Archiv der Kategorie: Wettbewerbsrecht

Eigenheimzulage: Klage vor dem EuGH

Die Europäische Kommission hat beschlossen, wegen diskriminierender Bestimmungen zur Eigenheimzulage beim Europäischen Gerichtshof Klage gegen Deutschland zu erheben.

Deutschen Rechtsvorschriften zufolge kann die Zulage, die in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen für den Bau oder den Erwerb eines Eigenheims gewährt wird, in Bezug auf Gebäude außerhalb Deutschlands nicht gezahlt werden. Dies liegt daran, dass die Eigenheimzulage nicht nur das private Wohnungseigentum, sondern auch die deutsche Bauwirtschaft fördern soll. Damit verstößt aber Deutschland nach Auffassung der Kommission gegen die Bestimmungen des EG-Vertrags über die Freizügigkeit. Die deutsche Regierung hatte die beanstandeten Bestimmungen in ihrer Antwort auf eine formelle Aufforderung der Kommission zur Änderung verteidigt und eine Änderung abgelehnt.

Nach dem deutschen Eigenheimzulagegesetz wird der Bau oder der Erwerb eines Eigenheims unterstützt, wenn zwei wesentliche Voraussetzungen erfüllt sind: Der Antragsteller muss in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sein, und das Gebäude muss in Deutschland gelegen sein. In der Regel sind zwar nur in Deutschland ansässige Personen in diesem Land unbeschränkt steuerpflichtig, aber aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen und anderen Regelungen des internationalen Rechts können manchmal auch nicht in Deutschland ansässige Personen dort unbeschränkt steuerpflichtig sein.

Die Kumulierung dieser beiden Kriterien hat zur Folge, dass Personen, etwa Grenzgänger, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind, aber ein Eigenheim außerhalb Deutschlands erwerben, nicht in den Genuss der Zulage gelangen. Nach Auffassung der Kommission verstößt die räumliche Beschränkung der Zulage gegen Artikel 18, 39 und 43 des EG-Vertrags.

Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen

Das Bundeskabinett hat heute, 26. 5. 2004, den Entwurf des Siebten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) beschlossen.

Mit der Novelle gelten zukünftig im deutschen und europäischen Wettbewerbsrecht dieselben Maßstäbe und die Unternehmen können sich auf einheitliche Standards im Binnenmarkt verlassen. Das ist vor allem für kleine und mittlere Unternehmen von Vorteil, die im nationalen Recht bisher strenger behandelt werden als große Unternehmen, die regelmäßig dem europäischen Recht unterliegen.

Das derzeit geltende Anmelde- und Genehmigungssystem für wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen wird – wie im europäischen Recht – abgeschafft. Die Unternehmen werden so von Bürokratiekosten entlastet, bekommen aber auch mehr Eigenverantwortung. Sie müssen jetzt grundsätzlich selbst einschätzen, ob ihr Marktverhalten rechtens ist.

Durch flankierende Maßnahmen stellt das neue GWB sicher, dass mit diesem Systemwechsel der Wettbewerb weiterhin ausreichend geschützt ist. Die Ermittlungs- und Sanktionsbefugnisse der Kartellbehörden werden erweitert und der Rechtsschutz Privater gegen Kartellrechtsverstöße wird verbessert. Auch die Verbraucherverbände werden gestärkt, wodurch der Tatsache Rechnung getragen wird, dass funktionierender Wettbewerb immer auch den Verbrauchern zugute kommt.

Im Bereich der Fusionskontrolle ist die Möglichkeit, Freigabeentscheidungen des Bundeskartellamts und Ministererlaubnisse des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit bereits im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes anzugreifen, künftig davon abhängig, ob eigene Rechte verletzt werden. Damit gilt auch hier derselbe Maßstab wie im allgemeinen Verwaltungsprozessrecht. Die bisher mögliche missbräuchliche Blockade von Fusionen und damit wichtiger Investitionsentscheidungen wird in Zukunft ausgeschlossen. Der Rechtsschutz in der Hauptsache bleibt von der Änderung unberührt.

