Steuerbeihilfen: Kommission zieht Bilanz

Die Kommission hat am 26. 11. 2003 einen Bericht über die Durchführung ihrer Politik im Bereich der Steuerbeihilfen angenommen. Darin wird die Funktionsweise ihrer Mitteilung von 1998 über Steuerbeihilfen als angemessene Ergänzung für ihr Vorgehen bei der Überwachung der staatlichen Beihilfen bewertet. Ferner werden die Wechselwirkungen zwischen der Überwachung der staatlichen Beihilfen und der Bekämpfung des schädlichen Steuerwettbewerbs untersucht. Außerdem wird den Fragen der indirekten Besteuerung nachgegangen, die von der Mitteilung von 1998 über Steuerbeihilfen nicht behandelt werden.

Der Bericht zieht eine Bilanz der Funktionsweise der Mitteilung über die Anwendung der Beihilferegeln auf die Maßnahmen der direkten Unternehmensbesteuerung. Diese Bilanz umfasst den Begriff der staatlichen Beihilfen, die Prüfung ihrer Vereinbarkeit und Verfahrensfragen. Demnach hat sich die Mitteilung als ein angemessenes Instrument erwiesen, um die Steuerbeihilfen insbesondere im Rahmen der am 11. Juli 2001 eingeleiteten Verfahren zu untersuchen. Diese Fälle betrafen im Wesentlichen die steuerlichen Sonderregelungen zugunsten multinationaler Unternehmen. Die Kommission hatte sich dabei zu den alternativen Besteuerungsmethoden wie z.B. dem Verfahren „Kosten Plus“ zu äußern, mit dem die grenzüberschreitenden Geschäfte innerhalb einer Gruppe erfasst werden sollen. Mit diesem Verfahren wird das steuerpflichtige Unternehmensergebnis nicht über den Unterschiedsbetrag zwischen Einkünften und Aufwendungen, sondern unter Heranziehung der Kosten errechnet, die einem Unternehmen bei seinen Geschäften mit anderen Unternehmen seiner Gruppe entstanden sind. Um zu einem angemessenen Unternehmensgewinn zu gelangen, wird diesen Kosten eine erhöhte Spanne für Gestehungskosten hinzugezählt, wobei die ausgeübten Funktionen, die genutzten Vermögenswerte, die entstandenen Risiken und die Marktbedingungen berücksichtigt werden. In dem Bericht äußert die Kommission keine grundsätzlichen Vorbehalte gegenüber diesem Verfahren. Sie macht jedoch deutlich, dass dieses alternative Besteuerungsverfahren eine staatliche Beihilfe beinhalten könnte, wenn sich die aus seiner Anwendung ergebende Steuerlast niedriger wäre als bei Anwendung einer „klassischen“ Besteuerungsmethode.

Der Bericht macht außerdem deutlich, dass das Kriterium der Staatsmittel, eines der vier Kriterien des Begriffes staatliche Beihilfe, unter Bezugnahme auf die Lage des Beihilfebegünstigten gewürdigt werden muss, wobei es nicht möglich ist, mögliche positive Wirkungen aufgrund der betreffenden Maßnahme in wirtschaftlicher oder haushaltspolitischer Sicht zu berücksichtigen.

Dieses Kriterium bedingt jedoch keine Kosten-Nutzen-Analyse der Gesamtauswirkungen einer Maßnahme, sondern muss im Einzelfall bei den Begünstigten unter Bezugnahme auf den Steuerbetrag ermittelt werden, den diese hätten entrichten müssen.

Ferner wird in dem Bericht hervorgehoben, dass bestimmte Maßnahmen, die offiziell allen Wirtschaftszweigen offenstehen, dennoch als selektiv eingestuft werden können, weil sie bestimmte Unternehmen ausschließen. Dies ist z.B. der Fall bei Maßnahmen, die auf multinationale Unternehmen oder auf Unternehmen einer bestimmten Mindestgröße zugeschnitten sind.

Schließlich macht der Bericht deutlich, dass die Kommission weiterhin den Grundsatz streng anwenden wird, dass eine selektive steuerliche Maßnahme wegen der Beschaffenheit oder der Systematik des Steuersystems zu rechtfertigen sein muss. Demnach muss eine differenzierte steuerliche Behandlung aufgrund von Elementen zu rechtfertigen sein, die sich aus dem inneren Aufbau des Steuersystems ergeben. Wenn sich selektive Maßnahmen allein auf objektive Kriterien wie Umsatz, Größe, Standort usw. stützen, kann daraus keine Ausnahme hergeleitet werden. Hierbei untersucht die Kommission insbesondere, ob die Kriterien für die Inanspruchnahme einer besonderen Maßnahme mit den von dem betreffenden Mitgliedstaat gegebenen Rechtfertigungen übereinstimmen.

