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Netzdemo gegen Softwarepatente

Darf jemand eine Idee für sich alleine beanspruchen? Eine mathematische Formel? Eine Geschäftsmethode? Nach der bisherigen Rechtslage sind solche Patente unzulässig. Trotzdem sind 30.000 europäische Patente auf Software-Ideen (Algorithmen) erteilt worden, die nun nachträglich — so die Befürchtung — nachträglich in Kraft gesetzt werden sollen.

Bisher war nur das Abschreiben verboten. Demnächst kann ein Software-Autor für Dinge verklagt werden, die er völlig selbständig entwickelt hat – nämlich dann, wenn sich jemand anderer die zugrundeliegenden Ideen bereits hat patentieren lassen.

Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, die derzeitigen klaren und europaweit einheitlichen gesetzliche Regelungen zur Begrenzung der Patentierbarkeit („Mathematische Methoden, Algorithmen, Geschäftsmethoden, Programme für Datenverarbeitungsanlagen etc. sind keine patentfähigen Erfindungen“) durch eine auf nationaler Ebene umzusetzende Richtlinie zu ersetzen, welche es nationalen Gerichten sehr schwer macht, Patente auf Algorithmen und Geschäftsmethoden wie Amazon One Click Shopping für nichtig zu erklären. 30.000 Patente dieser Art hat das Europäische Patentamt (EPA) seit 1986 mehr oder weniger verdeckt und seit 1998 offen erteilt.

Die geplante Patentierbarkeit von Software wird unter anderem von dem Ausschuss der Regionen der EU, dem Wirtschafts- und Sozialausschuss der EU, der französische Regierung, dem Deutsche Industrie- und Handelskammertag, der deutsche Monopolkommission, der Kommission für Geistiges Eigentum der Britischen Regierung, der Französische Staatliche Planungskommission, zahlreichen wissenschaftlichen Studien, 30 führende Wissenschaftler sowie 91% den Teilnehmer einer EU-Konsultation zum Thema und ca 2.000 Software-Unternehmen und 250.000 Unterzeichnern einer Petition an das Europa-Parlament und KMU-Verbänden mit insgesamt über 2.000.000 Mitgliedsunternehmen heftig kritisiert.

Der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur e.V. hat deshalb zu einer Netzdemo aufgerufen.

Beispiel für die Netzdemo
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Die heftige Kritik an dem in erster Linie von Großunternehmen mit zahlreichen Patenten unterstützen Richtlinie hat bereits zu einer Verschiebung der Abstimmung im Europäischen Parlament (EP) geführt. Am 24. September 2003 soll im EP erneut abgestimmt werden. Es gibt zahlreiche Änderungsanträge von Abgeordneten zu dem Vorschlag der Kommission, die im Wesentlichen darauf abzielen, die Stand im Europäischen Patentübereinkommen zu bewahren.

„Das erschließt sich dem Laien nicht sofort“, sagt Jörg Machek, Direktor beim Europäischen Patentamt in München: „Die Patentgewährung folgt nicht dem gesunden Menschenverstand.“
Die Beispiele für Logikpatente zeigen die Problematik, mit teilweise abstrusen oder auch den simpelsten Methoden auf. So wurden etwa patentiert:

  • Patentiert in Europa: Fortschrittsbalken
  • Abfangen von Viren
  • Sprachfernsteuerung
  • Elektronischer Einkaufswagen
  • Prüfen von Lernstoff in Schulen
  • Patentiert in Deutschland: Archivieren von E-Mail
  • Patentiert in Frankreich: 35-Stunden-Woche

Vielfach handelt es sich um banale Ideen, die lediglich mit
einem Softwarehintergrund unterlegt wurden.


Weitere Informationen:
SWPAT,
Beispiele für Logikpatente