Archiv der Kategorie: Umwelt

Ökopunkte-VO (Transit Österreich) bestehen weitgehend Test vor dem EuGH

Die Akte über den Beitritt Österreichs zur Gemeinschaft enthält ein Protokoll, das für den Straßengütertransitverkehr durch Österreich eine Sonderregelung festlegt. Sie sieht im Wesentlichen ein System zur Reduktion der NOx-(Stickoxid)-Gesamtemission vor, nach dem jeder Lkw im Transitverkehr durch Österreich eine Ökopunkteanzahl benötigt, die seinem Wert der NOx-Emissionen entspricht. Die Ökopunkte werden von der Kommission verwaltet und auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt.

Im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 1992 und dem 31. Dezember 2003 ist die NOx- Gesamtemission von Lastkraftwagen im Transit durch Österreich schrittweise um 60 % zu reduzieren. Das Protokoll legt daher für jedes Jahr dieses Zeitraums eine immer geringere Ökopunkteanzahl fest. Sollte in einem Jahr die Zahl der Transitfahrten den Wert für das Jahr 1991 um mehr als 8 % übersteigen, hat die Kommission Maßnahmen zu treffen. Diese Maßnahmen, die in einer Verringerung der Ökopunkte und damit der Zahl der Transitfahrten bestehen, gelten – nach dem Protokoll – für das folgende Jahr.

Die im September 2000 erstellte Statistik weist für das Jahr 1999 14,57 % mehr Transitfahrten als im Jahr 1991 aus. Nach Auffassung der Kommission und des Rates hätte eine Verringerung der Ökopunkte für das Jahr 2000 dazu geführt, dass in dessen letztem Quartal faktisch jeder Transit von Lastkraftwagen durch Österreich untersagt worden wäre.

Um zu vermeiden, dass die durch die höhere Zahl der Transitfahrten im Jahr 1999 erforderliche Verringerung ausschließlich auf das Jahr 2000 angewandt wird, erstreckte der Rat – durch eine Verordnung vom September 2000 (Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 des Rates vom 21. September 2000 (ABl. L 241, S. 18)) – die Verringerung über vier Jahre, nämlich die Jahre 2000 bis 2003 (je 30 % Verringerung in den Jahren 2000, 2001 und 2002 und 10 % Verringerung im Jahr 2003).

Zudem soll nach der neuen Verordnung eine solche Erstreckung der Verringerung allgemein für alle Verringerungen erfolgen, die künftig bei neuen Überschreitungen des Schwellenwerts für Transitfahrten etwa vorzunehmen sind.

Die Republik Österreich hat am 4. Dezember 2000 beim Gerichtshof der EG die Nichtigerklärung der Ratsverordnung, mit der diese Neuregelung des Ökopunktesystems eingeführt wird, beantragt.

Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass beim Erlass der angefochtenen Verordnung nicht gegen wesentliche Formvorschriften verstoßen wurde; sie wird daher nicht insgesamt für nichtig erklärt.

Der Gerichtshof stellt fest, dass die angefochtene Verordnung ungültig ist, soweit sie darauf gerichtet ist, entgegen dem Protokoll endgültig einen Grundsatz der Erstreckung der Verringerung der Ökopunkte über mehrere Jahre einzuführen; zur Begründung verweist er darauf, dass die Protokolle einer Beitrittsakte primärrechtliche Bestimmungen sind, die nicht durch eine einfache Verordnung geändert werden können.

Der Gerichtshof erklärt die entsprechende Bestimmung daher für nichtig.

Zu der Bestimmung der Verordnung, mit der die Verringerung der Ökopunkte, die sich aus der Überschreitung des Schwellenwerts für Transitfahrten im Jahr 1999 ergibt, über die Jahre 2000 bis 2003 erstreckt wird, stellt der Gerichtshof fest, dass die von den österreichischen Behörden übermittelten Daten erst im September 2000 die Erstellung einer endgültigen Statistik zuließen. Aufgrund dieser verspäteten Übermittlung hätte die aus der im Jahr 1999 festgestellten Überschreitung folgende Verringerung erst im letzten Quartal des Jahres 2000 vorgenommen werden können. Dies hätte den Effekt gehabt, den gesamten Straßengütertransitverkehr durch Österreich für einige Monate praktisch zum Erliegen zu bringen, was den wesentlichen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere dem freien Warenverkehr, widersprochen hätte.

Der Gerichtshof gelangt zu dem Ergebnis, dass der Rat unter diesen Umständen berechtigt war, die Verringerung der Ökopunkte über die verbleibenden Monate des Jahres 2000 und „das folgende Jahr“, d. h. das gesamte Jahr 2001, zu erstrecken. Dagegen war eine Erstreckung über vier Jahre von 2000 bis 2003 mit dem Protokoll unvereinbar. Der Gerichtshof erklärt daher die Verordnungsbestimmung, die die Erstreckung über die Jahre 2000 bis 2003 vorsieht, für nichtig. Er erklärt jedoch ihre Wirkungen aus Gründen der Rechtssicherheit für fortgeltend.

Hinsichtlich der Verordnungsbestimmung über die Aufteilung der fraglichen Verringerung auf die Mitgliedstaaten stellt der Gerichtshof fest, dass diese Bestimmung ebenso rechtswidrig ist wie die Bestimmung, die Verringerung über die Jahre 2000 bis 2003 zu erstrecken (siehe oben). Der Gerichtshof erklärt diese Verordnungsbestimmung daher für nichtig, erklärt jedoch ihre Wirkungen ebenfalls aus Gründen der Rechtssicherheit für fortgeltend.

MOE-Exportschlager „Umwelt-Knowhow“

Der bayerische Umweltminister Schnappauf eröffnet gemeinsam mit tschechischer Amtskollegin, Vizeministerin Ivana Jiraskova das grenzüberschreitende Kooperationsforum Bayerische Umwelttechnologie für Tschechien

Durch den EU-Beitritt Tschechiens und die damit verbundene Verwirklichung der EU-Umwelt-Standards ergibt sich im Bereich der Umwelttechnologie ein Investitionsbedarf, der für die nächsten 10 Jahre auf 8-10 Milliarden Euro geschätzt wird. Die größten Investitionen werden in den Bereichen Abwasserreinigung, Abfallwirtschaft und Luftreinhaltung anfallen.