Bei der Prüfung der Vereinbarkeit nimmt die Kommission eine neutrale Haltung gegenüber den steuerlichen Beihilfen ein. Sie hat diese bisher gemäß den bestehenden Rahmenbestimmungen und Leitlinien untersucht und für sie keine eigenen Regeln erlassen.

Da sich die Mitteilung als ein angemessenes Instrument bei dem Vorgehen der Kommission im Bereich der Steuerbeihilfen erwiesen hat, besteht gegenwärtig kein Bedarf für eine Überprüfung dieses Instruments. Der Bericht macht jedoch deutlich, dass die Entscheidungspraxis und die Rechtsprechung in bestimmten Bereichen noch nicht weit entwickelt sind, und dass die Mitteilung gegebenenfalls im Lichte der Entwicklung der Rechtsprechung und der Entscheidungspraxis der Kommission vervollständigt werden könnte.

Im zweiten Teil werden die Beziehungen zwischen dem Vorgehen der Kommission bei der Überwachung der staatlichen Beihilfen und dem Kampf gegen den schädlichen Steuerwettbewerb im Rahmen des Verhaltenskodex über die Unternehmensbesteuerung untersucht. Die Überprüfung der Steuerregelungen im Rahmen der Beihilfenkontrolle und die Arbeiten im Rahmen des Verhaltenskodex verfolgen zwar dasselbe allgemeine Ziel der Minderung der Wettbewerbsverfälschungen im Binnenmarkt, werden jedoch unabhängig voneinander geführt. Die Einstufung einer Maßnahme als schädlich im Sinne des Verhaltenskodex muss nicht unbedingt ihre Einstufung als staatliche Beihilfe und umgekehrt zur Folge haben. Der Bericht unterstreicht, dass die Kommission zur Aufhebung bestimmter schädlicher Steuermaßnahmen beigetragen hat, indem sie die Prüfung von schädlichen Maßnahmen in den Mittelpunkt rückte, bei denen es sich um staatliche Beihilfen handelte. Dadurch wurde in gewissem Maße die am 3. Juni 2003 erzielte Einigung über einen Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung erleichtert. Der Bericht unterstreicht, dass die Kommission ihr Vorgehen im Bereich der Steuerbeihilfen auch angesichts des Verhaltenskodex über die Unternehmensbesteuerung fortsetzen und sich dabei auf die Fälle konzentrieren wird, die spürbare wirtschaftliche Auswirkungen und besonders nachteilige Folgen für den Wettbewerb und den Handel haben.

Schließlich wird in dem Bericht die Frage der indirekten Besteuerung angesprochen, die in der Mitteilung von 1998 nicht aufgegriffen wurde. Er gelang zu dem Ergebnis, dass die Grundsätze der Mitteilung überwiegend auch auf die indirekte Besteuerung anwendbar sind, dass aber bestimmte Fragen eventuell in einer getrennten Mitteilung behandelt werden könnten. In dem Bericht wird auch beschrieben, auf welche Weise die Kommission die Überwachung der staatlichen Beihilfen mit der Steuerpolitik in Einklang bringt. Demnach wird sie von nun an die Anträge auf Ausnahmen von der Harmonisierung der Verbrauchsteuern für Mineralöle gleichzeitig mit der Prüfung gemäß den Regeln über staatliche Beihilfen untersuchen.

Bei der Annahme der Mitteilung über die Anwendung der Regeln für staatliche Beihilfen auf Maßnahmen der direkten Unternehmensbesteuerung am 11. November 1998 hatte die Kommission zugesagt, zwei Jahre nach der Veröffentlichung einen Bericht über ihre Funktionsweise zu erstellen. Da das Vorgehen der Kommission im Bereich der Steuerbeihilfen erst ab Juli 2001 spürbar wurde, wurde vor diesem Zeitpunkt kein Bericht erstellt. Nachdem 13 von 15 der im Juli 2001 eröffneten Verfahren abgeschlossen sind, ist die Kommission nunmehr in der Lage, diesen Bericht vorzulegen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert