Schlagwort-Archive: Urheberrecht

Fraunhofer IESE beteiligt sich an europäischer Open-Source-Qualitätsoffensive

Das Fraunhofer IESE unterstützt als einer von insgesamt acht Konsortialpartnern das europäische Projekt QualOSS – Quality of Open Source Software. Gegenstand ist ein Qualitätsprüfungssystem für Open-Source-Software. Es umfasst eine umfassend empirisch validierte Methodik sowie geeignete Werkzeuge zur automatisierten Qualitätsprüfung. Das Projekt hat ein Gesamtvolumen von knapp 3 Mio. Euro und läuft zunächst bis zum 31. März 2009.

Das innerhalb des 6. EU-Forschungsrahmenprogramms geförderte Projekt QualOSS – Quality of Open Source Software hat die Entwicklung einer Art „Gütesiegel“ für Open-Source-Software zum Ziel. Anhand der Bewertung mittels QualOSS sollen Anwender von Softwaresystemen auf einfache Art ermitteln können, zu welchem Grad eine bestimmte Open-Source-Lösung ausgewählten Anforderungen genügt.

Dabei ist insbesondere an nicht-funktionale Qualitätsanforderungen wie zum Beispiel Robustheit und Zukunftsfähigkeit gedacht. So analysiert QualOSS auch Faktoren wie die Aktivität der Entwicklergemeinde einer Open-Source-Lösung, da dies direkte Konsequenzen auf die langfristige Nutzbarkeit der entstehenden Software hat. Die erste Phase des Projekts wurde bereits abgeschlossen; wichtige Entscheidungskriterien der Industrie und geeignete Bewertungswerkzeuge liegen damit vor.

QualOSS vernetzt insgesamt acht europäische Forschungs- und Industriepartner aus Belgien, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Spanien. Das Fraunhofer IESE als unabhängiger Experte für professionelles Software-Qualitätsmanagement und Software-Testen bringt seine ausgewiesene Kompetenz in Bezug auf die messbasierte Bewertung von Software und Systemen in das Projekt ein. „Die strategische Bedeutung von Open-Source-Software wächst in vielen Unternehmen und Verwaltungen. Basierend auf Erkenntnissen, die wir im Rahmen unserer Mitarbeit in QualOSS gewinnen, können wir Unternehmen noch gezielter bei der Auswahl von Open-Source-Software unterstützen“, so Dr. Jürgen Münch, Hauptabteilungsleiter für den Bereich Qualitätsmanagement am Fraunhofer IESE.

Der Einsatz von Open-Source-Software wird immer häufiger als Alternative zu proprietärer Software gesehen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Zum einen liegt Open-Source-Software in einer änderbaren Form vor und kann an die Bedürfnisse der Anwenderorganisation angepasst werden. Zum anderen bietet Open-Source-Software zu vergleichsweise moderaten Anschaffungskosten reichlich Funktionalität, die andernfalls selbst entwickelt oder aus proprietären Quellen teurer zugekauft werden müsste. Allerdings sind mit dem Einsatz von Open-Source-Software spezifische Risiken verbunden. Dies betrifft insbesondere Überlegungen hinsichtlich der Einsatzreife und der Zukunftsfähigkeit, aber auch rechtliche Aspekte wie Gewährleistungs- oder Lizenzfragen. Daher sollten derlei Kriterien in Bezug auf konkrete Unternehmensziele bewertet werden, um Open-Source-Software so gewinnbringend und so risikoarm wie möglich einzusetzen.

Kommission leitet Verfahren gegen Verwertungsgesellschaften ein

Die Europäische Kommission hat sechzehn Verwertungsgesellschaften, die Lizenzgebühren im Namen von Musikautoren einsammeln, gewarnt, dass ihr so genanntes Santiago-Agreement gegen EU-Wettbewerbsrecht verstoßen könnte.

Mit ihren Gegenseitigkeitsvereinbarungen zur wechselseitigen Lizenzgewährung haben die Verwertungsgesellschaften die im Offline-Bereich seit jeher bestehenden nationalen Monopole auf das Internet übertragen, die dazu führen, dass es auch im Online-Bereich zu einem exklusiven Gebietsschutz entlang nationaler Grenzen kommt.

