Kurskorrektur beim Aufbau Ost?

Unter dem Titel „Für eine Kurskorrektur des Aufbau Ost“ hat der „Gesprächskreis Ost“ unter Leitung des früheren Hamburger Bürgermeisters Klaus von Dohnanyi schwerwiegende Bedenken gegen die seit 1992 durchgeführte Politik im Zusammenhang mit der Förderung der fünf neuen Bundesländer geäußert. Hier der Text im Original.


Kurskorrektur beim Aufbau Ost

Der »Zweite Fortschrittsbericht« über die wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland« (November 2003) beginnt mit den Worten: »Auch im letzten Jahr verlief die wirtschaftliche Entwicklung in den Neuen Bundesländern aufs Ganze gesehen enttäuschend« und endet mit der resignativen Feststellung, dass »die Möglichkeiten der Politik den Aufbauprozess in den Neuen Ländern zu beschleunigen zunehmend geringer werden«, sodass die Politik »…..auf Marktprozesse setzen müsse(n) – und auch Abwanderungen akzeptieren müsse(n).«

Diese generelle Schlussfolgerung wird im Kern offenbar auch von der Bundesregierung übernommen, wenn als Konsequenz aus dem Bericht lediglich »die Förderinstrumente auf die Vorhaben konzentriert (werden sollen), die unter Wachstumsaspekten bedeutend seien« (BM Stolpe lt. FAZ vom 18.11.2003).

Weder der »Fortschrittsbericht« noch die Stellungnahme der Bundesregierung lassen dabei erkennen welch schwerwiegende Folgen sich aus einer längerfristigen Fortschreibung der jetzigen Entwicklung des Aufbau-Ost für die neuen Länder, für die Bundesrepublik Deutschland und für Europa ergeben könnten. Ein sehr eingehender Bericht der Europäischen Kommission vom Mai 2002 zur wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands in den 90er Jahren läßt aufhorchen: Die Kommission ist hier der Auffassung, dass der ungebrochene innerdeutsche West-Ost-Transfer (etwa 4% des westdeutschen Bruttosozialproduktes jährlich, ca. 90 Mrd. EUR in 2003),und andere Folgen der deutschen Vereinigung, zu etwa Zwei-Drittel für die heutige Wachstumsschwäche Deutschlands direkt oder indirekt ursächlich sind. Wenn das richtig ist – und diese Auffassung der Kommission wird auch von anderen Forschungseinrichtungen geteilt – dann muss der Aufbau-Ost wieder als vorrangiges Ziel deutscher Politik begriffen und die Wachstumsschwäche energischer an der Quelle ihrer Ursachen, im Aufbau-Ost, bekämpft werden. »Marktprozesse« allein werden das nicht bewertstelligen. Die im »Gesprächskreis« versammelten Praktiker fordern deswegen die Bundesregierung zu einer Kurskorrektur auf.

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