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Ein Auszug von elf Worten kann ein geschütztes Werk sein

Der EuGH hat unter Bezugnahme auf die Begründungen der Richtlinien der Europäischen Union zum Urheberrecht, die ein hohes Schutzniveau fordern, gefolgert, dass dieses hohe Schutzniveau sich darin äußert, dass selbst kurze Folgen von elf Worten aus einem längeren Zeitungsartikel zu einem exklusiven Recht führen können. Bereits in diesen kurzen Textabschnitten könne man unter Umständen die Originalität der geistigen Schöpfung erkennen (was im Einzelfall anhand der Wortfolgen zu ermitteln ist). Ist dies der Fall, ist die Nutzung der kurzen Wortfolge nur rechtmäßig, wenn sie vom Urheber oder Erwerber des Schutzrechts zugelassen ist.

Leitsätze des Urteils

  1. Rechtsangleichung – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Richtlinie 2001/29 – Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft – Vervielfältigungsrecht – Teilweise Vervielfältigung – Begriff (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates 2001/29, Art. 2 Buchst. a)Eine Handlung, die im Laufe eines Datenerfassungsverfahrens vorgenommen wird, das darin besteht, einen aus elf Wörtern bestehenden Auszug eines geschützten Werkes zu speichern und auszudrucken, kann unter den Begriff der teilweisen Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft fallen, wenn die so wiedergegebenen Bestandteile – was vom nationalen Gericht zu prüfen ist – die eigene geistige Schöpfung durch den Urheber zum Ausdruck bringen.Das Urheberrecht im Sinne des Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 kann nämlich nur in Bezug auf ein Schutzobjekt angewandt werden, bei dem es sich um ein Original in dem Sinne handelt, dass es eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt. Teile eines Werkes sind urheberrechtlich geschützt, da sie als solche an der Originalität des Gesamtwerks teilhaben. Die verschiedenen Teile eines Werkes sind somit unter der Voraussetzung, dass sie bestimmte Elemente enthalten, die die eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers zum Ausdruck bringen, nach dieser Vorschrift geschützt. Da der Schutzumfang des Art. 2 dieser Richtlinie weit auszulegen ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass bestimmte einzelne Sätze oder sogar Satzteile des betreffenden Textes dazu geeignet sind, dem Leser die Originalität einer Publikation wie etwa eines Zeitungsartikels zu vermitteln, indem sie ihm einen Bestandteil mitteilen, der als solcher Ausdruck der eigenen geistigen Schöpfung des
    Urhebers dieses Artikels ist. Solche Sätze oder solche Satzteile können also Schutzobjekt des Art. 2 Buchst. a der Richtlinie sein. (vgl. Randnrn. 37-39, 47-48, 51, Tenor 1)
  2. Rechtsangleichung – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Richtlinie 2001/29 – Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft – Vervielfältigungsrecht – Ausnahmen und Beschränkungen – Voraussetzungen – Vervielfältigungshandlung vorübergehender Art (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates 2001/29, Art. 5 Abs. 1)Das Ausdrucken eines aus elf Wörtern bestehenden Auszugs, der im Laufe eines Datenerfassungsverfahrens erfolgt, das im Einscannen von Zeitungsartikeln und deren anschließender Umwandlung in eine Textdatei, einer elektronischen Verarbeitung der Vervielfältigung, der Speicherung eines Teils der Vervielfältigung und deren Ausdruck besteht, erfüllt nicht die Voraussetzung der Flüchtigkeit im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, und daher darf dieses Verfahren nicht ohne die Zustimmung der Inhaber der betreffenden Urheberrechte durchgeführt werden.Eine Handlung ist nämlich nur dann „flüchtig“ im Sinne der zweiten Voraussetzung dieser Vorschrift, wenn ihre Lebensdauer auf das für das ordnungsgemäße Funktionieren des betreffenden technischen Verfahrens Erforderliche beschränkt ist, wobei dieses Verfahren derart automatisiert sein muss, dass es diese Handlung automatisch, ohne Beteiligung einer natürlichen Person löscht, sobald ihre Funktion, die Durchführung eines solchen Verfahrens zu ermöglichen, erfüllt ist. Jedoch wird mit der letzten Vervielfältigungshandlung des fraglichen Datenerfassungsverfahrens eine Vervielfältigung außerhalb des Informatikbereichs vorgenommen, indem Dateien, die die aus elf Wörtern bestehenden Auszüge enthalten, ausgedruckt und so diese Auszüge auf Papier vervielfältigt werden. Wenn die Vervielfältigung auf einem solchen materiellen Träger festgehalten ist, verschwindet sie erst mit dessen Zerstörung. Da das Datenerfassungsverfahren überdies offensichtlich nicht in der Lage ist, einen solchen Träger selbst zu zerstören, hängt die Löschung der fraglichen Vervielfältigung allein vom Willen des Nutzers eines solchen Verfahrens ab, von dem nicht einmal sicher bekannt ist, ob er sich des Trägers entledigen will. Folglich besteht die Gefahr, dass die Vervielfältigung je nach Bedarf des Nutzers für einen längeren Zeitraum fortbesteht. Unter diesen Umständen ist die letzte Handlung des im Ausgangsverfahren fraglichen Datenerfassungsverfahrens, mit der die aus elf Wörtern bestehenden Auszüge ausgedruckt werden, keine flüchtige Handlung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29. (vgl. Randnrn. 64, 67-70, 74, Tenor 2)

URTEIL DES GERICHTSHOFS

16. Juli 2009, 4. Kammer (Verfahrenssprache: Dänisch)

„Urheberrechte – Informationsgesellschaft – Richtlinie 2001/29/EG – Art. 2 und 5 – Werke der Literatur und Kunst – Begriff der Vervielfältigung – ‚Teilweise‘ Vervielfältigung – Vervielfältigung kurzer Auszüge aus Werken der Literatur – Zeitungsartikel – Vorübergehende und flüchtige Vervielfältigungen – Technisches Verfahren, das im Einscannen von Artikeln und deren anschließender Umwandlung in eine Textdatei, einer elektronischen Verarbeitung der Vervielfältigung, der Speicherung eines Teils der Vervielfältigung und deren Ausdruck besteht“

In der Rechtssache C-5/08 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Højesteret (Dänemark) mit Entscheidung vom 21. Dezember 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Januar 2008, in dem Verfahren Infopaq International A/S gegen Danske Dagblades Forening erlässt DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer) unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters T. von Danwitz, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter G. Arestis und J. Malenovský (Berichterstatter), Generalanwältin: V. Trstenjak, Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2008, unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Infopaq International A/S, vertreten durch A. Jensen, advokat,
  • der Danske Dagblades Forening, vertreten durch M. Dahl Pedersen, advokat,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Krämer und H. Støvlbæk als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 12. Februar 2009 folgendes

Urteil

  1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft zum einen die Auslegung von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10) und zum anderen die Voraussetzungen für die Ausnahmen von vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen im Sinne von Art. 5 dieser Richtlinie.
  2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Infopaq International A/S (im Folgenden: Infopaq) und der Danske Dagblades Forening (im Folgenden: DDF) betreffend die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Feststellung, dass sie nicht verpflichtet ist, für Vervielfältigungshandlungen von Zeitungsartikeln mittels eines automatisierten Verfahrens, das im Einscannen der Artikel, ihrer Umwandlung in eine digitale Datei und deren anschließenden elektronischen Verarbeitung besteht, die Zustimmung der Rechtsinhaber einzuholen.

    Rechtlicher Rahmen

    Völkerrecht

  3. Gemäß Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums in Anhang 1C des Übereinkommens von Marrakesch zur Errichtung der Welthandelsorganisation, das durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986–1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. L 336, S. 1) genehmigt wurde, gilt:

    „Die Mitglieder befolgen die Artikel 1 bis 21 der Berner Übereinkunft (1971) und den Anhang dazu. …“

  4. Art. 2 der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Pariser Fassung vom 24. Juli 1971) in der am 28. September 1979 geänderten Fassung (im Folgenden: Berner Übereinkunft) bestimmt:

    „(1) Die Bezeichnung ‚Werke der Literatur und Kunst‘ umfasst alle Erzeugnisse auf dem Gebiet der Literatur, Wissenschaft und Kunst, ohne Rücksicht auf die Art und Form des Ausdrucks, wie: Bücher, Broschüren und andere Schriftwerke; …

    (5) Sammlungen von Werken der Literatur oder Kunst, wie zum Beispiel Enzyklopädien und Anthologien, die wegen der Auswahl oder der Anordnung des Stoffes geistige Schöpfungen darstellen, sind als solche geschützt, unbeschadet der Rechte der Urheber an jedem einzelnen der Werke, die Bestandteile dieser Sammlungen sind.

    (8) Der Schutz dieser Übereinkunft besteht nicht für Tagesneuigkeiten oder vermischte Nachrichten, die einfache Zeitungsmitteilungen darstellen.“

  5. Gemäß Art. 9 Abs. 1 der Berner Übereinkunft genießen die Urheber von Werken der Literatur und Kunst, die durch diese Übereinkunft geschützt sind, das ausschließliche Recht, die Vervielfältigung dieser Werke zu erlauben, gleichviel, auf welche Art und in welcher Form sie vorgenommen wird.

    Gemeinschaftsrecht

  6. Art. 1 der Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (ABl. L 122, S. 42) bestimmte:

    „(1) Gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie schützen die Mitgliedstaaten Computerprogramme urheberrechtlich als literarische Werke im Sinne der Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst. …

    (3) Computerprogramme werden geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien anzuwenden.“

  7. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (ABl. L 77, S. 20) lautet:

    „Gemäß dieser Richtlinie werden Datenbanken, die aufgrund der Auswahl oder Anordnung des Stoffes eine eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers darstellen, als solche urheberrechtlich geschützt. Bei der Bestimmung, ob sie für diesen Schutz in Betracht kommen, sind keine anderen Kriterien anzuwenden.“

  8. Die Erwägungsgründe 4, 6, 9 bis 11, 20 bis 22, 31 und 33 der Richtlinie 2001/29 lauten:

    „(4) Ein harmonisierter Rechtsrahmen zum Schutz des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte wird durch erhöhte Rechtssicherheit und durch die Wahrung eines hohen Schutzniveaus im Bereich des geistigen Eigentums substanzielle Investitionen in Kreativität und Innovation einschließlich der Netzinfrastruktur fördern …

    (6) Ohne Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene könnten Gesetzgebungsinitiativen auf einzelstaatlicher Ebene, die in einigen Mitgliedstaaten bereits in die Wege geleitet worden sind, um den technischen Herausforderungen zu begegnen, erhebliche Unterschiede im Rechtsschutz und dadurch Beschränkungen des freien Verkehrs von Dienstleistungen und Produkten mit urheberrechtlichem Gehalt zur Folge haben, was zu einer Zersplitterung des Binnenmarkts und zu rechtlicher Inkohärenz führen würde. Derartige rechtliche Unterschiede und Unsicherheiten werden sich im Zuge der weiteren Entwicklung der Informationsgesellschaft, in deren Gefolge die grenzüberschreitende Verwertung des geistigen Eigentums bereits stark zugenommen hat, noch stärker auswirken. Diese Entwicklung wird und sollte fortschreiten. Erhebliche rechtliche Unterschiede und Unsicherheiten in Bezug auf den Rechtsschutz können die Erzielung von Größenvorteilen für neue Produkte und Dienstleistungen mit urheber- und
    leistungsschutzrechtlichem Gehalt beschränken.

    (9) Jede Harmonisierung des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte muss von einem hohen Schutzniveau ausgehen, da diese Rechte für das geistige Schaffen wesentlich sind. …

    (10) Wenn Urheber und ausübende Künstler weiter schöpferisch und künstlerisch tätig sein sollen, müssen sie für die Nutzung ihrer Werke eine angemessene Vergütung erhalten …

    (11) Eine rigorose und wirksame Regelung zum Schutz der Urheberrechte und verwandten Schutzrechte ist eines der wichtigsten Instrumente, um die notwendigen Mittel für das kulturelle Schaffen in Europa zu garantieren und die Unabhängigkeit und Würde der Urheber und ausübenden Künstler zu wahren.

    (20) Die vorliegende Richtlinie beruht auf den Grundsätzen und Bestimmungen, die in den einschlägigen geltenden Richtlinien bereits festgeschrieben sind, und zwar insbesondere in den Richtlinien 91/250/EWG und 96/9/EG. Die betreffenden Grundsätze und Bestimmungen werden fortentwickelt und in den Rahmen der Informationsgesellschaft eingeordnet. Die Bestimmungen dieser Richtlinie sollten unbeschadet der genannten Richtlinien gelten, sofern diese Richtlinie nichts anderes bestimmt.

    (21) Diese Richtlinie sollte den Umfang der unter das Vervielfältigungsrecht fallenden Handlungen in Bezug auf die verschiedenen Begünstigten bestimmen. Dabei sollte der gemeinschaftliche Besitzstand zugrunde gelegt werden. Um die Rechtssicherheit im Binnenmarkt zu gewährleisten, muss die Definition dieser Handlungen weit gefasst sein.

    (22) Die Verwirklichung des Ziels, die Verbreitung der Kultur zu fördern, darf nicht durch Verzicht auf einen rigorosen Schutz der Urheberrechte oder durch Duldung der unrechtmäßigen Verbreitung von nachgeahmten oder gefälschten Werken erfolgen.

    (31) Es muss ein angemessener Rechts- und Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern sowie zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern und Nutzern von Schutzgegenständen gesichert werden. …

    (33) Eine Ausnahme vom ausschließlichen Vervielfältigungsrecht sollte für bestimmte vorübergehende Vervielfältigungshandlungen gewährt werden, die flüchtige oder begleitende Vervielfältigungen sind, als integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens erfolgen und ausschließlich dem Ziel dienen, entweder die effiziente Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder die rechtmäßige Nutzung eines Werks oder sonstiger Schutzgegenstände zu ermöglichen. Die betreffenden Vervielfältigungshandlungen sollten keinen eigenen wirtschaftlichen Wert besitzen. Soweit diese Voraussetzungen erfüllt sind, erfasst diese Ausnahme auch Handlungen, die das ‚Browsing‘ sowie Handlungen des ‚Caching‘ ermöglichen; dies schließt Handlungen ein, die das effiziente Funktionieren der Übertragungssysteme ermöglichen, sofern der Vermittler die Information nicht verändert und nicht die erlaubte Anwendung von Technologien zur Sammlung von Daten
    über die Nutzung der Information, die von der gewerblichen Wirtschaft weithin anerkannt und verwendet werden, beeinträchtigt. Eine Nutzung sollte als rechtmäßig gelten, soweit sie vom Rechtsinhaber zugelassen bzw. nicht durch Gesetze beschränkt ist.“

  9. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 bestimmt:

    „Die Mitgliedstaaten sehen für folgende Personen das ausschließliche Recht vor, die unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte Vervielfältigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten:

    a) für die Urheber in Bezug auf ihre Werke“.

  10. Art. 5 der Richtlinie sieht Folgendes vor:

    „(1) Die in Artikel 2 bezeichneten vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist,

    a) eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder

    b) eine rechtmäßige Nutzung

    eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben, werden von dem in Artikel 2 vorgesehenen Vervielfältigungsrecht ausgenommen.

    (5) Die in den Absätzen 1, 2, 3 und 4 genannten Ausnahmen und Beschränkungen dürfen nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden, in denen die normale Verwertung des Werks oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden.“

  11. Art. 6 der Richtlinie 2006/116/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte (ABl. L 372, S. 12) bestimmt:

    „Fotografien werden gemäß Artikel 1 [der die Schutzdauer des Urheberrechts an Werken der Literatur und Kunst im Sinne des Artikels 2 der Berner Übereinkunft bestimmt] geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien anzuwenden. Die Mitgliedstaaten können den Schutz anderer Fotografien vorsehen.“

    Nationales Recht

  12. Die Art. 2 und 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 wurden durch die §§ 2 und 11a Abs. 1 des Gesetzes Nr. 395 über das Urheberrecht (lov Nr. 395 om ophavsret) vom 14. Juni 1995 (Lovtidende 1995 A, S. 1796) in u. a. durch das Gesetz Nr. 1051 (lov Nr. 1051 om ændring af ophavsretsloven) vom 17. Dezember 2002 (Lovtidende 2002 A, S. 7881) in geänderter und kodifizierter Fassung in dänisches Recht umgesetzt.