Nach Auffassung der Kommission sollte jedoch zwischen den Verwertungsgesellschaften Wettbewerb im Interesse sowohl der Unternehmen, die Musik über das Internet anbieten, als auch der Verbraucher, die diese Musik abrufen, entstehen. Dies bildet zum gegenwärtigen Zeitpunkt lediglich eine vorläufige Stellungnahme der Kommission und den Verwertungsgesellschaften wird jetzt Gelegenheit gegeben, ihren Standpunkt schriftlich und in einer Anhörung mündlich darzulegen.

Das Santiago Agreement war ursprünglich im April 2001 von den Verwertungsgesellschaften aus dem Vereinigten Königreich (PRS), Frankreich (SACEM), Deutschland (GEMA) und den Niederlanden (BUMA) bei der Kommission angemeldet worden. Der Vereinbarung schlossen sich in der Folge alle Verwertungsgesellschaften im Europäischen Wirtschaftsraum (mit Ausnahme der portugiesischen SPA) sowie die schweizerische Verwertungsgesellschaft SUISA an.

Auf der Grundlage dieser Vereinbarung können alle angeschlossenen Verwertungsgesellschaften kommerziellen Online-Nutzern eine in allen von ihnen vertretenen Gebieten allgemein gültige Nutzungslizenz für das Musikrepertoire aller Gesellschaften erteilen.

Die Überwindung von Landesgrenzen durch das Internet sowie das digitale Format der Produkte wie Musikdateien lassen sich nur schwer mit der herkömmlichen, auf rein nationale Verfahren gestützte Vergabe von Urheberrechtslizenzen vereinbaren. Ist ein Musikwerk erst im Internet, ist es von praktisch allen Orten der Welt aus zugänglich. Nach den klassischen Lizenzierungsbestimmungen müsste ein kommerzieller Nutzer, der seinen Kunden solche Musikwerke anbieten möchte, von jeder einzelnen nationalen Verwertungsgesellschaft eine Urheberrechtslizenz erwirken. Mit dem Santiago Agreement sollen diese Bestimmungen der Online-Nutzung angepasst werden, indem eine allgemein gültige Lizenz für die Bereitstellung von Dienstleistungen wie Downloading oder Streaming von Musikstücken angeboten wird.

Die Kommission befürwortet voll und ganz den im Santiago Agreement verankerten Grundsatz der Einmallizenz sowie die Notwendigkeit eines angemessenen Urheberrechtsschutzes (vgl. Entscheidung der Kommission vom 8.10.2002 in der Sache IFPI Simulcasting).

Dessen ungeachtet ist die Kommission aber auch der Meinung, dass solche entscheidenden Entwicklungen im Online-Bereich mit mehr Wahlmöglichkeiten für Verbraucher und kommerzielle Nutzer in Bezug auf die Anbieter solcher Leistungen in Europa einhergehen müssen, damit ein echter europäischer Binnenmarkt geschaffen werden kann. Dem Santiago Agreement zufolge beschränkt sich die Wahlmöglichkeit für die kommerziellen Nutzer auf die monopolistische Verwertungsgesellschaft im eigenen Mitgliedstaat.

Jüngste Entwicklungen im Bereich der kollektiven Verwertung von Urheberrechten zeigen, dass die monopolistischen Strukturen, die traditionell in Europa auf nationaler Ebene vorherrschen, zum Schutz der Interessen von Rechteinhabern im Online-Bereich nicht erforderlich sind. 2002 genehmigte die Kommission das IFPI Simulcasting Agreement, mit dem eine europaweite Lizenzierung ohne Gebietsschutz eingeführt wurde. TV- und Radiosender können danach von einer beliebigen Verwertungsgesellschaft im EWR eine Lizenz für die zeitgleiche Verbreitung ihrer Musiksendungen im Internet erwirken. Es steht ihnen somit frei, sich in Bezug auf die Lizenzerteilung an die effizienteste Verwertungsgesellschaft in Europa zu wenden. Auch die Tonträger-Verwertungsgesellschaften kündeten 2003 den Abschluss einer Standardvereinbarung für Webcasting³-Lizenzen an, wonach kommerziellen Nutzern in gleicher Weise in Europa Wahlfreiheit in Bezug auf die Verwertungsgesellschaften geboten werden soll.