Dadurch ergeben sich gerade für kleine und mittlere Unternehmen aus Bayern im umwelttechnologischen Bereich neue Chancen auf den Märkten in Tschechien. Der Transfer kann aber nur gelingen, wenn die relevanten Geschäfts- und Ansprechpartner sowie die Repräsentanten und Multiplikatoren aus dem staatlichen und kommunalen Bereich in Kontakt treten. Gemeinsame Veranstaltungen von bayerischem Umwelt- und Wirtschafsministerium mit Multiplikatoren und Entscheidungsträgern aus beiden Ländern sollen diese Zielsetzungen unterstützen.

Umweltminister Werner Schnappauf wird gemeinsam mit tschechischer Amtskollegin, Vizeministerin Ivana Jiraskova am Montag, 15. Sept. 2003, 13:30 Uhr, im Ost-West Kompetenzzentrum, Heinrich-Rockstroh-Straße 10,
95615 Marktredwitz das erste grenzüberschreitende Kooperationsforum mit dem Motto „Bayerische Umwelttechnologie für Tschechien“ eröffnen. Das erste Forum richtet sich an Entscheidungsträger in Kommunen, Behörden und Verbänden. Auf dieser Veranstaltung soll der Grundstein gelegt werden für Kooperationen von Unternehmen der Umwelttechnologie beider Regionen.

Richtlinie zum Schutz vor Gefahren durch Ozon

Am 9. 9. 2003 tritt in der Europäischen Union eine neue
Richtlinie in Kraft, deren Ziel ein besserer Schutz der
Bevölkerung und der Vegetation vor bodennahem Ozon ist.
Vorgesehen sind jedoch lediglich Warnungen der Bevölkerung
ab einer bestimmten Konzentrationen (über 180 µg/m3).
Bei einem Überschreiten von 240 µg/m3 müssen die Behörden
der Mitgliedstaaten kurzfristige Maßnahmen wie Einschränkungen des
Straßenverkehrs und der Verwendung von Lösungsmitteln in Betracht
ziehen. Wie die Vegetation durch Warnungen geschützt werden kann,
bleibt im Dunklen.

Bei Ozon handelt es sich um einen Schadstoff, der schwere
Gesundheitsprobleme verursachen kann, besonders bei
empfindlicheren Bevölkerungsgruppen wie älteren Menschen und
Kindern. Die neue Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten,
die Bevölkerung zu unterrichten und zu warnen, wenn die
Ozonkonzentration in der Luft bestimmte Werteüberschreitet.
Ferner werden langfristige Ziele definiert, um EU-weit bis zum
Jahr 2010 einen Schutz der menschlichen Gesundheit und der
Vegetation vor Ozon möglichst weitgehend zu
gewährleisten.

Umweltkommissarin Margot WALLSTRÖM dazu: „Dieser
Sommer hat erneut gezeigt, dass wir die Luftverschmutzung noch
nicht gut genug im Griff haben, um unmittelbare Auswirkungen auf
die Gesundheit der Bürger verhindern zu können. Er hat ferner
gezeigt, dass der zunehmende Straßenverkehr ein ernstes Problem
für die Umwelt und für die Gesundheit der Bevölkerung
ist.“

Was ist bodennahes Ozon?

Während die Ozonschicht in der oberen Atmosphäre einen Schutz
vor Hautkrebs und Schäden an Nutzpflanzen bietet, da sie die
kurzwelligen Sonnenstrahlen filtert, kann bodennahes Ozon sehr
nachteilige Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die
Vegetation haben. Ozon führt zu einer Reizung der Luftwege, wenn
es in stärkeren Konzentrationen eingeatmet wird.
Ozonkonzentrationen über 120 µg/m3 1 während mehrerer
Stunden können zu Atemproblemen führen und die Symptome bei
Personen verstärken, die bereits an Asthma und Lungenerkrankungen
leiden. Wird die Schwelle von 240 µg/m3 überschritten,
können bei empfindlicheren Bevölkerungsgruppen wie Asthmatikern,
Kindern oder älteren Menschen akute Atemprobleme auftreten.

Die negativen Auswirkungen auf Nutzpflanzen und Wälder, d.h.
ein geringeres Wachstum, können bereits bei Konzentrationen von
lediglich 80 µg/m3 entstehen. Nachweisbare Schäden,
wie etwa deutliche Ernteeinbussen oder ein frühzeitiger Verlust
von Blättern und Nadeln, entsteht nur bei einer Akkumulation der
negativen Auswirkungen während der gesamten Vegetationszeit, also
bei wiederholter Exposition gegenüber hohen
Ozonkonzentrationen.

Ozon entsteht durch Emissionen flüchtiger organischer
Verbindungen und Stickoxide unter dem Einfluss von Sonnenlicht
und bei überdurchschnittlicher Dauer der Sonneneinwirkung. Die
Ozonwerte steigen daher im Sommer in der Regel an.

Neben der petrochemischen Industrie und dem Einsatz von
Lösungsmitteln in Privathaushalten, z.B. in Farben, ist der
Straßenverkehr der größte Verursacher dieser Vorläuferstoffe. Im
Mittelmeerraum stammt ein großer Teil der flüchtigen organischen
Verbindungen auch von Koniferen. In weiten Teilen der
Europäischen Union sind anthropogene Emissionen im letzten
Jahrzehnt um 30 bis 50% zurückgegangen. Folglich sanken auch die
Ozonhöchstwerte. Beobachtungen haben jedoch gezeigt, dass
Konzentrationen, die nicht durch nahegelegene Emissionsquellen
beeinflusst werden, nach wie vor steigen, wahrscheinlich aufgrund
zunehmender globaler Emissionen der Ozonvorläufer.

Der heiße Sommer diesen Jahres und seine Auswirkungen

Im Gegensatz zum Trend der letzten Jahre stiegen die
Ozonkonzentrationen in diesem Jahr in weiten Teilen Europas auf
Werte, wie sie für die frühen neunziger Jahre typisch waren. In
einem Zeitraum Anfang August wurden im Vereinigten Königreich
vielerorts tägliche Höchstkonzentrationen über 180
µg/m3 gemessen. Die höchsten Ozonwerte seit zehn
Jahren wurden im Großraum London beobachtet. In Belgien,
Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden und in Österreich wurden
regelmäßig und in weiten Landesteilen sogar Werte über 240
µg/m3 ermittelt, was in den letzten Jahren selten der
Fall war. In manchen Regionen Deutschlands gab es doppelt so
viele Tage mit Konzentrationen über 240 µg/m3 wie in
den letzten Jahren. Aufgrund eines weniger dichten Messnetzes ist
für den Mittelmeerraum kein detailliertes Bild verfügbar.

Wie wird die neue Richtlinie eine Verbesserung der Situation
bewirken?

Natürlich sind die hohen Ozonkonzentrationen auch auf die
außergewöhnlich hohen Temperaturen in diesem Sommer
zurückzuführen. Es hat sich aber auch gezeigt, dass die
gegenwärtigen Emissionswerte keinen vollen Schutz der Bevölkerung
vor kurzfristigen Auswirkungen gewährleisten. Die neue
Ozon-Richtlinie2, die heute in Kraft tritt,
verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Beurteilung der
Konzentrationen von bodennahem Ozon in ihrem gesamten
Hoheitsgebiet. Sie müssen die Öffentlichkeit unterrichten, wenn
die Werte über 180 µg/m3 ansteigen. Um ein
Überschreiten der Alarmschwelle von 240 µg/m3 zu
vermeiden, müssen die Behörden der Mitgliedstaaten kurzfristige
Maßnahmen wie Einschränkungen des Straßenverkehrs und der
Verwendung von Lösungsmitteln, z.B. in Farben, in Betracht
ziehen. Bei Überschreitung dieser Schwelle ist die Öffentlichkeit
zu warnen, dabei ist besonders empfindlichen Personen zu
empfehlen, in geschlossenen Räumen zu bleiben, und der
Gesamtbevölkerung sollte von körperlichen Anstrengungen abgeraten
werden.

Um einen weiteren Anstieg der Konzentrationen in diesem Jahr
zu verhindern, führten Frankreich und Luxemburg
Geschwindigkeitsbegrenzungen für den Straßenverkehr ein, mit
denen die Bildung von Vorläuferstoffen durch den Verkehr
verringert werden sollte.

Ein Bericht von Sachverständigen der Mitgliedstaaten mit
Leitlinien3 empfiehlt, solche Minderungsmaßnahmen
möglichst früh zu ergreifen, um eine Akkumulation der
Vorläuferstoffe zu vermeiden. Da Ozonvorläufer vom Wind
transportiert werden, müssen die Maßnahmen entsprechend große
Gebiete einbeziehen, um wirksam zu sein, d.h. sie sollten für
wesentlich größere Gebiete gelten als z.B. lediglich für eine
einzige Stadt.

Die Sachverständigen weisen ferner darauf hin, dass die
Reduktionen erheblich sein müssen, um ihre Wirkung zu erzielen,
da selbst bei einer kurzfristigen Verringerung der
Vorläuferstoffe um 50% die Höchstkonzentrationen von Ozon nur um
ca. 20% zurückgehen.

Neben dem Ziel einer Vermeidung kurzfristiger
Höchstkonzentrationen verfolgt die neue Richtlinie das
langfristige Ziel der Erreichung eines Wertes von
durchschnittlich 120 µg/m3 über 8 Stunden. Die
EU-Rechtsvorschriften über die Verwendung von
Lösungsmitteln4, über Emissionen von
Kraftfahrzeugen5 und nationale Emissionshöchstmengen
für Stickoxide und flüchtige organische Verbindungen6
werden bereits eine ständige Verringerung der Ozonhöchstwerte um
20% bis 40% in den kommenden Jahren bewirken. Wo dies notwendig
und möglich ist, sollten die Mitgliedstaaten zusätzliche
Minderungsstrategien entwickeln, die darauf abzielen, bis zum
Jahr 2010 das langfristige Ziel an nicht mehr als 25 Tagen zu
überschreiten. Neben Maßnahmen im Straßenverkehr sollten die
Mitgliedstaaten Verringerungen der Emissionen von
Vorläuferstoffen in der petrochemischen Industrie und anderen
relevanten Branchen ins Auge fassen.

Die neue Richtlinie sowie weitere Informationen können unter
folgender Adresse abgerufen werden:

europa.eu.int/comm/environment/air/


1 µg = Mikrogramm

2 Richtlinie 2002/3/EG über den Ozongehalt der
Luft

3 „Guidance on implementation“ zur
dritten Einzelrichtlinie, siehe Webseite

europa.eu.int/comm/environment/air/

4 Richtlinie 1999/13/EG über die Begrenzung
von Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen, die bei
bestimmten Tätigkeiten und in bestimmten Anlagen bei der
Verwendung organischer Lösungsmittel entstehen; Richtlinie
94/63/EG zur Begrenzung der Emissionen flüchtiger organischer
Verbindungen (VOC- Emissionen) bei der Lagerung von
Ottokraftstoff und seiner Verteilung von den Auslieferungslagern
bis zu den Tankstellen

5 Richtlinie 98/69/EG über Emissionen von
Kraftfahrzeugen

6 Richtlinie 2000/81/EG über nationale
Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe

Probleme mit der Gentechnik in der EU bestehen fort

Österreichs Antrag auf ein vorübergehendes Verbot von GVO in Oberösterreich von der Kommission abgelehnt

Die Europäische Kommission hat entschieden, den Antrag Österreichs auf Genehmigung einzelstaatlicher Maßnahmen abzulehnen, mit denen ein dreijähriges Verbot von GVO im Land Oberösterreich erlassen werden sollte.

Die Österreichische Gesetzesvorlage

Mit der von der Landesregierung Oberösterreichs eingereichten Gesetzesvorlage sollten die organische und herkömmliche Landwirtschaft sowie die genetischen Ressourcen von Tieren und Pflanzen vor Einkreuzungen von GVO geschützt werden. Die Regierung Oberösterreichs ist der Auffassung, dass ein generelles Verbot gentechnisch veränderten Saatguts dadurch gerechtfertigt ist, dass die Frage der Koexistenz landwirtschaftlicher Anbaumethoden mit und ohne GVO noch nicht vollständig gelöst ist.

Die Entscheidung der Kommission

Der Antrag gemäß Artikel 95 Absatz 5 EG-Vertrag ging im März 2003 bei der Kommission ein. Gemäß diesem Artikel können Mitgliedstaaten unter bestimmten, eng auszulegenden Bedingungen von den Harmonisierungsmaßnahmen der Gemeinschaft abweichen. Hierzu gehören neue wissenschaftliche Erkenntnisse sowie landesspezifische Probleme. Nach eingehender Prüfung des Antrags Österreichs ist die Kommission heute zu dem Schluss gekommen, dass in diesem Fall keiner dieser Rechtfertigungsgründe vorliegt.