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

  13. Infopaq ist im Bereich der Beobachtung und Analyse von Printmedien tätig und erstellt im Wesentlichen Zusammenfassungen von ausgewählten Artikeln aus der dänischen Tagespresse und verschiedenen Zeitschriften. Diese Auswahl der Artikel erfolgt nach von den Kunden ausgesuchten Themen und in einem sogenannten „Datenerfassungsverfahren“. Die Zusammenfassungen werden den Kunden per E-Mail zugesandt.
  14. Die DDF ist der Fachverband der dänischen Tageszeitungen, dessen Zweck u. a. darin besteht, seine Mitglieder in urheberrechtlichen Fragen zu unterstützen.
  15. Im Laufe des Jahres 2005 erfuhr die DDF, dass Infopaq Zeitungsartikel ohne die Zustimmung der jeweiligen Rechtsinhaber zu kommerziellen Zwecken bearbeitete. Da sie eine solche Zustimmung für eine Bearbeitung von Artikeln mittels des fraglichen Verfahrens für erforderlich hielt, teilte sie Infopaq ihre Haltung mit.
  16. Das Datenerfassungsverfahren umfasst die nachstehend aufgeführten fünf Schritte, die nach Ansicht der DDF zu vier Vervielfältigungshandlungen von Zeitungsartikeln führen.
  17. In einem ersten Schritt werden die betreffenden Publikationen von den Mitarbeitern von Infopaq manuell in einer elektronischen Datenbank registriert.
  18. Im zweiten Schritt werden die Publikationen eingescannt, nachdem zuvor der Rücken abgeschnitten wurde, so dass alle Blätter lose sind. Der Teil der Publikation, der bearbeitet werden soll, wird aus der Datenbank ausgewählt, bevor die Publikation in den Scanner eingelegt wird. Dieses Vorgehen ermöglicht es, von jeder Seite der Publikation eine Datei im TIFF-Format (Tagged Image File Format) zu erstellen. Danach wird die TIFF-Datei auf einen Server für optische Zeichenerkennung (Optical Character Recognition, im Folgenden: OCR) übertragen.
  19. Im dritten Schritt wandelt der OCR-Server die TIFF-Datei in Daten um, die digital bearbeitet werden können. Während dieses Verfahrens wird das Bild jedes Buchstabens in einen digitalen Code umgewandelt, anhand dessen der Computer die Art des Buchstabens erkennen kann. So wird etwa das Bild der Buchstaben „TDC“ in eine Information umgewandelt, die der Computer wie die Buchstaben „TDC“ behandelt und in ein Textformat umwandelt, das vom System des Computers erkannt werden kann. Diese Daten werden als Textdateien gespeichert, die von jedem Textverarbeitungsprogramm gelesen werden können. Das OCR-Verfahren endet mit dem Löschen der TIFF-Datei.
  20. Im vierten Schritt wird die Textdatei analysiert, um zuvor festgelegte Suchwörter zu finden. Jedes Mal wird eine Datei erstellt, die den Titel, den Teil und die Seitenzahl der Publikation, die das Suchwort enthält, sowie einen in Prozentzahlen zwischen 0 und 100 angegebenen Wert angibt, der die Stellung des Suchworts in dem Artikel bezeichnet. Dadurch wird die Lektüre des Artikels erleichtert. Um das Auffinden des Suchworts bei der Lektüre des Artikels noch zu verbessern, wird es mit den fünf ihm vorangehenden und den fünf ihm nachfolgenden Wörtern verbunden (im Folgenden: aus elf Wörtern bestehender Auszug). Dieser Schritt endet mit dem Löschen der Textdatei.
  21. Im fünften Schritt kommt die Datenerfassung mit dem Ausdruck eines Belegs für jede Seite der Publikation, auf der das Suchwort vorkommt, zum Abschluss. Ein Beleg könnte beispielsweise folgendermaßen aussehen:„4. November 2005 – Dagbladet Arbejderen Seite 3:TDC: 73 % ‚der anstehende Verkauf des Telekommunikationskonzerns TDC, mit dessen Übernahme gerechnet wird‘“.
  22. Infopaq bestritt, dass für diese Tätigkeit die Zustimmung der jeweiligen Rechtsinhaber erforderlich sei, und erhob beim Østre Landsret Klage gegen die DDF, mit der sie beantragte, die DDF solle anerkennen, dass Infopaq berechtigt sei, das oben beschriebene Verfahren ohne die Zustimmung des Fachverbands oder seiner Mitglieder anzuwenden. Der Østre Landsret wies die Klage ab. Daraufhin legte Infopaq beim vorlegenden Gericht Rechtsmittel ein.
  23. Nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts ist unstreitig, dass die Zustimmung der Inhaber der Urheberrechte für eine Tätigkeit, die in der Beobachtung der Printmedien und der Erstellung von Zusammenfassungen von Zeitungsartikeln besteht, nicht erforderlich ist, solange jede Publikation von einer natürlichen Person gelesen wird, die Auswahl der relevanten Artikel anhand zuvor festgelegter Suchwörter erfolgt und dem Autor der Zusammenfassung ein manuell erstellter Beleg übergeben wird, in dem das in einem Artikel gefundene Suchwort und der Fundort des Artikels in einer Publikation angegeben sind. Ebenso ist zwischen den Beteiligten des Ausgangsverfahrens unstreitig, dass die Erstellung einer Zusammenfassung als solche rechtmäßig ist und nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers bedarf.
  24. Ferner ist unstreitig, dass dieses Datenerfassungsverfahren zwei Vervielfältigungshandlungen umfasst, nämlich das Erstellen der TIFF-Dateien beim Einscannen der Presseartikel und das Erstellen von Textdateien durch die Umwandlung der TIFF-Dateien. Überdies ist unstreitig, dass durch dieses Verfahren Teile der digitalisierten Artikel vervielfältigt werden, wenn der aus elf Wörtern bestehende Auszug elektronisch gespeichert wird und die elf Wörter auf Papier ausgedruckt werden.
  25. Dagegen streiten die Parteien des Ausgangsverfahrens über die Frage, ob es sich bei den letzten beiden oben beschriebenen Schritten um Vervielfältigungshandlungen im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 handelt. Uneinigkeit besteht auch darüber, ob gegebenenfalls alle im Ausgangsverfahren fraglichen Handlungen von der in Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie vorgesehenen Ausnahme vom Vervielfältigungsrecht umfasst sind.
  26. Unter diesen Umständen hat der Højesteret das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
    1. Sind die Speicherung und das anschließende Ausdrucken eines Textauszugs aus einem Zeitungsartikel, der aus einem Suchwort sowie den fünf vorangehenden und den fünf nachfolgenden Wörtern besteht, als geschützte Vervielfältigungshandlungen im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29/EG anzusehen?
    2. Ist es für die Bestimmung, ob die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen als „flüchtig“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 anzusehen sind, von Bedeutung, in welchem Zusammenhang sie vorgenommen werden?
    3. Ist eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung als „flüchtig“ anzusehen, wenn die Vervielfältigung bearbeitet wird, z. B. durch Erstellung einer Textdatei auf der Grundlage einer Bilddatei oder durch das Suchen von Textstellen auf der Grundlage einer Textdatei?
    4. Ist eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung als „flüchtig“ anzusehen, wenn ein Teil der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern bestehenden Vervielfältigung gespeichert wird?
    5. Ist eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung als „flüchtig“ anzusehen, wenn ein Teil der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern bestehenden Vervielfältigung ausgedruckt wird?
    6. Ist es für die Bestimmung, ob die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen einen „integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 darstellen, von Bedeutung, in welchem Stadium des technischen Verfahrens sie vorgenommen werden?
    7. Können vorübergehende Vervielfältigungshandlungen einen „integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens“ darstellen, wenn sie aus dem manuellen Einscannen ganzer Zeitungsartikel bestehen, wodurch diese von einem Printmedium in ein digitales Medium umgewandelt werden?
    8. Können vorübergehende Vervielfältigungshandlungen einen „integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens“ darstellen, wenn sie aus dem Ausdrucken eines Teils der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern bestehenden Vervielfältigung bestehen?
    9. Umfasst die „rechtmäßige Nutzung“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 jede Form der Nutzung, die nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers bedarf?
    10. Umfasst die „rechtmäßige Nutzung“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 das Einscannen ganzer Zeitungsartikel, die anschließende Bearbeitung der Vervielfältigung sowie die Speicherung und das etwaige Ausdrucken eines Teils der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern bestehenden Vervielfältigung durch ein Unternehmen für Zwecke des Schreibens von Zusammenfassungen, obwohl der Rechtsinhaber diesen Handlungen nicht zugestimmt hat?
    11. Nach welchen Kriterien ist zu beurteilen, ob die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen „von eigenständiger wirtschaftlicher Bedeutung“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 sind, sofern die übrigen Voraussetzungen der Bestimmung erfüllt sind?
    12. Können durch die vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen erzielte Rationalisierungsgewinne des Nutzers in die Beurteilung der Frage einfließen, ob diese Handlungen „von eigenständiger wirtschaftlicher Bedeutung“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 sind?
    13. Sind das Einscannen ganzer Zeitungsartikel, die darauf folgende Bearbeitung der Vervielfältigung sowie die Speicherung und das etwaige Ausdrucken eines Teil der aus einem oder mehreren Textauszügen von elf Wörtern bestehenden Vervielfältigung durch ein Unternehmen ohne die Zustimmung des Rechtsinhabers im Sinne von Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 „bestimmte Sonderfälle, in denen die normale Verwertung“ der Zeitungsartikel „nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden“?