Darüber hinaus werden die pressespezifischen Regelungen im Wettbewerbsrecht novelliert. Damit wird sichergestellt, dass auch unter den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen und trotz der Konkurrenz durch neue Medien die Vielfalt der deutschen Presselandschaft erhalten bleibt.

Erstens sieht der Gesetzentwurf eine moderate Anhebung der Schwellenwerte der
Fusionskontrolle vor. Das wird vor allem kleinen Verlegern erlauben, bei der
Suche nach Nachfolgern den Marktwert ihrer Zeitungen zu realisieren. Der Schutz
für kleine Verlage, der mit der pressespezifischen Aufgreifschwelle verbunden
ist, bleibt dabei in der Substanz erhalten.

Zweitens werden dieKooperationsmöglichkeiten von Verlagen erweitert. Diese Regelung ist allerdings auf Zeitungen und auf den Anzeigenbereich beschränkt und gilt nur dann, wenn das europäische Wettbewerbsrecht nicht berührt wird. Die Regelung kommt vor allem kleinen und mittleren Zeitungsverlagen zugute. Sie wird einer Reihe von ihnen das Überleben ermöglichen und zudem manche Vollfusion verhindern.

Drittens erlaubt das neue GWB Zeitungsverlagen unter bestimmten Bedingungen Zusammenschlüsse auch dann, wenn dadurch eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird.Voraussetzung ist der Erhalt der Zeitungen als eigenständige redaktionelle Einheiten. Missbrauchsklauseln schließen aus, dass regionale Zeitungsketten gebildet werden und dass diese Option ohne wirtschaftliche Not genutzt wird.

Der Gesetzentwurf enthält keine Regelungen für das Pressegrosso. Dem liegt die Erwartung zugrunde, dass Verleger und Grossisten die erforderlichen Maßnahmen zur Erhaltung des bewährten Systems des Pressegrosso selbst treffen.


Entwurf der Novelle als PDF

Kommission leitet Verfahren gegen Verwertungsgesellschaften ein

Die Europäische Kommission hat sechzehn Verwertungsgesellschaften, die Lizenzgebühren im Namen von Musikautoren einsammeln, gewarnt, dass ihr so genanntes Santiago-Agreement gegen EU-Wettbewerbsrecht verstoßen könnte.

Mit ihren Gegenseitigkeitsvereinbarungen zur wechselseitigen Lizenzgewährung haben die Verwertungsgesellschaften die im Offline-Bereich seit jeher bestehenden nationalen Monopole auf das Internet übertragen, die dazu führen, dass es auch im Online-Bereich zu einem exklusiven Gebietsschutz entlang nationaler Grenzen kommt.

Nach Auffassung der Kommission sollte jedoch zwischen den Verwertungsgesellschaften Wettbewerb im Interesse sowohl der Unternehmen, die Musik über das Internet anbieten, als auch der Verbraucher, die diese Musik abrufen, entstehen. Dies bildet zum gegenwärtigen Zeitpunkt lediglich eine vorläufige Stellungnahme der Kommission und den Verwertungsgesellschaften wird jetzt Gelegenheit gegeben, ihren Standpunkt schriftlich und in einer Anhörung mündlich darzulegen.

Das Santiago Agreement war ursprünglich im April 2001 von den Verwertungsgesellschaften aus dem Vereinigten Königreich (PRS), Frankreich (SACEM), Deutschland (GEMA) und den Niederlanden (BUMA) bei der Kommission angemeldet worden. Der Vereinbarung schlossen sich in der Folge alle Verwertungsgesellschaften im Europäischen Wirtschaftsraum (mit Ausnahme der portugiesischen SPA) sowie die schweizerische Verwertungsgesellschaft SUISA an.

Auf der Grundlage dieser Vereinbarung können alle angeschlossenen Verwertungsgesellschaften kommerziellen Online-Nutzern eine in allen von ihnen vertretenen Gebieten allgemein gültige Nutzungslizenz für das Musikrepertoire aller Gesellschaften erteilen.

