwarebereich auf ihr Innovationsverhalten und ihre Wettbewerbsstrategien befragt. Ziel war, im Lichte der empirischen Ergebnisse aus der repräsentativen Erhebung aus dem Jahr 2001 die möglichen Vor- und Nachteile des Patentsystems in unternehmens- bzw. unternehmenstypenspezifische Zusammenhänge zu stellen.

Während für die großen Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes mit eigener Softwareproduktion wettbewerbsstrategische Aspekte beim Aufbau eines Patentportfolios zur Sicherung der eigenen technologischen Handlungsfreiheit dominieren, ist strategisches Patentieren bei reinen Softwareherstellern erst ansatzweise zu beobachten. Die festgestellten größenbedingten strukturellen Nachteile mittlerer und vor allem kleiner Unternehmen, so FhG-ISI, bedingen erhebliche Asymmetrien hinsichtlich des Nutzungspotentials des Patentsystems. Des Weiteren konnte wie bereits in der ersten breit angelegten Untersuchung zu diesem Thema nicht bestätigt werden, dass es generell einen Kausalzusammenhang zwischen der Nutzung von Patenten und der Forschungs- bzw. Innovationsintensität sowie dem Markterfolg gibt. Schließlich werden Patentschriften im Softwarebereich offenbar generell nicht zur Wissensgenerierung herangezogen.

Als ein wesentliches Fazit aus den Fallstudien bekräftigt FhG-ISI die Forderung nach einem einheitlichen international harmonisierten Rechtsrahmen für die Patentierbarkeit von Software implementierten Erfindungen, wobei allerdings eine Ausweitung der Patentierung in Europa vermieden werden sollte. Wesentliche Herausforderung sei eine klare, verständliche Definition der Patentierungsvoraussetzungen Technizität und erfinderische Tätigkeit. Weitere Vorschläge zielen auf eine Verbesserung der Qualität des Patentverfahrens sowie den Auf- und Ausbau der Informations- und Beratungsinfrastruktur insbesondere für die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen.

Mit der Vergabe der beiden Forschungsaufträge hat das BMWA einen wichtigen innovationsökonomischen, weil empirisch fundierten Beitrag zur Diskussion über die Patentierbarkeit von computerimplementierten Erfindungen in Europa geleistet.

Weiterführende Informationen

Geistige Eigentumsrechte in der Informationsgesellschaft – Broschüre (Stand: Juni 2003)
Geistige Eigentumsrechte in der Informationsgesellschaft — Eine Analyse der Rolle gewerblicher Schutzrechte bei Gründung und Markteintritt sowie für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit von Softwareunternehmen anhand unternehmens- und softwaretypbezogener Fallstudien: Bestellen beim BMWA

Intellectual Property Rights in the Information Society (Short Summary)
Their Role for Innovativeness, Competetiveness and the Start Up-Process of Software Companies. A Case Study Based Analysis:
Bestellen beim BMWA

Richtlinien-Vorschlag der EU-Kommission: Kommission

Befassung des Europäischen Parlaments mit dem Bericht des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt zum Richtlinienvorschlag am 23. September 2003: Europäisches Parlament

Europäisches Patentamt/ Aktuelle Prüfungsrichtlinien für Computerprogramme: Europäisches Patentamt

Fraunhofer-Institute for Systems and Innovation Research (FhG-ISI):
Fraunhofer-Institut

Max-Planck-Institute for Foreign and International Patent, Copyright and Competition Law: Max-Planck-Institut

Patentserver des Bundesministeriums für Bildung und Forschung:
BMBF

Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) e.V.: FFII

Großzügige Softwarepatentierung im EP gescheitert

Mit einer großen Mehrheit stimmten die Volksvertreter im Europäischen Parlament (EP) gegen den Vorschlag einer Richtlinie zur Vereinheitlichung der Patentierbarkeit von computergestützen Erfindungen mit zweifelhaften Folgen für Programmierer und Softwareunternehmen. Patente auf die eigentliche Software soll es nach dem Parlamentsbeschluss nicht geben.

361 Abgeordnete stimmten für eine deutliche Überarbeitung der Richtlinie – lediglich 157 für eine unveränderte Annahme. Patente sollen nur für computergesteuerte Anwendungen in Endgeräten möglich sein, also etwa für eine Waschmaschine mit neuer Software. Reine Computersoftware, also die programmierten Anweisungen an den Computer, sollen ebenso wenig patentierbar sein wie die technische Idee dahinter. Die Vorlage wird nun den Mitgliedstaaten zur weiteren Beratung vorgelegt.

