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Lex Google ohne Google

Bei dem sogenannten Leistungsschutzrecht für Presseverlage geht es darum, ob Presseverlage ein eigenes Recht haben sollen, anderen Anbietern die Nutzung von Teilen des Presseerzeugnisses, insbesondere Texte, zu verbieten. Der erste Entwurf war noch an alle potentiellen gewerblichen Anbieter gerichtet. Der zweite Entwurf beschränkte sich im Prinzip auf Internet-Suchmaschinen und automatische Nachrichtensammler. Damit sollte — so die Begründung — den Presseverlagen die Möglichkeit verschafft werden, Lizenzgebühren für die gewerbliche Nutzung der Leistungen der Presseverlage verlangen zu können.

Die Regierungskoalition hat sich in eder letzten Änderung auf einen Kompromiss zum Leistungsschutzrecht geeinigt. Demnach sollen einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte, auch wenn sie in einem Presseerzeugnis erschienen sind, nun doch wieder zu gewerblichen Zwecken von Dritten öffentlich zugänglich gemacht werden dürfen. Während der ursprüngliche Vorschlag die Übernahme auch der kleinsten Teile verboten wollte und eigentlich nur als grober Unfug zu bezeichnen war, hat man sich jetzt offenbar auf eine Art mutiertes Mini-Urheber-Verleger-Recht geeinigt, eine Lex Google ohne Google.

Mit dem neuen Entwurf will man wohl nur noch etwas verbieten, was vorher eigentlich auch schon verboten war. In der Begründung wird nicht mehr auf die ,,Metall auf Metall“-Entscheidung des BGH Bezug genommen, sondern auf die Rechtsprechung zu den Vorschaubildern (hier: I und II). In den zuletzgenannten Urteilen hat der BGH entschieden, dass ,,ein Urheber, der eine Abbildung eines urheberrechtlich geschützten Werkes ins Internet einstellt, ohne technisch mögliche Vorkehrungen gegen ein Auffinden und Anzeigen dieser Abbildung durch Suchmaschinen zu treffen, durch schlüssiges Verhalten seine (schlichte) Einwilligung in eine Wiedergabe der Abbildung als Vorschaubild und ein dadurch bewirktes öffentliches Zugänglichmachen des abgebildeten Werkes durch eine Suchmaschine erklärt.“ Dies würde nicht nur für die (urheberrechtlichen) Lichtbildwerke, sondern auch für die (leistungsschutzrechtlichen) Lichtbilder (und auch für — insoweit aber nicht entscheidungsrelevant — Texte) gelten. Die Anbieter wurden vom BGH darauf verwiesen, technisch mögliche Vorkehrungen gegen ein Auffinden und Anzeigen, zu ergreifen. Die Bezugnahme auf diese Urteile kann so gedeutet werden, dass mit der Neuregelung verboten wird, was vorher auch schon verboten war, während erlaubt bleibt, was bislang erlaubt war.

Aber was  genau verboten werden soll, das konnten auch die Verfasser der Regelung nicht klären. Was ist beispielsweise der Unterschied zwischen kleinste und kleine Textausschnitte? Vom rein grammatikalischen Verständnis aus gesehen sind ,,kleinste Textausschnitte“ jedenfalls kleiner — also weniger — als einzelne Worte, denn es handelt sich um den Superlativ: Der ,,kleinste Textausschnitt“ ist — rein mengenmäßig gesehen — ein Buchstabe oder ein Satzzeichen, es sei denn, man liest noch eine gewisse Verständlichkeit hinein. Die Äußerungen hierzu erinnern ein wenig an das Fair-Use-Verständnis, das auf Einzelfall abstellt (welcher andere Maßstab hier angewandt werden soll, bleibt völlig im Dunkeln). Besonders sicher ist das alles nicht, denn einerseits wurde gerade kein konkretes Maß in das Gesetz aufgenommen, andererseits ist das Verbot an die Suchmaschinen und andere Aggregatoren adressiert, und Suchmaschinen agieren mechanisch, können etwa eine bestimmte Zeichenanzahl oder einen gewissen Prozentsatz vom Gesamttext übernehmen, aber nur sehr unzureichend auf der Grundlage kognitiver Regeln (auch diese Regeln müssen programmiert werden) das Ausmaß der zulässigen Übernahme bestimmen.

Nach der neuen Version konkurrieren nunmehr aber zugleich der Urheber und der Verleger (weil sie jetzt ja beide ,,Rechte“ haben), während vorher (im gesetzlichen Normfall) allein der Urheber Berechtigter war. Ein simples Beispiel: Es gibt jemanden, der unter den Tatbestand der Neuregelung fällt und bereit ist, eine Lizenzgebühr zu bezahlen (etwa 200 Euro). Vorher musste er sich im Zweifel (im gesetzlichen Normfall) nur mit dem Autor einigen, nun wohl zusätzlich noch mit dem Verleger. Zumindest auf den ersten Blick scheint die Neuregelung sich darauf zu beschränken. Die ersten Verlierer stehen damit zumindest fest: Die Urheber, vor allem also die freien Journalisten.

Nur noch Fragen
Allseits nur noch offene Fragen

Dass das manche Journalisten, die vorher noch für die Gesetzesänderung plädiert haben, inzwischen nicht mehr witzig finden, kann man verstehen. Den Zweck dieser Variante neben oder zusätzlich zu dem Verbot im Urheberrecht (der EuGH hat bereits entschieden, dass einzelne Wörter gemeinfrei seien) haben bislang allerdings weder die Papier- noch die Netzgemeinde und auch nicht die Politiker so recht darlegen können. Wie auf dieser Grundlage neuartige Geschäftsmodelle entstehen können, steht in den Sternen, denn vorher waren die nämlichen Möglichkeiten bereits da — nur nicht zwingend mit den Verlegern als zusätzlichen Rechtsinhabern. Und dass die Verleger ohne Zustimmung der jeweils (noch berechtigten) Autoren Lizenzen vergeben können, kann wohl nicht der Zweck der Gesetzesänderung sein. Ein solcher Effekt käme einer versteckten cessio legis gleich. Aber so ganz klar ist das in dem Gesetz nicht, denn die Verleger erhalten ein eigenes ,,ausschließliches Recht“, das unabhängig von den Autoren ist.

