Archiv der Kategorie: Wettbewerbsrecht

Ein Hörzeichen ist unter bestimmten Voraussetzungen als Marke eintragungsfähig

Gemäß einer Richtlinie der Gemeinschaft aus dem Jahr 1988 muss ein Hörzeichen, um als Marke eintragungsfähig zu sein, geeignet sein, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden. Außerdem muss es Gegenstand einer grafischen Darstellung sein können, die klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist. Ein Notensystem mit Notenschlüssel und Noten erfüllt diese Voraussetzungen.

Die Shield Mark BV ist ein Beratungsunternehmen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums und hat ihren Sitz in den Niederlanden. Sie hat beim BeneluxMarkenamt mehrere Erkennungsmelodien als Hörmarken eintragen lassen.

Einige dieser Marken bestehen aus einem Notensystem mit den ersten neun Noten des Musikstücks „Für Elise“, andere aus „den ersten neun Noten von „Für Elise“, wieder andere aus der Notenfolge „e, dis, e, dis, e, h, d, c, a“.

Weitere Marken bestehen aus der Bezeichnung „KukelekuuuuuA (einem Onomatopoetikum [lautmalerisches Wort], mit dem in der niederländischen Sprache das Krähen eines Hahnes nachgeahmt wird) oder aus dem (Krähen eines Hahnes“.

Joost Kist ist rechtsberatend auf dem Gebiet der Kommunikation tätig und verwendete die Melodie „Für Elise“ und das Krähen eines Hahnes bei einer Werbekampagne im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit. Shield Mark erhob daraufhin bei den niederländischen Gerichten wegen Markenverletzung und unlauteren Wettbewerbs Klage gegen Joost Kist.

Der letztinstanzlich mit der Rechtssache befasste Hoge Raad der Nederlanden (höchstes Gericht in den Niederlanden), hat den Gerichtshof gefragt, ob nach der Gemeinschaftsrichtlinie über die Marken die Eintragung von Hörzeichen zulässig ist.

Nach Ansicht des Gerichtshofes ist die Aufzählung der markenfähigen Zeichen in Artikel 2 der Richtlinie nicht abschließend. Die Richtlinie schließt also Zeichen, die als solche nicht visuell wahrnehmbar sind, wie etwa Klänge, nicht ausdrücklich aus. Allerdings müssen Hörzeichen für die Eintragung als Marke gewisse Voraussetzungen erfüllen. Zunächst müssen sie geeignet sein, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Außerdem müssen sie Gegenstand einer grafischen Darstellung, insbesondere mit Hilfe von Figuren, Linien oder Schriftzeichen, sein können, die klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist.

Diese Voraussetzungen sind bei einer grafischen Darstellung des Hörzeichens, die sich auf den Hinweis beschränkt, dass das Zeichen aus den Noten eines bekannten musikalischen Werks besteht, ebensowenig erfüllt wie bei einer einfachen Notenfolge ohne weitere Erläuterungen oder bei einer grafischen Darstellung in Form eines Onomatopoetikums. In diesen Fällen fehlt der grafischen Darstellung jedenfalls die Eindeutigkeit und die Klarheit.

Dagegen sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, wenn die grafische Darstellung des Hörzeichens durch ein in Takte unterteiltes Notensystem mit einem Notenschlüssel, Noten und anderen in der Musik verwendeten Zeichen erfolgt. Die Gesamtheit dieser Zeichen stellt eine getreue Darstellung der Tonfolge dar, aus der die zur Eintragung angemeldete Melodie besteht.


Urteil des Gerichtshofes v. 27. 11. 2003, Rs. C283/01, Shield Mark BV/Joost Kist h. o. d. n. MEMEX

Pflicht zur Eintragung in die Handwerksrolle verstößt gegen den EG-Vertrag

Der EuGH hat am 11. Dez. 2003 entschieden: Die Verpflichtung zur Eintragung in die Handwerksrolle verzögert, erschwert oder verteuert die Erbringung von Dienstleistungen, wenn die in der Richtlinie über die Anerkennung der beruflichen Qualifikationen vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind.