Die Überwindung von Landesgrenzen durch das Internet sowie das digitale Format der Produkte wie Musikdateien lassen sich nur schwer mit der herkömmlichen, auf rein nationale Verfahren gestützte Vergabe von Urheberrechtslizenzen vereinbaren. Ist ein Musikwerk erst im Internet, ist es von praktisch allen Orten der Welt aus zugänglich. Nach den klassischen Lizenzierungsbestimmungen müsste ein kommerzieller Nutzer, der seinen Kunden solche Musikwerke anbieten möchte, von jeder einzelnen nationalen Verwertungsgesellschaft eine Urheberrechtslizenz erwirken. Mit dem Santiago Agreement sollen diese Bestimmungen der Online-Nutzung angepasst werden, indem eine allgemein gültige Lizenz für die Bereitstellung von Dienstleistungen wie Downloading oder Streaming von Musikstücken angeboten wird.

Die Kommission befürwortet voll und ganz den im Santiago Agreement verankerten Grundsatz der Einmallizenz sowie die Notwendigkeit eines angemessenen Urheberrechtsschutzes (vgl. Entscheidung der Kommission vom 8.10.2002 in der Sache IFPI Simulcasting).

Dessen ungeachtet ist die Kommission aber auch der Meinung, dass solche entscheidenden Entwicklungen im Online-Bereich mit mehr Wahlmöglichkeiten für Verbraucher und kommerzielle Nutzer in Bezug auf die Anbieter solcher Leistungen in Europa einhergehen müssen, damit ein echter europäischer Binnenmarkt geschaffen werden kann. Dem Santiago Agreement zufolge beschränkt sich die Wahlmöglichkeit für die kommerziellen Nutzer auf die monopolistische Verwertungsgesellschaft im eigenen Mitgliedstaat.

Jüngste Entwicklungen im Bereich der kollektiven Verwertung von Urheberrechten zeigen, dass die monopolistischen Strukturen, die traditionell in Europa auf nationaler Ebene vorherrschen, zum Schutz der Interessen von Rechteinhabern im Online-Bereich nicht erforderlich sind. 2002 genehmigte die Kommission das IFPI Simulcasting Agreement, mit dem eine europaweite Lizenzierung ohne Gebietsschutz eingeführt wurde. TV- und Radiosender können danach von einer beliebigen Verwertungsgesellschaft im EWR eine Lizenz für die zeitgleiche Verbreitung ihrer Musiksendungen im Internet erwirken. Es steht ihnen somit frei, sich in Bezug auf die Lizenzerteilung an die effizienteste Verwertungsgesellschaft in Europa zu wenden. Auch die Tonträger-Verwertungsgesellschaften kündeten 2003 den Abschluss einer Standardvereinbarung für Webcasting³-Lizenzen an, wonach kommerziellen Nutzern in gleicher Weise in Europa Wahlfreiheit in Bezug auf die Verwertungsgesellschaften geboten werden soll.

Der mangelnde Wettbewerb zwischen nationalen Verwertungsgesellschaften in Europa behindert die Vollendung des Binnenmarkts im Bereich der Urheberrechtsverwaltung und kann zu unbegründeten Effizienzverlusten beim Online-Musikangebot führen, die letztlich zu Lasten der Verbraucher gehen. Nach Ansicht der Kommission ist der den angeschlossenen Verwertungsgesellschaften im Santiago Agreement garantierte Gebietsschutz technisch nicht gerechtfertigt und mit dem globalen Charakter des Internet nicht vereinbar.

Die Kommission wird alle Vorschläge, die die Verwertungsgesellschaften vorlegen, um die derzeitigen Vereinbarungen mit dem EU-Wettbewerbsrecht in Einklang zu bringen, sorgfältig und unvoreingenommen prüfen. Die Mitteilung der Beschwerdepunkte nimmt den Ausgang der Untersuchung keinesfalls vorweg und gewährleistet das Anhörungsrecht sowohl der Anmelder als auch der übrigen Beteiligten.

Die Verwertungsgesellschaften müssen sich innerhalb von zweieinhalb Monaten zu den Einwänden der Kommission äußern. Sie können zudem eine Anhörung beantragen, bei der sie ihre Argumente den Vertretern der einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden direkt vortragen können.