Nun gut, die Verleger haben gezeigt, dass  die Steuergesetzgebung erhebliche Schwächen hat (Google zahlt zu wenig Steuern), dass Marktmacht problematisch ist (Google hat Marktmacht), dass Google angeblich die Suchergebnisse falsch sortiert (manipuliert) oder dass der — vom Patentrecht in den Vordergrund gestellte —  technische Fortschritt unter Umständen (wenn  durch die kapitalintensivere oder technisch Produktion der Faktoreinsatz Arbeit in erheblichem Umfang durch Kapital substituiert wird)  nur dann sozial verträglich ist, wenn es auch ein funktionierendes Sozialsystem gibt. Aber muss man dann nicht — anstelle neuer Monopole, die eigentlich immer nur den führenden Unternehmen der mit dem Ausschließlichkeitsrecht bedachten Gruppe helfen —  die Steuergesetze ändern oder beispielsweise das Kartellrecht konsequenter anwenden?

Der Großteil der vielfach geäußerten Bedenken wurde mit der neuen Variante zudem nicht ausgeräumt, sondern allenfalls die Wirkung des geplanten Gesetzes minimiert: Im Dunklen bleibt vor allem die Frage, wieso die Verleger überhaupt  ein originäres Ausschließlichkeitsrecht erhalten.  Wenn die eine Seite etwas fordert (Verleger), was die andere Seite (Google) ablehnt, und man dann einen Kompromiss der streitenden Interessenten herbeiführt, mag dieser Vorgang das Ergebnis für die streitenden Parteien  legitimieren, aber noch kein allgemein gültiges Gesetz. Wieso also ein originäres Ausschließlichkeitsrecht für  die Presseverleger, wenn das weitgehend deckungsgleiche Recht den Urhebern zusteht? Jahrzehntelang wurde jedenfalls die Meinung, der Verleger würde mit der Veröffentlichung eines Textes  ein originäres Verlagseigentum erwerben, als Irrweg bekämpft. Das ändert sich nun offenbar Schritt für Schritt. Die Wiedereinführung des Verlagseigentums ist also wahrscheinlich auch nur noch eine Frage der Zeit.

Tatsächlich galt aber auch für das Urheberrecht von Anbeginn an das Primat der Wirtschaft. Und diese Vorgänge sind typisch für Marktwirtschaft: Solange in einem Markt überdurchschnittliche Gewinne erwirtschaftet werden, besteht ein Anreiz für Unternehmer, sich dort zu engagieren, um an den Gewinnen zu partizipieren. Mit dem Auftreten von immer mehr Konkurrenten beginnt die Einschränkung des freien Zugangs zu den ökonomisch nutzbaren Möglichkeiten auf einem ursprünglich freien Betätigungsfeld. Der Wettbewerb um ökonomische Chancen führt mit wachsender Zahl der Konkurrenten im Verhältnis zum geringer wachsenden Erwerbsspielraum zu dem Interesse, die Konkurrenz irgendwie einzuschränken, weil eine Überproduktion vorliegt oder vorhandene Produktionskapazitäten nicht wünschenswert ausgeschöpft werden. Sobald das betroffene Marktsegment ,,reifer“ wird, sinken die Gewinne und die Verteilungskämpfe setzen ein. Dieses Interesse an der Beherrschung des Marktes führt letztlich oft zu einer teilweisen oder vollständigen Monopolisierung der Erwerbschancen, wobei die Abgrenzung und Legitimation des Monopols stets ein Kampf der Unternehmen untereinander ist. Über lange Zeit genügen zumeist aber zwei natürliche Markteintrittsschranken: fallende Stückkosten und der ganz erhebliche Kapitalaufwand. Beide Markteintrittsschranken zeitigen aber gerade in den neuen Bereichen noch keine Wirkung.

Wir haben in diesem wunderbaren — selten so in der Öffentlichkeit  ausgetragenen —  Schauspiel der Beeinflussung der Gesetzgebung außerdem gelernt, dass man lange über eine Sache sprechen und dann die ganzen Diskussion für obsolet erklären kann, um  eine völlig andere Regelung zu erlassen, über die im Prinzip nie ernsthaft diskutiert wurde:  Die Verleger haben — zu Recht oder nicht, das lassen wir einmal offen —  Stimmung gegen Google gemacht, allerlei Wahrheiten, Halbwahrheiten und Erfundenes über Google verbreitet. Es wurde mindestens die gleiche Textmenge  wie in Tolstois ,,Krieg und Frieden“ allein über die robots.txt-Datei geschrieben. Der erste Entwurf des Gesetzes wurde angepasst und ziemlich genau auf Google zugeschnitten, indem nur noch die Aggregatoren unmittelbar angesprochen werden: Es wurde sozusagen in den Gesetzestext geschrieben: Die Methode der Darstellung, wie sie bei der Google-Suche oder bei Google-News stattfindet, wird bei Erzeugnissen der Presse verboten. Es wurden Sachverständige zu den Suchmaschinen angehört, Gutachten zu den Suchmaschinen eingeholt und eigentlich nur über Google und das Verhältnis zu den Presseverlegern gesprochen, geschrieben, getwittert, diskutiert, gebloggt, gepostet, demonstriert oder was auch immer die Papier- und die Netzgemeinde heutzutage tut. Dann wird weiter verhandelt und schließlich wird das sogenannte ,,Lex Google“ leicht verändert auf den Weg gebracht: Die Methode der Darstellung, wie sie bei der Google-Suche oder bei Google-News stattfindet, wird bei Erzeugnissen der Presse verboten, es sei denn, es handelt sich um die Methode von Google.

Nur noch Fragen
Allseits nur noch offene Fragen

Geistige Leistungen sind ein Prozess

Wie erwirbt der Mensch Wissen, wie wendet er es an und wie behandelt das Recht diesen Vorgang?

Die Geschichte des Mikroskops soll sich, so Pieter Harting 1858, in vier Perioden unterteilen: Die erste Periode reichte bis ungefähr 1300, da damals die Eigenschaften der konvexen und der konkaven Linsen bekannt wurde. Die zweite Periode endete um 1600. In dieser Zeit wurde das zusammengesetzte Mikroskop erfunden und die Lupe zur Untersuchung von Naturgegenständen genutzt. Die dritte Periode hätte bis 1824 gedauert, da man zu dieser Zeit begann, die Aberrationen (Abweichungen von der idealen optischen Abbildung) richtig zu berechnen, während die vierte Periode noch andauere.

Louis Pasteur

Zu welchen Ergebnissen die Forschungen von Louis Pasteur und Robert Koch ohne Mikroskop geführt hätten, kann man selbstverständlich nicht sagen. Jedenfalls erscheint es ausgeschlossen, dass die Mikrobiologie und die Bekämpfung von unerklärlich scheinenden Krankheiten ohne das Mikroskop im 19. Jahrhundert diese Fortschritte gemacht hätten. Die Mikroskope selbst waren genauso von zahllosen Vorentwicklungen abhängig. Die Lichtbrechung des Glases musste nicht nur als Phänomen bekannt, sondern mathematisch berechenbar sein. Die Materialien Glas und Metall mussten in entsprechender Qualität verfügbar sein und es musste Techniken geben, diese sehr fein zu bearbeiten. Auch wenn im 16. Jahrhundert das theoretische Wissen zum Bau eines Mikroskops vorhanden gewesen wäre, hätte die Umsetzung in die Praxis bei der Bearbeitung des Materials (etwa bei den lichtdurchlässigen, fehlerfreien und scharfen Linsen oder der feinen Abstufung der mechanischen Teile) vor erheblichen Schwierigkeiten gestanden.

Mikroskope bis Mitte des 19. Jahrhundert (Harting)

So verhielt es sich bei den Rechenmaschinen, die im 17. Jahrhundert beispielsweise von Blaise Pascal ausgetüftelt wurden. Die Boolesche Algebra als Grundlage der modernen digitaltechnischen Prozessoren stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Umsetzen ließen sich die Ideen aber nur in sehr beschränktem Ausmaß (etwa als mechanische Kassen für Ladengeschäfte), weil die technische Entwicklung noch nicht den Bau entsprechender Apparate erlaubte. Das theoretische Wissen war vorhanden, jedoch dauerte es noch lange, bis die Rechenmaschinen über die Kasse hinauskamen und die moderne Computertechnik und die Programme zum alltäglichen Hilfsmittel werden konnten.

Von den Erfindern des Mikroskops ist heute keiner mehr allgemein namentlich bekannt, auch wenn einige Interessierte wie etwa Harting die einzelnen Fortschritte sehr genau nachverfolgen konnten und können. Als Erfinder der Dampfmaschine gilt hingegen der namentlich bekannte James Watt. Jedoch hat er die Dampfmaschine nicht erfunden, sondern nur die Maschine von Thomas Newcomen verbessert und deren Effizienz deutlich gesteigert. Watt hatte ein Patent auf seine Verbesserungen und die Eigentümer der Kohlegruben mussten ihm hohe Umsatzbeteiligungen zahlen, damit sie die Maschinen einsetzen durften.

Rechenmaschine aus dem 17. Jahrhundert (Leibniz)

Der Fotoapparat wurde auch nicht einfach von Nicéphore Niépce und Louis Daguerre erfunden. Die Camera obscura ist in Europa seit dem 17. Jahrhundert bekannt. Humphry Davy entdeckte die Lichtempfindlichkeit des Silbersalzes, das essentiell für Fixierung der Bilder in der Camera obscura war. Davy baute auch schon Jahrzehnte vor Thomas Alva Edison eine (wenn auch nur kurz nutzbare) elektrische Glühlampe. Vielleicht wäre der Buchdruck früher in Europa eingeführt worden, wenn man mehr Informationen aus dem Fernen Osten gehabt hätte. Drucktechniken für Bücher wurden seit dem 6. bzw. 10. Jahrhundert in Korea und China angewandt, dies allerdings nicht mit beweglichen Lettern, sondern mit Holztafeln, in die das Druckbild geschnitzt wurde wie bei einem Stempel. In Korea und China sollen bereits vor dem 14. Jahrhundert einzelne Lettern verwendet worden sein, im 11. Jahrhundert – so wird vermutet – bewegliche Lettern aus gebranntem Ton und im 14. Jahrhundert aus Holz. Methoden wie Inkunabeln oder das Holzdruckverfahren kamen in Europa mit steigendem Interesse an Druckwerken schon vor der Gutenberg’schen Technik auf. Gutenberg, der unter anderem die Weinpresse und das Metallgießen der Goldschmiede kombinierte, erleichterte die Reproduktion und Verbreitung des Wissens und der neuen Ideen mit den beweglichen Lettern. Er war aber nicht der einzige, der nach einer Methode suchte, das Kopieren vieler Schriften zu erleichtern. In Avignon beschäftigte sich beispielsweise Procopius Waldvogel, ebenfalls Goldschmied, mit der selben Problematik.

Es waren nicht nur die einzelnen großen Erfinder und Erfindungen, die diese Entwicklung hervorriefen, sondern zahlreiche kleine Verbesserungen, entwickelt von einer Vielzahl von Personen. Die inkrementellen Fortschritte sind offensichtlich. In den modernen Patentschriften wird regelmäßig der aktuelle Stand der Technik dargestellt und dargelegt, inwiefern die jeweilige Anmeldung hiervon abweicht und insofern ein Patentanspruch und damit ein exklusives Nutzungsrecht begründet wird. Für den technischen Fortschritt ist die Aufbereitung und Verbreitung der Erkenntnisse der wissenschaftlich tätigen Personen und Praktiker erforderlich, damit andere sich dieses Bestandes bedienen können. Das technische Wissen ist eine conditio sine qua non für den technischen Fortschritt und kann im Hinblick auf die technische Entwicklung durch nichts ersetzt werden.

Geistige Leistungen sind ein Prozess, keine Ware, die man kaufen kann

Ob man Wissen überhaupt messen kann, ob der einzelne Mensch etwa vor einem Jahrtausend weniger oder mehr wusste als heute oder ob seine Kenntnisse nur vollkommen anderer Art waren, lässt sich kaum bestimmen. Jedoch kann man sagen, wie jemand aufgrund der äußeren Lebensumstände in die Lage gekommen ist, dass er gewisse Neuerung entwickeln konnte, da diese auf denen der Vergangenheit aufbauen. Wissen – ohne den Begriff hier definieren zu wollen – entsteht als Ergebnis der menschlichen kognitiven Fähigkeiten. Es geht aber nicht darum, dass der Mensch in sich lediglich etwas auffindet, das von Geburt an in der Person vorhanden ist, sondern um die Bildung der Person. Menschen erwerben ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in gesellschaftlichen Zusammenhängen. Die geistigen Leistungen des Einzelnen beruhen auf Sprache, Mathematik, Naturwissenschaften und anderen Errungenschaften des wissenschaftlichen Fortschritts des Gesellschaft.

Rechenmaschine Saxonia um 1900

Der „Nachahmungstrieb ist dem Menschen von Kindheit an angeboren”, wie Aristoteles (bezogen auf die Dichtkunst) feststellte. Der Mensch unterscheide sich von allen übrigen lebenden Wesen dadurch, dass er „am meisten Lust zur Nachahmung” habe und „seine ersten Fertigkeiten durch Nachahmung” erwerbe. Aristoteles nutzte einen auffälligen Begriff für das Lernen, denn wer nachahmt, der kopiert und übernimmt fremde Leistungen. Am einfachsten lässt sich dies an der Sprache feststellen. Eine äußerst komplexe Materie wie die Muttersprache lernt man völlig selbstverständlich, weil es nützlich und das Lehrmaterial frei verfügbar ist. Auf einer Skala von Null (jede Übernahme ist verboten oder unmöglich) bis Eins (jede Übernahme ist erlaubt und möglich) kommt Null wohl der Pflanzenwelt nahe. Pflanzen lernen nach unserem Verständnis nicht, sondern entwickeln sich weiter durch Selektion, durch Absterben oder Überleben (Ausbreitung). Bei dem einzelnen Menschen vollzieht sich die Ausbildung auf vollkommen andere Art.

In der Steinzeit bestanden kaum Möglichkeiten zur Übernahme fremder geistiger Leistungen (außer denjenigen, die aus dem unmittelbar erfahrbaren Kreis stammen). Infolge des beispielsweise auf einen Stamm beschränkten Wissens über konkrete Techniken können Forscher heute Wanderungen anhand Relikten dieser Techniken (etwa Jagdwaffen oder Gefäße) nachvollziehen. Auch ein halbes Jahrtausend vor der Verbreitung des Buchdrucks war es in Zentraleuropa noch üblich, dass außerhalb der Kirche allenfalls den Töchtern aus der Oberschicht lesen und schreiben gelehrt wurde. Zu den Zeiten Karls des Großen oder der Ottonen war das Wissen entweder Gegenstand mündlicher Überlieferung oder in wenigen Abschriften in den Bibliotheken nachzulesen. Der Großteil lernte in der Kindheit und Jugend in der Familie, später in der praktisch tätigen Gemeinschaft (oder den Lehrbetrieben, etwa wenn der Meister seinen Gesellen in das Handwerk einführte). Nach der Jahrtausendwende entstanden die ersten Universitäten auf europäischen Boden in Bologna, Paris, Oxford oder Salamanca als Treffpunkte einiger Personen, die sich zum Austausch und zur Verbreitung von Wissen.

In der Renaissance wurden die Errungenschaften der klassischen Antike und der arabischen Regionen aktiviert. Newtons bahnbrechende Erkenntnisse sind inzwischen Schulwissen. Die Vermittlung des Wissens entfernte sich immer mehr vom ursprünglich greifbaren und persönlichen Lebensmittelpunkt eines Menschen. Sie wurde institutionalisiert: von der Familie oder der lokalen Gemeinschaft in Schulen und Universitäten. Auf lange Sicht vergrößerte sich der Kreis der Personen, die zu dem Bestand an Wissen beigetragen haben, stetig. Mit den Büchern konnte der Leser auf die Ergebnisse von ihm (dem Leser) vollkommen unbekannte Personen, die unter Umständen schon Jahrhunderte verstorben waren, zurückgreifen.

Laurentius von Rom — Ausschnitt (Mathis Gothart Grunewald)

Im 19. Jahrhundert spalteten sich die klassischen vier Fakultäten in eine Vielzahl von Disziplinen, die selbst wieder eigene Spezialisierungen hervorbrachten. Sie analysieren nicht voraussetzungslos, untersuchen Erscheinungen mit ihren eigenen Methoden und unterschiedlichen Zwecken, grenzen sich ab gegen die Fragestellungen, Probleme und Methoden anderer Wissenschaftszweige und bilden abgeschlossene Einheiten. Die Wirklichkeit interessiert sich hingegen nicht für diese Abschottungen, da die Welt ein Konglomerat von Fragen aufwirft. Kein Fachgebiet ist in der Lage, diese auch nur annähernd vollständig zu erfassen. Die Spezialisierung zeigt aber auch die begrenzten Möglichkeiten des Einzelnen, der – um in einem Bereich zur Spitze vorzustoßen – zahlreiche andere Wissensgebiete unbearbeitet lassen und seine Schaffenskraft auf seine Wissenschaft konzentrieren muss. So müssen die Wissenschaften stets arbeitsteiliger Natur sein.

Aus der Zusammenarbeit der Vielen wächst der Wissensstand

Die typische Folge der Arbeitsteilung ist (im Vergleich zur Selbstversorgung) der Tausch. Der Großteil der menschlichen Beziehungen kann (auch) als Tausch aufgefasst werden. Bei einem Tauschgeschäft unter Fremden wechselt nie Gleiches den Inhaber, denn dann wäre der Tausch überflüssig. Der eine gibt, was dem anderen fehlt, und nimmt, was er selbst nicht hat. Dabei ist – in der Vorstellung von dem Ergebnis – der Sinn des rationalen Tausches, dass das Aggregat hinterher größer ist als vorher: Es wird etwas weggegeben, das man weniger benötigt als dasjenige, was man dafür erhält. Das bedeutet zugleich, dass in dieser Wechselbeziehung jeder dem anderen mehr gibt, als er selbst besessen hat.

Messestadt Frankfurt am Main

Das Wissen und die Wissenschaften sind auch in einen Tausch eingebunden, der sich durch ein Geben und Nehmen auszeichnet, bei dem am Schluss mehr entsteht. Wissenschaft und technischer Fortschritt beruhen auf einer geistigen Arbeitsteilung, die die Nutzung der von anderen geschaffenen Arbeitsergebnisse voraussetzt. Wissen – wenn es einmal vorhanden ist und in eine vermittelbare Form gebracht wurde – verbraucht sich nicht durch den regen Gebrauch, sondern vermehrt sich; das Geben ist mit keinem Verlust oder Opfer verbunden – nur Gewinn. Es handelt sich um die Übernahme von Vorleistungen Dritter aus der Vergangenheit und deren Weiterentwicklung in der Gegenwart. Die gegenwärtige Entwicklung wird zugleich in der Zukunft die neue Grundlage für Übernahmen Dritter werden. Der Einzelne schöpft aus einem Ozean von Vorleistungen, manche fügen diesem Ozean einen Tropfen hinzu.

Während sich die ökonomische Lage des Einzelnen durch die in der Regel durch Rechtsgeschäft oder Erbschaft erworbenen Güter bestimmt, beruhen die erworbenen geistigen Fähigkeiten nicht auf Rechtsgeschäften. Der Erwerb von Wissen spielt sich hauptsächlich außerhalb der rechtsgeschäftlichen und ökonomisch kalkulierten Entscheidungen ab, denn ein rationales Tauschgeschäft ist kaum möglich. Der Einzelne kann ein Buch kaufen oder eine Vorlesung besuchen; ob sein Wissen sich dadurch vergrößert, hängt nicht nur von der Möglichkeit der Kenntnisnahme ab, sondern inwieweit er beispielsweise eine Lehre verstanden hat, nachvollziehen und aktiv anwenden kann.

Gleichwohl ist es während der Lehrjahre am vorteilhaftesten, wenn das vorhandene Wissen möglichst frei und ohne rechtliche, bürokratische oder finanzielle Hürden genutzt werden kann. Bis jemand die Fähigkeit erworben hat, dass er im Bereich der Wissenschaft etwas geben kann, muss er erst einmal viel gelernt haben. In der Regel ist ein Universitätsstudium (oder eine vergleichbare Studien- und Lehrzeit) erforderlich. Jede Behinderung etwa auf wissenschaftliche Vorarbeiten zuzugreifen, behindert zugleich die effiziente Schaffung von Neuem. Die Gemeinschaft reagiert hierauf typischerweise, indem sie die Kosten für die Schule oder Universitäten finanziert. Je schlechter und teurer der Zugang ist, desto schlechter ist auch die allgemeine Entwicklung (ein Umstand, der sich natürlich für die ärmeren Staaten als besonders nachteilig darstellt, denn diesen wird der Anschluss an die fortgeschrittenen Regionen erschwert).

Je weiter der Einzelne in ein Forschungs- oder Wissensgebiet vordringt, desto mehr nähert er sich auch dem Stadium, in dem er die Grenzen verändern kann. Um dorthin vorzustoßen, ist der Zugang zu den neusten Erkenntnissen erforderlich. Dabei ist der Übergang zwischen dem vorhandenen Wissen und dem Neuen in der Regel fließender Natur, weil keine klare Trennlinie gezogen werden kann (auch wenn für Außenstehende, die nur in zeitlichen Abständen die Ergebnisse zur Kenntnis nehmen, die Unterschiede markanter sein mögen). Wo allerdings in einer Welt der Innovationen mit zahllosen Spezialisten eine Grenze zwischen den essentiellen Fertigkeiten und dem hiervon trennbaren Besonderen verläuft, ob es diese bei dem typisch inkrementellen Vorgehen überhaupt gibt (und wie lange), und ab wann das Besondere verallgemeinert wird und werden muss, lässt sich aber nicht abstrakt bestimmen.

Primat der Wirtschaft

Nicolaus Hieronymus Gundling und die Bücher-Dieberey (1726)

Das Recht behandelt diesen gesamten Komplex nach dem typischen Eigentumsverständnis und reagiert nahezu ausschließlich auf die Schwierigkeit, Geld zu verdienen. Alles andere ist diesem untergeordnet und nachrangig. Es unterwirft den Erwerb des Wissens den Prinzipien des wirtschaftlichen Tausches. Es wird zwar gesagt, vom Urheberrecht werde nur die Form, nicht die Idee erfasst und insofern könne es keine Behinderung der wissenschaftlichen Tätigkeit darstellen. Allerdings sind Inhalt und Form eng miteinander verknüpft, weil Ideen sich nicht ohne eine besondere Form darstellen und folglich auch nicht ohne die besondere Form zur Kenntnis nehmen lassen. Gedanken lassen sich nicht ohne ein sinnlich und verstandesmäßig erfassbares Medium übertragen. In irgend einer Form müssen die Gedanken des einen geäußert werden, so dass ein anderer sie zur Kenntnis nehmen kann.

Und hier greift nun das Urheberrecht ein, weil dieser Vorgang praktisch stets mit einem Exklusivrecht verbunden ist. Im Urheberrecht verwendet man einen anderen Begriff: Es ist überwuchert von Schutz. Liest man beispielsweise die vierzehn Zeilen der ersten Randnummer der Einleitung eines aktuellen Urheberrechtskommentars, stößt man dort immerhin acht Mal auf den Begriff Schutz oder Ableitungen davon. Geschützt wird so ungefähr alles und jeder, der mit Werken in Berührung kommt, mit Ausnahme der Konsumenten. Der Konsument ist derjenige, der das Geschützte lesen, hören oder auf sonstige Art rezipieren will. Er hat zugleich das Geld, um das sich die Geschützten streiten, und um seine Aufmerksamkeit buhlen die Geschützten. Tatsächlich bedeutet Schutz: Schutz für einen, Verbot oder Freiheitsbeschränkung für den Rest der Welt. So mögen die Gedanken frei sein, der Zugang zu den Gedanken anderer ist es nicht. Artikel 2 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 der europäischen Urheberrechtsrichtlinie sieht für den Urheber oder dessen Rechtsnachfolger das ausschließliche Recht vor, die unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte Vervielfältigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten. Der Rechtsinhaber kann die Genehmigung zur Nutzung erteilen, was zumeist gegen eine finanzielle Gegenleistung geschieht, oder verweigern.

Generelles Verbot des Nachdrucks von Büchern, Noten, Stichen etc. (Frankreich 1793)

Das Urheberrecht soll aber ein notwendiges Instrument sein, dass das Wissen überhaupt zur Verfügung gestellt werde. Vereinfacht gesagt: Die Lehrjahre fallen aus, weil der Meister ohne Urheberrecht sein Wissen (mit dem er kaum anderes machen kann, als es weiterzugeben) nicht offenbart, sondern für sich behält und es schließlich unwiederbringlich mit ins Grab nimmt. Überspitzt gesagt: Wenn Kinder in einer staubigen Höhlenecke in die Welt geworfen werden, keine Sprache oder Sonstiges lernen, sondern sich alle Kenntnisse und Fähigkeiten selbst erarbeiten oder eintauschen, dann nähert man sich einer urheberrechtlich idealen Gesellschaft, die aus jedem Zugriff auf neuere Erkenntnisse eine kostenpflichtige Ware macht.

Die Begründung der Richtlinie der Europäischen Union betont dementsprechend die Notwendigkeit einer rigorosen und wirksamen Regelung und eines hohen Schutzniveaus. Der Zweck: Wenn Urheber und ausübende Künstler weiter schöpferisch und künstlerisch tätig sein sollen, müssen sie für die Nutzung ihrer Werke eine angemessene Vergütung erhalten, was ebenso für die Produzenten gilt, damit diese die Werke finanzieren können. (Ziffer 10 der Erwägungsgründe der Richtlinie) Das Urheberrecht soll also zunächst einmal den Zugang zum Wissen teurer machen, sonst wäre die Floskel der „angemessenen Vergütung” sinnlos, denn irgendwer muss diese bezahlen. Dabei erzeugt die bloße vom Urheberrecht unmittelbar beabsichtigte Verteuerung des Zugangs zu den Werken nur ein Teil der zusätzlichen Kosten, die unmittelbar die Bildung verteuern. Wenn die Preise für den Zugang zum Wissen exzessiv hoch werden (und sie können bei allgemeiner Verfügbarkeit von Kopiertechniken nur mit einem Ausschlussrecht hoch sein), verteuert man die Ausbildung unnötig. Dabei ist es unerheblich, ob die zusätzlichen Kosten von den einzelnen Erwerbern oder über die Steuern aufgebracht werden.

Gewiss kann man die Behauptung aufstellen, dass die wissenschaftlichen Autoren nur dann veröffentlichen würden, wenn sie hierfür bezahlt werden. Das kann man aber als einen gesetzgeberischen Schwindel bezeichnen, denn eine gefestigte Empirie spricht dagegen: Wissenschaftliche Autoren veröffentlichen nicht, weil sie dafür bezahlt werden, sondern bezahlen oft genug dafür, dass sie veröffentlicht werden (dass der Gesetzgeber diese übliche Vergütung gesetzestechnisch als eine „angemessene Vergütung” bezeichnet, sollte den wissenschaftlichen Autoren eigentlich zu denken geben).

Das entbindet selbstverständlich nicht von der Anforderung, dass die geistig tätigen Personen irgendwie für ihre Tätigkeit entgolten werden müssen. (Die Zahlungen der Verwertungsgesellschaften setzen das Urheberrecht nicht voraus, weil das Urheberrecht in diesem Rahmen lediglich eine Legitimierungsfunktion für die pauschalisierte Zwangsabgabe inne hat). Allerdings ist das Urheberrecht in der aktuell geltenden Fassung hierzu vollkommen ungeeignet, denn dass das übliche Honorar für eine Veröffentlichung auch nur in einem näheren Zusammenhang mit dem Aufwand steht, lässt sich kaum ernsthaft behaupten. Die Entlohnung hat zumeist auch überhaupt nichts mit dem höheren Preis für das monopolisierte Werk zu tun, sondern erfolgt – wie schon im 18. Jahrhundert (ohne Urheberrecht) – auf ganz anderen Wegen, über Ämter, Pensionen, Preise oder Prestige. Dass es ab und zu Ausnahmen gibt, ändert nichts daran, denn schon der Begriff der Ausnahme zeigt, wie sich der regelmäßige Fall gestaltet. Wissenschaftliche Veröffentlichungen erfolgen nicht wegen (oder trotz) des Urheberrechts, sondern weil die Autoren an dem Gegenstand ihrer Wissenschaft interessiert sind, weil sie ihr Wissen weitergeben und überzeugen wollen oder weil sie an den mittelbaren Vorteilen für ihre wissenschaftliche Karriere interessiert sind.

Das dem Wissenschaftler gewährte Urheberrecht dient heutzutage typischerweise dem Verleger, der sich die Verwertungsrechte übertragen lässt, so dass sie im Ergebnis vor allem im Interesse der Verleger liegen. Wir haben so in der Wissenschaft das merkwürdige Ergebnis, dass die Wissenschaftler Bücher produzieren und Bücher kaufen – wenn auch oft mittelbar über die Bibliotheken, aber schlussendlich werden diese Bücher für die Wissenschaftler angeschafft, – und die einzigen, die damit Geld verdienen, sind die Verleger und der Handel.

Kein gegenseitiges Tauschverhältnis

Führt man die simplifiziert dargestellten Prozesse zusammen, so zeigen sich zwei voneinander abweichende Tauschbeziehungen, die das Wissen und das Geld betreffen. Damit der einzelne in die Lage kommt, als Wissensproduzent auftreten zu können, benötigt er für seine Ausbildung, zur Identifizierung der Probleme und zu seiner geistigen Anregung die Vorarbeiten anderer wissenschaftlich tätiger Personen. Dieser Tausch erfolgt – anders als der von körperlichen Gütern oder finanziellen Mitteln – allenfalls ausnahmsweise in Form von individualisierbaren Vorgängen. Was Hegel über Künstler sagte, gilt auch für Wissenschaftler: Er „muß viel gesehen, viel gehört, und viel in sich aufbewahrt haben, wie überhaupt die großen Individuen sich fast immer durch ein großes Gedächtnis auszuzeichnen pflegen.” Die Ausbildung einer Person, das, was sie in die Lage versetzt, wissenschaftlich tätig zu sein, ist niemals monistisch auf individualisierbare Personen zurückzuführen (schon allein, weil diese Lehrer selbst den Großteil desjenigen, was sie lehren, von anderen gelernt haben).

In finanzieller Hinsicht sieht der Tausch hingegen anders aus, obwohl das Geld als Gegenleistung für das erworbene Wissen stehen sollte: Für den Erwerb des urheberrechtlich erfassten Wissens muss in der Regel Geld bezahlt werden, während für ihre eigene Produktion dieser Zusammenhang typischerweise entfällt. Diese Tauschbeziehungen vollziehen sich in Sphären, die sich nicht decken. Bei den typischen rechtsgeschäftlichen und ökonomisch kalkulierten Tauschbeziehungen werden Leistung und Gegenleistung gegeneinander abgewogen. Das Marktsystem beruht entscheidend auf dem Funktionieren dieser ökonomischen Rationalität.

Wenn wir eine Situation haben, in der der eine Tauschpartner eine Leistung erbringt, die hierfür maßgebliche oder erhoffte Gegenleistung aber nicht von seinem Vertragspartner erbracht wird (sondern von Dritten), werden essentielle Funktonen des Marktes suspendiert. Der Tausch von Leistung und Gegenleistung erfolgt nicht in den vertraglichen Beziehungen; die Belohnung des Autors wird auch nicht über den höheren Preis für das monopolisierte urheberrechtliche Werk erbracht, sondern auf anderen Wegen. Die Vorgänge sind nicht deckungsgleich mit der Folge, dass typische marktwirtschaftliche Vorgänge unterbleiben. Führende Zeitschriften (beispielsweise) geraten in eine denkbar günstige, durch Wettbewerb kaum noch angreifbare Position.

Das Urheberrecht, das dafür sorgen soll, dass das Arbeitsergebnis eines Autors im Interesse des Autors ein marktfähiges Produkt wird, führt nicht zu dem gewünschten Ergebnis. Damit ist zugleich die Grundlage für eine eigentumsähnliche Gestaltung des Urheberrechts gestört und lässt sich in dieser Form nicht legitimieren (erst Recht nicht mit dem reflexartig vorgebrachten Argument der angemessenen Vergütung für die Veröffentlichung). Unter diesen Umständen besteht genügend Anlass, sich über andere Gestaltungen Gedanken zu machen, die dem typischen Erwerb von Wissen und dessen Anwendung mehr entgegenkommen.

 

Der Text ist dem Band „Open Initiatives: Offenheit in der digitalen Welt und Wissenschaft” (Hrsg. Ulrich Herb, Universitätsverlag des Saarlandes 2012) entnommen. Lizenz: CC BY.

The Czech Republic will not have to send any subsidies back to the EU

According to the latest disbursement data released on 31 December 2006, all subsidies have been disbursed under various programs, including programs that concern the Czech capital Prague, where the danger that funds would have to be repaid existed until as late as last month. Subsidies allocated in the EU’s funds for 2004 have been used by the Czech Republic up to 160 %, and already now, the country is investing money allocated to the year 2005, which must be disbursed by the end of 2007).

„As regards the disbursement of EU funds, the situation was serious at the beginning of the fall, and we received some warnings from the European Commission to this effect. The longest delays existed in programs targeting human resources development, regional development, and development activities in the city of Prague. We had to implement crisis management of the entire system. Thanks to our timely intervention, we have succeeded in accelerating the administration of projects and payment demands, and we have improved communication with final beneficiaries as well as the flow of information between the individual organizations and departments that take part in the disbursement process,“ summarized the state of affairs Minister for Regional Development Petr Gandalovi? whose ministry acts as the national coordinator of all programs subsidized by the EU’s funds, regardless of whether they are supervised by the Ministry for Regional Development or other ministries.

„Had we not used subsidies allocated under the EU’s funds, we would have got into a very problematic situation. The money, which we need so much for regional and urban development, would have simply been forfeited. Fortunately, we no longer face this threat,“ said Gandalovi?.

In the past two years, the Czech Republic has had the greatest success with the use of the EU’s funds in programs focusing on the construction and reconstruction of the transport and environmental protection infrastructure. The second most successful area was the operating program that targets agriculture and rural areas through investments into farming, support for small agricultural businesses, and the processing of agricultural production. The third best rating went to the operating program Industry and Business, and the regional development program (Joint Regional Operating Program) ended in the fourth place thanks to a significant increase in the disbursement of funds in the last three months of 2006.

„The disbursement of funds allocated to 2004 has given a clear signal that the public administration, entrepreneurs, and the nonprofit sector in the Czech Republic have gradually learned to use subsidies from the EU’s funds. Their experience will be of key importance for drawing assistance in the new programming period, which has recently started and in which the Czech Republic will have access to a volume of European funds several times higher than the subsidies we have received in the past,“ added Gandalovi?.

Measures adopted with the aim of accelerating disbursement have proved successful in both the human resources development program and the programs that target the city of Prague. The situation in the Czech capital is somewhat more complicated, however, among others due to the fact that Prague is required to secure financial participation from other sources to an extent higher than entities taking part in other operating programs. „As to the programs intended for Prague, an applicant must secure one half of project costs from sources other than the EU, for example from the municipal budget, the state budget, or private investors.

Most other operating programs receive financing from the EU up to 75% of costs,“ explained Gandalovi?. Another reason for complications is the fact that disbursed funds are dispersed into a number of small projects, which, however, are as demanding from the administrative viewpoint as projects worth dozens of millions of crowns.
Nonetheless, in the last months of last year, the authorities responsible for disbursing subsidies under programs that target Prague (City of Prague, Ministry for Regional Development, and the Ministry for Labor and Social Affairs) succeeded in ensuring that all resources allocated for disbursement by the end of 2006 were used. The Czech capital receives subsidies from the EU under Single Programming Documents 2 and 3 (SPD 2 and SPD 3). Individual subsidies target the development of Prague’s boroughs, job creation, employee training, and support for research and development in various business fields.

Tschechische Beihilfen für Verkehrsforschung und -entwicklung genehmigt

Die Europäische Kommission hat keine Einwände gegen die Beihilfen, mit denen die tschechische Regierung die Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung im Verkehrssektor fördern will. Die Beihilfen wurden mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Gemeinsamen Marktes für vereinbar befunden.

Karte TschechienMit den Beihilfen sollen Anreize für FuE-Arbeiten im Verkehrssektor finanziert werden. Ziel der Beihilfen ist u. a. eine Erhöhung der Verkehrssicherheit, eine Verringerung der gesundheitlichen und ökologischen Beeinträchtigungen durch den Verkehr, der Ausbau der Infrastrukturen und die Förderung des intermodalen und multimodalen Verkehrs. Die Beihilfe wird bis Ende 2011 Unternehmen, Hochschulen, öffentlichen Forschungseinrichtungen, gemeinnützigen Organisationen und öffentlichen Stellen gewährt, die auf dem Gebiet der Forschung tätig sind. Die Gesamthöhe der Beihilfen beläuft sich auf CZK 306 352 000 (€ 10.736.372,05).

Mit den Beihilfen werden die erstattungsfähigen Kosten der Grundlagenforschung zu 100 %, der Industrieforschung zu 75 % und der vorwettbewerblichen Forschung zu 50 % bezuschusst. Die Beihilfen werden in Form von direkten Zuschüssen gewährt. Nach Auffassung der Kommission stehen die Beihilfen im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht.

Ferner hat die Kommission beschlossen, keine Einwände gegen die Beihilfemaßnahmen der tschechischen Behörden zu erheben, durch die Binnenschifffahrtsunternehmen für ihre Verluste wegen des Niedrigwassers der Elbe entschädigt werden sollen. Die Beihilfe diene der Förderung des Güterverkehrs unter ungünstigen Bedingungen, damit Waren in größtmöglichem Umfang auf Binnenschifffahrtswegen und nicht auf der Straße befördert werden.

Mit der Beihilfe werden bis zu 60 % der unmittelbar dem Niedrigwasser zuzuschreibenden Verluste ausgeglichen. Ausgleichsfähig sind lediglich Güterbeförderungen, die nicht durchgeführt wurden, weil der Pegel unterhalb des wirtschaftlich gerechtfertigten Niveaus lag, d. h. 200 cm (für Schiffe mit einem Tiefgang bis 140 cm). Die Beihilfe darf 30 % der Beförderungskosten nicht übersteigen.