Die Kommission hat im Vorfeld der Entscheidung den wissenschaftlichen Ausschuss der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) um eine Stellungnahme gebeten. Auf der Grundlage dieser Stellungnahme kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass die von der österreichischen Regierung vorgelegten Informationen keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse bezüglich des Umweltschutzes oder der Arbeitsumwelt enthalten. Darüber hinaus hat Österreich nicht nachweisen können, dass ein spezifisches Problem für das Land Oberösterreich vorliegt, das sich erst nach Verabschiedung der Harmonisierungsmaßnahme ergeben hat.

Deshalb kam die Kommission zu dem Schluss, dass der Gesetzesentwurf die Anforderungen von Artikel 95 Absatz 5 EG-Vertrag nicht erfüllt und somit eine Abweichung vom Gemeinschaftsrecht (hier: Richtlinie 2001/18/EG über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt) nicht gerechtfertigt ist.

Das für Umwelt zuständige Kommissionsmitglied Margot Wallström meinte hierzu:

„Wir haben die von Österreich notifizierten Maßnahmen genau geprüft und festgestellt, dass hier rechtlich gesehen ein klarer Fall vorliegt. Die im EG-Vertrag festgelegten Auflagen für eine Abweichung vom Gemeinschaftsrecht werden nicht erfüllt, weshalb die Kommission als Hüterin des EG-Vertrags keine andere Wahl hat, als den österreichischen Antrag abzulehnen. Ich habe natürlich großen Respekt vor dem Anliegen der österreichischen Regierung, die Umwelt und die menschliche Gesundheit zu schützen, und erkenne durchaus an, dass die Koexistenz ein Problem darstellt, das gelöst werden muss. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass diese Bedenken von vielen Regionen in Europa geteilt werden, die eine Möglichkeit gefunden haben, innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens zu einer brauchbaren Lösung zu gelangen.“


Hintergrund

Die Notifizierung Österreichs

Mit Schreiben vom 13. März 2003 hat die Republik Österreich
die Kommission gemäß Artikel 95 Absatz 5 EG-Vertrag über den
Entwurf des oberösterreichischen ‚Gentechnik-Verbotsgesetzes
2002 unterrichtet. Die Maßnahmen stützen sich auf eine Studie,
die angeblich neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die
potenziellen Risiken von GVO, insbesondere für das Land
Oberösterreich, enthält. Deshalb ist das Land Oberösterreich der
Auffassung, dass ein allgemeines Verbot sämtlicher GVO (mit oder
ohne Genehmigung) für den Schutz der Umwelt und der
Landwirtschaft notwendig ist.

Ein derartiges Verbot stellt eine Abweichung von der
einschlägigen Harmonisierungsmaßnahme der Gemeinschaft, in diesem
Fall der Richtlinie 2001/18/EG, dar, die eine Einzelfallbewertung
der GVO vorsieht und nach der die Mitgliedstaaten die Möglichkeit
haben, bei bestimmten GVO, die bereits in der EU genehmigt
wurden, die Sicherheitsklausel in Anspruch zu nehmen. Das Land
Oberösterreich ist der Auffassung, dass diese Ausnahmeregelung
nach Artikel 95 Absatz 5 EG-Vertrag gerechtfertigt ist.

Artikel 95 Absatz 5 EG-Vertrag

Artikel 95 Absatz 5 EG-Vertrag sieht vor, dass (..)ein
Mitgliedstaat, der es nach dem Erlass einer
Harmonisierungsmaßnahme durch den Rat oder die Kommission für
erforderlich hält, auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse
gestützte einzelstaatliche Bestimmungen zum Schutz der Umwelt
oder der Arbeitsumwelt aufgrund eines spezifischen Problems für
diesen Mitgliedstaat, das sich nach dem Erlass der
Harmonisierungsmaßnahme ergibt, einzuführen, die in Aussicht
genommenen Bestimmungen sowie die Gründe für ihre Einführung der
Kommission mit(teilt).

Nach Artikel 95 Absatz 6 beschließt die Kommission ….
binnen sechs Monaten nach den Mitteilungen …., die betreffenden
einzelstaatlichen Bestimmungen zu billigen oder abzulehnen,
nachdem sie geprüft hat, ob sie ein Mittel zur willkürlichen
Diskriminierung und eine verschleierte Beschränkung des Handels
zwischen den Mitgliedstaaten darstellen und ob sie das
Funktionieren des Binnenmarkts behindern.

Würdigung der Notifizierung Österreichs

Die Kommissionsdienststellen haben den Gesetzesentwurf anhand
der Anforderungen von Artikel 95 Absatz 5 geprüft. Damit die
Kommission die abweichenden einzelstaatlichen Bestimmungen
genehmigen kann, müssen alle in diesem Artikel genannten
Bedingungen erfüllt sein.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit wurde
beauftragt, eine wissenschaftliche Stellungnahme zu der Frage
abzugeben, ob die von der österreichischen Regierung für den
Gesetzesentwurf vorgelegten Informationen neue wissenschaftliche
Erkenntnisse zum Schutz der Umwelt oder der Arbeitsumwelt
enthalten, wie dies in Artikel 95 Absatz 5 gefordert wird. Die am
11. Juli 2003 abgegebene Stellungnahme (Stellungnahme des
Wissenschaftlichen Gremiums für genetisch veränderte Organismen
zu einer Frage der Kommission hinsichtlich der österreichischen
Notifizierung eines Gesetzesentwurfs zur Regulierung von GVOs
unter Artikel 95(5) des Vertrags, The EFSA Journal (2003) 1,
1-5.) kommt zu folgender Schlussfolgerung:

  • Die in dem Bericht vorgelegten wissenschaftlichen
    Informationen enthalten keine neuen Erkenntnisse, die die in
    den Richtlinien 90/220/EWG bzw. Richtlinie 2001/18/EG
    festgelegten Bestimmungen für die Umweltverträglichkeitsprüfung
    entkräften würden.
  • Der Bericht enthält keine neuen wissenschaftlichen
    Erkenntnisse bezüglich des Risikos für die menschliche
    Gesundheit und die Umwelt, die ein generelles Verbot des Anbaus
    gentechnisch veränderten Saat- und Pflanzguts, des Einsatzes
    transgener Tiere für Zuchtzwecke und der Freilassung transgener
    Tiere, die für die Zwecke gemäß der Richtlinie 90/220/EWG bzw.
    der Richtlinie 2001/18/EG zugelassen wurden, im Land
    Oberösterreich rechtfertigen würden
    .
Koexistenz

Mit der Frage der Koexistenz von gentechnisch veränderten
Kulturpflanzen und herkömmlichem bzw. organischem Anbau befasste
sich die Kommission in einer Empfehlung, die am 23. Juli 2003
veröffentlicht wurde. Zu gentechnikfreien Zonen wird in der
Empfehlung festgestellt, dass betriebsspezifischen Maßnahmen und
der engen Zusammenarbeit zwischen benachbarten Betrieben je nach
Kultur und Produktart der Vorrang gegeben werden sollte (z. B.
Saatguterzeugung statt Nutzpflanzenerzeugung). Regionale
Maßnahmen sollten nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn sie
angemessen sind und keine anderen Möglichkeiten bestehen, eine
ausreichende Reinheit zu erzielen.