Kommission prüft geringe Beihilfebeträge für den Verkehrssektor nicht mehr

Die Europäische Kommission hat am 3. März 2004 beschlossen, die so genannten „De-minimis“-Regeln auf den Verkehrssektor auszudehnen.

Diese betreffen die einem Unternehmen in einem Zeitraum von drei Jahren gewährten staatlichen Beihilfen, die nicht über den Höchstbetrag von 100.000 € hinausgehen. Sobald die Verordnung angenommen ist, wird die Kontrolle der staatlichen Beihilfen im Verkehrssektor wie in allen übrigen Wirtschaftssektoren dezentral von den Mitgliedstaaten übernommen.

Diese Beihilfen müssen künftig nicht mehr im Voraus bei der Kommission angemeldet noch von ihr genehmigt werden. Lediglich Subventionen für den Erwerb von Fahrzeugen für den Straßenverkehr unterliegen weiterhin der Anmeldungs- und der Vorabgenehmigungspflicht.

Mit ihrer heutigen Entscheidung wird die Kommission eine Verordnung (Verordnung (EG) der Kommission Nr. 69/2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf « De-minimis »-Beihilfen) vom Januar 2001 auf den Verkehrssektor anwenden, nach der die einem Unternehmen in einem Zeitraum von drei Jahren gewährten Beihilfen, die nicht einen Höchstbetrag von 100.000 € übersteigen, keine staatlichen Beihilfen im Sinne des EG-Vertrags darstellen. Denn die Kommission vertritt die Auffassung, dass diese Beihilfen zu gering sind, um den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen oder den Wettbewerb zu verfälschen. Deshalb dürften diese Beihilfen nicht unter die Anmeldungspflicht bei der Kommission fallen und müssten auch nicht mehr vor ihrem Inkrafttreten im Voraus genehmigt werden.

Bei der Ausarbeitung der Verordnung war vereinbart worden, den Verkehrssektor vom Anwendungsbereich der Verordnung auszunehmen, wie dies bereits in der „De-Minimis“-Mitteilung von 1996 der Fall war.

Dieses Konzept das ein schwerfälliges Verfahren für die Kontrolle der staatlichen Beihilfen im Verkehrssektor bedeutete – ist aber inzwischen überholt. Die Gleichbehandlung in allen Wirtschaftssektoren ist von wesentlicher Bedeutung, insbesondere im Vorfeld der Erweiterung der Europäischen Union auf 25 Mitgliedstaaten.

Marktmissbrauch: EU-Kommission verabschiedet erste Durchführungsmaßnahmen

Die Europäische Kommission hat drei Durchführungsmaßnahmen zur Richtlinie 2003/6/EG über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) verabschiedet. In diesen Durchführungsmaßnahmen wird unter anderem präzisiert, was unter einer Insider-Information zu verstehen ist, welche nicht erschöpfenden Faktoren bei der Beurteilung, ob möglicherweise eine Marktmanipulation vorliegt, zu berücksichtigen sind und wann und in welcher Form Insider-Informationen von den Emittenten offen gelegt werden müssen.

Sie enthalten außerdem Standards für die sachgerechte Darbietung von Anlageempfehlungen (einschließlich der Offenlegung von Interessenkonflikten). Schließlich werden die Bedingungen für die Inanspruchnahme von Ausnahmeregelungen von den Verboten der Marktmissbrauchsrichtlinie für Aktienrückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen für Finanzinstrumente festgelegt. Bei den vorliegenden Durchführungsmaßnahmen handelt es sich um die ersten Rechtsakte der Kommission, die nach dem neuen Verfahren für die Beschlussfassung und Anwendung der Vorschriften im Wertpapierbereich erstellt wurden, das der Europäische Rat im März 2001 und das Europäische Parlament im Februar 2002 gebilligt hatten.