    Zu den Vorlagefragen

    Vorbemerkung

  27. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts und der Gleichheitssatz verlangen, die Begriffe einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die – wie Art. 2 der Richtlinie 2001/29 – für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Gemeinschaft autonom und einheitlich auszulegen (vgl. insbesondere Urteile vom 6. Februar 2003, SENA, C-245/00, Slg. 2003, I-1251, Randnr. 23, und vom 7. Dezember 2006, SGAE, C-306/05, Slg. 2006, I-11519, Randnr. 31).
  28. Diese Erfordernisse gelten insbesondere für die Richtlinie 2001/29, wie der Wortlaut ihrer Erwägungsgründe 6 und 21 zeigt.
  29. Folglich kann die österreichische Regierung nicht mit Erfolg geltend machen, dass es Sache der Mitgliedstaaten sei, den in Art. 2 der Richtlinie 2001/29 verwendeten, dort aber nicht definierten Begriff „teilweise Vervielfältigung“ zu definieren (vgl. in diesem Sinne in Bezug auf den Begriff „öffentlich“ des Art. 3 der Richtlinie Urteil SGAE, Randnr. 31).

    Zur ersten Frage

  30. Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Begriff „teilweise Vervielfältigung“ im Sinne der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass er Handlungen zur elektronischen Speicherung eines aus elf Wörtern bestehenden Auszugs und das Ausdrucken eines solchen Auszugs auf Papier umfasst.
  31. Die Richtlinie 2001/29 definiert weder den Begriff „Vervielfältigung“ noch den Begriff „teilweise Vervielfältigung“.
  32. Unter diesen Umständen sind diese Begriffe im Hinblick auf den Wortlaut und den Zusammenhang des Art. 2 der Richtlinie 2001/29, in dem sie erwähnt werden, sowie im Licht der Ziele sowohl der gesamten Richtlinie als auch des Völkerrechts zu definieren (vgl. in diesem Sinne Urteil SGAE, Randnrn. 34 und 35 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
  33. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 sieht vor, dass die Urheber das ausschließliche Recht haben, die Vervielfältigung ihrer Werke ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten. Daraus folgt, dass Schutzobjekt des Rechts des Urhebers, die Vervielfältigung zu erlauben oder zu verbieten, ein „Werk“ ist.
  34. Insoweit geht aus dem Gesamtzusammenhang der Berner Übereinkunft, insbesondere aus deren Art. 2 Abs. 5 und 8, hervor, dass der Schutz bestimmter Schutzgüter als Werke der Literatur und Kunst voraussetzt, dass es sich dabei um geistige Schöpfungen handelt.
  35. Ebenso sind gemäß Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 91/250, Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 96/9 und Art. 6 der Richtlinie 2001/116 Werke wie Computerprogramme, Datenbanken oder Fotografien nur urheberrechtlich geschützt, wenn sie Originale in dem Sinne sind, dass es sich bei ihnen um eine eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers handelt.
  36. Indem die Richtlinie 2001/29 einen harmonisierten Rechtsrahmen des Urheberrechts festlegt, beruht sie, wie aus ihren Erwägungsgründen 4, 9 bis 11 und 20 hervorgeht, auf demselben Grundsatz.
  37. Unter diesen Umständen kann das Urheberrecht im Sinne des Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 nur in Bezug auf ein Schutzobjekt angewandt werden, bei dem es sich um ein Original in dem Sinne handelt, dass es eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt.
  38. Nichts in der Richtlinie 2001/29 oder in einer anderen maßgeblichen Richtlinie deutet darauf hin, dass die Teile eines Werkes einer anderen Regelung unterliegen als das Gesamtwerk. Folglich sind sie urheberrechtlich geschützt, da sie als solche an der Originalität des Gesamtwerks teilhaben.
  39. Unter Berücksichtigung der Erwägungen in Randnr. 37 des vorliegenden Urteils sind die verschiedenen Teile eines Werkes somit unter der Voraussetzung, dass sie bestimmte Elemente enthalten, die die eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers zum Ausdruck bringen, nach Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 geschützt.
  40. In Bezug auf den Umfang eines solchen Schutzes des Werkes geht aus den Erwägungsgründen 9 bis 11 der Richtlinie 2001/29 hervor, dass das Hauptziel der Richtlinie darin besteht, ein hohes Schutzniveau u. a. zugunsten der Urheber sicherzustellen und diesen eine angemessene Vergütung für die Nutzung einschließlich der Vervielfältigung ihrer Werke zu ermöglichen, damit sie weiterhin schöpferisch und kreativ tätig sein können.
  41. Mit derselben Ausrichtung verlangt der 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29, dass die unter das Vervielfältigungsrecht fallenden Handlungen weit verstanden werden.
  42. Diese Forderung nach einer weiten Definition dieser Handlungen ist außerdem auch im Wortlaut von Art. 2 der Richtlinie zu finden, der Wendungen wie „unmittelbar oder mittelbar“, „vorübergehend oder dauerhaft“, „auf jede Art und Weise“ und „in jeder Form“ verwendet.
  43. Folglich muss der Schutz im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 2001/29 weitreichend sein.
  44. Bei Zeitungsartikeln ergibt sich die in Randnr. 37 des vorliegenden Urteils erwähnte eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers regelmäßig aus der Art und Weise, in der das Thema dargestellt wird, sowie aus dem sprachlichen Ausdruck. Im Übrigen ist im Ausgangsverfahren unstreitig, dass es sich bei Zeitungsartikeln als solchen um Werke der Literatur im Sinne der Richtlinie 2001/29 handelt.
  45. In Bezug auf die unter den Schutz fallenden Bestandteile solcher Werke ist festzustellen, dass die Werke aus Wörtern bestehen, die einzeln betrachtet keine geistige Schöpfung des Urhebers sind, der sie verwendet. Erst mit Hilfe der Auswahl, der Anordnung und der Kombination dieser Wörter vermag der Urheber seinen schöpferischen Geist in origineller Weise zum Ausdruck zu bringen und zu einem Ergebnis zu gelangen, das eine geistige Schöpfung darstellt.
  46. Wörter als solche stellen somit keine vom Schutz erfassten Bestandteile dar.
  47. Gleichwohl kann, da der Schutzumfang des Art. 2 der Richtlinie 2001/29 weit auszulegen ist, nicht ausgeschlossen werden, dass bestimmte einzelne Sätze oder sogar Satzteile des betreffenden Textes dazu geeignet sind, dem Leser die Originalität einer Publikation wie etwa eines Zeitungsartikels zu vermitteln, indem sie ihm einen Bestandteil mitteilen, der als solcher Ausdruck der eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers dieses Artikels ist. Solche Sätze oder solche Satzteile können also Schutzobjekt des Art. 2 Buchst. a der Richtlinie sein.
  48. Im Hinblick auf diese Erwägungen kann der Ausdruck eines Auszugs aus einem geschützten Werk, der – wie im Ausgangsverfahren – aus elf aufeinander folgenden Wörtern des Werkes besteht, eine teilweise Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 darstellen, wenn ein solcher Auszug – was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist – einen Bestandteil des Werkes enthält, der als solcher die eigene geistige Schöpfung des Urhebers zum Ausdruck bringt.
  49. Außerdem ist festzustellen, dass das von Infopaq verwendete Datenerfassungsverfahren die Wiederholung einer Vielzahl von Ausschnitten der geschützten Werke ermöglicht. Bei diesem Verfahren wird nämlich jedes Mal, wenn im betreffenden Werk ein Suchwort erscheint, ein aus elf Wörtern bestehender Auszug wiedergegeben, und es arbeitet überdies oft mit mehreren Suchwörtern, da bestimmte Kunden Infopaq um anhand mehrerer Kriterien erstellte Zusammenfassungen bitten.
  50. Dadurch erhöht dieses Verfahren die Wahrscheinlichkeit, dass Infopaq teilweise Vervielfältigungen im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 vornimmt, weil die Sammlung dieser Auszüge dazu führen kann, dass längere Ausschnitte rekonstruiert werden, die die Originalität des betreffenden Werkes dadurch widerspiegeln können, dass sie eine Anzahl von Bestandteilen enthalten, die geeignet sind, eine eigene geistige Schöpfung des Urhebers dieses Werks zum Ausdruck zu bringen.
  51. Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass eine Handlung, die im Laufe eines Datenerfassungsverfahrens vorgenommen wird, das darin besteht, einen aus elf Wörtern bestehenden Auszug eines geschützten Werkes zu speichern und auszudrucken, unter den Begriff der teilweisen Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 fallen kann, wenn die so wiedergegebenen Bestandteile – was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist – die eigene geistige Schöpfung durch den Urheber zum Ausdruck bringen.