In die Richtlinie 2001/18/EG wird eine Klausel zur Koexistenz
aufgenommen, die Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumt,
angemessene Maßnahmen zu treffen, um das unbeabsichtigte
Vorhandensein von GVO in anderen Produkten zu vermeiden.

Europäische Kommission bedauert Antrag auf Einsetzung eines WTO-Panels über GVO

Argentinien, Kanada und die Vereinigten Staaten haben am 18. August 2003 die Einsetzung eines WTO-Panels beantragt, das das Vorgehen der EU in Bezug auf gentechnisch veränderte Organismen (GVO) prüfen soll.

EU-Handelskommissar Pascal Lamy sagte dazu: „Wir standen mit Argentinien, Kanada und den Vereinigten Staaten in einem unserer Meinung nach ziemlich konstruktiven Dialog und bedauern diese unnötige Beschwerde. Die EU-Regelung für GVO ist klar, transparent, vernünftig und nicht diskriminierend. Wir sind sicher, dass die WTO bestätigen wird, dass die EU ihren Verpflichtungen in vollem Umfang nachkommt.“

Der Gesundheits- und Verbraucherschutzkommissar der EU, David Byrne, äußerte sich wie folgt: „Erst vor einem Monat haben wir unsere GVO-Vorschriften auf der Grundlage der neuesten wissenschaftlichen und internationalen Entwicklungen aktualisiert. Eine klare Kennzeichnung und Vorschriften für die Rückverfolgbarkeit sind wichtig, um das Vertrauen der europäischen Verbraucher in GVO wiederherzustellen.“ David Byrne erinnerte daran, dass die geringen Verkäufe von GV-Produkten auf dem europäischen Markt auf die geringe Nachfrage der Verbraucher nach solchen Produkten zurückzuführen ist. „So lange die Verbraucher nicht sicher sind, dass das Genehmigungsverfahren auf dem neuesten Stand ist und ihren berechtigten Befürchtungen Rechnung trägt, wird ihre Skepsis gegenüber GV-Produkten bestehen bleiben“.

Die EU-Umweltkommissarin Margot Wallström fügte hinzu: „Es sollte klar sein, dass wir nicht die Absicht haben, Handelshemmnisse zu errichten. Aber meine Befürchtung ist, dass durch diesen Antrag die Diskussion in Europa verfälscht wird. Wir müssen dafür sorgen, dass die Bürger Vertrauen in die GVO bekommen und wir müssen ihnen die Möglichkeit der Wahl geben – und genau das sollen unsere neuen Rechtsvorschriften leisten. Der Standpunkt der EU in Bezug auf GVO steht im Einklang mit den WTO-Vorschriften.“

Die Europäische Union hat klare und transparente Rechtsvorschriften (Richtlinie 2001/18/EG zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG und Verordnung (EG) Nr. 258/97) für die Genehmigung und das Inverkehrbringen von GVO und GV-Lebensmitteln in Europa. Dazu gehört eine unabhängige wissenschaftliche Bewertung der möglichen Folgen für die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen und die Umwelt, bevor GV-Produkte in den Verkehr gebracht werden können. Unternehmen, die GVO oder GVO-haltige Lebensmittel in der EU auf den Markt bringen wollen, müssen zunächst in einem Mitgliedstaat einen entsprechenden Antrag stellen, der eine umfassende Risikobewertung für GVO bzw. eine Sicherheitsprüfung für GV-Lebensmittel enthalten muss.

Der Mitgliedstaat legt die Risikobewertung der Kommission vor, die sie an die übrigen Mitgliedstaaten weiterleitet.

Bei Einwänden holt die Europäische Kommission eine Stellungnahme des Wissenschaftlichen Ausschusses (künftig Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) ein und trifft dann eine Entscheidung. In der EU wurden bisher 18 GVO(1) und 15 GV-Lebensmittel(2) zugelassen.

Kanada und die Vereinigten Staaten haben am 13. Mai und Argentinien hat am 14. Mai 2003 bei der WTO Konsultationen über das Genehmigungssystem der EU für genetisch veränderte Organismen (GVO) und GV-Lebensmittel beantragt. Sie behaupten insbesondere, die EU habe die Prüfung der Anträge und die Genehmigungen ausgesetzt, was de-facto einem Moratorium für neuartige gentechnisch veränderte Sorten gleichkomme. Gemeint ist damit die Tatsache, dass seit Oktober 1998 gemäß der Richtlinie 90/220/EG keine neuartigen GVO zur Freisetzung in die Umwelt mehr zugelassen wurden, weil das EU-Regulierungssystem überarbeitet wurde, um besser für die Herausforderungen durch die modernen Biotechnologie gerüstet zu sein. Der neue ordnungsrechtliche Rahmen wurde im März 2001 angenommen und trat im Oktober 2002 in Kraft.

Im Juli 2003 wurde außerdem ein besseres System für die Kennzeichnung und die Rückverfolgbarkeit von GV-Lebensmitteln und GV-Futtermitteln erlassen. Damit kommt die EU den Forderungen der Bürger nach umfassender und zuverlässiger Aufklärung über GVO nach und trägt der Überzeugung Rechnung, dass sich die Verbraucher frei zwischen neuartigen und herkömmlichen Erzeugnissen der Land- und Ernährungswirtschaft entscheiden wollen. Deshalb ist es das Hauptanliegen der EU, ein möglichst hohes Gesundheits- und Umweltschutzniveau zu gewährleisten.

Für eine Reihe von Anträgen für das Inverkehrbringen von GVO ist die Prüfung bereits weit fortgeschritten, so dass in den kommenden Monaten die Genehmigung entsprechend den EU-Vorschriften erfolgen könnte.

Die Konsultationen

Die EU hat am 19. Juni mit den Vereinigten Staaten und Argentinien und am 25. Juni 2003 mit Kanada Konsultationen geführt. Konsultationen sind der erste Schritt in einem WTO-Streitbeilegungsverfahren. Mit ihnen beginnt ein Dialog zwischen den Beschwerde führenden Parteien, bei dem versucht wird, die strittigen Fragen auf gütlichem Wege zu lösen. Aus diesem Grund hat die EU angeboten, den Prozess fortzusetzen und bei dieser Gelegenheit neue Informationen über den Rechtsrahmen und die Fortschritte bei den einzelnen Genehmigungsanträgen vorgelegt, um mögliche Missverständnisse auszuräumen. Zur Überraschung der EU haben die Vereinigten Staaten sofort nach Beendigung der Konsultationen verlauten lassen, die Konsultationen seien gescheitert und man werde in Kürze die Einsetzung eines Panels beantragen. Mit Kanada und Argentinien fanden weitere Gespräche statt, bei denen die EU den Eindruck gewann, beide Länder seien an einer Fortsetzung der Konsultationen interessiert. Die EU ist auch weiterhin überzeugt, dass ein offener und konstruktiver Dialog zu einer Lösung führen würde und bedauert deshalb die Entscheidung, ein Panel einzuberufen.

Die EU (wie jedes andere WTO Mitglied auch) hat das Recht dafür zu sorgen, dass GVO nur nach einer gründlichen Risikobewertung und nach umfassender Aufklärung der Verbraucher in den Verkehr gebracht werden. Mehrere WTO-Abkommen wie das GATT 1994, das WTO-Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen (SPS), das WTO-Übereinkommen über technische Handelshemmnisse sowie Standards wie die kürzlich angenommenen Grundsätze des Codex Alimentarius für die Risikobewertung von biotechnologischen Lebensmitteln erkennen das Recht der Vertragsparteien an, auf der nach ihrem Ermessen geeigneten Ebene Maßnahmen zu ergreifen, um z.B. die Gesundheit von Menschen und Tieren oder die Umwelt zu schützen. Darüber hinaus wird auch im Protokoll von Cartagena über biologische Sicherheit zum Übereinkommen über biologische Vielfalt die Spezifizität des Handels mit biotechnologischen Lebensmitteln und damit das Recht anerkannt, mit GVO vorsichtig und umsichtig umzugehen.

In vielen Ländern gibt es Genehmigungsverfahren für GVO und GV-Lebensmittel auf Einzelfallbasis, in einigen gibt es außerdem Moratorien für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzensorten.

Die Behauptung, die EU behindere die Bekämpfung des Hungers in Afrika ist haltlos. Viele Länder, in denen Lebensmittelknappheit herrscht, haben die wichtigsten Geberländer gebeten, im Rahmen der Nahrungsmittelhilfe keine GV-Lebensmittel zu liefern. Wie alle Länder haben sie das legitime Recht, die Entscheidungen zu treffen, die sie zum Schutz des eigenen Hoheitsgebiets vor einer unabsichtlichen Verbreitung von gentechnisch veränderten Kulturpflanzen für erforderlich halten. Die EU geht bei Nahrungsmittelnotständen so vor, dass sie die Nahrungsmittelhilfe so weit wie möglich in der Region beschafft, um zur Entwicklung der lokalen Märkte beizutragen, und den Verbrauchergewohnheiten der Lokalbevölkerung entgegenzukommen. Bei der Nahrungsmittelhilfe sollte es um die Deckung dringender humanitärer Bedürfnisse und nicht um die Förderung wirtschaftlicher Interessen gehen.

In den Vereinigten Staaten selbst kam eine Studie der American National Academy of Sciences vom Februar 2002 ebenfalls zu dem Schluss, dass die US-Vorschriften über GV-Pflanzen zahlreiche Unstimmigkeiten aufweisen.

Ein Großteil der Amerikaner wünscht eine Kennzeichnung genetisch veränderter Lebensmittel. Nach einer unter 1024 Erwachsenen durchgeführten Telefonumfrage von ABC News vom Juli 2003 befürwortet mit 92 % ein überwältigender Anteil der Amerikaner die Kennzeichnung.

Das Genehmigungssystem der EU ist klar, transparent, nicht diskriminierend und hat bereits bewiesen, dass es den Zugang zum EU-Markt ermöglicht. Viele Länder orientieren sich im Hinblick auf die Entwicklung ihrer eigenen Politik am Rechtsrahmen der EU.

Hintergrund

Konsultations- und Streitbeilegungsverfahren der WTO

Der erste Schritt in einem WTO-Streitbeilegungsverfahren ist der Antrag des Beschwerde führenden Mitglieds. Der Beklagte hat zehn Tage, um auf den Antrag zu antworten und soll binnen eines Zeitraums von nicht mehr als 30 Tagen in Konsultationen eintreten (außer beide Parteien haben etwas anderes vereinbart). Ziel der Konsultationen sollte es sein, eine positive Lösung zu der betreffende Frage zu finden.

Kann der Streit nicht innerhalb von 60 Tagen nach dem Zeitpunkt des Eingangs des Konsultationsantrags beigelegt werden, kann die Beschwerde führende Partei beim Streitbeilegungsgremien die Einrichtung eines Panels beantragen (falls jedoch beide Parteien der Ansicht sind, dass die Streitbeilegung gescheitert ist, kann die Beschwerde führende Partei während des Zeitraums von 60 Tagen ein Panel beantragen).

Sobald die Mitglieder des Panels ernannt sind, hat die Beschwerde führende Partei normalerweise zwischen drei und sechs Wochen, um ihre ersten schriftlichen Unterlagen einzureichen und die beklagte Partei verfügt über weitere zwei bis zwei Wochen, um zu antworten. Es folgen zwei mündliche Anhörungen und eine weitere Einreichung schriftlicher Unterlagen.

Ein Panel-Verfahren dauert durchschnittlich zwölf Monate. Danach kann eine Berufung erfolgen, die nicht länger als 90 Tage dauern sollte. In einem Fall wie dem vorliegenden kann die Notwendigkeit, wissenschaftliche Sachverständige anzuhören, den Zeitplan verlängern.

Klimaänderung: Kommission geht das Problem fluorierter Gase an

Der Vorschlag ist ein weiterer Schritt zur Erfüllung der Verpflichtungen der EU im Rahmen des Kyoto-Protokolls bei der Reduzierung der Emissionen aller zum Treibhauseffekt beitragenden Gase. Fluorierte Gase sind hochwirksame und langlebige Treibhausgase. Ihre Emissionen dürften nach den derzeitigen Prognosen in den kommenden Jahren rasch ansteigen, wenn nichts unternommen wird. Die Gase werden in der Kühltechnik, in Klimaanlagen, Brandschutzausrüstungen und verschiedenen industriellen Verfahren verwendet. Durch die von der Kommission vorgeschlagene Verordnung dürften die projizierten Emissionen dieser Gase bis 2010 um fast ein Viertel geringer ausfallen.

„Dieser neue Vorschlag zeigt unsere Entschlossenheit, das Kyoto-Protokoll in der EU anzuwenden und kostenwirksame Maßnahmen einzuführen, um die Treibhausgasemissionen zu mindern“, so Umweltkommissarin Margot Wallström. "Dieser Vorschlag schafft zusammen mit den vielen anderen Initiativen der Gemeinschaft zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen, z.B. dem System für den Emissionshandel in der EU, die Grundlage für einen wirksamen Rahmen zur Bekämpfung der Klimaänderung. Wenn wir Erfolg haben wollen, müssen wir an vielen Punkten gleichzeitig ansetzen.“ Gegenstand der Verordnung sind folgende fluorierte Treibhausgase: fluorierte Kohlenwasserstoffe (FCKW),
perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFC) und Schwefelhexafluorid. Die wichtigsten Emissionsquellen sind Kühltechnik und Klimaanlagen (auch mobile Klimaanlagen in Kraftfahrzeugen) und die Industrie. Die Gase werden auch als Treibmittel für Schaumstoffe und Aerosole, in Ausrüstungen zur Brandbekämpfung, als Prozessgase bei der Halbleiterherstellung und elektrische Isolatoren eingesetzt. FCKW und PFC ersetzen in bestimmten Anwendungen Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen und deren Verwendung nach der Verordnung (EG) 2037/2000 und dem Montrealer Protokoll1 schrittweise eingestellt wird. Die Emissionen dieser Ersatzstoffe sind folglich in den letzten Jahren gestiegen.

1995 lagen die Emissionen fluorierter Gase bei 65 Mio. t Kohlendioxid-Äquivalent, und wenn keine zusätzlichen Maßnahmen zur Emissionsminderung erfolgen, geht die Kommission davon aus, dass die Emissionen dieser Gase bis 2010 um etwa 50% auf 98 Mio. t Kohlendioxid-Äquivalent steigen werden.

Die fluorierten Gase haben derzeit an der Gesamtmenge der Treibhausgasemissionen in der EU einen Anteil von 2%. Ihr Treibhauspotenzial ist jedoch hoch, und viele von ihren haben eine lange Verweildauer in der Atmosphäre.

So ist zum Beispiel das Treibhauspotenzial von Schwefelhexafluorid 23.900 Mal höher als das von Kohlendioxid (CO2), dem bei menschlichen Tätigkeiten am häufigsten entstehenden Treibhausgas.

Ziele und wichtigste Elemente des Vorschlags

Der Kommissionsvorschlag ist ein wichtiger Beitrag zur Erfüllung des Ziels der Europäischen Union im Rahmen des Kyoto-Protokolls, nach dem die Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2008-2012 gegenüber dem Stand von 1990 um 8% gesenkt werden sollen. Die projizierten Emissionen fluorierter Gase dürften aufgrund der Verordnung bis 2010 um etwa 23 Mio. t Kohlendioxid-Äquivalent zurückgehen, im Zeitraum danach sind noch umfangreichere Reduzierungen möglich.

Der Vorschlag enthält vier Hauptelemente:
  • Bestimmungen zur wirksameren Reduzierung der Emissionen luorierter Gase;
  • Auflagen für die Berichterstattung, um die Überwachung der Emissionen zu verbessern;
  • Beschränkungen für Inverkehrbringen und Verwendung, wenn eine Reduzierung der Emissionen nicht möglich oder die Verwendung fluorierter Gase unangemessen ist;
  • schrittweiser Ausstieg aus der Verwendung von HFC-134a in Klimaanlagen von Neufahrzeugen.

Reduzierung der Emissionen

Durch die Pflicht zur Ergreifung aller technisch und wirtschaftlich machbaren Maßnahmen zur Verhinderung und Minimierung von Emissionen wird eine wirksamere Reduzierung der Emissionen fluorierter Gase ermöglicht. Insbesondere wird für alle stationären Kühl- und Klimaanlagen, Wärmepumpen und Brandschutzsysteme mindestens eine jährliche Inspektion auf Dichtheit durch kompetentes Personal vorgeschrieben. Für größere Systeme sind häufigere regelmäßige Inspektionen vorgesehen, die Intervalle können jedoch angepasst werden, wenn diese Systeme mit Leckagen-Erkennungssystemen ausgestattet sind. Für größere Systeme besteht ferner die Pflicht zur Ausrüstung mit Leckagen-Erkennungssystemen und zur Führung von Protokollen über die Mengen fluorierter Gase, die in die Systeme eingefüllt oder aus ihnen aufgefangen werden. In den Bestimmungen ist ferner vorgesehen, dass die fluorierten Gase bei der Wartung zu Recycling- oder Vernichtungszwecken und am Lebensende der Ausrüstungen zu Entsorgungszwecken rückgewonnen werden. Die Mitgliedstaaten müssen Ausbildungs- und Zertifizierungsprogramme für Personal entwickeln, das mit Inspektions- und Rückgewinnungsaufgaben betraut ist.

Berichterstattung

Der Verordnungsvorschlag verpflichtet Hersteller, Importeure und Exporteure fluorierter Gase, der Kommission jährlich über Herstellung, Import und Export fluorierter Gase Bericht zu erstatten. Diese Informationen sollen auch verwendet werden, um die Richtigkeit der von den Mitgliedstaaten an das UNFCCC-Sekretariat2 gemeldeten Emissionsmengen zu prüfen.

Beschränkungen von Inverkehrbringen und Verwendung

Für Fälle, in denen eine wirksamere Reduzierung der Emissionen fluorierter Gase nicht möglich oder die Verwendung fluorierter Gase unangemessen ist, enthält der Vorschlag eine Reihe von Beschränkungen für Inverkehrbringen und Verwendung. Folgende Gase und Verwendungszwecke sind betroffen3:

  • Verwendung von Schwefelhexafluorid beim Magnesiumguss
  • Verwendung von Schwefelhexafluorid in Fahrzeugreifen
  • Verwendung fluorierter Gase in nicht wieder auffüllbaren Behältern
  • Verwendung perfluorierter Kohlenwasserstoffe und perfluorierter Kohlenwasserstoffe in nichtgeschlossenen Direktverdampfungssystemen (z.B. selbstkühlende Getränkedosen)
  • Verwendung perfluorierter Kohlenwasserstoffe in neuen Brandschutzsystemen und Feuerlöschern
  • Verwendung fluorierter Gase bei der Fensterherstellung
  • Verwendung fluorierter Gase in Fußbekleidung
  • Verwendung fluorierter Kohlenwasserstoffe in Einkomponenten-Schäumen
  • Verwendung fluorierter Kohlenwasserstoffe in neuartigen Aerosolen.