Artikel 52 des europäischen Patentübereinkommens – der die bisherige Rechtslage widerspiegelt – stellt fest, dass Computerprogramme als solche nicht patentiert werden können. Um den Anwendungsbereich des Übereinkommens nicht auszuweiten, haben die Abgeordneten daran erinnert, dass der technische Charakter der Erfindung Voraussetzung für die Patentierbarkeit ist. Der entscheidende Änderungsvorschlag lautet: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass auf computerimplementierte Erfindungen erteilte Patentansprüche nur den technischen Beitrag umfassen, der den Patentanspruch begründet. Ein Patentanspruch auf ein Computerprogramm, sei es auf das Programm allein oder auf ein auf einem Datenträger vorliegendes Programm, ist unzulässig.“

Bei einer unveränderten Übernahme des Vorschlags wäre es möglich gewesen, alltägliche und millionenfach angewendete Programmbestandteile zu patentieren – mit verheerenden Auswirkungen für die Gesellschaft – so die Kritiker. Das Mitglied des Europäischen Parlaments Bent Hindrup ANDERSEN (EDU, Dänemark) drückte dies so aus: Software-Patente ähneln einem Patent auf Treppen: „Ein Patent auf Treppenhäuser trägt Sorge dafür, dass man keine Hochhäuser mehr bauen kann.“ Er verlangte daher, dass Software nicht zu patentieren sei. Der Fortschritt würde gehemmt, wenn man für jegliche Neuerung einen Patentjuristen konsultieren müsse, schloss der Abgeordnete.

Die Befürworter hatten sich von der ursprünglichen Richtlinie einen besseren Schutz europäischer Softwarefirmen gegen die Konkurrenz aus den USA und Japan erhofft. Dort gibt es bereits Patentgesetze für Software. Die Unternehmen könnten deshalb Lizenzgebühren für ihre Erfindungen erheben, während Unternehmen und Wissenschaftler in Europa bisher leer ausgingen, so die Argumente der Befürworter. Das letzte Argument erscheint wenig schlüssig, denn es steht europäischen Unternehmen jederzeit offen, die Möglichkeiten in den Vereinigten Staaten und Japan zu nutzen.

Insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen, aber auch die Open Source Programmierer haben die Möglichkeit der Patentierung von solchen „Logik- und Trivialpatenten gefürchtet. Daniel Cohn-Bendit, Vorsitzender der Grünen-Fraktion, die eine Richtlinie für völlig überflüssig erachten, erklärte hierzu: „Was das Parlament heute angenommen hat, ist ein Erfolg für alle, die verhindern wollten, dass eine verheerende Regelung in Kraft tritt.“

Die Großunternehmen, die sich für die Richtlinie in der Version der Kommission eingesetzt haben, kamen nicht zum erhofften Ergebnis: Der Sprecher des Europäischen Dachverbands der Informatik,-, Kommunikations- und Elektronikindustrie (EICTA), dem führende Großkonzerne wie Microsoft und Sony angehören, zeigte sich in ersten Reaktionen „zutiefst enttäuscht“.

Die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) hat die Entscheidung des EP kritisiert, die umstrittene Richtlinie über die „Patentierbarkeit Computer-implementierter Erfindungen“ in wesentlichen Punkten abzuändern. GI-Vizepräsident Andreas Stöckigt zeigte sich bestürzt, dass das Europäische Parlament die Informatik nicht mehr zur Technik zählt.: „Der Vorschlag der Kommission ist im Eiltempo in sein Gegenteil verkehrt worden und dies nach drei Jahren Diskussion zu diesem Thema“,
sagte er weiter. Die Industrie muss für Patente, die Computerprogramme nutzen, künftig eine lizenzfreie Implementierung zur Verfügung stellen. Stöckigt: „Diese Programme können dann natürlich auch in Ländern, in denen das Patent nicht angemeldet wurde, genutzt werden.“ Es sei zu befürchten, dass innovative Firmen verstärkt in anderen Wirtschaftsräumen ihre Erfindungen anmelden werden.

Diese Ansicht verkennt allerdings, dass die Programmierleistung weiterhin urheberrechtlich geschützt ist. Wieso eine lizenzfreie Implementierung zur Verfügung gestellt werden sollte, bleibt ebenfalls im Dunklen. Insofern ist auch die mit der Patentierung verbundene Offenlegung weniger problematisch, denn ob jemand gegen ein mit einem Patent- oder gegen ein mit einem Urheberrecht geschütztes Recht verstößt, – es bleibt jeweils ein Verstoß gegen das geschützte geistige Eigentum. Insofern ist kein Unterschied erkennbar. Ob ein Schutz der bloßen Methode, wenn auch über Software verwirklicht, wirklich Sinn macht, ist ausgesprochen zweifelhaft.

Schlagabtausch im EP um die Softwarepatente

Dass sich die Bedeutung des Europäischen Parlaments (EP) bei dem Thema Softwarepatente zeigt – damit hat wohl niemand gerechnet. Nach der Debatte über den Patentschutz für computerimplementierte Erfindungen sagte Berichterstatterin Arlene McCARTHY (SPE, UK), sie sei seit zehn Jahren MdEP, aber sie habe noch nie solche persönlichen Angriffe auf sich und ihre Mitarbeiter erlebt, wie bei dieser Abstimmung. Sie hoffe auf entsprechende Vorkehrungen bei der morgigen Abstimmung.

Die von zahlreichen Softwareschmieden und Programmieren mit Bangen un Hoffen erwartete Abstimmung zu dem Entwurf findet am 24.09.2003 statt. In dem meistbesuchten deutschsprachigen Internetportal für Programmierer und Softwareunternehmen des Heise-Verlags kann man den Schlagabtausch der Softwarinteressierten verfolgen. EIn Zusammenfassung der Süddeutschen Zeitung finden Sie hier.

Hier die Redebeiträge der Debatte im EP:

Erklärung der Kommission:

Kommissar Frits BOLKESTEIN sagte, es gehe nicht um die Patentierung reiner Computerprogramme, wie viele Gegner der Richtlinie behaupteten. Viele Gegner hätten auch fälschlicherweise behauptet, dass mit der Richtlinie erstmals Programme patentierbar würden. Auch das sei falsch: „Nichts wird dadurch patentierbar, was nicht schon jetzt patentierbar ist.“ Es gehe nur um die Harmonisierung der gegenwärtigen Patentierungspraxis.

Die Mehrheit der Änderungsanträge sei für die Kommission inakzeptabel. Viele Änderungsanträge seien „fundamental“. Er befürchte, dass der Vorschlag scheitert, wenn diese Änderungsanträge angenommen werden. Dies hätte negative Folgen:

  • In Ermangelung der Harmonisierung wäre es den europäischen Patentämtern weiter freigestellt, auf Software basierende Erfindungen zu patentieren. Dies schaffe Rechtsunsicherheit. Die Bemühungen der Kommission, ein Patentierungsverbot für reine Software zu etablieren, würden untergraben.
  • Die Mitgliedstaaten würden selbst Gesetzgebung entwerfen, wenn es auf EU-Ebene keine Regelung gebe. Wenn die EU keine Regeln für die Patentierung von computerimplementierten Erfindungen schaffe, werde die Europäische Patentkonvention zwischenstaatlich ohne Einfluss des EP und der europäischen Bürger neu ausgehandelt.
EP-Berichterstatterin:

Arlene McCARTHY (SPE, UK) hob hervor, dass computerimplementierte Erfindungen nichts Neues seien. 30.000 Patente seien allein für technische Anlagen, Waschmaschinen, Telefone etc. vergeben worden. Allein im vorletzten Jahr habe es 16.000 Patentanträge gegeben. Diese Flut von Anträgen gelte es einzugrenzen, um eine Wettbewerbseinschränkung zu vermeiden. Andererseits müssten Erfindungen mit einem langen Entwicklungszeitraum geschützt werden. Auch kleine und mittlere Unternehmen müssten in den Schutz einbezogen werden, um den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zu verstärken. McCarthy forderte die Kommission auf, die Änderungsanträge zu Artikel 4 zu bedenken und die Ausnahmen von der Patentierbarkeit zu berücksichtigen. Die Kommission solle den Investitionsschutz garantieren, den Wettbewerb wahren, echte Erfindungen schützen und Monopole bekämpfen. Die Schaffung einer guten Praxis im Patentwesen und die Verhinderung von multinationaler Dominanz seien das Ziel.

Vertreter der Fraktionen:

Joachim WÜRMELING (EVP-ED, D (CSU)) erklärte, es handele sich um eine juristisch und technisch hoch komplizierte Materie. Man sei einem aggressiven und irrationalen Lobbyismus ausgesetzt gewesen. Man wolle weder eine allgemeine Patentierung jeglicher Software noch eine Unterstützung der Softwareriesen. KMU sollten nicht gefährdet werden, ebenso wenig wie die Open-source-Bewegung und die Linuxtechnik. Man brauche eine vernünftige Abgrenzung zwischen patentierbaren technischen Erfindungen und nichtpatentierbarer reiner Software. Die im Europäischen Patentamt festzustellende schädliche Tendenz der häufigen Patentierung lasse sich nur durch den Gesetzgeber beenden. Der Kommissionsvorschlag werde durch den Bericht des Rechtsausschusses verbessert. Dieser begrenze die Tendenz zu einer Ausuferung der Patente. Durch die Aufzählung von Negativbeispielen in Artikel 4 a werde die Patentierung von reiner Software und ähnlichem ausgeschlossen. Die EU brauche ein Innovationen förderndes Patentrecht.

Laut Manuel MEDINA ORTEGA (SPE, E) spiegeln die im Rechtsausschuss angenommenen Änderungen die derzeitige Situation nicht wider. Es gehe nicht nur um die Patentierung von industrieller Anwendung, sondern um das geistige Eigentum. Mit dem Vorschlag drifte man hin zu amerikanischen Verhältnissen, zu einer Patentierung von nichtindustriellen Anwendungen. Dies wäre ein Rückschritt auf dem Weg zur Informationsgesellschaft. Man brauche eine klare Abgrenzung. Die Natur des Industriepatents dürfe nicht gefährdet werden. Nur die industrielle Anwendung und nicht die Computerprogramme müssten durch die Gemeinschaftsrichtlinie geschützt werden.

Toine MANDERS (LIBE, NL) sagte, es sei das Ziel, Rechtssicherheit zu erreichen. „Wir brauchen die Richtlinie, um amerikanische Bemühungen zu verhindern.“ Sonst könnten tausende Anwendungen patentiert werden. Der Bericht sei sehr ausgewogen, aber einige Änderungen sollte man noch vornehmen, so z.B. hinsichtlich der Übergangszeit: Hier sei ein besserer Schutz finanzschwacher Erfinder nötig.

Pernille FRAHM (KVEL/NGL, DK) erklärte, wir hätten alle die gleiche Absicht: noch mehr Erfindungskraft und Erneuerung in den KMU zu fördern. Wieso aber seien jetzt gerade die KMU gegen eine schnelle Abstimmung? Die KMU befürchteten, dass die Wahrung eigener Rechte ihnen zu teuer kommen könnte. Jetzt würde die schleichende Ausweitung der Patentierbarkeit durch das Europäische Patentamt legalisiert. „Wie rein muss Software sein, damit sie wirklich rein ist?“, fragte Frahm. Hier fehle noch eine klare Antwort. Man müsse den Zweiflern eine Chance geben.

Raina Mercedes ECHERER (GRÜNE/EFA, A) unterstützte die Berichterstatterin und warf Bolkestein vor, er wolle die Kritiker abschrecken: Er „stellt die Rute ins Fenster“, „ja eine Drohung habe ich beinahe herausgehört“, sagte Echerer.

Wenn nur ein einziges Teilchen einer Lösung patentiert sei, sei die ganze Lösung nicht weiterzuverwenden. Möglicherweise schaffe die Richtlinie nicht mehr Rechtssicherheit, sondern auch neue Schlupflöcher. Wir wüssten, wie marktkräftige Unternehmen das Patent als Waffe benutzen. Anstelle den Weg des Patentrechts zu gehen, hätte man die Urheberrechtsrichtlinie von 1991 weiterentwickeln sollen.

Antonio MUSSA (UEN, I) unterstrich, dass die EDV das Rückgrat der wirtschaftlichen Entwicklung sei. Er wandte sich dagegen, eine allumfassende Patentierbarkeit einzuführen, da sonst der Fortschritt gehemmt werde. „Würde jeder kleine Befehl oder jede Einrichtung mit Patent belegt, hätte man einen Dschungel von Einschränkungen.“ Mussa wandte sich gegen die Annahme des McCarthy-Berichts und verlangte, den „freien Geist der Völker“ zu wahren.

Für Bent Hindrup ANDERSEN (EDU, DK) ähneln Software-Patente einem Patent auf Treppen: „Ein Patent auf Treppenhäuser trägt Sorge dafür, dass man keine Hochhäuser mehr bauen kann.“ Er verlangte daher, dass Software nicht zu patentieren sei. Der Fortschritt würde gehemmt, wenn man für jegliche Neuerung einen Patentjuristen konsultieren müsse, schloss der Abgeordnete.

Marco CAPPATO (FL, I) setzte sich dafür ein, die Patentierbarkeit der Software einzuschränken. Es seien bereits schon jetzt zu viele Patente zugelassen, die den Fortschritt hemmten. Er verlangte daher, dass nur die Erfindung patentierbar ist, nicht aber die Software. Die Regeln des Urheberschutzes müssten eingehalten werden. Die Änderungsanträge zur Interoperabilität gelte es durchzusetzen

Weitere deutschsprachige Abgeordnete:

Selten habe ein Gesetzgebungsverfahren in einem derart frühen Stadium so große öffentliche Aufmerksamkeit hervorgerufen, so Evelyne GEBHARDT (SPE, D). Sie sei für die Annahme des Kompromisses. Hierdurch werde versucht, aus der Falle der Artikel 2 und 4 zu gelangen. Eine Neudefinition des Technischen habe der Patentierbarkeit von Software Tür und Tor geöffnet. Dieses Schlupfloch sei nun einigermaßen geschlossen. Sie hätte gerne noch mehr erreicht. Es sei nicht deutlich genug, dass man Softwarepatente nicht nur einschränke, sondern gar nicht mehr erteilen wolle. „Wer Software patentiert, spielt dem großen Kapital in die Hand, nicht aber der großen Intelligenz.“ Jenseits der Regelungen des Kompromisses bleibe es daher dabei: „Finger weg von der Softwarepatentierung.“

Othmar KARAS (EVP-ED, A) erklärte, die Richtlinie garantiere eine einheitliche Rechtsanwendung durch Patentämter und Patentgerichte. Dies sei im Interesse eines gemeinsamen Binnenmarktes. Die Entwicklung neuer Software dürfe allerdings nicht behindert und die Position der KMU nicht geschwächt werden. Die Richtlinie müsse auch Rechtssicherheit schaffen. Viele Ängste beruhten auf Fehlinterpretationen. Einige Argumente seien jedoch auch zutreffend. Technische Erfindungen müssten besser von intellektuellen abgegrenzt werden. Er unterstütze Änderungsantrag 107 und 108, durch die das Gebiet der Technik deutlicher definiert werde. Auch Änderungsantrag 116 zu Grenzen der Patentierbarkeit finde seine Zustimmung. Er begrüße die Kompromisse von Wuermeling, in denen klargestellt werde, dass Trivialvorgänge und Geschäftsmethoden nicht patentierbar seien.

Angelika NIEBLER (EVP-ED, D) fragte sich, ob man die Richtlinie wirklich brauche. Nach einer Abwägung des Für und Wider, sei sie nun überzeugt davon, dass das Parlament, wenn es morgen die Richtlinie verabschiede, eine gute Entscheidung treffe. Die bestehende Praxis werde harmonisiert und strengere Regeln für Patente verabschiedet. Die Richtlinie verhindere das Entstehen amerikanischer Verhältnisse. Bloße Geschäftmethoden und reine Software würden in der EU nicht patentierbar werden. Auch Trivialsoftware würde nicht geschützt. Der Patentschutz für computerimplementierte Erfindungen erfordere einen technischen Beitrag.

Sprecher der Kommission:
Kommissar Frits BOLKESTEIN sagte: „Die Kommission ist nicht bereit zu akzeptieren, dass alles möglich sein soll.“ Nicht-technische Software solle nie patentiert werden, aber technische Anwendungen. Als Antwort auf den Einwand von Echerer sagte Bolkestein: Wenn eine kleine technische Lösung patentiert werden könne, könne auch eine große Lösung patentiert werden. Nicht einzelne Komponenten sollten unter Schutz stehen, sondern nur die Gesamtlösungen. Er pflichte Würmeling bei, der gesagt habe, dass die gegenwärtigen Praktiken fortgesetzt würden, wenn die Richtlinie nicht verabschiedet werde.