    Zu den Fragen zwei bis zwölf

  52. Sofern die im Ausgangsverfahren fraglichen Handlungen unter den Begriff der teilweisen Vervielfältigung eines geschützten Werkes im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 fallen, geht aus den Art. 2 und 5 der Richtlinie hervor, dass eine solche Vervielfältigung nicht ohne die Zustimmung des betreffenden Urhebers erfolgen darf, es sei denn, diese Vervielfältigung erfüllt die Voraussetzungen von Art. 5 der Richtlinie.
  53. In diesem Kontext möchte das vorlegende Gericht mit seinen Fragen zwei bis zwölf wissen, ob die Vervielfältigungshandlungen, die im Laufe eines Datenerfassungsverfahrens wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen vorgenommen wurden, die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 erfüllen und ob dieses Verfahren demnach ohne die Zustimmung der betreffenden Inhaber der Urheberrechte erfolgen darf, wenn es darauf abzielt, das Schreiben einer Zusammenfassung von Zeitungsartikeln zuzulassen, und im Einscannen der gesamten Artikel, der Speicherung eines aus elf Wörtern bestehenden Auszugs und dem Ausdrucken dieses Auszugs besteht.
  54. Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 ist eine Vervielfältigungshandlung nur vom Vervielfältigungsrecht nach Art. 2 der Richtlinie ausgenommen, wenn sie die folgenden fünf Voraussetzungen erfüllt:
    • diese Handlung ist vorübergehend;
    • sie ist flüchtig oder begleitend;
    • sie stellt einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens dar;
    • alleiniger Zweck des Verfahrens ist es, eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder eine rechtmäßige Nutzung eines geschützten Werkes oder eines Schutzobjekts zu ermöglichen, und
    • die Handlung hat keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung.
  55. Zunächst ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen insofern kumulativ sind, als die Nichterfüllung einer einzigen Voraussetzung zur Folge hat, dass die Vervielfältigungshandlung nicht nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 vom Vervielfältigungsrecht des Art. 2 der Richtlinie ausgenommen ist.
  56. Für die Auslegung der einzelnen Voraussetzungen ist sodann daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung die Bestimmungen einer Richtlinie, die von einem in dieser Richtlinie aufgestellten allgemeinen Grundsatz abweichen, eng auszulegen sind (Urteile vom 29. April 2004, Kapper, C-476/01, Slg. 2004, I-5205, Randnr. 72, und vom 26. Oktober 2006, Kommission/Spanien, C-36/05, Slg. 2006, I-10313, Randnr. 31).
  57. Dies ist bei der Ausnahme des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 der Fall, weil es sich dabei um eine Abweichung vom in dieser Richtlinie aufgestellten allgemeinen Grundsatz – dem Erfordernis einer Zustimmung des Inhabers des Urheberrechts für die jeweilige Vervielfältigung eines geschützten Werkes – handelt.
  58. Dies gilt umso mehr, als diese Ausnahme im Licht des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29 auszulegen ist, wonach sie nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden darf, in denen die normale Verwertung des Werkes oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden.
  59. Gemäß den Erwägungsgründen 4, 6 und 21 der Richtlinie 2001/29 sind die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 auch im Licht der Rechtssicherheit der Urheber in Bezug auf den Schutz ihrer Werke auszulegen.
  60. In der vorliegenden Rechtssache macht Infopaq geltend, die im Ausgangsverfahren fraglichen Vervielfältigungshandlungen erfüllten die Voraussetzung, vorübergehender Art zu sein, da sie nach Abschluss des elektronischen Suchvorgangs gelöscht würden.
  61. Insoweit ist im Licht der dritten der in Randnr. 54 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Voraussetzungen festzustellen, dass eine vorübergehende und flüchtige Vervielfältigungshandlung darauf abzielt, die Durchführung eines technischen Verfahrens zu ermöglichen, von dem sie einen integralen und wesentlichen Teil darstellen muss. Unter diesen Umständen dürfen diese Vervielfältigungshandlungen im Hinblick auf die in den Randnrn. 57 und 58 des vorliegenden Urteils genannten Grundsätzen nicht über das hinausgehen, was für das ordnungsgemäße Funktionieren dieses technischen Verfahrens erforderlich ist.
  62. Die Rechtssicherheit der Inhaber von Urheberrechten gebietet es darüber hinaus, dass die Speicherung und die Löschung der Vervielfältigung nicht vom Willen einer natürlichen Person, insbesondere des Nutzers der geschützten Werke, abhängig sind. Sonst wäre nämlich nicht sichergestellt, dass der Betroffene die hergestellte Vervielfältigung auch tatsächlich löscht oder sie jedenfalls löscht, sobald ihr Fortbestehen im Hinblick auf ihre Funktion, die Durchführung eines technischen Verfahrens zu ermöglichen, nicht mehr gerechtfertigt ist.
  63. Diese Schlussfolgerung wird durch den 33. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 bestätigt, der anhand charakteristischer Beispiele von Handlungen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie die Handlungen aufzählt, die das „Browsing“ sowie Handlungen des „Caching“ ermöglichen, einschließlich solcher, die das effiziente Funktionieren der Übertragungssysteme ermöglichen. Derartige Handlungen werden definitionsgemäß automatisch und ohne Beteiligung natürlicher Personen erzeugt und gelöscht.
  64. Nach alledem ist festzustellen, dass eine Handlung nur dann „flüchtig“ im Sinne der zweiten Voraussetzung des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 ist, wenn ihre Lebensdauer auf das für das ordnungsgemäß Funktionieren des betreffenden technischen Verfahrens Erforderliche beschränkt ist, wobei dieses Verfahren derart automatisiert sein muss, dass es diese Handlung automatisch, ohne Beteiligung einer natürlichen Person löscht, sobald ihre Funktion, die Durchführung eines solchen Verfahrens zu ermöglichen, erfüllt ist.
  65. Im Ausgangsverfahren kann nicht ohne Weiteres ausgeschlossen werden, dass die beiden ersten im Ausgangsverfahren fraglichen Vervielfältigungshandlungen, also das Erstellen der TIFF-Dateien und der durch deren Umwandlung erzeugten Textdateien, flüchtig sind, da sie automatisch von dem Rechner, auf dem sie gespeichert sind, gelöscht werden.
  66. Bei der dritten Vervielfältigungshandlung – der elektronischen Speicherung des aus elf Wörtern bestehenden Auszugs – kann anhand der dem Gerichtshof vorliegenden Informationen nicht beurteilt werden, ob das technische Verfahren derart automatisiert ist, dass die betreffende Datei ohne Beteiligung einer natürlichen Person nach kurzer Zeit wieder von dem Rechner, auf dem sie gespeichert ist, gelöscht wird. Daher ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob ihre Löschung vom Willen des Nutzers der Vervielfältigung abhängt und ob die Gefahr besteht, dass die Datei gespeichert bleibt, nachdem sie ihre Funktion, das betreffende technische Verfahren durchzuführen, erfüllt hat.
  67. Unstreitig ist jedoch, dass Infopaq mit der letzten Vervielfältigungshandlung des Datenerfassungsverfahrens eine Vervielfältigung außerhalb des Informatikbereichs vorgenommen hat. Infopaq druckt Dateien aus, die die aus elf Wörtern bestehenden Auszüge enthalten, und vervielfältigt so diese Auszüge auf Papier.
  68. Wenn die Vervielfältigung auf einem solchen materiellen Träger festgehalten ist, verschwindet sie erst mit dessen Zerstörung.
  69. Da das Datenerfassungsverfahren überdies offensichtlich nicht in der Lage ist, einen solchen Träger selbst zu zerstören, hängt die Löschung der fraglichen Vervielfältigung allein vom Willen des Nutzers eines solchen Verfahrens ab, von dem nicht einmal sicher bekannt ist, ob er sich des Trägers entledigen will. Folglich besteht die Gefahr, dass die Vervielfältigung je nach Bedarf des Nutzers für einen längeren Zeitraum fortbesteht.
  70. Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die letzte Handlung des im Ausgangsverfahren fraglichen Datenerfassungsverfahrens, mit der Infopaq die aus elf Wörtern bestehenden Auszüge ausdruckt, keine flüchtige Handlung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 ist.
  71. Überdies ergibt sich weder aus den dem Gerichtshof vorgelegten Unterlagen, dass eine solche Handlung begleitend wäre, noch ist dergleichen vorgetragen worden.
  72. Nach alledem erfüllt diese Handlung nicht die zweite Voraussetzung des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 und kann somit nicht von dem in deren Art. 2 vorgesehenen Vervielfältigungsrecht ausgenommen werden.
  73. Folglich kann das im Ausgangsverfahren fragliche Datenerfassungsverfahren nicht ohne die Zustimmung der Inhaber der Urheberrechte durchgeführt werden, so dass nicht geprüft zu werden braucht, ob die vier Vervielfältigungshandlungen, aus denen dieses Verfahren besteht, die anderen Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 erfüllen.
  74. Deshalb ist auf die Fragen zwei bis zwölf zu antworten, dass das Ausdrucken eines aus elf Wörtern bestehenden Auszugs, der im Laufe eines Datenerfassungsverfahrens wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen erfolgt, nicht die Voraussetzung der Flüchtigkeit im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 erfüllt und dass dieses Verfahren daher nicht ohne die Zustimmung der Inhaber der betreffenden Urheberrechte durchgeführt werden darf.

    Zur dreizehnten Frage

  75. Aufgrund der Antwort auf die Fragen zwei bis zwölf braucht die dreizehnte Frage nicht beantwortet zu werden.

    Kosten

  76. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

  1. Eine Handlung, die im Laufe eines Datenerfassungsverfahrens vorgenommen wird, das darin besteht, einen aus elf Wörtern bestehenden Auszug eines geschützten Werkes zu speichern und auszudrucken, kann unter den Begriff der teilweisen Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft fallen, wenn die so wiedergegebenen Bestandteile – was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist – die eigene geistige Schöpfung durch den Urheber zum Ausdruck bringen.
  2. Das Ausdrucken eines aus elf Wörtern bestehenden Auszugs, der im Laufe eines Datenerfassungsverfahrens wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen erfolgt, erfüllt nicht die Voraussetzung der Flüchtigkeit im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29, und daher darf dieses Verfahren nicht ohne die Zustimmung der Inhaber der betreffenden Urheberrechte durchgeführt werden.

Unterschriften


Zypries fordert europäisches Vorgehen gegen Google Books

Der Wettbewerbsfähigkeitsrat der Europäischen Union hat sich heute in Brüssel mit dem Thema „Google Books“ befasst. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hatte das Thema auf die Tagesordnung setzen lassen, um die anderen Mitgliedstaaten für die Auswirkungen von Google Books und des US-amerikanischen „Google Book Settlement“ auf die Rechte europäischer Schriftsteller und Verlage zu sensibilisieren. Ergebnis der Ratsdebatte war eine Bitte der Mitgliedstaaten an die Kommission, sich des Themas anzunehmen.

„Das Vorgehen von Google bei der Digitalisierung von Büchern ist nicht akzeptabel. Es ist mit den Grundsätzen des europäischen Urheberrechts nicht zu vereinbaren. Bei uns in Europa ist die Zustimmung des Urhebers einzuholen, bevor ein Werk digitalisiert und im Internet zugänglich gemacht wird. Ich halte es für dringend erforderlich, dass der Rat ein klares politisches Signal sendet, um zu verhindern, dass Google die in den USA digitalisierten Werke ohne Einverständnis der Rechtsinhaber in Europa öffentlich zugänglich macht,“ erklärte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Google hat in den USA ohne vorherige Zustimmung der Rechtsinhaber Bücher aus US-amerikanischen Bibliotheken eingescannt. Die digitalen Kopien nutzt Google für den Aufbau einer Datenbank, der sogenannten „Google Buchsuche“. Mit Hilfe dieser Datenbank werden einem Internetnutzer eine Ansicht der Titelseite und in den meisten Fällen auch kurze Ausschnitte aus den Büchern angezeigt, sogenannte „snippets“. Unter den gescannten Büchern befindet sich auch eine Vielzahl von Büchern europäischer Rechtsinhaber.

Eines der Hauptprobleme in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass das Urheberrecht unter anderem den Autoren helfen soll, finanzielle Vorteile aus ihren Werken zu ziehen. Bei Google werden in erster Linie wissenschaftliche Werke eingesehen. Romane werden selten ausschnittsweise gelesen und andere — eher austauschbare — Inhalte wie sie in Ratgebern, Kochbücher etc. zu finden sind, gibt es auf zahllosen Websites wie Sand am Meer. Da lohnt sich die Suche in Google-Books nicht. In Romane wird allenfalls hineingelesen — aber wenn das Buch den Leser interessiert, muss er es doch kaufen, es sei denn, er will nicht den Fortgang der Geschichte kennen. Bei den wissenschaftlichen Werken sind die meisten Autoren zwar ebenso wie die anderen Autoren an einer finanziellen Leistung für ihr Werk interessiert. Diese fällt aber in aller Regel — Urheberrecht hin, Urheberrecht her — zumeist sehr bescheiden aus. Die meisten wissenschaftlichen Autoren sind froh, wenn sie keinen Druckkostenzuschuss bezahlen müssen, damit ihr Werk überhaupt veröffentlicht wird. Für diese Autoren hat Google-Books eher Vorteile, denn so können ihre Texte wenigstens gelesen werden. Die Alternative ist das Untertauchen der Bücher in einigen Bibliotheken.

Amerikanische Autoren- und Verlegerverbände haben wegen der Verletzung von Urheberrechten gegen Google in den USA geklagt. Bei dieser Klage handelt es sich um eine Sammelklage — die sogenannte „class action“ –, die das deutsche Recht nicht kennt. Die Entscheidung bei einer „class action“ wirkt nicht nur für die Parteien des Rechtsstreits, sondern für alle Mitglieder einer „class“, also für alle Autoren und Verlage, die von Googles Vorgehen betroffen sind. Der Rechtsstreit soll durch einen Vergleich – der allerdings noch am 7. Oktober 2009 vom Gericht abschließend gebilligt werden muss – beigelegt werden. Der angestrebte Vergleich würde auch europäische Autoren und Verlage betreffen.

Den Wirkungen des Vergleichs können sich die Urheber und Verlage nur dadurch entziehen, dass sie bis zum 4. September 2009 ihren Austritt aus dem Vergleich erklären. Damit behalten sie auch das Recht, selbst Klage gegen Google zu erheben. Unabhängig vom Austritt können sie bis zum 4. September 2009 Einwände gegen den Inhalt des Vergleichs vorbringen und Änderungen beantragen.

„Die Diskussion über Google Books muss in einer der nächsten Ratssitzungen fortgeführt werden. Wir haben die EU-Kommission gebeten, sich zwischenzeitlich des Themas anzunehmen. Sie sollte das Projekt „Google Books“ und die Auswirkungen des in den USA geschlossenen Vergleichs überprüfen, sowohl unter urheberrechtlichen als auch unter kulturpolitischen und kartellrechtlichen Aspekten. Brüssel muss gegebenenfalls weitere Maßnahmen zum Schutz der Rechtsinhaber einleiten. Googles Vorgehen ist nämlich nicht nur urheberrechtlich bedenklich, sondern kann sich auch auf die Medienkonzentration und die kulturelle Vielfalt in Europa auswirken“, betonte Zypries.

Googles Vorgehen ist in der Tat — trotz einiger Vorteile — problematisch. Jedoch ist der Rückschritt zur Literaturverknappung auch nicht die richtige Lösung, weil davon weder die Leser noch die Autoren profitieren.

Neues Urheberrecht tritt zum 1. Januar 2008 in Kraft

Der zweite Korb ist insbesondere wegen den Beschränkungen für Bibliotheken und Wissenschaftler und der Etablierung eines Straftatbestandes im Zusammenhang mit dem Kopierschutz umstritten. Es wurden weitgehend die Interessen der Industrie, nicht der der Allgemeinheit, berücksichtigt. So hat der Bundesrat für dringend geboten erachtet, ein bildungs- und wissenschaftsfreundlicheres Urheberrecht zu schaffen, das auch den Erfordernissen der nicht kommerziell ausgerichteten Einrichtungen in Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie dem Grundrecht auf Informationsfreiheit der Bürger weit stärker als bisher Rechnung trägt. Davon bewegt sich das Urheberrecht immer weiter weg. Vorteile für Verbraucher in der Novelle: Fehlanzeige.

Das Urheberrecht wird immer mehr zu einem Industrierecht und es wird immer undurchschaubarer. Man fragt sich inzwischen, ob man noch den neusten Schlager in der U-Bahn summen darf — oder ist das eine öffentliche Darbietung urheberrechtlich geschützten Materials? Beim Straßenmusiker ist das klar: was die machen, das ist nicht zulässig, oder doch?

