Schengen-Visa und die neuen Mitgliedstaaten

Für die Unionsbürger gilt das in Art. 18 Abs. 1 EG-Vertrag festgeschrieben Recht, sich im Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten. Visabestimmungen betreffen Bürger, die nicht aus den Mitgliedstaaten stammen.

Die meisten EU-Staaten erteilen zwei Arten von Visa: Das Schengen-Visum und das nationale Visum. Sie unterscheiden sich durch die Gültigkeitsdauer und den Gültigkeitsbereich. Einige neuen Mitgliedstaaten haben bislang Schengen-Visa anerkannt. Was ändert sich durch den Beitritt?

Das Schengen-Abkommen regelt die Freizügigkeit innerhalb der EU-Staaten (und Island und Norwegen), die dem Abkommen beigetreten sind. Dementsprechend berechtigt das Schengen-Visum zum freien Reiseverkehr im Hoheitsgebiet aller Schengen-Staa­ten. Das sind:

  • Belgien,
  • Dänemark,
  • Deutschland,
  • Finnland,
  • Frankreich,
  • Griechenland,
  • Island,
  • Italien,
  • Luxemburg,
  • Niederlande,
  • Norwegen,
  • Österreich,
  • Portugal,
  • Schweden
  • und

  • Spanien.

Das Schengen-Visa wird für den zweckgebundenen Aufenthalt (bspw. geschäftlich, Tourismus) von bis zu 90 Tagen im Halbjahr ausgestellt und berechtigt entweder zu einer oder zu mehreren Einreisen.

Für Aufenthalte, die nicht in dem Anwendungsbereich des Schengener Übereinkommens fallen, sind hingegen nationale Visa erforderlich. Die Erteilung dieser Visa richtet sich ausschließlich nach den Vorschriften des jeweiligen Landes, das das Visum ausstellt.

Anerkennung der Schengen-Visa und Aufenthaltstitel sowie der langfristigen Visa der Mitgliedstaaten durch die neuen Mitgliedstaaten

Gegenwärtig erkennen einige der neuen Mitgliedstaaten die von den Schengen-Ländern sowie von den nicht an Schengen beteiligten Mitgliedstaaten ausgestellten Visa und Aufenthaltstitel als ihren nationalen Visa gleichwertig an. Mit einigen Drittländern wurden darüber bilaterale Abkommen geschlossen.

Einige neue Mitgliedstaaten haben die Bitte geäußert, die von den Schengen-Staaten erteilten Visa und Aufenthaltstitel anerkennen zu düfen, um die Konsulate der neuen Mitgliedstaaten zu entlasten.

Diese neuen Mitgliedstaaten wünschen eine baldige rechtliche Lösung, damit sie diese Praxis zwischen dem 1. Mai 2004 und dem Zeitpunkt der Aufhebung der Außengrenzkontrollen beibehalten können.

Für die neuen Mitgliedstaaten ergeben sich nämlich durch den EU-Beitritt ab dem 1. Mai 2004 die nachstehenden rechtlichen Folgen:

  • Die neuen Mitgliedstaaten sind verpflichtet, ab dem 1. Mai 2004 Angehörige der in Anhang I der Visa-Verordnung Nr. 539/2001 genannten Drittländer der Visumpflicht zu unterwerfen;
  • die neuen Mitgliedstaaten werden sich nicht ab dem 1. Mai 2004, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn der Rat die Aufhebung der Außengrenzkontrollen beschließt, umfassend am Schengen-Raum (u. a. Anwendung der Schengen-Bestimmungen zur gegenseitigen Anerkennung der Visa und Anerkennung der Gleichwertigkeit eines Aufenthaltstitels und eines Visums) beteiligen.

Bis dahin müssen die neuen Mitgliedstaaten diesen Personen, auch wenn sie im Besitz eines Schengen-Visums oder Schengen-Aufenthaltstitels sind, nationale Visa erteilen.

Anerkennung der von der Schweiz erteilten Aufenthaltstitel durch die alten und die neuen Mitgliedstaaten

Nach dem gemeinschaftlichen Besitzbestand können Büger der in Anhang I der Visa-Verordnung Nr. 539/2001 (Liste der visumpflichtigen Länder) aufgeführten Länder und Personen, denen ein Drittland einen Aufenthaltstitel erteilt hat, nicht von der Visumpflicht befreit werden. Für die Anerkennung der Gleichwertigkeit des von der Schweiz erteilten Aufenthaltstitels und des Schengen-Visums müsste demnach das Gemeinschaftsrecht geändert werden.

Die Schweiz befreit Personen, denen ein Mitgliedstaat der Europäischen Union eine Daueraufenthaltsgenehmigung erteilt hat, einseitig von der Visumpflicht. Die von den neuen Mitgliedstaaten erteilten Aufenthaltstitel fallen nicht unter die geltende Schweizer Regelung.

Einige Mitgliedstaaten (Frankreich, Italien, Österreich) beklagen die Überlastung ihrer Konsulate in der Schweiz vor allem während der Sommerferien. Wie die Konsulate feststellen, nimmt die Erteilung von Visa an Personen, die aufgrund ihrer Rechtsstellung in der Schweiz kaum eine Gefahr in punkto illegale Einwanderung oder öffentliche Sicherheit darstellen dürften, beträchtliche Ressourcen in Anspruch. Auch einige neue Mitgliedstaaten (Slowenien, Ungarn) haben auf dieses Problem hingewiesen.

Eine pragmatische Lösung des Problems (Erteilung von Transitvisa mit langer Gültigkeit und für die mehrmalige Einreise), die von der Gruppe „Visa“ erarbeitet worden war, hat sich nicht bewährt. Die Zahl der Visumsanträge verringerte sich nur geringfügig.

Das Problem der Anerkennung der von der Schweiz ausgestellten Aufenthaltstitel würde sich nicht stellen, wenn die Schweiz am Schengen-Besitzstand beteiligt wäre.

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