Der mangelnde Wettbewerb zwischen nationalen Verwertungsgesellschaften in Europa behindert die Vollendung des Binnenmarkts im Bereich der Urheberrechtsverwaltung und kann zu unbegründeten Effizienzverlusten beim Online-Musikangebot führen, die letztlich zu Lasten der Verbraucher gehen. Nach Ansicht der Kommission ist der den angeschlossenen Verwertungsgesellschaften im Santiago Agreement garantierte Gebietsschutz technisch nicht gerechtfertigt und mit dem globalen Charakter des Internet nicht vereinbar.

Die Kommission wird alle Vorschläge, die die Verwertungsgesellschaften vorlegen, um die derzeitigen Vereinbarungen mit dem EU-Wettbewerbsrecht in Einklang zu bringen, sorgfältig und unvoreingenommen prüfen. Die Mitteilung der Beschwerdepunkte nimmt den Ausgang der Untersuchung keinesfalls vorweg und gewährleistet das Anhörungsrecht sowohl der Anmelder als auch der übrigen Beteiligten.

Die Verwertungsgesellschaften müssen sich innerhalb von zweieinhalb Monaten zu den Einwänden der Kommission äußern. Sie können zudem eine Anhörung beantragen, bei der sie ihre Argumente den Vertretern der einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden direkt vortragen können.

Großzügige Softwarepatentierung im EP gescheitert

Mit einer großen Mehrheit stimmten die Volksvertreter im Europäischen Parlament (EP) gegen den Vorschlag einer Richtlinie zur Vereinheitlichung der Patentierbarkeit von computergestützen Erfindungen mit zweifelhaften Folgen für Programmierer und Softwareunternehmen. Patente auf die eigentliche Software soll es nach dem Parlamentsbeschluss nicht geben.

361 Abgeordnete stimmten für eine deutliche Überarbeitung der Richtlinie – lediglich 157 für eine unveränderte Annahme. Patente sollen nur für computergesteuerte Anwendungen in Endgeräten möglich sein, also etwa für eine Waschmaschine mit neuer Software. Reine Computersoftware, also die programmierten Anweisungen an den Computer, sollen ebenso wenig patentierbar sein wie die technische Idee dahinter. Die Vorlage wird nun den Mitgliedstaaten zur weiteren Beratung vorgelegt.

Artikel 52 des europäischen Patentübereinkommens – der die bisherige Rechtslage widerspiegelt – stellt fest, dass Computerprogramme als solche nicht patentiert werden können. Um den Anwendungsbereich des Übereinkommens nicht auszuweiten, haben die Abgeordneten daran erinnert, dass der technische Charakter der Erfindung Voraussetzung für die Patentierbarkeit ist. Der entscheidende Änderungsvorschlag lautet: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass auf computerimplementierte Erfindungen erteilte Patentansprüche nur den technischen Beitrag umfassen, der den Patentanspruch begründet. Ein Patentanspruch auf ein Computerprogramm, sei es auf das Programm allein oder auf ein auf einem Datenträger vorliegendes Programm, ist unzulässig.“

Bei einer unveränderten Übernahme des Vorschlags wäre es möglich gewesen, alltägliche und millionenfach angewendete Programmbestandteile zu patentieren – mit verheerenden Auswirkungen für die Gesellschaft – so die Kritiker. Das Mitglied des Europäischen Parlaments Bent Hindrup ANDERSEN (EDU, Dänemark) drückte dies so aus: Software-Patente ähneln einem Patent auf Treppen: „Ein Patent auf Treppenhäuser trägt Sorge dafür, dass man keine Hochhäuser mehr bauen kann.“ Er verlangte daher, dass Software nicht zu patentieren sei. Der Fortschritt würde gehemmt, wenn man für jegliche Neuerung einen Patentjuristen konsultieren müsse, schloss der Abgeordnete.

Die Befürworter hatten sich von der ursprünglichen Richtlinie einen besseren Schutz europäischer Softwarefirmen gegen die Konkurrenz aus den USA und Japan erhofft. Dort gibt es bereits Patentgesetze für Software. Die Unternehmen könnten deshalb Lizenzgebühren für ihre Erfindungen erheben, während Unternehmen und Wissenschaftler in Europa bisher leer ausgingen, so die Argumente der Befürworter. Das letzte Argument erscheint wenig schlüssig, denn es steht europäischen Unternehmen jederzeit offen, die Möglichkeiten in den Vereinigten Staaten und Japan zu nutzen.

Insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen, aber auch die Open Source Programmierer haben die Möglichkeit der Patentierung von solchen „Logik- und Trivialpatenten gefürchtet. Daniel Cohn-Bendit, Vorsitzender der Grünen-Fraktion, die eine Richtlinie für völlig überflüssig erachten, erklärte hierzu: „Was das Parlament heute angenommen hat, ist ein Erfolg für alle, die verhindern wollten, dass eine verheerende Regelung in Kraft tritt.“

Die Großunternehmen, die sich für die Richtlinie in der Version der Kommission eingesetzt haben, kamen nicht zum erhofften Ergebnis: Der Sprecher des Europäischen Dachverbands der Informatik,-, Kommunikations- und Elektronikindustrie (EICTA), dem führende Großkonzerne wie Microsoft und Sony angehören, zeigte sich in ersten Reaktionen „zutiefst enttäuscht“.

Die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) hat die Entscheidung des EP kritisiert, die umstrittene Richtlinie über die „Patentierbarkeit Computer-implementierter Erfindungen“ in wesentlichen Punkten abzuändern. GI-Vizepräsident Andreas Stöckigt zeigte sich bestürzt, dass das Europäische Parlament die Informatik nicht mehr zur Technik zählt.: „Der Vorschlag der Kommission ist im Eiltempo in sein Gegenteil verkehrt worden und dies nach drei Jahren Diskussion zu diesem Thema“,
sagte er weiter. Die Industrie muss für Patente, die Computerprogramme nutzen, künftig eine lizenzfreie Implementierung zur Verfügung stellen. Stöckigt: „Diese Programme können dann natürlich auch in Ländern, in denen das Patent nicht angemeldet wurde, genutzt werden.“ Es sei zu befürchten, dass innovative Firmen verstärkt in anderen Wirtschaftsräumen ihre Erfindungen anmelden werden.

Diese Ansicht verkennt allerdings, dass die Programmierleistung weiterhin urheberrechtlich geschützt ist. Wieso eine lizenzfreie Implementierung zur Verfügung gestellt werden sollte, bleibt ebenfalls im Dunklen. Insofern ist auch die mit der Patentierung verbundene Offenlegung weniger problematisch, denn ob jemand gegen ein mit einem Patent- oder gegen ein mit einem Urheberrecht geschütztes Recht verstößt, – es bleibt jeweils ein Verstoß gegen das geschützte geistige Eigentum. Insofern ist kein Unterschied erkennbar. Ob ein Schutz der bloßen Methode, wenn auch über Software verwirklicht, wirklich Sinn macht, ist ausgesprochen zweifelhaft.

Schlagabtausch im EP um die Softwarepatente

Dass sich die Bedeutung des Europäischen Parlaments (EP) bei dem Thema Softwarepatente zeigt – damit hat wohl niemand gerechnet. Nach der Debatte über den Patentschutz für computerimplementierte Erfindungen sagte Berichterstatterin Arlene McCARTHY (SPE, UK), sie sei seit zehn Jahren MdEP, aber sie habe noch nie solche persönlichen Angriffe auf sich und ihre Mitarbeiter erlebt, wie bei dieser Abstimmung. Sie hoffe auf entsprechende Vorkehrungen bei der morgigen Abstimmung.

Die von zahlreichen Softwareschmieden und Programmieren mit Bangen un Hoffen erwartete Abstimmung zu dem Entwurf findet am 24.09.2003 statt. In dem meistbesuchten deutschsprachigen Internetportal für Programmierer und Softwareunternehmen des Heise-Verlags kann man den Schlagabtausch der Softwarinteressierten verfolgen. EIn Zusammenfassung der Süddeutschen Zeitung finden Sie hier.

Hier die Redebeiträge der Debatte im EP:

Erklärung der Kommission:

Kommissar Frits BOLKESTEIN sagte, es gehe nicht um die Patentierung reiner Computerprogramme, wie viele Gegner der Richtlinie behaupteten. Viele Gegner hätten auch fälschlicherweise behauptet, dass mit der Richtlinie erstmals Programme patentierbar würden. Auch das sei falsch: „Nichts wird dadurch patentierbar, was nicht schon jetzt patentierbar ist.“ Es gehe nur um die Harmonisierung der gegenwärtigen Patentierungspraxis.

Die Mehrheit der Änderungsanträge sei für die Kommission inakzeptabel. Viele Änderungsanträge seien „fundamental“. Er befürchte, dass der Vorschlag scheitert, wenn diese Änderungsanträge angenommen werden. Dies hätte negative Folgen:

  • In Ermangelung der Harmonisierung wäre es den europäischen Patentämtern weiter freigestellt, auf Software basierende Erfindungen zu patentieren. Dies schaffe Rechtsunsicherheit. Die Bemühungen der Kommission, ein Patentierungsverbot für reine Software zu etablieren, würden untergraben.
  • Die Mitgliedstaaten würden selbst Gesetzgebung entwerfen, wenn es auf EU-Ebene keine Regelung gebe. Wenn die EU keine Regeln für die Patentierung von computerimplementierten Erfindungen schaffe, werde die Europäische Patentkonvention zwischenstaatlich ohne Einfluss des EP und der europäischen Bürger neu ausgehandelt.
EP-Berichterstatterin:

Arlene McCARTHY (SPE, UK) hob hervor, dass computerimplementierte Erfindungen nichts Neues seien. 30.000 Patente seien allein für technische Anlagen, Waschmaschinen, Telefone etc. vergeben worden. Allein im vorletzten Jahr habe es 16.000 Patentanträge gegeben. Diese Flut von Anträgen gelte es einzugrenzen, um eine Wettbewerbseinschränkung zu vermeiden. Andererseits müssten Erfindungen mit einem langen Entwicklungszeitraum geschützt werden. Auch kleine und mittlere Unternehmen müssten in den Schutz einbezogen werden, um den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zu verstärken. McCarthy forderte die Kommission auf, die Änderungsanträge zu Artikel 4 zu bedenken und die Ausnahmen von der Patentierbarkeit zu berücksichtigen. Die Kommission solle den Investitionsschutz garantieren, den Wettbewerb wahren, echte Erfindungen schützen und Monopole bekämpfen. Die Schaffung einer guten Praxis im Patentwesen und die Verhinderung von multinationaler Dominanz seien das Ziel.

Vertreter der Fraktionen:

Joachim WÜRMELING (EVP-ED, D (CSU)) erklärte, es handele sich um eine juristisch und technisch hoch komplizierte Materie. Man sei einem aggressiven und irrationalen Lobbyismus ausgesetzt gewesen. Man wolle weder eine allgemeine Patentierung jeglicher Software noch eine Unterstützung der Softwareriesen. KMU sollten nicht gefährdet werden, ebenso wenig wie die Open-source-Bewegung und die Linuxtechnik. Man brauche eine vernünftige Abgrenzung zwischen patentierbaren technischen Erfindungen und nichtpatentierbarer reiner Software. Die im Europäischen Patentamt festzustellende schädliche Tendenz der häufigen Patentierung lasse sich nur durch den Gesetzgeber beenden. Der Kommissionsvorschlag werde durch den Bericht des Rechtsausschusses verbessert. Dieser begrenze die Tendenz zu einer Ausuferung der Patente. Durch die Aufzählung von Negativbeispielen in Artikel 4 a werde die Patentierung von reiner Software und ähnlichem ausgeschlossen. Die EU brauche ein Innovationen förderndes Patentrecht.

Laut Manuel MEDINA ORTEGA (SPE, E) spiegeln die im Rechtsausschuss angenommenen Änderungen die derzeitige Situation nicht wider. Es gehe nicht nur um die Patentierung von industrieller Anwendung, sondern um das geistige Eigentum. Mit dem Vorschlag drifte man hin zu amerikanischen Verhältnissen, zu einer Patentierung von nichtindustriellen Anwendungen. Dies wäre ein Rückschritt auf dem Weg zur Informationsgesellschaft. Man brauche eine klare Abgrenzung. Die Natur des Industriepatents dürfe nicht gefährdet werden. Nur die industrielle Anwendung und nicht die Computerprogramme müssten durch die Gemeinschaftsrichtlinie geschützt werden.

Toine MANDERS (LIBE, NL) sagte, es sei das Ziel, Rechtssicherheit zu erreichen. „Wir brauchen die Richtlinie, um amerikanische Bemühungen zu verhindern.“ Sonst könnten tausende Anwendungen patentiert werden. Der Bericht sei sehr ausgewogen, aber einige Änderungen sollte man noch vornehmen, so z.B. hinsichtlich der Übergangszeit: Hier sei ein besserer Schutz finanzschwacher Erfinder nötig.

Pernille FRAHM (KVEL/NGL, DK) erklärte, wir hätten alle die gleiche Absicht: noch mehr Erfindungskraft und Erneuerung in den KMU zu fördern. Wieso aber seien jetzt gerade die KMU gegen eine schnelle Abstimmung? Die KMU befürchteten, dass die Wahrung eigener Rechte ihnen zu teuer kommen könnte. Jetzt würde die schleichende Ausweitung der Patentierbarkeit durch das Europäische Patentamt legalisiert. „Wie rein muss Software sein, damit sie wirklich rein ist?“, fragte Frahm. Hier fehle noch eine klare Antwort. Man müsse den Zweiflern eine Chance geben.

Raina Mercedes ECHERER (GRÜNE/EFA, A) unterstützte die Berichterstatterin und warf Bolkestein vor, er wolle die Kritiker abschrecken: Er „stellt die Rute ins Fenster“, „ja eine Drohung habe ich beinahe herausgehört“, sagte Echerer.

Wenn nur ein einziges Teilchen einer Lösung patentiert sei, sei die ganze Lösung nicht weiterzuverwenden. Möglicherweise schaffe die Richtlinie nicht mehr Rechtssicherheit, sondern auch neue Schlupflöcher. Wir wüssten, wie marktkräftige Unternehmen das Patent als Waffe benutzen. Anstelle den Weg des Patentrechts zu gehen, hätte man die Urheberrechtsrichtlinie von 1991 weiterentwickeln sollen.

Antonio MUSSA (UEN, I) unterstrich, dass die EDV das Rückgrat der wirtschaftlichen Entwicklung sei. Er wandte sich dagegen, eine allumfassende Patentierbarkeit einzuführen, da sonst der Fortschritt gehemmt werde. „Würde jeder kleine Befehl oder jede Einrichtung mit Patent belegt, hätte man einen Dschungel von Einschränkungen.“ Mussa wandte sich gegen die Annahme des McCarthy-Berichts und verlangte, den „freien Geist der Völker“ zu wahren.

Für Bent Hindrup ANDERSEN (EDU, DK) ähneln Software-Patente einem Patent auf Treppen: „Ein Patent auf Treppenhäuser trägt Sorge dafür, dass man keine Hochhäuser mehr bauen kann.“ Er verlangte daher, dass Software nicht zu patentieren sei. Der Fortschritt würde gehemmt, wenn man für jegliche Neuerung einen Patentjuristen konsultieren müsse, schloss der Abgeordnete.

Marco CAPPATO (FL, I) setzte sich dafür ein, die Patentierbarkeit der Software einzuschränken. Es seien bereits schon jetzt zu viele Patente zugelassen, die den Fortschritt hemmten. Er verlangte daher, dass nur die Erfindung patentierbar ist, nicht aber die Software. Die Regeln des Urheberschutzes müssten eingehalten werden. Die Änderungsanträge zur Interoperabilität gelte es durchzusetzen

Weitere deutschsprachige Abgeordnete:

Selten habe ein Gesetzgebungsverfahren in einem derart frühen Stadium so große öffentliche Aufmerksamkeit hervorgerufen, so Evelyne GEBHARDT (SPE, D). Sie sei für die Annahme des Kompromisses. Hierdurch werde versucht, aus der Falle der Artikel 2 und 4 zu gelangen. Eine Neudefinition des Technischen habe der Patentierbarkeit von Software Tür und Tor geöffnet. Dieses Schlupfloch sei nun einigermaßen geschlossen. Sie hätte gerne noch mehr erreicht. Es sei nicht deutlich genug, dass man Softwarepatente nicht nur einschränke, sondern gar nicht mehr erteilen wolle. „Wer Software patentiert, spielt dem großen Kapital in die Hand, nicht aber der großen Intelligenz.“ Jenseits der Regelungen des Kompromisses bleibe es daher dabei: „Finger weg von der Softwarepatentierung.“

Othmar KARAS (EVP-ED, A) erklärte, die Richtlinie garantiere eine einheitliche Rechtsanwendung durch Patentämter und Patentgerichte. Dies sei im Interesse eines gemeinsamen Binnenmarktes. Die Entwicklung neuer Software dürfe allerdings nicht behindert und die Position der KMU nicht geschwächt werden. Die Richtlinie müsse auch Rechtssicherheit schaffen. Viele Ängste beruhten auf Fehlinterpretationen. Einige Argumente seien jedoch auch zutreffend. Technische Erfindungen müssten besser von intellektuellen abgegrenzt werden. Er unterstütze Änderungsantrag 107 und 108, durch die das Gebiet der Technik deutlicher definiert werde. Auch Änderungsantrag 116 zu Grenzen der Patentierbarkeit finde seine Zustimmung. Er begrüße die Kompromisse von Wuermeling, in denen klargestellt werde, dass Trivialvorgänge und Geschäftsmethoden nicht patentierbar seien.

Angelika NIEBLER (EVP-ED, D) fragte sich, ob man die Richtlinie wirklich brauche. Nach einer Abwägung des Für und Wider, sei sie nun überzeugt davon, dass das Parlament, wenn es morgen die Richtlinie verabschiede, eine gute Entscheidung treffe. Die bestehende Praxis werde harmonisiert und strengere Regeln für Patente verabschiedet. Die Richtlinie verhindere das Entstehen amerikanischer Verhältnisse. Bloße Geschäftmethoden und reine Software würden in der EU nicht patentierbar werden. Auch Trivialsoftware würde nicht geschützt. Der Patentschutz für computerimplementierte Erfindungen erfordere einen technischen Beitrag.

Sprecher der Kommission:
Kommissar Frits BOLKESTEIN sagte: „Die Kommission ist nicht bereit zu akzeptieren, dass alles möglich sein soll.“ Nicht-technische Software solle nie patentiert werden, aber technische Anwendungen. Als Antwort auf den Einwand von Echerer sagte Bolkestein: Wenn eine kleine technische Lösung patentiert werden könne, könne auch eine große Lösung patentiert werden. Nicht einzelne Komponenten sollten unter Schutz stehen, sondern nur die Gesamtlösungen. Er pflichte Würmeling bei, der gesagt habe, dass die gegenwärtigen Praktiken fortgesetzt würden, wenn die Richtlinie nicht verabschiedet werde.

Studie übt Kritik an Richtlinie über das Urheberrecht

Mit der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates wurden einige Aspekte des Urhberrechts geregelt. Eine Studie über die Umsetzung in den Mitgliedstaaten kommt zu dem Ergebnis, dass die Richtlinie den Verbrauchern schadet und in sich widersprüchlich ist. Durch das Urheberrecht würde ferner in vielen Wirtschaftsbereichen die Monopolbildung erleichtert werden.

Die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 (Text: hier) sieht insbesondere zwingend strafrechtliche Konsequenzen für die Umgehung von Kopierschutzvorrichtungen vor. Dem steht das grundsätzliche Recht auf Provatkopien entgegen. In einzelnen Mitgliedstaaten reicht die Strafandrohung bis hin zu mehrjährigen Haftstrafen.

Nach der Richtlinie, die nur in zwei Mitgliedstaaten rechtzeitig umgesetzt wurde, kann bereits das Anbringen von Strichen mit Filzstiften auf einer DCD-ROM strafbar sein. Neben einer Behinderung der wissenschaftlichen Arbeit, wird eine erhebliche Gefahr für die Open Source Software gesehen. In Deutschland etwa ist das Recht auf Privatkopie in Urhebergesetzvorgesehen, zugleich aber die Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen, die die Privatkopie in vielen Fällen erst ermöglicht, strafbar.

Ein weiterer Kritikpunkt ist der Schutz der Privatsphäre, der sich aus der modernen Computertechnik ergäbe. Moderne Methoden könnten über Internet jeden Gerauch eines kopiergeschützten Werkes registrieren und mit weiteren persönlichen Daten an die Inhaber der urheberrechtlichen Werke übermitteln. Bekannt geworden ist Microsoft, die in jedem Office-Dokument eine individualisierbare Kennnummer gespeichert haben. Durch das
Internet könnte sich die Offenbarung von individualisierbaren Daten noch massiv erweitern, ohne dass man als Nutz etwas dagegen Unternehmen könnte. Durch die Regelung sei es nicht möglich, entsprechende Maßnahmen – ohne der Gefahr einer Strafbarkeit –
zu unterbinden:

As with freedom of expression, privacy is a right guaranteed by the European Convention on Human Rights (see Article 8 ) along with the EU Charter of Fundamental Rights (see Articles 7 and 8). Copyright Directive implementations must not allow rightsholders to collect large a mounts of personal data on their customers under the guise of „technological protection measures“.


Die Studie in englischer Sprache finden Sie hier.