Die Geltung des im Urheberrecht allgemein angewendeten Schutzlandprinzips bereitet den Informationsanbietern im Internetbereich unkalkulierbare Probleme. Diejenigen, die sich rechtmäßig verhalten wollen, müssen ihre Online-Auftritte nach den Urheberrechtsordnungen all derjenigen Staaten ausrichten, in denen ihr Angebot abrufbar ist, da jeder dieser Staaten potentiell als Schutzland in Betracht kommt. Eine praktisch undurchführbare Anforderung, sofern man nicht nur eigene Materialien verwendet.

Die Musikindustrie beklagt Umsatzrückgänge von bis zu 30 %. Das ist allerdings nicht auch nur zu einem überwiegenden Teil auf die Tauschbörsen zurückzuführen, sondern liegt daran, dass das Geld für Funktelefon oder Computerspiele ausgegeben wird, es mehr Radiosender gibt, die moderne Industriemusik immer austauschbarer klingt etc.

1. Privatkopie

Die private Kopie der Werke auch in digitaler Form bleibt nur noch unter Umständen erlaubt. Das neue Recht enthält eine Klarstellung: Bisher war die Kopie einer offensichtlich rechtswidrig hergestellten Vorlage verboten. Dieses Verbot wird nunmehr ausdrücklich auch auf unrechtmäßig online zum Download angebotene Vorlagen ausgedehnt. Auf diese Weise wird die Nutzung illegaler Tauschbörsen klarer erfasst. In Zukunft gilt also: Wenn für den Nutzer einer Peer-to-Peer-Tauschbörse offensichtlich ist, dass es sich bei dem angebotenen Film oder Musikstück um ein rechtswidriges Angebot im Internet handelt, darf er keine Privatkopie davon herstellen.

Wann etwas unrechtmäßig angeboten wird, ist allerdings ein nur auf den ersten Blick einfache Frage. Das fängt schon damit an, dass in Kanada die Schutzfrist kürzer, in den USA hingegen länger ist als Deutschland. Die ersten Lieder des Rock’n Roll (Buddy Holly, Ritchie Valens, Eddie Cochran) verlieren in Kanada gerade ihren Urheberschutz, sind in Deutschland aber noch geschützt. Ferner sind ja z.B. auch kurze Filmsequenzen wie sie in Videoportalen millionenfach angeboten werden geschützt. Gleichzeitig werden solche Abschnitte von der Industrie als Trailer, Preview oder dergleichen genauso millionenfach als Werbung verteilt — wie auch einzelnen Musiktitel oft genug umsonst als Lockmittel angeboten werden.

Das sind nur zwei Beispiele – es gibt zahllose andere, bei denen sich die Frage nach der Offensichtlichkeit stellt. Da ja auch beim bloßen Abspielen eine lokale Kopie der Daten angefertigt wird, sind hier viele Fragen zu klären und man kann nur hoffen, dass die Rechtsprechung restriktiv vorgeht.

§ 106 UrhG: Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Das strafrechtlich bewehrte Verbot, einen Kopierschutz zu knacken, wird etabliert. Das Überwinden von Kopierschutzmaßnahmen zu kommerziellen Zwecken wurde mit der ersten Novelle zum Urheberrecht ein Straftatbestand. Die zulässige Privatkopie ist nicht mehr erlaubt, wenn von dem Verleger oder Hersteller des geschützen Werkes Kopierschutzmaßnahmen eingesetzt werden. Die Rechtsinhaber können ihr geistiges Eigentum durch derartige technische Maßnahmen selbst schützen.

Es gäbe kein „Recht auf Privatkopie“, offenbar auch kein Recht auf eine Sicherheitskopie oder die Möglichkeit, eine Musik-CD auf den mp3-Spieler zu übertragen. Dieses Recht auf eine Privatkopie ließe sich auch nicht aus den Grundrechten herleiten: Eine Privatkopie schaffe keinen Zugang zu neuen Informationen, sondern verdoppelt lediglich die bereits bekannten, das das Bundesjustizministerium.

2. Pauschalvergütung als Ausgleich für die Privatkopie

Als Ausgleich für die erlaubte Privatkopie bekommt der Urheber eine pauschale Vergütung. Sie wird auf Geräte und Speichermedien erhoben und über die Verwertungsgesellschaften an die Urheber ausgeschüttet. Privatkopie und Pauschalvergütung gehören also untrennbar zusammen. Dabei bleibt es auch. Allerdings ändert der Zweite Korb die Methode zur Bestimmung der Vergütung. Bisher waren die Vergütungssätze in einer Anlage zum Urheberrechtsgesetz gesetzlich festgelegt. Diese Liste wurde zuletzt 1985 geändert und ist veraltet. Das hat zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten über die Vergütungspflichtigkeit neuer Geräte geführt, die bis heute die Gerichte beschäftigen.

Eine gesetzliche Anpassung der Vergütungssätze wäre hier keine ausreichende Lösung. Angesichts der rasanten technischen Entwicklung im digitalen Zeitalter müsste die Liste schon nach kurzer Zeit erneut geändert werden. Nach dem neuen Recht sollen daher die Beteiligten selbst, also die Verwertungsgesellschaften und die Verbände der Geräte- und Speichermedienhersteller, die Vergütung miteinander aushandeln. Für den Streitfall sind beschleunigte Schlichtungs- und Entscheidungsmechanismen vorgesehen. Mit diesem marktwirtschaftlichen Modell soll flexibler auf neue technische Entwicklungen reagiert werden können.

Außerdem sollen Einigungen über die Vergütungszahlungen zügiger zustande kommen.

Vergütungspflichtig sind in Zukunft alle Geräte und Speichermedien, deren Typ zur Vornahme von zulässigen Vervielfältigungen benutzt wird. Keine Vergütungspflicht besteht für Geräte, in denen zwar ein digitaler, theoretisch für Vervielfältigungen nutzbarer Speicherchip eingebaut ist, dieser tatsächlich aber ganz anderen Funktionen dient.

Der Gesetzgeber gibt den Beteiligten nur noch einen verbindlichen Rahmen für die Vergütungshöhe vor. Sie soll sich nach dem tatsächlichen Ausmaß der Nutzung bemessen, in dem Geräte und Speichermedien typischer Weise für erlaubte Vervielfältigungen genutzt werden. Dies ist durch empirische Marktuntersuchungen zu ermitteln. Soweit nicht mehr privat kopiert werden kann, weil etwa Kopierschutz oder Digital-Rights-Management-Systeme (DRM) eingesetzt werden, gibt es auch keine pauschale Vergütung. Der Verbraucher wird also nicht doppelt belastet. Zugleich werden auch die Interessen der Hersteller der Geräte und Speichermedien berücksichtigt. Die ursprünglich vorgesehene 5 %-Obergrenze vom Verkaufspreis des Gerätes ist in den Beratungen im Bundestag zwar gestrichen worden. Die wirtschaftlichen Belange der Gerätehersteller werden gleichwohl hinreichend berücksichtigt. Es bleibt dabei, dass deren berechtigte Interessen nicht unzumutbar beeinträchtigt werden dürfen und die Vergütung in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum Preisniveau des Geräts oder Speichermediums stehen muss.

3. Schranken für Wissenschaft und Forschung

Die Novelle erlaubt es öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven erstmalig, ihre Bestände an elektronischen Leseplätzen zu zeigen. Damit behalten diese Einrichtungen Anschluss an die neuen Medien, allerdings verbunden mit zusätzlichen Kosten, die für die sowieso nur noch wegen den rasant steigenden Kosten schlecht ausgestatten Bibliotheken nicht unbedingt ein Vorteil sein.

Neu ist auch, dass Bibliotheken auf gesetzlicher Basis Kopien von urheberrechtlich geschützten Werken auf Bestellung anfertigen und versenden dürfen, z.B. per E-Mail. Das dient dem Wissenschaftsstandort Deutschland. Die berechtigten Interessen der Verlage werden dadurch gewahrt, dass diese Nutzungsmöglichkeiten bestimmten Einschränkungen unterliegen. So ist die Anzahl der Vervielfältigungen eines bestimmten Werkes, die an Leseplätzen gleichzeitig gezeigt werden dürfen, grundsätzlich an die Anzahl der Exemplare im Bestand der Einrichtung geknüpft. Wenn nur ein Exemplar vorhanden ist, darf nur ein Exemplar elektronisch zur Verfügung gestellt werden. Nur bei Belastungsspitzen dürfe darüber hinausgegangen werden. Was das sein soll, bleibt im Dunkeln. Liegt eine Belastungsspitze vor, wenn mehrere Personen ein bestimmtes Werk zu sehen wünschen? — wohl kaum, denn dann wäre die Beschränkung auf die Anzahl der Vervielfältigungen eines bestimmten Werkes überflüssig.