Das für Binnenmarktfragen zuständige Kommissionsmitglied Frits Bolkestein erklärte hierzu: „Die Annahme dieser Durchführungsmaßnahmen beweist, dass der neue Regelungsrahmen für die Rechtsetzung im Wertpapierbereich in der Praxis funktioniert – und das Rechtsetzungsverfahren wesentlich beschleunigt; gleichzeitig stellt es sicher, dass den tatsächlichen Marktgegebenheiten Rechnung getragen wird. Ein offenes und transparentes Konsultationsverfahren ist eine Grundvoraussetzung dafür.“

Die drei Durchführungsmaßnahmen umfassen zwei Richtlinien und eine Verordnung der Kommission. Die erste Richtlinie der Kommission enthält detaillierte Kriterien für die Entscheidung darüber, ob eine Insider-Information als präzise und kurserheblich zu werten ist. Ferner liefert sie eine Reihe von Faktoren, die bei der Beurteilung bestimmter Verhaltensweisen und ihrer etwaigen Einstufung als Marktmanipulation zu berücksichtigen sind. Je nach Sachlage können im Einzelfall weitere Faktoren berücksichtigt werden. Für Emittenten sind in dieser Durchführungsrichtlinie die Form und die Fristen für die Offenlegung von Insider-Informationen festgelegt und es werden die Umstände präzisiert, unter denen Emittenten zum Schutz berechtigter Interessen längere Fristen für die Offenlegung anwenden können.

Die zweite Richtlinie der Kommission enthält Standards für die sachgerechte Darbietung von Anlageempfehlungen und die Offenlegung von Interessenkonflikten. In ihr werden jeweils eigene Standards für die Erstellung von Anlageempfehlungen (für die höhere Anforderungen gelten) und für die reine Weitergabe von durch Dritte erstellten Anlageempfehlungen festgelegt.

Die zweite Durchführungsrichtlinie geht ferner auf die gemäß Artikel 6 der Marktmissbrauchsrichtlinie für Journalisten verbindlichen Regeln, einschließlich der Selbstkontrolle, ein. Bestimmte Finanzjournalisten – solche, die Anlageempfehlungen erstellen oder weitergeben – haben bestimmte allgemeine Grundsätze einzuhalten. Für diese Regelung gelten allerdings Schutzmechanismen, und wie diese allgemeinen Grundsätze angewandt werden sollen, kann im Rahmen der Selbstkontrolle geregelt werden. Mit dieser ausgewogenen Lösung wird die Pressefreiheit in vollem Umfang gewahrt und gleichzeitig werden Anleger und Emittenten wirksam vor potenziellen Marktmanipulationen durch Journalisten geschützt, die ihren mitunter erheblichen Einfluss auf die Kursentwicklung zur persönlichen Bereicherung nutzen.

In einer Verordnung der Kommission sind schließlich die technischen Bedingungen für Aktienrückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen für Finanzinstrumente festgelegt. Laut Artikel 8 der Marktmissbrauchsrichtlinie und sofern die Maßnahmen entsprechend diesen Bedingungen durchgeführt werden, gelten die Verbote der Marktmissbrauchsrichtlinie hier nicht.

Für die Ausarbeitung der Durchführungsmaßnahmen hat die Kommission gemäß dem neuen Verfahren für die Beschlussfassung und Anwendung der Vorschriften im Wertpapierbereich den fachlichen Rat des Ausschusses der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (CESR) eingeholt. Im März 2003 wurden die Rechtsvorschriften der Öffentlichkeit im Vorentwurf zur Stellungnahme vorgelegt (siehe IP/03/345) und im Juni 2003 hat die Kommission dann einen entsprechend den Kommentaren der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Interessenparteien geänderten Entwurf veröffentlicht. In der Folge fanden die drei Legislativentwürfe am 29. Oktober 2003 die allseitige Zustimmung des aus Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten gebildeten Europäischen Wertpapierausschusses (ESC). Am 20. November 2003 befand das Europäische Parlament, dass die vom ESC gebilligten Durchführungsmaßnahmen dem der Kommission übertragenen Mandat entsprächen und keine weiteren Bemerkungen des Parlaments erforderten.