Klimaanlagen in Neufahrzeugen

Der schrittweise Ausstieg aus der Verwendung des Gases HFC-134a in Klimaanlagen von Neufahrzeugen ist ein Schlüsselelement des Vorschlags. Die Prognosen der Emissionen in diesem Sektor deuten auf einen Anstieg von 1,4 Mio. t Kohlendioxid-Äquivalent im Jahr 1995 auf 20 Mio. t Kohlendioxid-Äquivalent im Jahr 2010 hin, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden. Durch den Vorschlag wird ein flexibles System auf der Grundlage übertragbarer Quoten eingeführt, um die Verwendung von HFC-134a in Klimaanlagen von Neufahrzeugen im Zeitraum 2009 – 2013 schrittweise einzustellen. Wenn sie dies wünschen, können Unternehmen Quoten auf andere Unternehmen übertragen, um das festgelegte Hauptziel wirtschaftlich effizient zu erreichen.

Ferner wurden Anreize geschaffen, um Reduktionen noch früher zu erreichen. Eine Erhöhung der Quoten ist möglich für Unternehmen, die frühzeitig handeln und vor dem Beginn der Ausstiegsphase am 1. Januar 2009 Fahrzeuge auf den Markt bringen, deren Klimaanlagen entweder kein HFC-134a enthalten oder, obwohl sie mit HFC-134a betrieben werden, weniger Emissionen verursachen (sogenannte verbesserte Systeme).

Nach dem Ende der Ausstiegsphase können etwaige ungenutzte Quoten noch bis 2018 verwendet werden. Auf diese Weise soll Flexibilität geschaffen werden für Unternehmen, die rascher handeln als verlangt und folglich über überschüssige Quoten verfügen, ferner soll es ermöglicht werden, dass für Nischenmärkte weiterhin Systeme mit HFC-134a verfügbar sind.

Die Wirksamkeit dieser Bestimmungen wird durch ein System von Sanktionen gewährleistet, das die Einhaltung der Ausstiegsauflagen sicherstellt.

Revision

Es ist wichtig, die Wirkung der Verordnung zu beobachten und zu bewerten, um ihre Effizienz zu beurteilen, daher wird die Kommission fünf Jahre nach Inkraftreten der Verordnung eine umfassende Prüfung durchführen.

Hintergrund

Dieser Vorschlag ist ein zentrales Element der ersten Phase des Europäischen Programms zur Klimaänderung (ECCP), das im Juni 2000 eingerichtet wurde, um zusätzliche kostenwirksame Maßnahmen zu ermitteln, die es der Europäischen Gemeinschaft erleichtern könnten, ihr Kyoto-Ziel zu erreichen. Das ECCP war als Konsultationsprozess unter Einbeziehung eines möglichst breiten Interessenspektrums angelegt, zu diesem Zweck wurden auch sektorale Arbeitsgruppen geschaffen, unter anderem eine Arbeitsgruppe für fluorierte Gase. Insgesamt wurden 42 kostenwirksame Optionen erarbeitet, die ein Potenzial zur Verringerung der gesamten Treibhausgasemissionen um 664765 Mio. t Kohlendioxid-Äquivalent haben.

Die Arbeitsgruppe für fluorierte Gase, der Teilnehmer aus Industrie, Nichtregierungsorganisationen des Umweltbereichs, Wissenschaft, der Beratungsbranche, aus den Mitgliedstaaten sowie der Kommission angehören, empfahl eine Reihe von Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen fluorierter Gase, und unter den Interessengruppen herrschte ein breiter Konsens über die Notwendigkeit eines Rechtsrahmens auf Gemeinschaftsebene.

Die Kommission hat sich nun für ein zweistufiges Konzept entschieden. Durch diesen Vorschlag wird zunächst der Rahmen vorgegeben. Dann folgt eine Phase der Überwachung und Bewertung, nach der die Kommission prüfen wird, ob die bestehenden Kontrollmechanismen verstärkt werden müssen und ob zusätzliche Maßnahmen notwendig sind (z.B. Umweltvereinbarungen), um das gesteckte Ziel zu erreichen.

Aufgrund der oben beschriebenen Verpflichtungen betrifft der Vorschlag die Hersteller, Importeure und Exporteure fluorierter Gase sowie die Hersteller und Eigentümer von Ausrüstungen und Produkten, die fluorierte Gase enthalten.

Betroffen ist auch der Wartungssektor, da das Personal für den Umgang mit Ausrüstungen, die fluorierte Gase enthalten, ausgebildet und zertifiziert werden muss. Im Hinblick auf Klimaanlagen für Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge wird der Vorschlag Chemieunternehmen betreffen, die HFC-134a liefern, sowie Hersteller von Klimaanlagen und Fahrzeughersteller.

Weitere Informationen einschließlich der wirtschaftlichen Analyse, die dem Vorschlag zugrunde liegt, sowie der vollständige Wortlaut des Kommissionsvorschlags können auf der Klima-Webseite der Kommission abgerufen werden:

http://europa.eu.int/comm/environment/climat/eccp.htm

Informationen zur Klimaänderung und zum Kyoto-Protokoll sind auf der Webseite zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen verfügbar:

http://www.unfccc.int

1 Verordnung (EG) Nr. 2037/2000 über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen; ABl. L 244 vom 29.9.2000. Weitere Informationen zum Montrealer Protokoll unter: http://www.unep.ch/ozone/

2 Das im Mai 1992 verabschiedete Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) war die erste internationale Initiative auf diesem Gebiet. Es verpflichtet die Vertragsparteien zur Aufstellung nationaler Programme zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen und zur Vorlage regelmäßiger Berichte, ferner verlangt es von den Industrieländern im Gegensatz zu den Entwicklungsländern, ihre Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf dem Stand von 1990 zu stabilisieren. Das UNFCCC-Sekretariat verwaltet sowohl die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen als auch das Kyoto-Protokoll.

3 Weitere Einzelheiten zu diesen Beschränkungen sind Artikel 7 und Anhang II des Vorschlags zu entnehmen.