Der deutsche Staatsangehörige Bruno Schnitzer beauftragte im Jahr 1994 ein portugiesisches Unternehmen damit, in der Zeit von November 1994 bis November 1997 Verputzarbeiten in Bayern auszuführen.

Nach der deutschen Handwerksordnung ist der Betrieb eines Handwerks nur den in der Handwerksrolle eingetragenen Personen und Gesellschaften gestattet.

Die Stadt Augsburg verhängte im Jahr 2000 gegen Bruno Schnitzer ein Bußgeld wegen Zuwiderhandlung gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, weil das von ihm beauftragte portugiesische Unternehmen nicht in die Handwerksrolle eingetragen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid legte Bruno Schnitzer Einspruch ein, über den das Amtsgericht Augsburg zu entscheiden hat. Dieses Gericht möchte vom Gerichtshof wissen, ob die deutschen Rechtsvorschriften gegen den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs und die Richtlinie über die gegenseitige Anerkennung der im Herkunftsland erworbenen Berufserfahrung verstoßen. Das Amtsgericht Augsburg hält es für möglich, dass der Gerichtshof ein solches Erfordernis der Eintragung in ein Register auch in dem Fall als ungerechtfertigt ansieht, in dem der Dienstleistende seine Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat wiederholt oder mehr oder weniger regelmäßig ausübt.

Der Gerichtshof stellt fest, dass das portugiesische Unternehmen Leistungen erbringt, für die die Vorschriften über den freien Dienstleistungsverkehr gelten, sofern das betreffende Unternehmen nicht als in Deutschland niedergelassen anzusehen ist.

Allein die Tatsache, dass ein Wirtschaftsteilnehmer Dienstleistungen mehr oder weniger häufig oder regelmäßig über einen längeren Zeitraum hinweg in einem anderen Mitgliedstaat erbringt, ohne dass er dort über eine Infrastruktur verfügt, die es ihm erlauben würde, in stabiler und kontinuierlicher Weise einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, reicht nicht aus, um ihn als in diesem Mitgliedstaat niedergelassen anzusehen.

Die Verpflichtung, sich in die Handwerksrolle eintragen zu lassen, stellt eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar, die nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses, etwa durch das Ziel, die Qualität der durchgeführten handwerklichen Arbeiten zu sichern, gerechtfertigt ist. Folglich steht das Gemeinschaftsrecht der Verpflichtung eines Wirtschaftsteilnehmers, sich in die Handwerksrolle eintragen zu lassen, entgegen, die die Erbringung von Dienstleistungen im Aufnahmemitgliedstaat verzögert, erschwert oder verteuert, wenn die in der anwendbaren Richtlinie über die Anerkennung der beruflichen Qualifikationen vorgesehenen Voraussetzungen für die Ausübung dieser Tätigkeit in diesem Mitgliedstaat erfüllt sind.


Urteil des EuGH vom 11. 12. 2003, Rs. Rs. C-215/01, Bruno Schnitzer.

Monitoringbericht zur Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte

Am 1. September 2003 hat die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag den Bericht über die energiewirtschaftlichen und wettbewerblichen Wirkungen der Verbändevereinbarungen vorgelegt (Monitoring-Bericht). Bereits seit 1998 sind die Strom- und Gasmärkte in Deutschland für alle Verbraucher geöffnet. Deutschland gehört damit zu den Vorreitern in der EU; erst 2007 werden alle EU-Staaten ihre Märkte vollständig für den Wettbewerb geöffnet haben.

Voraussetzung für Wettbewerb auf den Strom- und Gasmärkten ist der effektive und diskriminierungsfreie Zugang zu den Netzen. Während das deutsche Energie- und Kartellrecht den Anspruch auf Netzzugang garantieren, sollten die Marktteilnehmer diesen Anspruch in Verbändevereinbarungen handhabbar machen.

Mit dem Monitoring-Bericht zieht das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit nun eine Bilanz der im Wege des verhandelten Netzzugangs erzielten Wettbewerbsergebnisse und zeigt Optionen für Verbesserungen auf. Dabei ergibt sich für Strom und Gas ein unterschiedliches Bild:

Im Stromsektor haben die Verbändevereinbarungen, flankiert von der Missbrauchsaufsicht der Kartellbehörden, schrittweise zu einem funktionsfähigen Markt geführt. Die Strompreise für Industrie- und auch Haushaltskunden sind
infolge dessen zunächst deutlich gesunken. Seit 2001 steigen die Preise allerdings wieder. Dies ist auf gestiegene Großhandelspreise und staatlich veranlasste Belastungen wie die Stromsteuer zurückzuführen.

Der Bericht zeigt auf, dass wichtige Elemente der Netzzugangsregeln weiter verbessert werden müssen:

  • Die Kalkulation der Netznutzungsentgelte muss konsequent am Grundsatz der „elektrizitätswirtschaftlich rationellen Betriebsführung“ ausgerichtet werden; dies ist durch ein transparentes Verfahren sicherzustellen.
  • Auf den Regelenergiemärkten müssen die Voraussetzungen für Wettbewerb, z.B. durch Schaffung von mehr Transparenz, weiter verbessert werden.
  • Der Lieferantenwechsel von Haushaltskunden muss durch konsequente Umsetzung bereits verabredeter Verfahren einfacher werden.

Auf dem Gasmarkt hat sich der Wettbewerb – wie in vielen anderen EU-Mitgliedstaaten – deutlich langsamer entwickelt, was unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass Deutschland beim Gas – anders als bei Strom – zu 80% von Importen abhängt.

Maßgebliche Ursache für den nicht befriedigenden Wettbewerb im Gasbereich ist jedoch, dass die Verbände bisher kein hinreichend praxistaugliches Netzzugangssystem entwickelt haben.

Der Monitoring-Bericht zeigt eine Option für eine gesetzliche Regelung eines Netzzugangssystems auf, das den Wettbewerb entscheidend verbessern wird, sich an internationalen Erfahrungen orientiert und zugleich den besonderen Strukturen der deutschen Gasversorgung Rechnung trägt.

Der Monitoring-Bericht gibt auch einen Ausblick auf die Grundzüge der künftigen staatlichen Regulierung der Strom- und Gasmärkte in Deutschland. Nach den neuen EU-Binnenmarktrichtlinien für Strom und Gas sind die Voraussetzungen hierfür bis zum 1. Juli 2004 zu schaffen. Ab diesem Zeitpunkt sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die wesentlichen Marktregeln für den Netzzugang verbindlich vorzugeben und eine staatliche Regulierungsbehörde vorzusehen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit schlägt vor, diese Aufgaben der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post zu übertragen.

Angesichts der Vielzahl der Netzbetreiber in Deutschland heißt das, Maßnahmen der Ex-ante-Regulierung auf eine Regulierung der Methoden zu beschränken und deren Einhaltung durch eine wirksame Missbrauchsaufsicht sicherzustellen. Der neue Ordnungsrahmen muss – im Interesse der Marktteilnehmer – stabile Rahmenbedingungen aufweisen, zugleich aber die notwendige Flexibilität bieten, um auf neue Markterfordernisse rasch reagieren zu können. Der Ordnungsrahmen muss neben funktionierendem Wettbewerb auch gewährleisten, dass die Unternehmen weiterhin in den Erhalt und den Ausbau der Netze investieren, um so das hohe Niveau der Versorgungsqualität und -sicherheit in Deutschland erhalten zu können.

Die aktuellen Ereignisse im Zusammenhang mit der Hitzewelle in diesem Sommer in Europa und der große Blackout in Nordamerika haben deutlich gemacht, wie wichtig die Qualität der Netzinfrastruktur für eine zuverlässige Stromversorgung ist.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit wird das Energiewirtschaftsrecht auf der Grundlage des Monitoring-Berichts noch in diesem Jahr novellieren.