Die Marktmissbrauchsrichtlinie

Die Durchführungsmaßnahmen enthalten detaillierte Bestimmungen für die praktische Umsetzung bestimmter Vorschriften der vom Europäischen Parlament und vom Ministerrat im Dezember 2002 verabschiedeten Marktmissbrauchsrichtlinie.

Nach der bis zum 12. Oktober 2004 von den Mitgliedstaaten abzuschließenden Umsetzung in nationales Recht wird die Marktmissbrauchsrichtlinie

  • die Marktintegrität stärken,
  • zur europaweiten Harmonisierung der Vorschriften zur Bekämpfung von Marktmissbrauch beitragen,
  • ein hohes Maß an Transparenz sowie Gleichbehandlung der Marktteilnehmer gewährleisten,
  • die nationalen Behörden zu engerer Zusammenarbeit und stärkerem Informationsaustausch verpflichten, um so die EU-weit einheitliche Umsetzung zu erleichtern und das Potenzial für Inkohärenzen, Unklarheiten und Gesetzeslücken zu verringern.

Die Richtlinie betrifft sowohl Insider-Geschäfte als auch Marktmanipulation. Für beide Arten des Marktmissbrauchs gilt der gleiche Rahmen, was die Verwaltung erleichtern und die Zahl unterschiedlicher Vorschriften und Standards in der Europäischen Union verringern wird.

Die Richtlinie deckt alle in der Europäischen Union auf zumindest einem geregelten Markt zugelassenen Finanzinstrumente ab und verpflichtet jeden Mitgliedstaat, eine einzige Behörde zu benennen, die für die Bekämpfung von Insider-Geschäften und Marktmanipulation zuständig ist. Darüber hinaus enthält die Richtlinie Transparenzvorschriften, die Personen, die öffentlich oder über anderweitige Informationskanäle Anlagestrategien empfehlen, zur sachgerechten Darbietung dieser Strategien und zur Offenlegung ihrer eigenen Interessen sowie etwaiger Interessenkonflikte verpflichten.

Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung von Bayer (Adalat) nicht nachgewiesen

Der Bayer-Konzern ist einer der größten europäischen Chemie- und Pharmakonzerne. Er ist in allen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft mit nationalen Tochtergesellschaften vertreten. Er produziert und vermarktet u. a. unter dem Warenzeichen „Adalat“ oder „Adalate“ eine Arzneimittelreihe, die zur Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen dient.

Der Preis der Arzneimittel wird in den meisten Mitgliedstaaten direkt oder indirekt von den zuständigen nationalen Behörden festgesetzt. Von 1989 bis 1993 lagen die Preise für Adalat in Frankreich und Spanien weit unter den Preisen im Vereinigten Königreich. Diese Preisunterschiede von etwa 40 % veranlassten die Großhändler in Spanien (ab 1989) und in Frankreich (ab 1991), große Mengen dieses Arzneimittels in das Vereinigte Königreich auszuführen.

Aufgrund dieser Parallelimporte entstand der britischen Tochtergesellschaft von Bayer ein Umsatzverlust von 230 Millionen DM. Der Bayer-Konzern änderte daraufhin seine Lieferpolitik und erfüllte die Bestellungen der spanischen und französischen Großhändler nicht mehr in vollem Umfang.

Nach Beschwerden betroffener Großhändler erließ die Kommission am 10. Januar 1996 eine Entscheidung, mit der sie Bayer aufforderte, ihre gegen Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag verstoßende Praxis zu ändern, und verhängte gegen Bayer eine Geldbuße in Höhe von 3 Millionen ECU.

Auf Klage von Bayer erklärte das Gericht diese Entscheidung am 26. Oktober 2000 für nichtig (Urteil vom 26. Oktober 2000 in der Rechtssache T-41/96).

Nach Ansicht des Gerichts hatte die Kommission nicht nachgewiesen, dass Bayer und ihre spanischen und französischen Großhändler eine „Vereinbarung“ im Sinne des Artikels 81 Absatz 1 über die Begrenzung der Parallelausfuhren von Adalat in das Vereinigte Königreich getroffen hatten.