Bibliotheken dürfen Kopien per E-Mail nur dann versenden, wenn der Verlag nicht ein offensichtliches eigenes Online-Angebot zu angemessenen Bedingungen bereithält. Diese Einschränkungen sind zum Schutz des geistigen Eigentums der Verlage und Autoren erforderlich, denn der Gesetzgeber darf keine Regelungen treffen, die es den Verlagen unmöglich machen, ihre Produkte am Markt zu verkaufen.

4. Unbekannte Nutzungsarten

Bisher durften keine Verträge über die Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in einer Nutzungsart geschlossen werden, die es zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch gar nicht gab, z. B. in einem zwischenzeitlich entwickelten Internet. Wollte der Verwerter das Werk auf diese neue Art nutzen, musste er nach Urhebern oder ihren Erben suchen und sich mit ihnen über die Verwertung einigen. Nach dem Gesetz soll der Urheber über seine Rechte auch für die Zukunft vertraglich verfügen können. Die Industrie kann sich damit in ihren „Standard-Verträgen“ die Verwertung von allem und für immer sichern.

Dies liege — so meint das Justizministerium — nicht nur im Interesse der Verwerter und der Verbraucher, sondern diene auch dem Urheber selbst. Sein Werk bleibe zukünftigen Generationen in neu entwickelten Medien erhalten. Der Urheber werde durch die Neuregelung auch ausreichend geschützt. Er erhält eine gesonderte, angemessene Vergütung, wenn sein Werk in einer neuen Nutzungsart verwertet wird. Nur — selber nutzen kann der Urheber es erst Mal nicht.

Außerdem muss der Verwerter den Urheber informieren, bevor er mit der neuartigen Nutzung beginnt. Das schwächt das Argument, die Industrie müsse vor der Nutzung in einer neuen Art nicht nach dem Urhebern suchen, deutlich ab. Danach kann der Urheber die Rechtseinräumung binnen drei Monaten widerrufen. Mit einer parallelen Regelung wird auch die Verwertung schon bestehender Werke, die in Archiven liegen, in neuen Nutzungsarten ermöglicht. Eine Öffnung der Archive liegt auch im Interesse der Allgemeinheit, weil sie gewährleistet, dass Werke aus der jüngeren Vergangenheit in den neuen Medien genutzt werden können und Teil des Kulturlebens bleiben.

Das Gesetz trägt auch den Besonderheiten des Films Rechnung. Dort sind typischerweise zahlreiche Mitwirkende beteiligt. Schon bislang galt deshalb die gesetzliche Vermutung, dass der Filmproduzent im Zweifel das Recht erwarb, den Film in allen bekannten Nutzungsarten zu verwerten. Diese Vermutung wird jetzt auf unbekannte Nutzungsarten ausgedehnt. Im Gegensatz zu anderen Medien haben die Urheber hier aber kein Widerrufsrecht. Das gibt den Produzenten ausreichende Sicherheit beim Erwerb der Rechte und gewährleistet, dass der deutsche Film künftig auch international präsent bleibt.

Fraunhofer IESE beteiligt sich an europäischer Open-Source-Qualitätsoffensive

Das Fraunhofer IESE unterstützt als einer von insgesamt acht Konsortialpartnern das europäische Projekt QualOSS – Quality of Open Source Software. Gegenstand ist ein Qualitätsprüfungssystem für Open-Source-Software. Es umfasst eine umfassend empirisch validierte Methodik sowie geeignete Werkzeuge zur automatisierten Qualitätsprüfung. Das Projekt hat ein Gesamtvolumen von knapp 3 Mio. Euro und läuft zunächst bis zum 31. März 2009.

Das innerhalb des 6. EU-Forschungsrahmenprogramms geförderte Projekt QualOSS – Quality of Open Source Software hat die Entwicklung einer Art „Gütesiegel“ für Open-Source-Software zum Ziel. Anhand der Bewertung mittels QualOSS sollen Anwender von Softwaresystemen auf einfache Art ermitteln können, zu welchem Grad eine bestimmte Open-Source-Lösung ausgewählten Anforderungen genügt.

Dabei ist insbesondere an nicht-funktionale Qualitätsanforderungen wie zum Beispiel Robustheit und Zukunftsfähigkeit gedacht. So analysiert QualOSS auch Faktoren wie die Aktivität der Entwicklergemeinde einer Open-Source-Lösung, da dies direkte Konsequenzen auf die langfristige Nutzbarkeit der entstehenden Software hat. Die erste Phase des Projekts wurde bereits abgeschlossen; wichtige Entscheidungskriterien der Industrie und geeignete Bewertungswerkzeuge liegen damit vor.

QualOSS vernetzt insgesamt acht europäische Forschungs- und Industriepartner aus Belgien, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Spanien. Das Fraunhofer IESE als unabhängiger Experte für professionelles Software-Qualitätsmanagement und Software-Testen bringt seine ausgewiesene Kompetenz in Bezug auf die messbasierte Bewertung von Software und Systemen in das Projekt ein. „Die strategische Bedeutung von Open-Source-Software wächst in vielen Unternehmen und Verwaltungen. Basierend auf Erkenntnissen, die wir im Rahmen unserer Mitarbeit in QualOSS gewinnen, können wir Unternehmen noch gezielter bei der Auswahl von Open-Source-Software unterstützen“, so Dr. Jürgen Münch, Hauptabteilungsleiter für den Bereich Qualitätsmanagement am Fraunhofer IESE.

Der Einsatz von Open-Source-Software wird immer häufiger als Alternative zu proprietärer Software gesehen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Zum einen liegt Open-Source-Software in einer änderbaren Form vor und kann an die Bedürfnisse der Anwenderorganisation angepasst werden. Zum anderen bietet Open-Source-Software zu vergleichsweise moderaten Anschaffungskosten reichlich Funktionalität, die andernfalls selbst entwickelt oder aus proprietären Quellen teurer zugekauft werden müsste. Allerdings sind mit dem Einsatz von Open-Source-Software spezifische Risiken verbunden. Dies betrifft insbesondere Überlegungen hinsichtlich der Einsatzreife und der Zukunftsfähigkeit, aber auch rechtliche Aspekte wie Gewährleistungs- oder Lizenzfragen. Daher sollten derlei Kriterien in Bezug auf konkrete Unternehmensziele bewertet werden, um Open-Source-Software so gewinnbringend und so risikoarm wie möglich einzusetzen.

Studie übt Kritik an Richtlinie über das Urheberrecht

Mit der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates wurden einige Aspekte des Urhberrechts geregelt. Eine Studie über die Umsetzung in den Mitgliedstaaten kommt zu dem Ergebnis, dass die Richtlinie den Verbrauchern schadet und in sich widersprüchlich ist. Durch das Urheberrecht würde ferner in vielen Wirtschaftsbereichen die Monopolbildung erleichtert werden.

Die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 (Text: hier) sieht insbesondere zwingend strafrechtliche Konsequenzen für die Umgehung von Kopierschutzvorrichtungen vor. Dem steht das grundsätzliche Recht auf Provatkopien entgegen. In einzelnen Mitgliedstaaten reicht die Strafandrohung bis hin zu mehrjährigen Haftstrafen.

Nach der Richtlinie, die nur in zwei Mitgliedstaaten rechtzeitig umgesetzt wurde, kann bereits das Anbringen von Strichen mit Filzstiften auf einer DCD-ROM strafbar sein. Neben einer Behinderung der wissenschaftlichen Arbeit, wird eine erhebliche Gefahr für die Open Source Software gesehen. In Deutschland etwa ist das Recht auf Privatkopie in Urhebergesetzvorgesehen, zugleich aber die Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen, die die Privatkopie in vielen Fällen erst ermöglicht, strafbar.

Ein weiterer Kritikpunkt ist der Schutz der Privatsphäre, der sich aus der modernen Computertechnik ergäbe. Moderne Methoden könnten über Internet jeden Gerauch eines kopiergeschützten Werkes registrieren und mit weiteren persönlichen Daten an die Inhaber der urheberrechtlichen Werke übermitteln. Bekannt geworden ist Microsoft, die in jedem Office-Dokument eine individualisierbare Kennnummer gespeichert haben. Durch das
Internet könnte sich die Offenbarung von individualisierbaren Daten noch massiv erweitern, ohne dass man als Nutz etwas dagegen Unternehmen könnte. Durch die Regelung sei es nicht möglich, entsprechende Maßnahmen – ohne der Gefahr einer Strafbarkeit –
zu unterbinden:

As with freedom of expression, privacy is a right guaranteed by the European Convention on Human Rights (see Article 8 ) along with the EU Charter of Fundamental Rights (see Articles 7 and 8). Copyright Directive implementations must not allow rightsholders to collect large a mounts of personal data on their customers under the guise of „technological protection measures“.


Die Studie in englischer Sprache finden Sie hier.