Die Bestandteile einer Vereinbarung zwischen Unternehmen seien weder dem Verhalten des Bayer-Konzerns noch der Haltung der Großhändler zu entnehmen. Keine der von der Kommission vorgelegten Unterlagen enthalte einen Anhaltspunkt für Bestrebungen von Bayer, die Ausfuhren der Großhändler zu unterbinden, oder dafür, dass die Lieferungen von der Einhaltung dieses angeblichen Verbotes abhängig gewesen wären. Die Kommission habe auch nicht dargelegt, dass sich die Großhändler dieser Politik angeschlossen hätten; ihre Reaktion lasse vielmehr auf eine ablehnende Haltung schließen. Die Kommission habe somit nicht nachgewiesen, dass die Großhändler dem Verhalten des Herstellers ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hätten.

Schließlich reiche die Feststellung der Kommission, dass die Parteien ihre Geschäftsbeziehungen beibehielten, zum Beweis für die Existenz einer Vereinbarung nicht aus, denn der Begriff der Vereinbarung beruhe auf einer Willensübereinstimmung zwischen den Wirtschaftsteilnehmern.

Im Januar 2001 haben der Bundesverband der Arzneimittel-Importeure und die Europäische Kommission beim Gerichtshof ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts eingelegt.

Der Gerichtshof weist heute das Rechtsmittel zurück und bestätigt das Urteil des Gerichts.


EuGH, Urteil vom 6. 1. 2004 in den verbundenen Rs C-2/01 P und C-3/01 P, Bundesverband der Arzneimittel-Importeure und Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Bayer AG

Versandhandel mit nicht verschreibungspflichten Arzneimitteln zulässig

Der Deutsche Apothekerverband e. V. ist ein Verband, dessen Aufgabe in der Wahrung und Förderung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen der Apothekerschaft besteht. Seine Mitglieder sind die Landesapothekerverbände und die Landesapothekervereine, denen mehr als 19 000 Apothekenleiter angehören. Er wollte ein Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln durchsetzen.

0800 DocMorris NV ist eine niederländische Apotheke, die in Landgraaf (Niederlande) ansässig ist. Herr Jacques Waterval ist Apotheker und einer der gesetzlichen Vertreter von DocMorris.

Seit Juni 2000 bieten DocMorris und Herr Waterval im Internet unter der Adresse „www.0800DocMorris.com“ verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Humanarzneimittel zum Kauf an, und zwar insbesondere in deutscher Sprache für den Endverbraucher in Deutschland. Es handelt sich um Arzneimittel, die entweder in Deutschland oder in den Niederlanden zugelassen sind.

Der Verbraucher hat u. a. die Möglichkeit, eine Gesundheitsberatung durch den Expertenbeirat der „Internet-Apotheke“ in Anspruch zu nehmen. Er kann DocMorris und Herrn Waterval außerdem über eine kostenlose Telefonnummer oder per Brief kontaktieren.

Für die verschiedenen Medikamente wird jeweils der Packungsinhalt beschrieben und der Preis in Euro angegeben. Neben dem gegebenenfalls vorhandenen Hinweis, dass ein Arzneimittel verschreibungspflichtig ist, befindet sich ein Kästchen für die Bestellung. Zur weiteren Information über das Produkt selbst kann der Produktname angeklickt werden.

DocMorris und Herr Waterval behandeln ein Arzneimittel als verschreibungspflichtig, wenn es entweder in den Niederlanden oder in dem Staat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, der Verschreibungspflicht unterliegt. Die Auslieferung derartiger Medikamente erfolgt erst nach Vorlage des Originalrezepts.

Die Zustellung kann auf verschiedene Weise erfolgen. So kann der Verbraucher die Bestellung persönlich bei der Apotheke von DocMorris in Landgraaf, einer Stadt in der Nähe der deutsch-niederländischen Grenze, abholen. Er kann auch, ohne zusätzliche Kosten, einen von DocMorris empfohlenen Kurierdienst in Anspruch nehmen.

Der Apothekerverband klagt beim Landgericht Frankfurt am Main (Deutschland) gegen das Anbieten von Arzneimitteln über das Internet und ihre Abgabe im grenzüberschreitenden Versandhandel. Er ist der Ansicht, dass diese Tätigkeit nach dem deutschen Arzneimittelgesetz und dem deutschen Heilmittelwerbegesetz unzulässig ist. Diese gesetzlichen Verbote verstoßen nach Auffassung des Apothekerverbands auch nicht gegen die Bestimmungen des EG-Vertrags über den Warenverkehr.

In seinem Urteil befasst sich der Gerichtshof zuerst mit den Bestimmungen des deutschen Arzneimittelgesetzes, nach denen die Einfuhr von Arzneimitteln durch in anderen Mitgliedstaaten zugelassene Apotheken im Wege des Versandhandels aufgrund individueller, über das Internet aufgegebener Bestellungen von Endverbrauchern untersagt ist. Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass dieses allgemeine Verbot des Arzneimittelgesetzes für Arzneimittel, die in Deutschland nicht zugelassen sind, einem auf Gemeinschaftsebene bestehenden Verbot entspricht: Nach der Richtlinie zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel (inzwischen ersetzt durch den Gemeinschaftskodex) dürfen Arzneimittel in einem Mitgliedstaat nur in den Verkehr gebracht werden, wenn für sie entweder durch die zuständige Behörde dieses Staates oder nach der Gemeinschaftsregelung eine Genehmigung erteilt worden ist. Daher ist nicht zu prüfen, ob diese Verbote gegen die Bestimmungen des EG-Vertrags über den Warenverkehr verstoßen.

Die Rechtsprechung in Sachen Keck (Verkaufsmodalitäten) sei dann nicht anzuwenden, wenn dadurch der Marktzugang für ausländische Anbieter erschwert oder sogar unmöglich werde.

Im Hinblick auf Arzneimittel, die für den deutschen Markt zugelassen sind, stellt der Gerichtshof fest, dass ein nationales Verbot des Versandhandels mit diesen Arzneimitteln eine Beschränkung des freien Warenverkehrs darstellt.

Unter Bezugnahme auf seine Rechtsprechung weist der Gerichtshof darauf hin, dass eine Regelung, die auf die Einfuhren pharmazeutischer Erzeugnisse eine solche beschränkende Wirkung haben kann, mit dem EG-Vertrag nur vereinbar ist, soweit sie für einen wirksamen Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen notwendig ist. Für Arzneimittel, für die keine ärztliche Verschreibung vorgeschrieben ist, ist das Verbot nicht gerechtfertigt, weil die Möglichkeit, eine hinreichende Information und Beratung vorzusehen, nicht ausgeschlossen werden kann. Der Kauf über das Internet könnte auch Vorteile bieten, wie etwa die Möglichkeit, von zu Hause aus in Ruhe Fragen an die Apotheker zu richten.

Was verschreibungspflichtige Arzneimittel anbelangt, so könnte, wie der Gerichtshof feststellt, die Zulassung einer Ausgabe dieser Arzneimittel nach Erhalt der Verschreibung und ohne weitere Kontrolle das Risko erhöhen, dass ärztliche Verschreibungen mißbräuchlich oder fehlerhaft verwendet werden. Im Übrigen kann die Möglichkeit, dass ein Arzneimittel in einer anderen Sprache etikettiert ist, im Fall von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gravierendere Folgen haben. Daher ist ein nationales Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gerechtfertigt.

Der Gerichtshof prüft weiter die Vorschriften des deutschen Heilmittelwerbegesetzes, die die Werbung für den Versandhandel mit Arzneimitteln untersagen. Dieses Verbot steht für Arzneimittel, die zulassungspflichtig, aber nicht zugelassen sind, und für verschreibungspflichtige Arzneimittel im Einklang mit dem Werbeverbot für Arzneimittel, das die Gemeinschaftsrichtlinie (inzwischen ersetzt durch den Gemeinschaftskodex) vorsieht.

Dagegen steht der Gemeinschaftskodex einem Werbeverbot für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel entgegen.


EuGH, Urteil v. 11. 12. 2003, Rs. C-322/01, Deutscher Apothekerverband e. V. / 0800 DocMorris NV und Jacques Waterval